Lektion 2.Teile einer Raupe.

Lektion 2.Teile einer Raupe.

In derletzten Lektionhaben wir die erwachsenen oder voll entwickelten Insekten sehr leicht aufgefunden. Aber es ist viel schwieriger, einige von ihnen während ihres Entwicklungsganges zu erkennen. Heuschrecken, Heimchen und Blattläuse sehen beim Auskommen aus dem Ei fast ebenso aus, als wenn sie erwachsen sind, nur haben sie noch keine Flügel. Aber die Kohlschnake beginnt ihr Leben als eine Larve unter der Erde, und das Marienkäferchen ist anfangs eine Art Raupe, die über die Pflanzen läuft und sich von Blattläusen nährt. Alle Käfer sind Larven mit sechs kleinen Beinen, ehe sie vollständige geflügelte Käfer werden.

Tafel ISchmetterlinge.1. Tagpfauenauge fliegend. 1a.Sitzend. 2. Raupe und 3. Puppe desselben. 4. Zitronenfalter, 5. seine Puppe. 6. Aurorafalter, 7. seine Puppe, 8. Weibchen, sitzend. 9. Wiesenvögelchen, 10. dasselbe, sitzend.

Tafel I

Schmetterlinge.

1. Tagpfauenauge fliegend. 1a.Sitzend. 2. Raupe und 3. Puppe desselben. 4. Zitronenfalter, 5. seine Puppe. 6. Aurorafalter, 7. seine Puppe, 8. Weibchen, sitzend. 9. Wiesenvögelchen, 10. dasselbe, sitzend.

Die Raupen von Schmetterlingen sind leicht zu finden; wir wollen sie also in dieser Lektion betrachten. Es gibt kaum eine Zeit im Sommer, wo man nicht eine Raupe finden kann. Die des Zitronenfalters kommt zuerst im April heraus. Im Mai legt der Kohlweißling seine ersten Eier, und bald fressen die Raupen an den jungen Kohlblättern.Ein wenig später findet man in den Brennesseln die schwarzen Raupen mit weißen Flecken (siehe bunteTafel I.2), die sich im Juni in Pfauenaugen verwandeln, oder die dunkelgrünen Raupen des Admirals. Diese verbergen sich in einem Blätterbüschel, das gewöhnlich mit seidigen Fäden zusammengeknüpft ist.

Wenn man keine von diesen findet, so kann man doch gewiß nicht die Haufen von kleinen schwarzen, gelbgestreiften Raupen verfehlen, die unter den Blättern der Brennesseln sitzen, und aus denen der kleine Fuchs sich entwickelt. Diese Raupen nützen dadurch sehr, daß sie die Brennesseln vernichten, und man sollte daher immer froh sein, wenn man diesen Schmetterling findet. Gegen Beginn des Herbstes trifft man dann die gefräßigen Raupen der großen Schwärmer an. Wenn man am Abend oder am frühen Morgen ausgeht, so kann man die Raupe des großen Wolfsmilchschwärmers finden, die von der grünen Wolfsmilch an den Wegrändern und auf sonnigen Tristen frißt. Es ist ein schönes Geschöpf, etwa 7cmlang, auf schwarzgrünem Grunde gelb punktiert und mit roten Längsstreifen, gelben Flecken und einem roten Schwanzhorn geziert.

Kopf der Raupe des Ligusterschwärmers.ul.Oberlippe.j.Oberkiefer.a.Fühler.ij.Unterkiefer.ll.Unterlippe.s.Spinndrüse.

Kopf der Raupe des Ligusterschwärmers.ul.Oberlippe.j.Oberkiefer.a.Fühler.ij.Unterkiefer.ll.Unterlippe.s.Spinndrüse.

Sie ist bei uns viel leichter zu finden als die Raupe des Ligusterschwärmers (siehe bunteTafel II.1), die inden Ligusterhecken oder an den Fliederbüschen frißt. Sie ist 8–10cmlang und hell apfelgrün gefärbt mit sieben schmaler werdenden violetten Streifen an der Seite und einem Horn am Ende des Körpers. Ihr Kopf ist grün, mit Schwarz eingefaßt, und die Atemlöcher an ihren Seiten sind mit orangefarbenen Ringen umsäumt.

Selten tritt sie bei uns so häufig auf, daß sie die Hecken in schrecklicher Weise zerstört. Sie ist sehr gefräßig und muß viel Nahrung zu sich nehmen, daß sie zu einem Schwärmer heranwachsen kann. Obgleich ihr Körper weich ist, ist ihr Kopf hart und hornig, und da der Mund nichts mit Atmen zu tun hat und keinen Laut von sich zu geben braucht, so kann er fortwährend zum Fressen benutzt werden. Er besteht aus sehr vielen Teilen, von denen man die folgenden sehr gut sehen kann: die große Oberlippe (ul) und die beiden starken Oberkiefer (j), die sich seitwärts hin- und herbewegen, wenn die Raupe das Blatt benagt. Sobald ein Stück abgeschnitten ist, schiebt die Raupe es zwischen die Unterkiefer (ij), wo es gekaut und verschluckt wird. Unter den Kiefern liegt die flache Unterlippe (ll), durch die eine kleine Röhre geht. Seht diese Röhre (s) gut an. Es ist die Stelle, von der die Seide kommt, die sie braucht, um ihren Kokon zu spinnen, in dem sie schläft, während der Schmetterling heranwächst.

Ihr erinnert euch, daß wir im Buch I gelesen haben, daß die Spinne ihr Gewebe aus seidigen Fäden spinnt, die aus sechs kleinen Warzen unter ihrem Körper kommen. Aber die Raupen der Schmetterlinge, und besonders die des Seidenspinners, nehmen die Seidenfäden aus Spinnwerkzeugen an der Unterlippe.

Nun seht die Beine an. Es sind drei Paare, eins an jedem Ringe der Brust. Sie haben Gelenke und am unteren Ende Klauen (2,S. 15). Es sind wirklich Beine, die hart und hornartig sind wie der Kopf. Wenn die Raupe sich in einen Schmetterling verwandelt, so werden diese Beine zu denen des Schmetterlings. Aber sie hat auch einige Bauchfüße, die sie benutzt, um sich an den Zweigen festzuhalten. Dies sind keine wirklichen Beine, sondern nur fleischige Wülste (1,S. 15), die mit dem Körper der Raupe bei der Verwandlung verschwinden. Es stehen gewöhnlich vier Paare von Bauchfüßen hinter den wirklichen Beinen und zwei am Ende des Körpers, aber einige Raupen haben nicht so viele. Kennt ihr wohl die Spannerraupen, die ihren Körper zu einem Bogen oder einer Schleife krümmen? Man findet eine Art derselben oft auf Stachelbeerbüschen, wo sie sehr viel Schaden anrichten. Sie haben nur sechs wirkliche Beine und vier Bauchfüße am Ende ihres Körpers und bewegen sich in sonderbarer Weise vorwärts. Sie halten sich mit ihren Vorderbeinen an dem Zweige fest und ziehen ihre Bauchfüße an sich heran, bis ihr Körper eine Schleife in der Luft bildet. Dann lassen die Vorderbeine los und ihr Kopfende erhebt sich in die Luft ähnlich, wie ein Elefant seinen Rüssel hebt, und dann streckt sich ihr Körper vorwärts am Zweige.

1. Bauchfüße der Raupe.2. Gegliederte Beine.

1. Bauchfüße der Raupe.2. Gegliederte Beine.

Da eine Raupe fortwährend frißt, so wird durch den wachsenden Körper die Haut so straff, daß eine Zeit kommt, wo sie keine Nahrung mehr aufnehmen kann. Dann hält sie sich einige Stunden ruhig und bläst ihre Ringe auf.Die Haut platzt, und die Raupe kriecht heraus, mit einer neuen, weichen Haut bekleidet, die sich unter der alten gebildet hat. Diese ist dehnbar, und bald frißt die Raupe ebenso lustig darauf los wie vorher.

Die Raupe wiederholt dies ungefähr fünfmal in ihrem Raupenleben; dann hört sie mit Fressen auf und bleibt einige Tage unbeweglich. Ihre Färbung verbleicht, und wenn nun ihre Haut platzt und abgestreift wird, so sind unter einer neuen weichen nun schon alle Teile des Schmetterlings zu sehen, obwohl noch weich und unvollkommen. Bald sickert eine Art von Gummi heraus. Dieser verhärtet in der Haut und schützt dadurch den Körper während der Entwicklung.

Jetzt heißt das Wesen Puppe. Diese sieht in der Tat wie eine zerknitterte Puppe aus mit ihren zusammengebogenen Beinen und dem über diesen niedergebogenen Kopfe unter der harten Haut. Die Puppe eines Tagfalters ist gewöhnlich oben breit und unten schmal und hat Erhöhungen und Stacheln (vergl. bunteTafel I.3). Aber die Puppen der Schwärmer sind mehr eiförmig und glatt (vergl. bunteTafel II.3). Spinner hüllen ihre Puppen gewöhnlich in einen seidigen Sack oder Kokon ein, aber die Tagfalter lassen die ihrigen nackt und befestigen sie an einem Zweige oder an einem Grashalm mit einem seidigen Faden (vergl. bunteTafel I.5).

Die Raupe der Schwärmer wühlt sich in den Erdboden ein und liegt als Puppe in einem Loche, das sie vorher mit Seidenfäden ausgepolstert hat. Nach ungefähr sieben Monaten, oder oft auch später, arbeitet sich diePuppe an die Oberfläche hinauf, der Schmetterling bricht durch die Hülle und kriecht heraus.

Sammle einige Raupen mit den Pflanzen, auf denen du sie findest. Füttere sie und beobachte ihre Verwandlungen.


Back to IndexNext