1.Paris.XXXII. FREIDANK.The assumed name of a popular gnomic poet who lived in the first half of the 13th century. His fame rests on hisBescheidenheit, which means the ‘wisdom’ or ‘sagacity’ that comes of experience. The book is a miscellaneous collection of proverbial and aphoristic sayings. The titles of those given below were supplied by the translator.1Geheimnis der Seele.Wie die Seele geschaffen sei,Des Wunders werd’ ich hier nicht frei.Woher sie komme, wohin sie fahr’,Die Strass’ ist mir verborgen gar.Hier weiss ich selbst nicht, wer ich bin;Gott gibt die Seel’, er nehme sie hin:Gleichwie ein Hauch verlässt sie mich,Und wie ein Aas da liege ich.2Unentbehrlichkeit der Toren.Der Weisen und der Toren StreitHat schon gewähret lange ZeitUnd muss auch noch viel länger währen;Man kann sie beide nicht entbehren.3Borniertheit der Toren.Der Tor, wenn er ’ne Suppe hat,Kümmert sich gar nicht um den Staat.4Nachahmungssucht der Toren.Findet ein Tor eine neue Sitt’,Dem folgen’ alle Toren mit.5Selbstgefälligkeit.Uns selbst gefallen wir alle wohl;Drum ist das Land der Toren voll.6Selbstüberschätzung.Wer wähnt, dass er ein Weiser sei,Dem wohnt ein Tor sehr nahe bei.7Alter und Jugend.Haben alte Leute jungen Mut,Und junge alten, das ist nicht gut;Singen, springen soll die Jugend,Die Alten wahren alte Tugend.8Grenzen der Fürstenmacht.Und sollte es der Kaiser schwören,Der Mücken kann er sich nicht wehren;Was hilft ihm Herrschaft oder List,Wenn doch ein Floh sein Meister ist.9Der unbedeutende Feind.Dem Löwen wollt’ ich Friede geben,Liessen mich die Flöhe leben.10Der kühnste Vogel.Die Flieg’ ist, wird der Sommer heiss,Der kühnste Vogel, den ich weiss.11Rom und der Papst.Zu Rom ist manche falsche List,Daran der Papst unschuldig ist.12Weisheit und Reichtum.Ich nähme Eines Weisen MutFür zweier reicher Toren Gut.13Scheinheiligkeit.Von manchem hört’ ich schon mit Neid,Er pflege grosser Heiligkeit;Und sah ich ihn, da dünkt’ es mich,Er wäre nur ein Mensch wie ich.14Der freie Gedanke.Deshalb sind Gedanken frei,Dass die Welt unmüssig sei.15Lebensregel.Man soll nach Gut und Ehre jagenUnd Gott dennoch im Herzen tragen.16Minneglück.Wer minnet, was er minnen soll,Dem ist mit Einem Weibe wohl;Ist sie gut, so ist ihm gewährt,Was man von allen Weibern gehrt.XXXIII. PLAY OF THE TEN VIRGINSOne of the earliest attempts at dramatic composition in German. There is a tradition that it was played in 1322 before the Landgrave of Thüringen and that he was so overwhelmed by its picture of Christ as stern judge that he fell into a moody despair which endured five days and ended with an apoplectic stroke from which he died three years later.Die erste Törichte spricht also:Herr Vater, himmelischer Gott,Tu’ es bei deinem bittern Tod,Den du am Kreuze hast erduldet:Verzeih’ uns armen Jungfraun, was wir verschuldet.5Verleitet hat uns leider unsre Torheit;Lass uns geniessen deiner grossen Barmherzigkeit,Und Mariens, der lieben Mutter dein,Und lass uns zu dem Gastmahl hier herein.Jesus spricht also:Wer die Zeit der Reue versäumet hat10Und auch nicht büsste seine MissetatUnd kommt zu stehn vor meiner Tür,Der findet keinen Eintritt hier.Die zweite Törichte spricht:Tu’ auf, o Herr, dein Tor!Die gnadenlosen Jungfraun stehen davor15Lieber Herr, wir bitten dich sehr,Dass deine Gnade sich uns zukehr’.Jesus spricht also:Ich weiss nicht, wer ihr seid.Da ihr zu keiner ZeitMich selber habt erkannt20Noch die Taten meiner Hand,So bleibt euch GnadenlosenDas Himmelstor verschlossen.Die dritte Törichte spricht also:Da Gott uns Heil versagt,Beten wir zu der reinen Magd,25Mutter aller Barmherzigkeit,Dass sie uns huld sei in unsrem grossen HerzeleidUnd zu ihrem Sohn flehe für uns Armen,Dass er sich unser woll’ erbarmen.Die vierte Törichte spricht:Maria, Mutter und Magd,30Uns ward gar oft gesagt,Du seiest aller Gnade voll;Nun bedürfen wir der Gnade wohl.Dies bitten wir dich sehrBei aller Jungfrauen Ehr’,35Dass du zu deinem Sohn flehest für uns Armen,Er möge sich unser gnädig erbarmen.Maria spricht also:Tatet ihr je mir oder meinem Kinde etwas zu Frommen,Es müsste euch jetzt zu statten kommen.Das tatet ihr aber leider mit nichten,40Drum wird unser beider Bitte wenig ausrichten.Doch will ich’s versuchen bei meinem Kinde,Ob ich vielleicht Gnade finde.Maria fällt auf die Kniee vor unsern Herrn und spricht:Ach, liebes Kind mein,Gedenke der armen Mutter dein,45Gedenke der mannigfaltigen Not,Die ich erlitt durch deinen Tod.Herr Sohn, da ich dein genas,Hatt’ ich weder Haus noch Palas,Ganz arm war ich;50Das hab’ ich erlitten für dich.Ich hatte mit dir Mühe, es ist wahr,Mehr als dreiunddreissig Jahr;Sieh, liebes Kind, das lohne mirUnd erbarme dich dieser Armen hier.Jesus spricht zu Maria:55Mutter, denkt an das Wort,Das sie finden geschrieben dort:Wolken und Erde sollen vergehn,Meine Worte sollen immer stehn.Du errettest den Sünder nimmermehr,60Weder du noch das ganze himmlische Heer.Die erste Törichte spricht also:Ach Herr, bei deiner GüteErweiche dein GemüteUnd erzürne dich nicht so sehr.Bei aller Jungfrauen Ehr’65Schau’ heute unser Elend an;Es reut uns, was wir dir zu Leid je haben getan.Nicht wieder wollen wir uns vergehen;Erhöre deiner Mutter FlehenUnd lass uns arme Jungfrauen70Die Festlichkeit beschauen.Maria, aller Sünder Trösterin,Hilf uns zum Freudensaal darin!Maria spricht also:Eure Fürsprecherin will ich gerne sein.Wäret ihr nur von Sünde frei,75Ihr kämet desto leichter herein.Ich will aber für euch mein Kind Jesum bitten.Liebes Kind, lass dich meiner Bitte nicht verdriessen!Lass heute unsre Tränen vor deinen Augen fliessen,Und denke an das Ungemach,80Das ich erlitt an deinem Todestag,Da ein Schwert durch meine Seele ging.Also für jene Pein, die ich um dich empfing,Belohne mich zu gunsten dieser ArmenUnd ihrer lass dich nun erbarmen.85Du bist ihr Vater, eine jede ist dein Kind;Denke, wie lästig sie dir auch geworden sindIn manchem Ungemache,Und in was für einer SacheDer Sünder dich auch geplagt,90Er ist dennoch die Schöpfung deiner Macht.Mein Sohn, du trauter, guter,Erhöre deine Mutter.Hab’ ich dir je einen Dienst getan,So nimm dich dieser Armen an,95Damit die jammervolle ScharZu Himmel ohne Urteil fahr’.Jesus spricht also:Nun schweiget, Frau Mutter mein;Solche Rede mag nicht sein.Da sie auf der Erde waren,100Gute Werke sie nicht gebaren,Ihnen gemäss war alle Schlechtigkeit;Drum versag’ ich ihnen meine Barmherzigkeit,Nach der sie dort nie suchten,Und schicke sie zu den Verfluchten;105Ihre späte Reue soll nichts nützen.Zu Gericht will ich jetzt sitzen:Geht, ihr Verfluchten an Seel’ und Leibe,Wie ich euch von mir jetzt vertreibe.Geht in das Feuer unter die Hut110Des übeln Teufels und seiner Brut!Sünder, geh von mir!Trost und Gnade versag’ ich dir.Kehre von den Augen mein,Fern bleibe dir meines Antlitz’ Schein!115Scheide von meinem Reich,Das du, dem Toren gleichDurch deine Sünden verloren hast;Trage mit dir der Sünden Last!Gehe hin und schrei’ und heul’!120Keine Hilfe wird dir je zu teil.XXXIV. EASTER PLAYSThe Easter plays grew out of a brief and solemn church function, which followed a Latin ritual. In time German superseded the Latin, but without replacing it entirely; the performances increased greatly in scope, took in elements of fun, buffoonery anddiablerie, outgrew the churches and became great popular festivals, which were usually held in the market-place. The performance of an Easterplay together with a preceding passion play might occupy several hundred actors for a number of days. The texts as known to us are hardly ‘literature’ in the narrower sense. They were written by men of small poetic talent, who rimed carelessly, used the rough-and-ready language of the people, did not shrink from indecency and aimed at dramatic rather than poetic effects.1From the Redentin play: Christ’s descent into hell.1LuciferNun seht, ist das nicht ein wunderlich Getue,Dass wir nicht mehr sollen leben in Ruhe?Wir wohnen hier schon über fünftausend JahrUnd wurden solches Unfugs noch nie gewahr,5Wie man ihn jetzt gegen uns will treiben;Dennoch wollen wir hier verbleiben,So lange wir stehen noch kampfbereit,Ob es euch allen sei lieb oder leid.Lucifer(ad David)David, wer ist dieser König der Ehren?David10Das kann ich dir wohl leicht erklären:Er ist der starke Herr,Mächtig im Kampf und in aller Ehr’;Er ist’s, der alle Dinge hat erschaffen.LuciferO weh, so sind unnütz all unsre Waffen15Und all unsre Wehr,Kommt der gewaltige König hierher.JesusIch fordre, Riegel an dieser Hölle,Dass du dich auftuest in der Schnelle.Ich will zerbrechen das Höllentor20Und die Meinen führen hervor.(et cantat: Ego sum Alpha et Omega, etc.)Ich bin ein A und auch ein O;Das sollt ihr wissen alle, soHier seid in dieser Höllenfeste.Ich bin der Erste und auch der Letzte.25Der Schlüssel Davids bin ich gekommen,Um zu erlösen meine Frommen.SatanasWer ist dieser Mann mit dem roten Kleide,Der uns so vieles tut zu Leide?Eine Unanständigkeit ist das30Und beleidigt uns in hohem Mass.JesusSchweig’, Satan, und sei bange!Schweige, verdammte Schlange!Spring auf, du Höllentor!Die Seelen sollen hervor,35Die darin sind gefangen.Ich habe am Galgen gehangenFür die, die taten den Willen mein.Ich habe gelitten grosse PeinIn meines Leibs fünf Wunden.40Damit soll Lucifer sein gebundenBis an den jüngsten Tag:Ihm ewige Pein und ein grosser Schlag.(Tunc cum vehemencia confringit infernum)Weichet von hier geschwinde,All ihr Höllengesinde!(et arripit Luciferum)45Lucifer, du böser Gast,Du trägst fortan dieser Ketten Last,Nicht mehr treibst du dein schändlich Wesen;Meine Lieben sollen vor dir genesen.(Chorus cantat: Sanctorum populus —Anime cantant: Advenisti —Jesus cantat: Venite benedicti —cum ricmo:)Kommt her, meine Benedeiten!50Not sollt ihr nicht mehr leiden.In meines Vaters Reich begleitet ihr mich,Um dort euch zu freuen ewiglichIm lauteren Glanz der Seligkeit,Die euch ohn’ Ende stehet bereit.(et arripit Adam manu dextra)55Adam, gib mir deine rechte Hand!Heil und Glück sei dir bekannt!Ich vergebe dir,Was du verbracht zu Leide mir.AdamLob sei dir und Ehr’,60Du Weltgebieter hehr!Ich und all mein GeschlechtWaren verdammt mit Recht.Doch wolltest du in deiner BarmherzigkeitUns erlösen aus solcher Jämmerlichkeit.65Eva! Eva!Selig Weib, komm mal her ja!(et cantat: Te nostra vocabant suspiria—)JesusDu warst an deinen Sünden gestorben;Nun hab’ ich sterbend dich wieder erworbenUnd will dich führen zu des Vaters Thron.Eva70O Herr Jesus, Gottes Sohn,Ich habe gesündigt gegen dich,Indem ich liess betrügen michUnd Trotz bot deinem Worte.Drum wohn’ ich hinter der Höllenpforte75Wohl fünftausend Jahr!Nun bin ich erlöset offenbar.2From the Vienna play: The quacksalver scene.2(Nun kommen die Personen und singen.)Allmächtiger Gott, Vater der höchste,Der Engel Trost, der aus der NotUns rettete und Trost uns bot—Die zweite PersonVater, allmächtiger Gott,5Dem die Engel stehn zu Gebot,Was soll uns Armen nun geschehen,Da wir dich nicht mehr sollen sehen?Wir haben den verloren,Der uns zum Troste ward geboren,10Jesus Christus,Der reinen Jungfrau Sohn,Der der Welt Hoffnung war.O, wie gross ist unser Schmerz!Wir haben verloren Jesus Christ,15Der aller Welt ein Tröster ist,Mariens Sohn, den reinen;Drum müssen wir beweinenBitterlich seinen Tod,Da er uns half aus grosser Not.Die dritte Person20Wir wollen dahin, wo er im Grabe liegt,Und ihn betrauern, der den Tod besiegtFür uns, und salben ihm die Wunden sein;O weh, wie gross ist unsre Herzenspein!Geliebte Schwestern beide,25Wie sollen wir leben in unserm Leide,Wenn wir entbehren müssenJesus den süssen?Drum gehen wir und kaufen Salben,Damit wir ihm allenthalben30Bestreichen seine WundenIn diesen frühen Stunden.(Der Kaufmann ruft dem Knechte)Rubein! Rubein! Rubein!(Rubinus kommt gelaufen)Was wollt Ihr denn, Herr Meister mein?MercatorRubein, wo hast du so lange gesteckt?35Du tust deinen Dienst nicht recht.Du solltest hier kaufen und verkaufenUnd die Leute schinden und täuschen.RubinusHerr, ich besuchte jene alten Weiber;Ich wollte auftreten als Harnsteinschneider.Mercator40Rubein, es wird wohl nächstens tagen.Ich hör’ ein jämmerlich KlagenVon drei Frauen, die singen;Uns mag jetzt wohl gelingen,Ein gut Geschäft zu machen mit Ehr’;45Geh und rufe sie hierher.RubinusHerr, welche meinest du?Soll ich sie alle rufen herzu?MercatorDoch nicht! Rufe nur die allein,Die am Wege klagen und schrein.(Rubinus geht zu den Schwestern)50Gott grüss’ euch, Frauen, zu jeder Zeit.Ich sehe wohl, dass ihr betrübet seid.Was euch mag immer schmerzen,Ihr seufzt mit schwerem Herzen.Es tut mir leid, das glaubet mir,55Dass so betrübt ihr stehet hier.Die Personen sagen:Gut Kind, Gott lohn’ es dir!Wir haben ein schwer Gemüt allhier.RubinusDas bessere Gott in seiner GüteUnd euch vor allem Leid behüte!60Ausser Trost hättet ihr was gern,So geht und fragt bei meinem Herrn.Die zweite PersonGott segne dich, du guter Knabe,Und lass gedeihen deine Habe!Unser Leid ist verborgen.65Wir wollen dir gerne folgen;Nicht länger wollen wir hier stehn,Wir wollen gerne mit dir gehn.Mercator canit:Ihr Frauen, seid mir höchst willkommen!Ich hoffe zu fördern euer Frommen.70Ist etwas hier, was ihr begehrt,Es wird euch gern von mir gewährt.Ich habe die besten Salben,Die da allenthalbenIm Lande werden zu finden sein,75In Ysmodia und in Neptaleim.So wahr ich mir den Korb und StabMitgebracht habe aus Arab;So wahr mein schönes Weib AntonieMit mir kam von Babylonie,80So muss euch diese recht gedeihen,Denn ich brachte sie von Alexandreien.Die dritte PersonGuter Mann, ich hab’ in der HandDrei schöne Gulden von Byzant.Gib uns dafür reichlichermassen,85Und möge Gott dich leben lassen!MercatorDa ihr beim Kauf nicht feilschen wollt,Will ich verdienen euer Gold.Nehmt also erstens diese Büchse,Die besser ist als andre fünfe.90Und nehmet diese auch dabei,Die besser ist als andre zwei.Und diese Büchse nehmet, soNoch besser ist als andre zwo.Tertia PersonaNun sage uns, du guter Mann,95Sollen wir mit dieser Salbe gahn?MercatorJa, Frau, und wär’ ich rotes Gold,Ihr sollt sie tragen, wohin ihr wollt.Die Ärztin spricht zornig:Ihr Frauen, lasst die Büchsen stehn!Ihr sollt damit von hier nicht gehn,100Sie kosteten mir allzuteuer;Die macht’ ich neulich überm Feuer.Geht schnell von meinem Krame ab,Sonst schlag’ ich euch mit einem Stab.Der Krämer spricht zu ihr:Wie doch, Ihr böse Haut!105Wie dürft Ihr immer werden laut?Wollt Ihr tadeln mein Verkaufen,Ich will Euch schlagen, will Euch raufen.MercatrixWie ist der Flachsbart doch so dreist!Du bist ein rechter Plagegeist.110Der Geier soll dich schändenHier unter meinen Händen!MercatorFrau, lasst ab von Eurem Schwatzen,Sonst fühlt Ihr nächstens meine Tatzen.MercatrixIch schweige nicht, das sag’ ich dir!115Wenn du kommst von deinem Bier,Bist du betrunken wie ein Schwein.Mög’ es dir nimmermehr gedeihn!MercatorSchweigt, Frau, sonst rollt Ihr bald zu Hauf.MercatrixDa drüben geht der Vollmond auf.Mercator120Schweigt, oder ich geb’ Euch einen Schlag.MercatrixKlotz, da er hier besoffen lag!MercatorO du altes Redefass!Ich trug dir doch niemals Hass.Nun geb’ ich dir eins auf den Kopf,125Dass es summt dir unterm Schopf.Und eins noch kriegst du auf den Rücken,Das weh tun soll in allen Stücken.MercatrixAch, ach, ach und leider!Sind das doch die neuen Kleider,130Die du zu Ostern mir gesandt.Wärst du nur ins Feuer gerannt!Gott gebe dir Geschwür’ im Magen,Dass du krepierst in wenig Tagen!Wärst du nicht zu Wien entgangen,135Man hätte dich schon längst gehangen.Du hast auch einen roten BartUnd bist ein Kobold schlimmster Art.MercatorFraue, liebe Fraue mein,Möget Ihr immer selig sein!140Vergib mir, dass ich dich geschlagen,Aber du hast so viel zu sagen.Die Klage machst du mannigfalt,Und daran tust du mir Gewalt.Du hast ein wunderlich Gebärde,145Und willst mich bringen unter die Erde.MercatrixJa, ich vergebe dir die SchlägeAm Tag, wo ich dich ins Grab hinlege.Mercator(zu Rubin)Hinweg mit den Pulvern!Hier kann ich nicht mehr bleiben.150Hebe auf Korb und Stab,Und laufen wir nach ArabWeithin von diesem Lande:Sonst kämen wir vielleicht zu Schande.Rubinus(dicit)Herr, ich packe ein recht gerne155Und laufe mit in weite Ferne.1.The original, in the Middle Low German of Mecklenburg (Redentin is a village near Wismar) is printed in Kürschner’sDeutsche Nationalliteratur, Vol. 14. —Upon coming to life in the tomb and escaping the guards stationed by Pilate, Christ descends into hell to release the ‘fathers.’ Lucifer’s first speech—he is the over-lord of hell and Satan his first lieutenant—is addressed to the devils in view of the rumored approach of the King of Glory.2.The original is printed in theFundgrubenof Hoffmann von Fallersleben, 1837. The ‘Personen’ are the three Marys, who go at break of day to anoint the body of the buried Christ. On the way they are taken in by a peripatetic quacksalver who has a cantankerous wife and a scapegrace clerk named Rubin.XXXV. REYNARD THE FOXA humorous poem, with incidental satire, which enjoyed the favor of all medieval Europe. The earliest German attempt to weave a continuous narrative out of the animal-stories that had previously been current in Latin, and to some extent in French, was that of an Alsatian poet, Heinrich der Glichezare, who wrote about 1180 and drew upon French sources. With the exception of a badly preserved fragment this poem is lost. It was calledIsengrines Notand described the pranks played by the cunning fox on the stupid wolf. Half a century later it was worked over by an unknown rimester who changed the title toReinhart Fuchs. This is the High German version from which the first of the selections below is translated. More important in a literary way is the Low German version, of which the earliest print dates from 1498. A specimen of this is given in Simrock’s translation.1From the High German ‘Reinhart Fuchs,’ lines 663 ff: Reynard initiates the wolf as a monk and teaches him to catch fish.“Gevatter,” sprach Herr Isengrin,“Gedenkst du stets als Mönch hierin665Zu wohnen bis zu deinem Tod?”“Ja wohl,” sprach er, “es tut mir not:Du wolltest ohne meine SchuldMir versagen deine HuldUnd nehmen wolltest du mein Leben.”670Sprach Isengrin: “Ich will’s vergeben,Hast du mir je ein Leid getan,Wenn ich nun mit dir wohnen kann.”“Vergeben? Mir?” sprach da Reinhart,“Mein Leben sei nicht mehr bewahrt,675Tat ich je was zu Leide dir.Wüsstest du mir Dank dafür,Ich gäbe dir zwei Stücke Aal,Den Rest von meinem letzten Mahl.”Herr Isengrin war hoch erfreut.680Er öffnete das Maul sehr weit.Und Reinhart warf sie ihm in Mund.“Ich bliebe immermehr gesund,”Sprach Isengrin mit blödem Sinne,“Wär’ ich nur einmal Koch da drinne.”685Reinhart sprach: “Ist bald getan.Willst du hier Brüderschaft empfahn,So wirst du Meister über die Braten.”Dem war es recht, wie ihm geraten.“Das tu’ ich,” sagte Isengrein.690“Also steck deinen Kopf herein,”Sprach Reinhart. Jener war bereit,Und eilig nahte sich sein Leid.Er tat hinein die Schnauze gross,Und Bruder Reinhart ihn begoss695Mit heissem Wasser, das ist wahr,Und brachte ihn um Haut und Haar.Isengrin sprach: “Weh tut das mir.”Reinhart sagte: “Wähnet IhrDen Himmel mühlos zu gewinnen?700Ihr seid doch nicht so ganz von Sinnen?Gern mögt Ihr leiden diese Not,Gevatter, wenn Ihr läget tot:Die Brüderschaft habt Ihr empfahn,Und alle Tage von nun an705Habt Ihr an tausend Messen teil,Was sicherlich Euch bringt zum Heil.”Isengrin meint’, es wäre wahr;Er klagte nicht um Haut und Haar,Die er nun nicht mehr nannte sein.710Er sprach: “Jetzt, Bruder, sind gemeinDie Äle, die noch drinne sind,Da ich wie du ein Gotteskind.Wer mir ein Stück davon versagt,Wird vor dem Abte angeklagt.”715Reinhart sprach: “Nie tät’ es not;Euch steht das Unsrige zu GebotIn brüderlicher Minn’ und Ehr’,Doch hier sind keine Fische mehr.Ich will Euch aber führen gleich720Zu unserm klösterlichen Teich,In dem so viele Fische gehen,Dass niemand mag sie übersehen.Die Brüder taten sie hinein.”“Lasst uns nur hin,” sprach Isengrein;725Da gingen sie; gleich ohne Zorn,Der Teich war aber überfrorn.Sie begannen nachzuschauen;Es war ein Loch im Eis gehauen,Wo man sich Wasser herausnahm,730Was Isengrin zu Schaden kam.Sein Bruder trug ihm grossen HassUnd einen Eimer nicht vergass;Reinhart war froh, als er ihn fandUnd an den Schwanz dem Bruder band.735Da sprach Herr Isengrein:“In nomine patris! Was soll das sein?”“Senkt hier den Eimer,” Reinhart sprach,“Und wartet ruhig und gemachIndem ich treibe sie hierher;740Nicht lange bleibt Ihr magenleer,Weil ich sie sehen kann durchs Eis.”Herr Isengrin war nicht sehr weis’.Er sprach: “Sagt mir in Bruderminne,Gibt es denn wirklich Fisch’ hierinne?”745“Ja Tausende hab’ ich gesehn.”“Wohl denn, es kann uns Glück geschehn.”Isengrin hatte dummen Sinn;Bald fror der Schwanz ihm fest darin.Die Nacht ward schrecklich kalt am Ort,750Doch Reinhart schwieg nur immerfort.Herr Isengrin fror mehr und mehr;Er sprach: “Der Eimer wird mir schwer.”“Ich zähle drin, bei meiner Ehr’,Der Äle dreissig,” sprach Reinhart;755“Dies wird uns eine nütze Fahrt.Steht nur noch wenig Zeit in Ruh’,Es kommen hundert noch dazu.”Nachher, als es begann zu tagen,Sprach Reinhart: “Leider muss ich sagen,760Mir bangt des grossen Reichtums wegen.Ich bin in hohem Grad verlegen,Weil so viel Fische uns gegönnt,Dass Ihr sie gar nicht heben könnt.Versucht’s doch, ob es Euch gelingt,765Dass Ihr heraus den Eimer bringt.”Herr Isengrin fing an zu ziehen,Doch all umsonst war sein Bemühen;Den Eimer musst’ er lassen stehen.Reinhart sprach: “Ich will jetzt gehen770Zu den Brüdern, dass sie kommen;Es soll der Fang uns allen frommen.”Bald kam herauf die helle Sonn’,Und Reinhart machte sich davon.2From the Low German ‘Reinke de Vos,’ Book 2: Reinke under the Pope’s ban; Martin the Ape offers to assist him.Als Martin der Affe das vernommen,Reinke wolle zu Hofe kommen,Zu reisen gedacht’ er just nach Rom.Er ging ihm entgegen und sprach: “Lieber Ohm,5Fasst Euch ein Herz und frischen Mut.”Den Stand seiner Sache kannt’ er gut,Doch frug er nach ein und anderm Stück.Reineke sprach: “Mir ist das GlückIn diesen Tagen sehr zuwider.10Gegen mich klagen und zeugen wiederEtliche Diebe, wer es auch sei,Das Kaninchen ist und die Krähe dabei.Der eine hat sein Weib verloren,Der andre die Hälfte von seinen Ohren.15Könnt’ ich selber vor den König kommen,So sollt’ es beiden wenig frommen.Was mir am meisten schaden kann,Ist dies: Ich bin in des Papstes Bann.Der Probst hat in der Sache Macht,20Aus dem der König selber viel macht.Warum man in den Bann mich tat,Ist, weil ich Isegrim gab den Rat,Da er ein Klausner war geworden,Dass er weglief’ aus dem Orden,25In den er bei Clemar sich begeben.Er schwur, er könne nicht mehr lebenIn solch hartem, strengem Wesen,So lang zu fasten, so viel zu lesen.Ich half ihm weg; das reut mich jetzt,30Zumal er mich zum Dank verschwätzt:Er feindet mich beim König anUnd tut mir Schaden, wo er kann.Geh’ ich nach Rom, so setz’ ich fürwahrWeib und Kinder in grosse Gefahr,35Denn Isegrim wird es nicht lassen,Ihnen nachzustellen und aufzupassenMit andern, die mir zu schaden trachtenUnd schon manches wider mich erdachten.Würd’ ich nur aus dem Bann gelöst,40So wär’ mir Mut ins Herz geflösst;Ich könnte getrost mit besserm GemacheSprechen für meine eigne Sache.”Martin sprach: “Reineke, lieber Ohm,Ich bin eben auf dem Weg nach Rom;45Da will ich Euch helfen mit schönen Stücken,Ich leide nicht, dass sie Euch unterdrücken.Als Schreiber des Bischofs, könnt Ihr denken,Versteh’ ich was von solchen Ränken.Ich will den Probst nach Rom citieren50Und will so gegen ihn plädiren;Seht, Ohm, ich schaff’ Euch ExcusationUnd bring’ Euch endlich Absolution,Und wenn der Probst sich vor Ärger hinge.Ich kenn’ in Rom den Lauf der Dinge,55Und was zu tun ist, weiss ich schon.Da ist auch mein Oheim Simon,Der sehr mächtig ist und hochgestelltUnd jedem gerne hilft fürs Geld.Herr Schalkefund steht auch da hoch,60Dr. Greifzu und andre noch,Herr Wendemantel und Herr Losefund,Die sind da all mit uns im Bund.Ich habe Geld voraus gesandt,Mit Geld wird man am besten bekannt.65Ja, Quark, man spricht wohl von Citieren;Sie wollen nur, man soll spendieren.Wär’ eine Sache noch so krumm,Man biegt mit Geld sie um und um.Wer Geld bringt, mag sich Gnade kaufen;70Wer das nicht hat, den lässt man laufen.Seht, Ohm, seid ruhig um den Bann,Ich nehme mich der Sachen anUnd bring’ Euch frei, Ihr habt mein Wort.Geht dreist zu Hof, Ihr findet dort75Frau Riechgenau, mein Ehgemahl.Der König liebt sie, und zumalAuch unsre Frau, die Königin,Denn sie hat klugen, behenden Sinn.Sprecht sie an, sie liebt die Herrn80Und verwendet sich für Freunde gern.Sie ist Euch zu jedem Dienst erbötig.Das Recht hat manchmal Hilfe nötig.Bei ihr sind ihrer Schwestern zwei,Dazu auch meiner Kinder drei85Und viel andre noch von Euerm Geschlecht,Die gern Euch helfen zu Euerm Recht.Kann Euch denn sonst kein Recht geschehn,So lass’ ich meine Macht Euch sehn.Macht es mir nur gleich bekannt.90Alle, die wohnen im ganzen Land,Den König und alle, Weib und Mann,Die bring’ ich in des Papstes BannUnd schick’ ein Interdict so schwer,Man soll nicht begraben noch taufen mehr,95Und keine Messe lesen noch singen.Drum, lieber Ohm, seid guter Dingen!Der Papst ist ein alter, schwacher Mann,Er nimmt sich keiner Sache mehr an;Drum hat man sein auch wenig acht.100Am Hofe übt die ganze MachtDer Kardinal von Ohnegenügen,Ein rüstiger Mann, der weiss es zu fügen.Ich kenn’ ein Weib, die hat er lief,Die soll ihm bringen einen Brief.105Mit der bin ich sehr wohl bekannt,Und, was sie will, geschieht im Land.Sein Schreiber heisst Johann Partei,Der kennt wohl Münze alt und neu.Horchgenau ist sein Kumpan,110Der ist des Hofes Kurtisan.Wendundschleich ist Notarius,Beider Rechte Baccalaureus;Übt der ein Jahr noch seine Tücken,So wird er Meister in Praktiken,115Moneta und Donarius halten jetztDie Richterstühle dort besetzt;Wem sie das Recht erst abgesprochen,Dem ist und bleibt der Stab gebrochen.So gilt in Rom jetzt manche List,120Daran der Papst unschuldig ist.Die muss ich alle zu Freunden halten:Sie haben über die Sünden zu schaltenUnd lösen das Volk all aus dem Bann.Oheim, vertraut Euch mir nur an!125Der König hat es schon vernommen,Dass ich Euch will zu Hilfe kommen.Er weiss auch, dass ich der Mann dazu bin;Drum kommt Ihr nicht zu Ungewinn.Bedenkt alsdann der König recht,130Wie viele vom Affen- und Fuchsgeschlecht,In seinem geheimsten Rate sitzen.Geh’s wie es will, das muss Euch nützen.”Reineke sprach: “Ich bin getröstet;Ich dank’ Euch’s gern, wenn Ihr mich löstet.”XXXVI. PETER SUCHENWIRTThe most gifted verse-writer of the poetically barren 14th century. He was a ‘wandering singer’ who depended for his livelihood upon the patronage of princes and spent the most of his life in Austria. He died about 1400. The selection is a translation of hisRed’ von der Minne.A Discourse of Love.Ich wanderte an einem TagIn einen wonniglichen Hag,Darin die Vögel sungen;Da kam ich unbezwungen5Auf einem wonniglichen RaumeZu einem dichtbelaubten Baume,An deren Wurzeln wundervollHervor ein kaltes Brünnlein quoll.Da fand ich sitzen hart anbei10Drei Frauen alle mangelfrei,Minne, Stæt’ und Gerechtigkeit.Die erste klagt’ ihr Herzensleid,Bezwungen von des Schmerzes Not;Sie sprach: “Ich bin beinahe tot15An Ehren und an Sinnen:Die mich sollten minnen,Sie sind ein ehrloses Geschlecht.Da ich nun, Minne, mit UnrechtAuf Erden kam zu solchem Leben,20Sollt ihr getreuen Rat mir geben.Gerechtigkeit, in Gottes Namen,Von dem die zehn Gebote kamen,Macht, dass mein Recht mir werd’ erteilt:Wer Minne lasterhaft vergeilt25Und reiner Frauen Würdigkeit,Der büss’ es! Das ist nun mein Leid.”Gerechtigkeit sprach zu der Stæte:“Wir hätten nötig gute Räte,Um recht zu richten die Geschicht’.”30Frau Stæte sprach mit Worten schlicht:“Nun hört und merkt, was ich will sagen:Wem Minne Hass mag tragen,Den wollen wir in aller SchnelleSogleich verhören auf der Stelle.”35Gerechtigkeit tat auf den Mund:“Macht uns allhier mit Worten kund,Durch wen Ihr leidet solche Pein.”Frau Minne sprach: “Der Jammer meinIst leider hart und schauderhaft,40Weil mancher Prahler lügenhaftVon reinen Frauen faselt. Ach,Dass Gott ihn nicht mit seinem SchlagGetroffen aller Welt zur Lehr’!Das würde mich erfreuen sehr,45Wie ich bekenne öffentlich.Die schnöden Dinge liebt er sichUnd schwatzt von dem, was er nie sah.Drum sollt’ er in die Höll’ und daDie heisse Loh ihn sengen,50Der Teufel hart bedrängen,Zur Ahndung seiner falschen List,Weil er ein loser Schwätzer ist.Darüber sollt ihr richten mir.”Gerechtigkeit erwidert’ ihr:55“So sei’s! Ein Urteil soll geschehn:Ihn soll kein lieblich Aug’ ansehn,Von einer reinen Frauen zart;Ihr Mund sei gegen ihn verspart,Dass ihm kein Gruss mag werden kund60Von einem rosenroten Mund.Das ist der strenge Wille mein.”Frau Stæte sprach: “Ich leid’ auch PeinIn meinem Herzen mannigfalt:Ich habe Diener, jung und alt,65Die sagen, dass sie stätig seinUnd tun das öffentlich zum ScheinBei reinen Frauen manchmal kund;Doch tief in ihres Herzens GrundLiegt falscher List ein grosser Hort:70Das ist der Seele arger MordUnd reiner Frauen Ungewinn.Ich wollt’, wer hätt’ so falschen Sinn,Dass dem doch aus dem Munde seinDie Zähne wüchsen, wie dem Schwein;75Daran erkenntlich wären die Leut’,Und reine Frauen leicht befreitVon jener Schälkchen loser ScharMit Worten sanft und doch nicht wahr,Mit Zungen, die wie Messer schneiden;80Ach, was muss man davon leiden!Und noch eins mich mit Schmerz bewegt:Dass mancher Blau am Leibe trägtUnd wähnt davon stätig zu sein,Weil er in blauer Farbe Schein85Erzeiget sich den Frauen gut.Mich dünkt nun so in meinem Mut:Wäre die Farbe, wie man hört,Die Elle hätte wohl den WertVon hundert Gulden sicherlich;90Doch Stæte wiegt im Herzen sich,Sie tut nicht von der Farbe kommen,Drum kann es manchem wenig frommen,Wenn er der Unstæt’ huldigtUnd wird von Fraun beschuldigt.”95Ich hört’ ihr Plaudern mannigfalt,Und was zu tun, entschied ich bald.Ich ging hinzu und sprach kein Wort.Frau Minn’ erblickte mich sofort,Die war gar wundersam geziert:100“Sag’ mir, mein lieber Suchenwirt,”Sprach sie, “was tust du hie?”Geschwinde fiel ich auf ein Knie.“Gnade, Frau,” darauf sprach ich;“Der Mai hat Blumen wonniglich105Im ganzen Land herumgestreut,Dass manches Herze wird erfreut,So wie die kleinen Vögelein.Ich kam verlockt vorn AugenscheinAuf diesen Anger wunderbar;110Da wurde Euer ich gewahrUnd hörte Eure Klage gross.”Sie sprach: “Ich bin der Freuden blossUnd weiss, was ich beginnen soll.Die Welt ist schlechter Kniffe voll:115Hast du gehört des Jammers Pein,So handle nach dem Willen meinUnd tu’ es offenherzig kundDen Edlen hier zu mancher Stund’,Dass sie vor Schande hüten sich.”120“Das tu’ ich gerne, Frau,” sprach ich.So schied ich von der Minne dannBeglückt und ohne argen Wahn.XXXVII. BRANT’S SHIP OF FOOLSA famous satire published at Basel in 1494, with numerous excellent woodcuts. Its author, Sebastian Brant, was born at Strassburg in 1457, took his degree in law, became city clerk of his native place and died in 1521. TheShip of Fools, which consists of disconnected sections describing the various kinds of fools—over a hundred of them—who have embarked in the ship for Fool-land, was translated into Latin, into French three times and into English twice. It was Germany’s first important contribution to world literature. The selections are from the modernization by Simrock, Berlin, 1872.1Von Geiznarren.Wer sich verlässt auf zeitig Gut,Drin Freude sucht und guten Mut,Der ist ein Narr mit Leib und Blut.1Der ist ein Narr, der sammelt Gut5Und hat nicht Freud’, und guten MutUnd weiss auch nicht, wem er’s wird sparen,Wenn er muss zum düstern Keller fahren.Noch törichter ist, wer vertutIn Üppigkeit und Frevelmut10Was Gott ins Haus ihm hat gegeben.Er nur verwalten soll sein LebenUnd Rechenschaft drum geben mussWohl schwerer als mit Hand und Fuss.Ein Narr häuft den Verwandten viel;15Die Seel’ er nicht bedenken will,Sorgt, ihm gebrech’ es in der Zeit,Und fragt nicht nach der Ewigkeit.O armer Narr, wie bist du blind!Du scheust den Ausschlag, kriegst den Grind.20Erwirbt mit Sünden mancher GutUnd brennt dann in der Hölle Glut,Des achten seine Erben klein:Sie hülfen ihm nicht mit einem Stein,Lösten ihn kaum mit einem Pfund,25Wie tief er läg’ im Höllenschlund.Gib weil du lebst, ist Gottes Wort:Ein andrer schaltet, bist du fort.Kein weiser Mann trug je VerlangenMit Reichtum auf der Welt zu prangen.30Er trachtet nur sich selbst zu kennen;Den Weisen mag man steinreich nennen.Das Geld am Ende Crassus trank;Danach gedürstet hatt’ ihn lang.Crates sein Geld warf in das Meer,35So stört’s im Lernen ihn nicht mehr.Wer sammelt, was vergänglich ist,Begräbt die Seel’ in Kot und Mist.2Selbstgefälligkeit.Den Narrenbrei ich nie vergass,Seit mir gefiel das Spiegelglas:Hans Eselsohr mein Herz besass.2Der rührt sich wohl den Narrenbrei,5Der wähnt, dass er sehr witzig sei,Und gefällt sich selber gar so wohl,Dass er in den Spiegel guckt wie tollUnd doch nicht mag gewahren, dassEr einen Narren sieht im Glas.10Und sollt’ er schwören einen Eid,Spricht man von Zucht und Artigkeit,Meint er, die hätt’ er ganz allein,Seinsgleichen könnt’ auch nirgends sein,Der aller Fehler ledig wär’.15Sein Tun und Ruhn gefällt ihm sehr.Des Spiegels er drum nicht enträt,Wo er sitzt und reitet, geht und steht,Wie es Kaiser Otho hat gemacht,Der den Spiegel mitnahm in die Schlacht20Und schor die Backen zwier am Tag,Mit Eselsmilch sie wusch hernach.Dem Spiegel sind die Fraun ergeben;Ohne Spiegel könnte keine leben.Eh’ sie sich recht davor geschleiert25Und geputzt, wird Neujahr wohl gefeiert.Wem so gefällt Gestalt und Werk,Ist dem Affen gleich zu Heidelberg.3Dem Pygmalion gefiel sein Bild,Vor Narrheit ward er toll und wild.30Sah in den Spiegel nicht Narciss,Lebt’ er noch manches Jahr gewiss.Mancher sieht stets den Spiegel an,Der ihm doch nichts Schönes zeigen kann.Wo du solch närrisch Schaf siehst weiden,35Das mag auch keinen Tadel leiden,Es geht in seinem Taumel hin,Und kein Verstand will ihm zu Sinn.
1.Paris.
1.Paris.
The assumed name of a popular gnomic poet who lived in the first half of the 13th century. His fame rests on hisBescheidenheit, which means the ‘wisdom’ or ‘sagacity’ that comes of experience. The book is a miscellaneous collection of proverbial and aphoristic sayings. The titles of those given below were supplied by the translator.
Wie die Seele geschaffen sei,
Des Wunders werd’ ich hier nicht frei.
Woher sie komme, wohin sie fahr’,
Die Strass’ ist mir verborgen gar.
Hier weiss ich selbst nicht, wer ich bin;
Gott gibt die Seel’, er nehme sie hin:
Gleichwie ein Hauch verlässt sie mich,
Und wie ein Aas da liege ich.
Der Weisen und der Toren Streit
Hat schon gewähret lange Zeit
Und muss auch noch viel länger währen;
Man kann sie beide nicht entbehren.
Der Tor, wenn er ’ne Suppe hat,
Kümmert sich gar nicht um den Staat.
Findet ein Tor eine neue Sitt’,
Dem folgen’ alle Toren mit.
Uns selbst gefallen wir alle wohl;
Drum ist das Land der Toren voll.
Wer wähnt, dass er ein Weiser sei,
Dem wohnt ein Tor sehr nahe bei.
Haben alte Leute jungen Mut,
Und junge alten, das ist nicht gut;
Singen, springen soll die Jugend,
Die Alten wahren alte Tugend.
Und sollte es der Kaiser schwören,
Der Mücken kann er sich nicht wehren;
Was hilft ihm Herrschaft oder List,
Wenn doch ein Floh sein Meister ist.
Dem Löwen wollt’ ich Friede geben,
Liessen mich die Flöhe leben.
Die Flieg’ ist, wird der Sommer heiss,
Der kühnste Vogel, den ich weiss.
Zu Rom ist manche falsche List,
Daran der Papst unschuldig ist.
Ich nähme Eines Weisen Mut
Für zweier reicher Toren Gut.
Von manchem hört’ ich schon mit Neid,
Er pflege grosser Heiligkeit;
Und sah ich ihn, da dünkt’ es mich,
Er wäre nur ein Mensch wie ich.
Deshalb sind Gedanken frei,
Dass die Welt unmüssig sei.
Man soll nach Gut und Ehre jagen
Und Gott dennoch im Herzen tragen.
Wer minnet, was er minnen soll,
Dem ist mit Einem Weibe wohl;
Ist sie gut, so ist ihm gewährt,
Was man von allen Weibern gehrt.
One of the earliest attempts at dramatic composition in German. There is a tradition that it was played in 1322 before the Landgrave of Thüringen and that he was so overwhelmed by its picture of Christ as stern judge that he fell into a moody despair which endured five days and ended with an apoplectic stroke from which he died three years later.
Die erste Törichte spricht also:Herr Vater, himmelischer Gott,Tu’ es bei deinem bittern Tod,Den du am Kreuze hast erduldet:Verzeih’ uns armen Jungfraun, was wir verschuldet.5Verleitet hat uns leider unsre Torheit;Lass uns geniessen deiner grossen Barmherzigkeit,Und Mariens, der lieben Mutter dein,Und lass uns zu dem Gastmahl hier herein.Jesus spricht also:Wer die Zeit der Reue versäumet hat10Und auch nicht büsste seine MissetatUnd kommt zu stehn vor meiner Tür,Der findet keinen Eintritt hier.Die zweite Törichte spricht:Tu’ auf, o Herr, dein Tor!Die gnadenlosen Jungfraun stehen davor15Lieber Herr, wir bitten dich sehr,Dass deine Gnade sich uns zukehr’.Jesus spricht also:Ich weiss nicht, wer ihr seid.Da ihr zu keiner ZeitMich selber habt erkannt20Noch die Taten meiner Hand,So bleibt euch GnadenlosenDas Himmelstor verschlossen.Die dritte Törichte spricht also:Da Gott uns Heil versagt,Beten wir zu der reinen Magd,25Mutter aller Barmherzigkeit,Dass sie uns huld sei in unsrem grossen HerzeleidUnd zu ihrem Sohn flehe für uns Armen,Dass er sich unser woll’ erbarmen.Die vierte Törichte spricht:Maria, Mutter und Magd,30Uns ward gar oft gesagt,Du seiest aller Gnade voll;Nun bedürfen wir der Gnade wohl.Dies bitten wir dich sehrBei aller Jungfrauen Ehr’,35Dass du zu deinem Sohn flehest für uns Armen,Er möge sich unser gnädig erbarmen.Maria spricht also:Tatet ihr je mir oder meinem Kinde etwas zu Frommen,Es müsste euch jetzt zu statten kommen.Das tatet ihr aber leider mit nichten,40Drum wird unser beider Bitte wenig ausrichten.Doch will ich’s versuchen bei meinem Kinde,Ob ich vielleicht Gnade finde.Maria fällt auf die Kniee vor unsern Herrn und spricht:Ach, liebes Kind mein,Gedenke der armen Mutter dein,45Gedenke der mannigfaltigen Not,Die ich erlitt durch deinen Tod.Herr Sohn, da ich dein genas,Hatt’ ich weder Haus noch Palas,Ganz arm war ich;50Das hab’ ich erlitten für dich.Ich hatte mit dir Mühe, es ist wahr,Mehr als dreiunddreissig Jahr;Sieh, liebes Kind, das lohne mirUnd erbarme dich dieser Armen hier.Jesus spricht zu Maria:55Mutter, denkt an das Wort,Das sie finden geschrieben dort:Wolken und Erde sollen vergehn,Meine Worte sollen immer stehn.Du errettest den Sünder nimmermehr,60Weder du noch das ganze himmlische Heer.Die erste Törichte spricht also:Ach Herr, bei deiner GüteErweiche dein GemüteUnd erzürne dich nicht so sehr.Bei aller Jungfrauen Ehr’65Schau’ heute unser Elend an;Es reut uns, was wir dir zu Leid je haben getan.Nicht wieder wollen wir uns vergehen;Erhöre deiner Mutter FlehenUnd lass uns arme Jungfrauen70Die Festlichkeit beschauen.Maria, aller Sünder Trösterin,Hilf uns zum Freudensaal darin!Maria spricht also:Eure Fürsprecherin will ich gerne sein.Wäret ihr nur von Sünde frei,75Ihr kämet desto leichter herein.Ich will aber für euch mein Kind Jesum bitten.Liebes Kind, lass dich meiner Bitte nicht verdriessen!Lass heute unsre Tränen vor deinen Augen fliessen,Und denke an das Ungemach,80Das ich erlitt an deinem Todestag,Da ein Schwert durch meine Seele ging.Also für jene Pein, die ich um dich empfing,Belohne mich zu gunsten dieser ArmenUnd ihrer lass dich nun erbarmen.85Du bist ihr Vater, eine jede ist dein Kind;Denke, wie lästig sie dir auch geworden sindIn manchem Ungemache,Und in was für einer SacheDer Sünder dich auch geplagt,90Er ist dennoch die Schöpfung deiner Macht.Mein Sohn, du trauter, guter,Erhöre deine Mutter.Hab’ ich dir je einen Dienst getan,So nimm dich dieser Armen an,95Damit die jammervolle ScharZu Himmel ohne Urteil fahr’.Jesus spricht also:Nun schweiget, Frau Mutter mein;Solche Rede mag nicht sein.Da sie auf der Erde waren,100Gute Werke sie nicht gebaren,Ihnen gemäss war alle Schlechtigkeit;Drum versag’ ich ihnen meine Barmherzigkeit,Nach der sie dort nie suchten,Und schicke sie zu den Verfluchten;105Ihre späte Reue soll nichts nützen.Zu Gericht will ich jetzt sitzen:Geht, ihr Verfluchten an Seel’ und Leibe,Wie ich euch von mir jetzt vertreibe.Geht in das Feuer unter die Hut110Des übeln Teufels und seiner Brut!Sünder, geh von mir!Trost und Gnade versag’ ich dir.Kehre von den Augen mein,Fern bleibe dir meines Antlitz’ Schein!115Scheide von meinem Reich,Das du, dem Toren gleichDurch deine Sünden verloren hast;Trage mit dir der Sünden Last!Gehe hin und schrei’ und heul’!120Keine Hilfe wird dir je zu teil.
Die erste Törichte spricht also:
Herr Vater, himmelischer Gott,
Tu’ es bei deinem bittern Tod,
Den du am Kreuze hast erduldet:
Verzeih’ uns armen Jungfraun, was wir verschuldet.
Verleitet hat uns leider unsre Torheit;
Lass uns geniessen deiner grossen Barmherzigkeit,
Und Mariens, der lieben Mutter dein,
Und lass uns zu dem Gastmahl hier herein.
Jesus spricht also:
Wer die Zeit der Reue versäumet hat
Und auch nicht büsste seine Missetat
Und kommt zu stehn vor meiner Tür,
Der findet keinen Eintritt hier.
Die zweite Törichte spricht:
Tu’ auf, o Herr, dein Tor!
Die gnadenlosen Jungfraun stehen davor
Lieber Herr, wir bitten dich sehr,
Dass deine Gnade sich uns zukehr’.
Jesus spricht also:
Ich weiss nicht, wer ihr seid.
Da ihr zu keiner Zeit
Mich selber habt erkannt
Noch die Taten meiner Hand,
So bleibt euch Gnadenlosen
Das Himmelstor verschlossen.
Die dritte Törichte spricht also:
Da Gott uns Heil versagt,
Beten wir zu der reinen Magd,
Mutter aller Barmherzigkeit,
Dass sie uns huld sei in unsrem grossen Herzeleid
Und zu ihrem Sohn flehe für uns Armen,
Dass er sich unser woll’ erbarmen.
Die vierte Törichte spricht:
Maria, Mutter und Magd,
Uns ward gar oft gesagt,
Du seiest aller Gnade voll;
Nun bedürfen wir der Gnade wohl.
Dies bitten wir dich sehr
Bei aller Jungfrauen Ehr’,
Dass du zu deinem Sohn flehest für uns Armen,
Er möge sich unser gnädig erbarmen.
Maria spricht also:
Tatet ihr je mir oder meinem Kinde etwas zu Frommen,
Es müsste euch jetzt zu statten kommen.
Das tatet ihr aber leider mit nichten,
Drum wird unser beider Bitte wenig ausrichten.
Doch will ich’s versuchen bei meinem Kinde,
Ob ich vielleicht Gnade finde.
Maria fällt auf die Kniee vor unsern Herrn und spricht:
Ach, liebes Kind mein,
Gedenke der armen Mutter dein,
Gedenke der mannigfaltigen Not,
Die ich erlitt durch deinen Tod.
Herr Sohn, da ich dein genas,
Hatt’ ich weder Haus noch Palas,
Ganz arm war ich;
Das hab’ ich erlitten für dich.
Ich hatte mit dir Mühe, es ist wahr,
Mehr als dreiunddreissig Jahr;
Sieh, liebes Kind, das lohne mir
Und erbarme dich dieser Armen hier.
Jesus spricht zu Maria:
Mutter, denkt an das Wort,
Das sie finden geschrieben dort:
Wolken und Erde sollen vergehn,
Meine Worte sollen immer stehn.
Du errettest den Sünder nimmermehr,
Weder du noch das ganze himmlische Heer.
Die erste Törichte spricht also:
Ach Herr, bei deiner Güte
Erweiche dein Gemüte
Und erzürne dich nicht so sehr.
Bei aller Jungfrauen Ehr’
Schau’ heute unser Elend an;
Es reut uns, was wir dir zu Leid je haben getan.
Nicht wieder wollen wir uns vergehen;
Erhöre deiner Mutter Flehen
Und lass uns arme Jungfrauen
Die Festlichkeit beschauen.
Maria, aller Sünder Trösterin,
Hilf uns zum Freudensaal darin!
Maria spricht also:
Eure Fürsprecherin will ich gerne sein.
Wäret ihr nur von Sünde frei,
Ihr kämet desto leichter herein.
Ich will aber für euch mein Kind Jesum bitten.
Liebes Kind, lass dich meiner Bitte nicht verdriessen!
Lass heute unsre Tränen vor deinen Augen fliessen,
Und denke an das Ungemach,
Das ich erlitt an deinem Todestag,
Da ein Schwert durch meine Seele ging.
Also für jene Pein, die ich um dich empfing,
Belohne mich zu gunsten dieser Armen
Und ihrer lass dich nun erbarmen.
Du bist ihr Vater, eine jede ist dein Kind;
Denke, wie lästig sie dir auch geworden sind
In manchem Ungemache,
Und in was für einer Sache
Der Sünder dich auch geplagt,
Er ist dennoch die Schöpfung deiner Macht.
Mein Sohn, du trauter, guter,
Erhöre deine Mutter.
Hab’ ich dir je einen Dienst getan,
So nimm dich dieser Armen an,
Damit die jammervolle Schar
Zu Himmel ohne Urteil fahr’.
Jesus spricht also:
Nun schweiget, Frau Mutter mein;
Solche Rede mag nicht sein.
Da sie auf der Erde waren,
Gute Werke sie nicht gebaren,
Ihnen gemäss war alle Schlechtigkeit;
Drum versag’ ich ihnen meine Barmherzigkeit,
Nach der sie dort nie suchten,
Und schicke sie zu den Verfluchten;
Ihre späte Reue soll nichts nützen.
Zu Gericht will ich jetzt sitzen:
Geht, ihr Verfluchten an Seel’ und Leibe,
Wie ich euch von mir jetzt vertreibe.
Geht in das Feuer unter die Hut
Des übeln Teufels und seiner Brut!
Sünder, geh von mir!
Trost und Gnade versag’ ich dir.
Kehre von den Augen mein,
Fern bleibe dir meines Antlitz’ Schein!
Scheide von meinem Reich,
Das du, dem Toren gleich
Durch deine Sünden verloren hast;
Trage mit dir der Sünden Last!
Gehe hin und schrei’ und heul’!
Keine Hilfe wird dir je zu teil.
The Easter plays grew out of a brief and solemn church function, which followed a Latin ritual. In time German superseded the Latin, but without replacing it entirely; the performances increased greatly in scope, took in elements of fun, buffoonery anddiablerie, outgrew the churches and became great popular festivals, which were usually held in the market-place. The performance of an Easterplay together with a preceding passion play might occupy several hundred actors for a number of days. The texts as known to us are hardly ‘literature’ in the narrower sense. They were written by men of small poetic talent, who rimed carelessly, used the rough-and-ready language of the people, did not shrink from indecency and aimed at dramatic rather than poetic effects.
1From the Redentin play: Christ’s descent into hell.1LuciferNun seht, ist das nicht ein wunderlich Getue,Dass wir nicht mehr sollen leben in Ruhe?Wir wohnen hier schon über fünftausend JahrUnd wurden solches Unfugs noch nie gewahr,5Wie man ihn jetzt gegen uns will treiben;Dennoch wollen wir hier verbleiben,So lange wir stehen noch kampfbereit,Ob es euch allen sei lieb oder leid.Lucifer(ad David)David, wer ist dieser König der Ehren?David10Das kann ich dir wohl leicht erklären:Er ist der starke Herr,Mächtig im Kampf und in aller Ehr’;Er ist’s, der alle Dinge hat erschaffen.LuciferO weh, so sind unnütz all unsre Waffen15Und all unsre Wehr,Kommt der gewaltige König hierher.JesusIch fordre, Riegel an dieser Hölle,Dass du dich auftuest in der Schnelle.Ich will zerbrechen das Höllentor20Und die Meinen führen hervor.(et cantat: Ego sum Alpha et Omega, etc.)Ich bin ein A und auch ein O;Das sollt ihr wissen alle, soHier seid in dieser Höllenfeste.Ich bin der Erste und auch der Letzte.25Der Schlüssel Davids bin ich gekommen,Um zu erlösen meine Frommen.SatanasWer ist dieser Mann mit dem roten Kleide,Der uns so vieles tut zu Leide?Eine Unanständigkeit ist das30Und beleidigt uns in hohem Mass.JesusSchweig’, Satan, und sei bange!Schweige, verdammte Schlange!Spring auf, du Höllentor!Die Seelen sollen hervor,35Die darin sind gefangen.Ich habe am Galgen gehangenFür die, die taten den Willen mein.Ich habe gelitten grosse PeinIn meines Leibs fünf Wunden.40Damit soll Lucifer sein gebundenBis an den jüngsten Tag:Ihm ewige Pein und ein grosser Schlag.(Tunc cum vehemencia confringit infernum)Weichet von hier geschwinde,All ihr Höllengesinde!(et arripit Luciferum)45Lucifer, du böser Gast,Du trägst fortan dieser Ketten Last,Nicht mehr treibst du dein schändlich Wesen;Meine Lieben sollen vor dir genesen.(Chorus cantat: Sanctorum populus —Anime cantant: Advenisti —Jesus cantat: Venite benedicti —cum ricmo:)Kommt her, meine Benedeiten!50Not sollt ihr nicht mehr leiden.In meines Vaters Reich begleitet ihr mich,Um dort euch zu freuen ewiglichIm lauteren Glanz der Seligkeit,Die euch ohn’ Ende stehet bereit.(et arripit Adam manu dextra)55Adam, gib mir deine rechte Hand!Heil und Glück sei dir bekannt!Ich vergebe dir,Was du verbracht zu Leide mir.AdamLob sei dir und Ehr’,60Du Weltgebieter hehr!Ich und all mein GeschlechtWaren verdammt mit Recht.Doch wolltest du in deiner BarmherzigkeitUns erlösen aus solcher Jämmerlichkeit.65Eva! Eva!Selig Weib, komm mal her ja!(et cantat: Te nostra vocabant suspiria—)JesusDu warst an deinen Sünden gestorben;Nun hab’ ich sterbend dich wieder erworbenUnd will dich führen zu des Vaters Thron.Eva70O Herr Jesus, Gottes Sohn,Ich habe gesündigt gegen dich,Indem ich liess betrügen michUnd Trotz bot deinem Worte.Drum wohn’ ich hinter der Höllenpforte75Wohl fünftausend Jahr!Nun bin ich erlöset offenbar.2From the Vienna play: The quacksalver scene.2(Nun kommen die Personen und singen.)Allmächtiger Gott, Vater der höchste,Der Engel Trost, der aus der NotUns rettete und Trost uns bot—Die zweite PersonVater, allmächtiger Gott,5Dem die Engel stehn zu Gebot,Was soll uns Armen nun geschehen,Da wir dich nicht mehr sollen sehen?Wir haben den verloren,Der uns zum Troste ward geboren,10Jesus Christus,Der reinen Jungfrau Sohn,Der der Welt Hoffnung war.O, wie gross ist unser Schmerz!Wir haben verloren Jesus Christ,15Der aller Welt ein Tröster ist,Mariens Sohn, den reinen;Drum müssen wir beweinenBitterlich seinen Tod,Da er uns half aus grosser Not.Die dritte Person20Wir wollen dahin, wo er im Grabe liegt,Und ihn betrauern, der den Tod besiegtFür uns, und salben ihm die Wunden sein;O weh, wie gross ist unsre Herzenspein!Geliebte Schwestern beide,25Wie sollen wir leben in unserm Leide,Wenn wir entbehren müssenJesus den süssen?Drum gehen wir und kaufen Salben,Damit wir ihm allenthalben30Bestreichen seine WundenIn diesen frühen Stunden.(Der Kaufmann ruft dem Knechte)Rubein! Rubein! Rubein!(Rubinus kommt gelaufen)Was wollt Ihr denn, Herr Meister mein?MercatorRubein, wo hast du so lange gesteckt?35Du tust deinen Dienst nicht recht.Du solltest hier kaufen und verkaufenUnd die Leute schinden und täuschen.RubinusHerr, ich besuchte jene alten Weiber;Ich wollte auftreten als Harnsteinschneider.Mercator40Rubein, es wird wohl nächstens tagen.Ich hör’ ein jämmerlich KlagenVon drei Frauen, die singen;Uns mag jetzt wohl gelingen,Ein gut Geschäft zu machen mit Ehr’;45Geh und rufe sie hierher.RubinusHerr, welche meinest du?Soll ich sie alle rufen herzu?MercatorDoch nicht! Rufe nur die allein,Die am Wege klagen und schrein.(Rubinus geht zu den Schwestern)50Gott grüss’ euch, Frauen, zu jeder Zeit.Ich sehe wohl, dass ihr betrübet seid.Was euch mag immer schmerzen,Ihr seufzt mit schwerem Herzen.Es tut mir leid, das glaubet mir,55Dass so betrübt ihr stehet hier.Die Personen sagen:Gut Kind, Gott lohn’ es dir!Wir haben ein schwer Gemüt allhier.RubinusDas bessere Gott in seiner GüteUnd euch vor allem Leid behüte!60Ausser Trost hättet ihr was gern,So geht und fragt bei meinem Herrn.Die zweite PersonGott segne dich, du guter Knabe,Und lass gedeihen deine Habe!Unser Leid ist verborgen.65Wir wollen dir gerne folgen;Nicht länger wollen wir hier stehn,Wir wollen gerne mit dir gehn.Mercator canit:Ihr Frauen, seid mir höchst willkommen!Ich hoffe zu fördern euer Frommen.70Ist etwas hier, was ihr begehrt,Es wird euch gern von mir gewährt.Ich habe die besten Salben,Die da allenthalbenIm Lande werden zu finden sein,75In Ysmodia und in Neptaleim.So wahr ich mir den Korb und StabMitgebracht habe aus Arab;So wahr mein schönes Weib AntonieMit mir kam von Babylonie,80So muss euch diese recht gedeihen,Denn ich brachte sie von Alexandreien.Die dritte PersonGuter Mann, ich hab’ in der HandDrei schöne Gulden von Byzant.Gib uns dafür reichlichermassen,85Und möge Gott dich leben lassen!MercatorDa ihr beim Kauf nicht feilschen wollt,Will ich verdienen euer Gold.Nehmt also erstens diese Büchse,Die besser ist als andre fünfe.90Und nehmet diese auch dabei,Die besser ist als andre zwei.Und diese Büchse nehmet, soNoch besser ist als andre zwo.Tertia PersonaNun sage uns, du guter Mann,95Sollen wir mit dieser Salbe gahn?MercatorJa, Frau, und wär’ ich rotes Gold,Ihr sollt sie tragen, wohin ihr wollt.Die Ärztin spricht zornig:Ihr Frauen, lasst die Büchsen stehn!Ihr sollt damit von hier nicht gehn,100Sie kosteten mir allzuteuer;Die macht’ ich neulich überm Feuer.Geht schnell von meinem Krame ab,Sonst schlag’ ich euch mit einem Stab.Der Krämer spricht zu ihr:Wie doch, Ihr böse Haut!105Wie dürft Ihr immer werden laut?Wollt Ihr tadeln mein Verkaufen,Ich will Euch schlagen, will Euch raufen.MercatrixWie ist der Flachsbart doch so dreist!Du bist ein rechter Plagegeist.110Der Geier soll dich schändenHier unter meinen Händen!MercatorFrau, lasst ab von Eurem Schwatzen,Sonst fühlt Ihr nächstens meine Tatzen.MercatrixIch schweige nicht, das sag’ ich dir!115Wenn du kommst von deinem Bier,Bist du betrunken wie ein Schwein.Mög’ es dir nimmermehr gedeihn!MercatorSchweigt, Frau, sonst rollt Ihr bald zu Hauf.MercatrixDa drüben geht der Vollmond auf.Mercator120Schweigt, oder ich geb’ Euch einen Schlag.MercatrixKlotz, da er hier besoffen lag!MercatorO du altes Redefass!Ich trug dir doch niemals Hass.Nun geb’ ich dir eins auf den Kopf,125Dass es summt dir unterm Schopf.Und eins noch kriegst du auf den Rücken,Das weh tun soll in allen Stücken.MercatrixAch, ach, ach und leider!Sind das doch die neuen Kleider,130Die du zu Ostern mir gesandt.Wärst du nur ins Feuer gerannt!Gott gebe dir Geschwür’ im Magen,Dass du krepierst in wenig Tagen!Wärst du nicht zu Wien entgangen,135Man hätte dich schon längst gehangen.Du hast auch einen roten BartUnd bist ein Kobold schlimmster Art.MercatorFraue, liebe Fraue mein,Möget Ihr immer selig sein!140Vergib mir, dass ich dich geschlagen,Aber du hast so viel zu sagen.Die Klage machst du mannigfalt,Und daran tust du mir Gewalt.Du hast ein wunderlich Gebärde,145Und willst mich bringen unter die Erde.MercatrixJa, ich vergebe dir die SchlägeAm Tag, wo ich dich ins Grab hinlege.Mercator(zu Rubin)Hinweg mit den Pulvern!Hier kann ich nicht mehr bleiben.150Hebe auf Korb und Stab,Und laufen wir nach ArabWeithin von diesem Lande:Sonst kämen wir vielleicht zu Schande.Rubinus(dicit)Herr, ich packe ein recht gerne155Und laufe mit in weite Ferne.
Lucifer
Nun seht, ist das nicht ein wunderlich Getue,
Dass wir nicht mehr sollen leben in Ruhe?
Wir wohnen hier schon über fünftausend Jahr
Und wurden solches Unfugs noch nie gewahr,
Wie man ihn jetzt gegen uns will treiben;
Dennoch wollen wir hier verbleiben,
So lange wir stehen noch kampfbereit,
Ob es euch allen sei lieb oder leid.
Lucifer(ad David)
David, wer ist dieser König der Ehren?
David
Das kann ich dir wohl leicht erklären:
Er ist der starke Herr,
Mächtig im Kampf und in aller Ehr’;
Er ist’s, der alle Dinge hat erschaffen.
Lucifer
O weh, so sind unnütz all unsre Waffen
Und all unsre Wehr,
Kommt der gewaltige König hierher.
Jesus
Ich fordre, Riegel an dieser Hölle,
Dass du dich auftuest in der Schnelle.
Ich will zerbrechen das Höllentor
Und die Meinen führen hervor.
(et cantat: Ego sum Alpha et Omega, etc.)
Ich bin ein A und auch ein O;
Das sollt ihr wissen alle, so
Hier seid in dieser Höllenfeste.
Ich bin der Erste und auch der Letzte.
Der Schlüssel Davids bin ich gekommen,
Um zu erlösen meine Frommen.
Satanas
Wer ist dieser Mann mit dem roten Kleide,
Der uns so vieles tut zu Leide?
Eine Unanständigkeit ist das
Und beleidigt uns in hohem Mass.
Jesus
Schweig’, Satan, und sei bange!
Schweige, verdammte Schlange!
Spring auf, du Höllentor!
Die Seelen sollen hervor,
Die darin sind gefangen.
Ich habe am Galgen gehangen
Für die, die taten den Willen mein.
Ich habe gelitten grosse Pein
In meines Leibs fünf Wunden.
Damit soll Lucifer sein gebunden
Bis an den jüngsten Tag:
Ihm ewige Pein und ein grosser Schlag.
(Tunc cum vehemencia confringit infernum)
Weichet von hier geschwinde,
All ihr Höllengesinde!
(et arripit Luciferum)
Lucifer, du böser Gast,
Du trägst fortan dieser Ketten Last,
Nicht mehr treibst du dein schändlich Wesen;
Meine Lieben sollen vor dir genesen.
(Chorus cantat: Sanctorum populus —Anime cantant: Advenisti —Jesus cantat: Venite benedicti —cum ricmo:)
Kommt her, meine Benedeiten!
Not sollt ihr nicht mehr leiden.
In meines Vaters Reich begleitet ihr mich,
Um dort euch zu freuen ewiglich
Im lauteren Glanz der Seligkeit,
Die euch ohn’ Ende stehet bereit.
(et arripit Adam manu dextra)
Adam, gib mir deine rechte Hand!
Heil und Glück sei dir bekannt!
Ich vergebe dir,
Was du verbracht zu Leide mir.
Adam
Lob sei dir und Ehr’,
Du Weltgebieter hehr!
Ich und all mein Geschlecht
Waren verdammt mit Recht.
Doch wolltest du in deiner Barmherzigkeit
Uns erlösen aus solcher Jämmerlichkeit.
Eva! Eva!
Selig Weib, komm mal her ja!
(et cantat: Te nostra vocabant suspiria—)
Jesus
Du warst an deinen Sünden gestorben;
Nun hab’ ich sterbend dich wieder erworben
Und will dich führen zu des Vaters Thron.
Eva
O Herr Jesus, Gottes Sohn,
Ich habe gesündigt gegen dich,
Indem ich liess betrügen mich
Und Trotz bot deinem Worte.
Drum wohn’ ich hinter der Höllenpforte
Wohl fünftausend Jahr!
Nun bin ich erlöset offenbar.
(Nun kommen die Personen und singen.)
Allmächtiger Gott, Vater der höchste,
Der Engel Trost, der aus der Not
Uns rettete und Trost uns bot—
Die zweite Person
Vater, allmächtiger Gott,
Dem die Engel stehn zu Gebot,
Was soll uns Armen nun geschehen,
Da wir dich nicht mehr sollen sehen?
Wir haben den verloren,
Der uns zum Troste ward geboren,
Jesus Christus,
Der reinen Jungfrau Sohn,
Der der Welt Hoffnung war.
O, wie gross ist unser Schmerz!
Wir haben verloren Jesus Christ,
Der aller Welt ein Tröster ist,
Mariens Sohn, den reinen;
Drum müssen wir beweinen
Bitterlich seinen Tod,
Da er uns half aus grosser Not.
Die dritte Person
Wir wollen dahin, wo er im Grabe liegt,
Und ihn betrauern, der den Tod besiegt
Für uns, und salben ihm die Wunden sein;
O weh, wie gross ist unsre Herzenspein!
Geliebte Schwestern beide,
Wie sollen wir leben in unserm Leide,
Wenn wir entbehren müssen
Jesus den süssen?
Drum gehen wir und kaufen Salben,
Damit wir ihm allenthalben
Bestreichen seine Wunden
In diesen frühen Stunden.
(Der Kaufmann ruft dem Knechte)
Rubein! Rubein! Rubein!
(Rubinus kommt gelaufen)
Was wollt Ihr denn, Herr Meister mein?
Mercator
Rubein, wo hast du so lange gesteckt?
Du tust deinen Dienst nicht recht.
Du solltest hier kaufen und verkaufen
Und die Leute schinden und täuschen.
Rubinus
Herr, ich besuchte jene alten Weiber;
Ich wollte auftreten als Harnsteinschneider.
Mercator
Rubein, es wird wohl nächstens tagen.
Ich hör’ ein jämmerlich Klagen
Von drei Frauen, die singen;
Uns mag jetzt wohl gelingen,
Ein gut Geschäft zu machen mit Ehr’;
Geh und rufe sie hierher.
Rubinus
Herr, welche meinest du?
Soll ich sie alle rufen herzu?
Mercator
Doch nicht! Rufe nur die allein,
Die am Wege klagen und schrein.
(Rubinus geht zu den Schwestern)
Gott grüss’ euch, Frauen, zu jeder Zeit.
Ich sehe wohl, dass ihr betrübet seid.
Was euch mag immer schmerzen,
Ihr seufzt mit schwerem Herzen.
Es tut mir leid, das glaubet mir,
Dass so betrübt ihr stehet hier.
Die Personen sagen:
Gut Kind, Gott lohn’ es dir!
Wir haben ein schwer Gemüt allhier.
Rubinus
Das bessere Gott in seiner Güte
Und euch vor allem Leid behüte!
Ausser Trost hättet ihr was gern,
So geht und fragt bei meinem Herrn.
Die zweite Person
Gott segne dich, du guter Knabe,
Und lass gedeihen deine Habe!
Unser Leid ist verborgen.
Wir wollen dir gerne folgen;
Nicht länger wollen wir hier stehn,
Wir wollen gerne mit dir gehn.
Mercator canit:
Ihr Frauen, seid mir höchst willkommen!
Ich hoffe zu fördern euer Frommen.
Ist etwas hier, was ihr begehrt,
Es wird euch gern von mir gewährt.
Ich habe die besten Salben,
Die da allenthalben
Im Lande werden zu finden sein,
In Ysmodia und in Neptaleim.
So wahr ich mir den Korb und Stab
Mitgebracht habe aus Arab;
So wahr mein schönes Weib Antonie
Mit mir kam von Babylonie,
So muss euch diese recht gedeihen,
Denn ich brachte sie von Alexandreien.
Die dritte Person
Guter Mann, ich hab’ in der Hand
Drei schöne Gulden von Byzant.
Gib uns dafür reichlichermassen,
Und möge Gott dich leben lassen!
Mercator
Da ihr beim Kauf nicht feilschen wollt,
Will ich verdienen euer Gold.
Nehmt also erstens diese Büchse,
Die besser ist als andre fünfe.
Und nehmet diese auch dabei,
Die besser ist als andre zwei.
Und diese Büchse nehmet, so
Noch besser ist als andre zwo.
Tertia Persona
Nun sage uns, du guter Mann,
Sollen wir mit dieser Salbe gahn?
Mercator
Ja, Frau, und wär’ ich rotes Gold,
Ihr sollt sie tragen, wohin ihr wollt.
Die Ärztin spricht zornig:
Ihr Frauen, lasst die Büchsen stehn!
Ihr sollt damit von hier nicht gehn,
Sie kosteten mir allzuteuer;
Die macht’ ich neulich überm Feuer.
Geht schnell von meinem Krame ab,
Sonst schlag’ ich euch mit einem Stab.
Der Krämer spricht zu ihr:
Wie doch, Ihr böse Haut!
Wie dürft Ihr immer werden laut?
Wollt Ihr tadeln mein Verkaufen,
Ich will Euch schlagen, will Euch raufen.
Mercatrix
Wie ist der Flachsbart doch so dreist!
Du bist ein rechter Plagegeist.
Der Geier soll dich schänden
Hier unter meinen Händen!
Mercator
Frau, lasst ab von Eurem Schwatzen,
Sonst fühlt Ihr nächstens meine Tatzen.
Mercatrix
Ich schweige nicht, das sag’ ich dir!
Wenn du kommst von deinem Bier,
Bist du betrunken wie ein Schwein.
Mög’ es dir nimmermehr gedeihn!
Mercator
Schweigt, Frau, sonst rollt Ihr bald zu Hauf.
Mercatrix
Da drüben geht der Vollmond auf.
Mercator
Schweigt, oder ich geb’ Euch einen Schlag.
Mercatrix
Klotz, da er hier besoffen lag!
Mercator
O du altes Redefass!
Ich trug dir doch niemals Hass.
Nun geb’ ich dir eins auf den Kopf,
Dass es summt dir unterm Schopf.
Und eins noch kriegst du auf den Rücken,
Das weh tun soll in allen Stücken.
Mercatrix
Ach, ach, ach und leider!
Sind das doch die neuen Kleider,
Die du zu Ostern mir gesandt.
Wärst du nur ins Feuer gerannt!
Gott gebe dir Geschwür’ im Magen,
Dass du krepierst in wenig Tagen!
Wärst du nicht zu Wien entgangen,
Man hätte dich schon längst gehangen.
Du hast auch einen roten Bart
Und bist ein Kobold schlimmster Art.
Mercator
Fraue, liebe Fraue mein,
Möget Ihr immer selig sein!
Vergib mir, dass ich dich geschlagen,
Aber du hast so viel zu sagen.
Die Klage machst du mannigfalt,
Und daran tust du mir Gewalt.
Du hast ein wunderlich Gebärde,
Und willst mich bringen unter die Erde.
Mercatrix
Ja, ich vergebe dir die Schläge
Am Tag, wo ich dich ins Grab hinlege.
Mercator(zu Rubin)
Hinweg mit den Pulvern!
Hier kann ich nicht mehr bleiben.
Hebe auf Korb und Stab,
Und laufen wir nach Arab
Weithin von diesem Lande:
Sonst kämen wir vielleicht zu Schande.
Rubinus(dicit)
Herr, ich packe ein recht gerne
Und laufe mit in weite Ferne.
1.The original, in the Middle Low German of Mecklenburg (Redentin is a village near Wismar) is printed in Kürschner’sDeutsche Nationalliteratur, Vol. 14. —Upon coming to life in the tomb and escaping the guards stationed by Pilate, Christ descends into hell to release the ‘fathers.’ Lucifer’s first speech—he is the over-lord of hell and Satan his first lieutenant—is addressed to the devils in view of the rumored approach of the King of Glory.2.The original is printed in theFundgrubenof Hoffmann von Fallersleben, 1837. The ‘Personen’ are the three Marys, who go at break of day to anoint the body of the buried Christ. On the way they are taken in by a peripatetic quacksalver who has a cantankerous wife and a scapegrace clerk named Rubin.
1.The original, in the Middle Low German of Mecklenburg (Redentin is a village near Wismar) is printed in Kürschner’sDeutsche Nationalliteratur, Vol. 14. —Upon coming to life in the tomb and escaping the guards stationed by Pilate, Christ descends into hell to release the ‘fathers.’ Lucifer’s first speech—he is the over-lord of hell and Satan his first lieutenant—is addressed to the devils in view of the rumored approach of the King of Glory.
2.The original is printed in theFundgrubenof Hoffmann von Fallersleben, 1837. The ‘Personen’ are the three Marys, who go at break of day to anoint the body of the buried Christ. On the way they are taken in by a peripatetic quacksalver who has a cantankerous wife and a scapegrace clerk named Rubin.
A humorous poem, with incidental satire, which enjoyed the favor of all medieval Europe. The earliest German attempt to weave a continuous narrative out of the animal-stories that had previously been current in Latin, and to some extent in French, was that of an Alsatian poet, Heinrich der Glichezare, who wrote about 1180 and drew upon French sources. With the exception of a badly preserved fragment this poem is lost. It was calledIsengrines Notand described the pranks played by the cunning fox on the stupid wolf. Half a century later it was worked over by an unknown rimester who changed the title toReinhart Fuchs. This is the High German version from which the first of the selections below is translated. More important in a literary way is the Low German version, of which the earliest print dates from 1498. A specimen of this is given in Simrock’s translation.
“Gevatter,” sprach Herr Isengrin,“Gedenkst du stets als Mönch hierin665Zu wohnen bis zu deinem Tod?”“Ja wohl,” sprach er, “es tut mir not:Du wolltest ohne meine SchuldMir versagen deine HuldUnd nehmen wolltest du mein Leben.”670Sprach Isengrin: “Ich will’s vergeben,Hast du mir je ein Leid getan,Wenn ich nun mit dir wohnen kann.”“Vergeben? Mir?” sprach da Reinhart,“Mein Leben sei nicht mehr bewahrt,675Tat ich je was zu Leide dir.Wüsstest du mir Dank dafür,Ich gäbe dir zwei Stücke Aal,Den Rest von meinem letzten Mahl.”Herr Isengrin war hoch erfreut.680Er öffnete das Maul sehr weit.Und Reinhart warf sie ihm in Mund.“Ich bliebe immermehr gesund,”Sprach Isengrin mit blödem Sinne,“Wär’ ich nur einmal Koch da drinne.”685Reinhart sprach: “Ist bald getan.Willst du hier Brüderschaft empfahn,So wirst du Meister über die Braten.”Dem war es recht, wie ihm geraten.“Das tu’ ich,” sagte Isengrein.690“Also steck deinen Kopf herein,”Sprach Reinhart. Jener war bereit,Und eilig nahte sich sein Leid.Er tat hinein die Schnauze gross,Und Bruder Reinhart ihn begoss695Mit heissem Wasser, das ist wahr,Und brachte ihn um Haut und Haar.Isengrin sprach: “Weh tut das mir.”Reinhart sagte: “Wähnet IhrDen Himmel mühlos zu gewinnen?700Ihr seid doch nicht so ganz von Sinnen?Gern mögt Ihr leiden diese Not,Gevatter, wenn Ihr läget tot:Die Brüderschaft habt Ihr empfahn,Und alle Tage von nun an705Habt Ihr an tausend Messen teil,Was sicherlich Euch bringt zum Heil.”Isengrin meint’, es wäre wahr;Er klagte nicht um Haut und Haar,Die er nun nicht mehr nannte sein.710Er sprach: “Jetzt, Bruder, sind gemeinDie Äle, die noch drinne sind,Da ich wie du ein Gotteskind.Wer mir ein Stück davon versagt,Wird vor dem Abte angeklagt.”715Reinhart sprach: “Nie tät’ es not;Euch steht das Unsrige zu GebotIn brüderlicher Minn’ und Ehr’,Doch hier sind keine Fische mehr.Ich will Euch aber führen gleich720Zu unserm klösterlichen Teich,In dem so viele Fische gehen,Dass niemand mag sie übersehen.Die Brüder taten sie hinein.”“Lasst uns nur hin,” sprach Isengrein;725Da gingen sie; gleich ohne Zorn,Der Teich war aber überfrorn.Sie begannen nachzuschauen;Es war ein Loch im Eis gehauen,Wo man sich Wasser herausnahm,730Was Isengrin zu Schaden kam.Sein Bruder trug ihm grossen HassUnd einen Eimer nicht vergass;Reinhart war froh, als er ihn fandUnd an den Schwanz dem Bruder band.735Da sprach Herr Isengrein:“In nomine patris! Was soll das sein?”“Senkt hier den Eimer,” Reinhart sprach,“Und wartet ruhig und gemachIndem ich treibe sie hierher;740Nicht lange bleibt Ihr magenleer,Weil ich sie sehen kann durchs Eis.”Herr Isengrin war nicht sehr weis’.Er sprach: “Sagt mir in Bruderminne,Gibt es denn wirklich Fisch’ hierinne?”745“Ja Tausende hab’ ich gesehn.”“Wohl denn, es kann uns Glück geschehn.”Isengrin hatte dummen Sinn;Bald fror der Schwanz ihm fest darin.Die Nacht ward schrecklich kalt am Ort,750Doch Reinhart schwieg nur immerfort.Herr Isengrin fror mehr und mehr;Er sprach: “Der Eimer wird mir schwer.”“Ich zähle drin, bei meiner Ehr’,Der Äle dreissig,” sprach Reinhart;755“Dies wird uns eine nütze Fahrt.Steht nur noch wenig Zeit in Ruh’,Es kommen hundert noch dazu.”Nachher, als es begann zu tagen,Sprach Reinhart: “Leider muss ich sagen,760Mir bangt des grossen Reichtums wegen.Ich bin in hohem Grad verlegen,Weil so viel Fische uns gegönnt,Dass Ihr sie gar nicht heben könnt.Versucht’s doch, ob es Euch gelingt,765Dass Ihr heraus den Eimer bringt.”Herr Isengrin fing an zu ziehen,Doch all umsonst war sein Bemühen;Den Eimer musst’ er lassen stehen.Reinhart sprach: “Ich will jetzt gehen770Zu den Brüdern, dass sie kommen;Es soll der Fang uns allen frommen.”Bald kam herauf die helle Sonn’,Und Reinhart machte sich davon.
“Gevatter,” sprach Herr Isengrin,
“Gedenkst du stets als Mönch hierin
Zu wohnen bis zu deinem Tod?”
“Ja wohl,” sprach er, “es tut mir not:
Du wolltest ohne meine Schuld
Mir versagen deine Huld
Und nehmen wolltest du mein Leben.”
Sprach Isengrin: “Ich will’s vergeben,
Hast du mir je ein Leid getan,
Wenn ich nun mit dir wohnen kann.”
“Vergeben? Mir?” sprach da Reinhart,
“Mein Leben sei nicht mehr bewahrt,
Tat ich je was zu Leide dir.
Wüsstest du mir Dank dafür,
Ich gäbe dir zwei Stücke Aal,
Den Rest von meinem letzten Mahl.”
Herr Isengrin war hoch erfreut.
Er öffnete das Maul sehr weit.
Und Reinhart warf sie ihm in Mund.
“Ich bliebe immermehr gesund,”
Sprach Isengrin mit blödem Sinne,
“Wär’ ich nur einmal Koch da drinne.”
Reinhart sprach: “Ist bald getan.
Willst du hier Brüderschaft empfahn,
So wirst du Meister über die Braten.”
Dem war es recht, wie ihm geraten.
“Das tu’ ich,” sagte Isengrein.
“Also steck deinen Kopf herein,”
Sprach Reinhart. Jener war bereit,
Und eilig nahte sich sein Leid.
Er tat hinein die Schnauze gross,
Und Bruder Reinhart ihn begoss
Mit heissem Wasser, das ist wahr,
Und brachte ihn um Haut und Haar.
Isengrin sprach: “Weh tut das mir.”
Reinhart sagte: “Wähnet Ihr
Den Himmel mühlos zu gewinnen?
Ihr seid doch nicht so ganz von Sinnen?
Gern mögt Ihr leiden diese Not,
Gevatter, wenn Ihr läget tot:
Die Brüderschaft habt Ihr empfahn,
Und alle Tage von nun an
Habt Ihr an tausend Messen teil,
Was sicherlich Euch bringt zum Heil.”
Isengrin meint’, es wäre wahr;
Er klagte nicht um Haut und Haar,
Die er nun nicht mehr nannte sein.
Er sprach: “Jetzt, Bruder, sind gemein
Die Äle, die noch drinne sind,
Da ich wie du ein Gotteskind.
Wer mir ein Stück davon versagt,
Wird vor dem Abte angeklagt.”
Reinhart sprach: “Nie tät’ es not;
Euch steht das Unsrige zu Gebot
In brüderlicher Minn’ und Ehr’,
Doch hier sind keine Fische mehr.
Ich will Euch aber führen gleich
Zu unserm klösterlichen Teich,
In dem so viele Fische gehen,
Dass niemand mag sie übersehen.
Die Brüder taten sie hinein.”
“Lasst uns nur hin,” sprach Isengrein;
Da gingen sie; gleich ohne Zorn,
Der Teich war aber überfrorn.
Sie begannen nachzuschauen;
Es war ein Loch im Eis gehauen,
Wo man sich Wasser herausnahm,
Was Isengrin zu Schaden kam.
Sein Bruder trug ihm grossen Hass
Und einen Eimer nicht vergass;
Reinhart war froh, als er ihn fand
Und an den Schwanz dem Bruder band.
Da sprach Herr Isengrein:
“In nomine patris! Was soll das sein?”
“Senkt hier den Eimer,” Reinhart sprach,
“Und wartet ruhig und gemach
Indem ich treibe sie hierher;
Nicht lange bleibt Ihr magenleer,
Weil ich sie sehen kann durchs Eis.”
Herr Isengrin war nicht sehr weis’.
Er sprach: “Sagt mir in Bruderminne,
Gibt es denn wirklich Fisch’ hierinne?”
“Ja Tausende hab’ ich gesehn.”
“Wohl denn, es kann uns Glück geschehn.”
Isengrin hatte dummen Sinn;
Bald fror der Schwanz ihm fest darin.
Die Nacht ward schrecklich kalt am Ort,
Doch Reinhart schwieg nur immerfort.
Herr Isengrin fror mehr und mehr;
Er sprach: “Der Eimer wird mir schwer.”
“Ich zähle drin, bei meiner Ehr’,
Der Äle dreissig,” sprach Reinhart;
“Dies wird uns eine nütze Fahrt.
Steht nur noch wenig Zeit in Ruh’,
Es kommen hundert noch dazu.”
Nachher, als es begann zu tagen,
Sprach Reinhart: “Leider muss ich sagen,
Mir bangt des grossen Reichtums wegen.
Ich bin in hohem Grad verlegen,
Weil so viel Fische uns gegönnt,
Dass Ihr sie gar nicht heben könnt.
Versucht’s doch, ob es Euch gelingt,
Dass Ihr heraus den Eimer bringt.”
Herr Isengrin fing an zu ziehen,
Doch all umsonst war sein Bemühen;
Den Eimer musst’ er lassen stehen.
Reinhart sprach: “Ich will jetzt gehen
Zu den Brüdern, dass sie kommen;
Es soll der Fang uns allen frommen.”
Bald kam herauf die helle Sonn’,
Und Reinhart machte sich davon.
Als Martin der Affe das vernommen,Reinke wolle zu Hofe kommen,Zu reisen gedacht’ er just nach Rom.Er ging ihm entgegen und sprach: “Lieber Ohm,5Fasst Euch ein Herz und frischen Mut.”Den Stand seiner Sache kannt’ er gut,Doch frug er nach ein und anderm Stück.Reineke sprach: “Mir ist das GlückIn diesen Tagen sehr zuwider.10Gegen mich klagen und zeugen wiederEtliche Diebe, wer es auch sei,Das Kaninchen ist und die Krähe dabei.Der eine hat sein Weib verloren,Der andre die Hälfte von seinen Ohren.15Könnt’ ich selber vor den König kommen,So sollt’ es beiden wenig frommen.Was mir am meisten schaden kann,Ist dies: Ich bin in des Papstes Bann.Der Probst hat in der Sache Macht,20Aus dem der König selber viel macht.Warum man in den Bann mich tat,Ist, weil ich Isegrim gab den Rat,Da er ein Klausner war geworden,Dass er weglief’ aus dem Orden,25In den er bei Clemar sich begeben.Er schwur, er könne nicht mehr lebenIn solch hartem, strengem Wesen,So lang zu fasten, so viel zu lesen.Ich half ihm weg; das reut mich jetzt,30Zumal er mich zum Dank verschwätzt:Er feindet mich beim König anUnd tut mir Schaden, wo er kann.Geh’ ich nach Rom, so setz’ ich fürwahrWeib und Kinder in grosse Gefahr,35Denn Isegrim wird es nicht lassen,Ihnen nachzustellen und aufzupassenMit andern, die mir zu schaden trachtenUnd schon manches wider mich erdachten.Würd’ ich nur aus dem Bann gelöst,40So wär’ mir Mut ins Herz geflösst;Ich könnte getrost mit besserm GemacheSprechen für meine eigne Sache.”Martin sprach: “Reineke, lieber Ohm,Ich bin eben auf dem Weg nach Rom;45Da will ich Euch helfen mit schönen Stücken,Ich leide nicht, dass sie Euch unterdrücken.Als Schreiber des Bischofs, könnt Ihr denken,Versteh’ ich was von solchen Ränken.Ich will den Probst nach Rom citieren50Und will so gegen ihn plädiren;Seht, Ohm, ich schaff’ Euch ExcusationUnd bring’ Euch endlich Absolution,Und wenn der Probst sich vor Ärger hinge.Ich kenn’ in Rom den Lauf der Dinge,55Und was zu tun ist, weiss ich schon.Da ist auch mein Oheim Simon,Der sehr mächtig ist und hochgestelltUnd jedem gerne hilft fürs Geld.Herr Schalkefund steht auch da hoch,60Dr. Greifzu und andre noch,Herr Wendemantel und Herr Losefund,Die sind da all mit uns im Bund.Ich habe Geld voraus gesandt,Mit Geld wird man am besten bekannt.65Ja, Quark, man spricht wohl von Citieren;Sie wollen nur, man soll spendieren.Wär’ eine Sache noch so krumm,Man biegt mit Geld sie um und um.Wer Geld bringt, mag sich Gnade kaufen;70Wer das nicht hat, den lässt man laufen.Seht, Ohm, seid ruhig um den Bann,Ich nehme mich der Sachen anUnd bring’ Euch frei, Ihr habt mein Wort.Geht dreist zu Hof, Ihr findet dort75Frau Riechgenau, mein Ehgemahl.Der König liebt sie, und zumalAuch unsre Frau, die Königin,Denn sie hat klugen, behenden Sinn.Sprecht sie an, sie liebt die Herrn80Und verwendet sich für Freunde gern.Sie ist Euch zu jedem Dienst erbötig.Das Recht hat manchmal Hilfe nötig.Bei ihr sind ihrer Schwestern zwei,Dazu auch meiner Kinder drei85Und viel andre noch von Euerm Geschlecht,Die gern Euch helfen zu Euerm Recht.Kann Euch denn sonst kein Recht geschehn,So lass’ ich meine Macht Euch sehn.Macht es mir nur gleich bekannt.90Alle, die wohnen im ganzen Land,Den König und alle, Weib und Mann,Die bring’ ich in des Papstes BannUnd schick’ ein Interdict so schwer,Man soll nicht begraben noch taufen mehr,95Und keine Messe lesen noch singen.Drum, lieber Ohm, seid guter Dingen!Der Papst ist ein alter, schwacher Mann,Er nimmt sich keiner Sache mehr an;Drum hat man sein auch wenig acht.100Am Hofe übt die ganze MachtDer Kardinal von Ohnegenügen,Ein rüstiger Mann, der weiss es zu fügen.Ich kenn’ ein Weib, die hat er lief,Die soll ihm bringen einen Brief.105Mit der bin ich sehr wohl bekannt,Und, was sie will, geschieht im Land.Sein Schreiber heisst Johann Partei,Der kennt wohl Münze alt und neu.Horchgenau ist sein Kumpan,110Der ist des Hofes Kurtisan.Wendundschleich ist Notarius,Beider Rechte Baccalaureus;Übt der ein Jahr noch seine Tücken,So wird er Meister in Praktiken,115Moneta und Donarius halten jetztDie Richterstühle dort besetzt;Wem sie das Recht erst abgesprochen,Dem ist und bleibt der Stab gebrochen.So gilt in Rom jetzt manche List,120Daran der Papst unschuldig ist.Die muss ich alle zu Freunden halten:Sie haben über die Sünden zu schaltenUnd lösen das Volk all aus dem Bann.Oheim, vertraut Euch mir nur an!125Der König hat es schon vernommen,Dass ich Euch will zu Hilfe kommen.Er weiss auch, dass ich der Mann dazu bin;Drum kommt Ihr nicht zu Ungewinn.Bedenkt alsdann der König recht,130Wie viele vom Affen- und Fuchsgeschlecht,In seinem geheimsten Rate sitzen.Geh’s wie es will, das muss Euch nützen.”Reineke sprach: “Ich bin getröstet;Ich dank’ Euch’s gern, wenn Ihr mich löstet.”
Als Martin der Affe das vernommen,
Reinke wolle zu Hofe kommen,
Zu reisen gedacht’ er just nach Rom.
Er ging ihm entgegen und sprach: “Lieber Ohm,
Fasst Euch ein Herz und frischen Mut.”
Den Stand seiner Sache kannt’ er gut,
Doch frug er nach ein und anderm Stück.
Reineke sprach: “Mir ist das Glück
In diesen Tagen sehr zuwider.
Gegen mich klagen und zeugen wieder
Etliche Diebe, wer es auch sei,
Das Kaninchen ist und die Krähe dabei.
Der eine hat sein Weib verloren,
Der andre die Hälfte von seinen Ohren.
Könnt’ ich selber vor den König kommen,
So sollt’ es beiden wenig frommen.
Was mir am meisten schaden kann,
Ist dies: Ich bin in des Papstes Bann.
Der Probst hat in der Sache Macht,
Aus dem der König selber viel macht.
Warum man in den Bann mich tat,
Ist, weil ich Isegrim gab den Rat,
Da er ein Klausner war geworden,
Dass er weglief’ aus dem Orden,
In den er bei Clemar sich begeben.
Er schwur, er könne nicht mehr leben
In solch hartem, strengem Wesen,
So lang zu fasten, so viel zu lesen.
Ich half ihm weg; das reut mich jetzt,
Zumal er mich zum Dank verschwätzt:
Er feindet mich beim König an
Und tut mir Schaden, wo er kann.
Geh’ ich nach Rom, so setz’ ich fürwahr
Weib und Kinder in grosse Gefahr,
Denn Isegrim wird es nicht lassen,
Ihnen nachzustellen und aufzupassen
Mit andern, die mir zu schaden trachten
Und schon manches wider mich erdachten.
Würd’ ich nur aus dem Bann gelöst,
So wär’ mir Mut ins Herz geflösst;
Ich könnte getrost mit besserm Gemache
Sprechen für meine eigne Sache.”
Martin sprach: “Reineke, lieber Ohm,
Ich bin eben auf dem Weg nach Rom;
Da will ich Euch helfen mit schönen Stücken,
Ich leide nicht, dass sie Euch unterdrücken.
Als Schreiber des Bischofs, könnt Ihr denken,
Versteh’ ich was von solchen Ränken.
Ich will den Probst nach Rom citieren
Und will so gegen ihn plädiren;
Seht, Ohm, ich schaff’ Euch Excusation
Und bring’ Euch endlich Absolution,
Und wenn der Probst sich vor Ärger hinge.
Ich kenn’ in Rom den Lauf der Dinge,
Und was zu tun ist, weiss ich schon.
Da ist auch mein Oheim Simon,
Der sehr mächtig ist und hochgestellt
Und jedem gerne hilft fürs Geld.
Herr Schalkefund steht auch da hoch,
Dr. Greifzu und andre noch,
Herr Wendemantel und Herr Losefund,
Die sind da all mit uns im Bund.
Ich habe Geld voraus gesandt,
Mit Geld wird man am besten bekannt.
Ja, Quark, man spricht wohl von Citieren;
Sie wollen nur, man soll spendieren.
Wär’ eine Sache noch so krumm,
Man biegt mit Geld sie um und um.
Wer Geld bringt, mag sich Gnade kaufen;
Wer das nicht hat, den lässt man laufen.
Seht, Ohm, seid ruhig um den Bann,
Ich nehme mich der Sachen an
Und bring’ Euch frei, Ihr habt mein Wort.
Geht dreist zu Hof, Ihr findet dort
Frau Riechgenau, mein Ehgemahl.
Der König liebt sie, und zumal
Auch unsre Frau, die Königin,
Denn sie hat klugen, behenden Sinn.
Sprecht sie an, sie liebt die Herrn
Und verwendet sich für Freunde gern.
Sie ist Euch zu jedem Dienst erbötig.
Das Recht hat manchmal Hilfe nötig.
Bei ihr sind ihrer Schwestern zwei,
Dazu auch meiner Kinder drei
Und viel andre noch von Euerm Geschlecht,
Die gern Euch helfen zu Euerm Recht.
Kann Euch denn sonst kein Recht geschehn,
So lass’ ich meine Macht Euch sehn.
Macht es mir nur gleich bekannt.
Alle, die wohnen im ganzen Land,
Den König und alle, Weib und Mann,
Die bring’ ich in des Papstes Bann
Und schick’ ein Interdict so schwer,
Man soll nicht begraben noch taufen mehr,
Und keine Messe lesen noch singen.
Drum, lieber Ohm, seid guter Dingen!
Der Papst ist ein alter, schwacher Mann,
Er nimmt sich keiner Sache mehr an;
Drum hat man sein auch wenig acht.
Am Hofe übt die ganze Macht
Der Kardinal von Ohnegenügen,
Ein rüstiger Mann, der weiss es zu fügen.
Ich kenn’ ein Weib, die hat er lief,
Die soll ihm bringen einen Brief.
Mit der bin ich sehr wohl bekannt,
Und, was sie will, geschieht im Land.
Sein Schreiber heisst Johann Partei,
Der kennt wohl Münze alt und neu.
Horchgenau ist sein Kumpan,
Der ist des Hofes Kurtisan.
Wendundschleich ist Notarius,
Beider Rechte Baccalaureus;
Übt der ein Jahr noch seine Tücken,
So wird er Meister in Praktiken,
Moneta und Donarius halten jetzt
Die Richterstühle dort besetzt;
Wem sie das Recht erst abgesprochen,
Dem ist und bleibt der Stab gebrochen.
So gilt in Rom jetzt manche List,
Daran der Papst unschuldig ist.
Die muss ich alle zu Freunden halten:
Sie haben über die Sünden zu schalten
Und lösen das Volk all aus dem Bann.
Oheim, vertraut Euch mir nur an!
Der König hat es schon vernommen,
Dass ich Euch will zu Hilfe kommen.
Er weiss auch, dass ich der Mann dazu bin;
Drum kommt Ihr nicht zu Ungewinn.
Bedenkt alsdann der König recht,
Wie viele vom Affen- und Fuchsgeschlecht,
In seinem geheimsten Rate sitzen.
Geh’s wie es will, das muss Euch nützen.”
Reineke sprach: “Ich bin getröstet;
Ich dank’ Euch’s gern, wenn Ihr mich löstet.”
The most gifted verse-writer of the poetically barren 14th century. He was a ‘wandering singer’ who depended for his livelihood upon the patronage of princes and spent the most of his life in Austria. He died about 1400. The selection is a translation of hisRed’ von der Minne.
Ich wanderte an einem Tag
In einen wonniglichen Hag,
Darin die Vögel sungen;
Da kam ich unbezwungen
Auf einem wonniglichen Raume
Zu einem dichtbelaubten Baume,
An deren Wurzeln wundervoll
Hervor ein kaltes Brünnlein quoll.
Da fand ich sitzen hart anbei
Drei Frauen alle mangelfrei,
Minne, Stæt’ und Gerechtigkeit.
Die erste klagt’ ihr Herzensleid,
Bezwungen von des Schmerzes Not;
Sie sprach: “Ich bin beinahe tot
An Ehren und an Sinnen:
Die mich sollten minnen,
Sie sind ein ehrloses Geschlecht.
Da ich nun, Minne, mit Unrecht
Auf Erden kam zu solchem Leben,
Sollt ihr getreuen Rat mir geben.
Gerechtigkeit, in Gottes Namen,
Von dem die zehn Gebote kamen,
Macht, dass mein Recht mir werd’ erteilt:
Wer Minne lasterhaft vergeilt
Und reiner Frauen Würdigkeit,
Der büss’ es! Das ist nun mein Leid.”
Gerechtigkeit sprach zu der Stæte:
“Wir hätten nötig gute Räte,
Um recht zu richten die Geschicht’.”
Frau Stæte sprach mit Worten schlicht:
“Nun hört und merkt, was ich will sagen:
Wem Minne Hass mag tragen,
Den wollen wir in aller Schnelle
Sogleich verhören auf der Stelle.”
Gerechtigkeit tat auf den Mund:
“Macht uns allhier mit Worten kund,
Durch wen Ihr leidet solche Pein.”
Frau Minne sprach: “Der Jammer mein
Ist leider hart und schauderhaft,
Weil mancher Prahler lügenhaft
Von reinen Frauen faselt. Ach,
Dass Gott ihn nicht mit seinem Schlag
Getroffen aller Welt zur Lehr’!
Das würde mich erfreuen sehr,
Wie ich bekenne öffentlich.
Die schnöden Dinge liebt er sich
Und schwatzt von dem, was er nie sah.
Drum sollt’ er in die Höll’ und da
Die heisse Loh ihn sengen,
Der Teufel hart bedrängen,
Zur Ahndung seiner falschen List,
Weil er ein loser Schwätzer ist.
Darüber sollt ihr richten mir.”
Gerechtigkeit erwidert’ ihr:
“So sei’s! Ein Urteil soll geschehn:
Ihn soll kein lieblich Aug’ ansehn,
Von einer reinen Frauen zart;
Ihr Mund sei gegen ihn verspart,
Dass ihm kein Gruss mag werden kund
Von einem rosenroten Mund.
Das ist der strenge Wille mein.”
Frau Stæte sprach: “Ich leid’ auch Pein
In meinem Herzen mannigfalt:
Ich habe Diener, jung und alt,
Die sagen, dass sie stätig sein
Und tun das öffentlich zum Schein
Bei reinen Frauen manchmal kund;
Doch tief in ihres Herzens Grund
Liegt falscher List ein grosser Hort:
Das ist der Seele arger Mord
Und reiner Frauen Ungewinn.
Ich wollt’, wer hätt’ so falschen Sinn,
Dass dem doch aus dem Munde sein
Die Zähne wüchsen, wie dem Schwein;
Daran erkenntlich wären die Leut’,
Und reine Frauen leicht befreit
Von jener Schälkchen loser Schar
Mit Worten sanft und doch nicht wahr,
Mit Zungen, die wie Messer schneiden;
Ach, was muss man davon leiden!
Und noch eins mich mit Schmerz bewegt:
Dass mancher Blau am Leibe trägt
Und wähnt davon stätig zu sein,
Weil er in blauer Farbe Schein
Erzeiget sich den Frauen gut.
Mich dünkt nun so in meinem Mut:
Wäre die Farbe, wie man hört,
Die Elle hätte wohl den Wert
Von hundert Gulden sicherlich;
Doch Stæte wiegt im Herzen sich,
Sie tut nicht von der Farbe kommen,
Drum kann es manchem wenig frommen,
Wenn er der Unstæt’ huldigt
Und wird von Fraun beschuldigt.”
Ich hört’ ihr Plaudern mannigfalt,
Und was zu tun, entschied ich bald.
Ich ging hinzu und sprach kein Wort.
Frau Minn’ erblickte mich sofort,
Die war gar wundersam geziert:
“Sag’ mir, mein lieber Suchenwirt,”
Sprach sie, “was tust du hie?”
Geschwinde fiel ich auf ein Knie.
“Gnade, Frau,” darauf sprach ich;
“Der Mai hat Blumen wonniglich
Im ganzen Land herumgestreut,
Dass manches Herze wird erfreut,
So wie die kleinen Vögelein.
Ich kam verlockt vorn Augenschein
Auf diesen Anger wunderbar;
Da wurde Euer ich gewahr
Und hörte Eure Klage gross.”
Sie sprach: “Ich bin der Freuden bloss
Und weiss, was ich beginnen soll.
Die Welt ist schlechter Kniffe voll:
Hast du gehört des Jammers Pein,
So handle nach dem Willen mein
Und tu’ es offenherzig kund
Den Edlen hier zu mancher Stund’,
Dass sie vor Schande hüten sich.”
“Das tu’ ich gerne, Frau,” sprach ich.
So schied ich von der Minne dann
Beglückt und ohne argen Wahn.
A famous satire published at Basel in 1494, with numerous excellent woodcuts. Its author, Sebastian Brant, was born at Strassburg in 1457, took his degree in law, became city clerk of his native place and died in 1521. TheShip of Fools, which consists of disconnected sections describing the various kinds of fools—over a hundred of them—who have embarked in the ship for Fool-land, was translated into Latin, into French three times and into English twice. It was Germany’s first important contribution to world literature. The selections are from the modernization by Simrock, Berlin, 1872.
Wer sich verlässt auf zeitig Gut,
Drin Freude sucht und guten Mut,
Der ist ein Narr mit Leib und Blut.1
Der ist ein Narr, der sammelt Gut
Und hat nicht Freud’, und guten Mut
Und weiss auch nicht, wem er’s wird sparen,
Wenn er muss zum düstern Keller fahren.
Noch törichter ist, wer vertut
In Üppigkeit und Frevelmut
Was Gott ins Haus ihm hat gegeben.
Er nur verwalten soll sein Leben
Und Rechenschaft drum geben muss
Wohl schwerer als mit Hand und Fuss.
Ein Narr häuft den Verwandten viel;
Die Seel’ er nicht bedenken will,
Sorgt, ihm gebrech’ es in der Zeit,
Und fragt nicht nach der Ewigkeit.
O armer Narr, wie bist du blind!
Du scheust den Ausschlag, kriegst den Grind.
Erwirbt mit Sünden mancher Gut
Und brennt dann in der Hölle Glut,
Des achten seine Erben klein:
Sie hülfen ihm nicht mit einem Stein,
Lösten ihn kaum mit einem Pfund,
Wie tief er läg’ im Höllenschlund.
Gib weil du lebst, ist Gottes Wort:
Ein andrer schaltet, bist du fort.
Kein weiser Mann trug je Verlangen
Mit Reichtum auf der Welt zu prangen.
Er trachtet nur sich selbst zu kennen;
Den Weisen mag man steinreich nennen.
Das Geld am Ende Crassus trank;
Danach gedürstet hatt’ ihn lang.
Crates sein Geld warf in das Meer,
So stört’s im Lernen ihn nicht mehr.
Wer sammelt, was vergänglich ist,
Begräbt die Seel’ in Kot und Mist.
Den Narrenbrei ich nie vergass,
Seit mir gefiel das Spiegelglas:
Hans Eselsohr mein Herz besass.2
Der rührt sich wohl den Narrenbrei,
Der wähnt, dass er sehr witzig sei,
Und gefällt sich selber gar so wohl,
Dass er in den Spiegel guckt wie toll
Und doch nicht mag gewahren, dass
Er einen Narren sieht im Glas.
Und sollt’ er schwören einen Eid,
Spricht man von Zucht und Artigkeit,
Meint er, die hätt’ er ganz allein,
Seinsgleichen könnt’ auch nirgends sein,
Der aller Fehler ledig wär’.
Sein Tun und Ruhn gefällt ihm sehr.
Des Spiegels er drum nicht enträt,
Wo er sitzt und reitet, geht und steht,
Wie es Kaiser Otho hat gemacht,
Der den Spiegel mitnahm in die Schlacht
Und schor die Backen zwier am Tag,
Mit Eselsmilch sie wusch hernach.
Dem Spiegel sind die Fraun ergeben;
Ohne Spiegel könnte keine leben.
Eh’ sie sich recht davor geschleiert
Und geputzt, wird Neujahr wohl gefeiert.
Wem so gefällt Gestalt und Werk,
Ist dem Affen gleich zu Heidelberg.3
Dem Pygmalion gefiel sein Bild,
Vor Narrheit ward er toll und wild.
Sah in den Spiegel nicht Narciss,
Lebt’ er noch manches Jahr gewiss.
Mancher sieht stets den Spiegel an,
Der ihm doch nichts Schönes zeigen kann.
Wo du solch närrisch Schaf siehst weiden,
Das mag auch keinen Tadel leiden,
Es geht in seinem Taumel hin,
Und kein Verstand will ihm zu Sinn.