XI.

XI.

Ansegelung von Pinos.

Wer die Insel Pinos, die größte unter den zahllosen Nebeninseln Cubas (2100qkm), von dem Karibischen Meere her erblickt — etwa auf einer Fahrt von Veracruz oder Progreso nach Cienfuegos —, dem stellt sich dieselbe anfangs nur in der Gestalt von drei Bergmassen dar, von denen jede für sich allein von den Wogen umspült zu sein scheint. Die am weitesten links stehende ist ein gewöhnlicher Brotlaibberg, bezugsweise ein an den Kanten abgeschliffener und abgestumpfter Tafelberg, der am weitesten rechts stehende ein schwach eingekerbter Sattelberg, und der mittlere, höchste, ein gekrümmter Rücken mit einer aufgesetzten scharfen Spitze — ein regelrechter „Pico“ —, Bergformen, die uns aus Cuba zur Genüge vertraut sind, alle drei übrigens mit einem etwas steileren Abfalle gegen West. Man kann sich bei dem seltsamen Anblicke des Gedankens nicht erwehren, daß um diese Höhen herum ein ausgedehntes Land ertrunken sein müsse.

Kommt man näher, so gesellt sich der Dreizahl der Berge eine Mehrzahl anderer, teils ferner liegender, teils niedrigerer, zu. Der Eindruck, als ob man nur die Gipfelteile eines im Meere versunkenen Berglandes vor sich habe, ändert sich aber auch dann nicht, und ebenso bleibt er in voller Stärke bestehen, wenn man endlich das niedrige und ebene koralline Vorland der Berge gewahr wird. Abgesehen von ein paar Zufluchtsstätten für sturmbedrohte Fischerboote und andere kleine Fahrzeuge, sowie von einem Nothafen für größere Schiffe unmittelbar an der Westspitze (Puerto Frances), ist ein Landen an der dem offenen Meere zugekehrten Südküste aber nicht möglich, denn obwohl man 5kmvon derselben über 1000mlotet, so zieht sich ein gefährliches Korallenriff ihr entlang, und die ganze Südhälfte der Insel ist von ähnlicher Naturbeschaffenheit wie die Halbinsel Guanahacabibes, teils niedrige Sanddüne, teils Mangrovesumpf, teils bienenwabenartig zerfressene und zerrissene, kahle Korallenkalksteinfläche Eine vom Westen her eindringende lagunenartige Verlängerung der weiten Siguaneabucht, in der sich große Scharen von Krokodilen und Schildkröten ziemlich ungestört ihres Daseins freuen, trennt den Südteil überdies beinahe vollständig von dem Nordteile ab, und ein Sinken der verbindenden Landenge um weniger als 1 m würde hinreichen, zwei selbständige Inseln aus ihnen zu machen — einen großen südlichen Key von der Art des Cayo Romano und eine nördliche Berginsel. Wir können hierbei nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß ein sehr geringfügiges Sinken der lagunenübersäten Niederung zwischen der Guadiana- und Cortezbai ebenso die Guanahacabibeshalbinsel als einen Key von der Vuelta Abajo abtrennen würde, wenn auch als einen verhältnismäßig hohen Key.

Abb. 91.Die Plaza von Matanzas.

Abb. 91.Die Plaza von Matanzas.

Abb. 92.Der Rio de San Antonio.

Abb. 92.Der Rio de San Antonio.

Das Korallenmeer.Schiffsverbindungen mit Pinos.

Wollten wir es versuchen, in einem flach gehenden Küstenfahrzeuge von Cienfuegos aus thunlichst gerade gegen Pinosvorzudringen, so würden wir uns von neuem in den Bahnen von Christoph Kolumbus befinden. Sehr wahrscheinlich würden wir aber in dem Meeresraume, der die Insel in dieser Richtung umgibt, auch ähnliche Erfahrungen sammeln, wie sie der Entdecker der Neuen Welt mit seinen kleinen Karavelen vierhundert Jahre vor uns (1494) sammelte. Das offene Fahrwasser mit seiner tiefblauen Farbe und seinen zu weißen Schaumköpfchen emporgetriebenen, bewegten Wellen, wäre rasch durchmessen. Hiernach würden wir uns aber allenthalben jenem Heere von zierlichen Astraeen, Maeandrinen, Poriten und Madreporen gegenüber sehen, das die Tausende von kleinen Nebeninseln Cubas sowie auch einen guten Teil von Pinos und Cuba selbst aufgebaut hat und das an dieser wie anderen Stellen noch rastlos am Werke ist. Und hätten wir glücklich eine Durchfahrt zwischen den Korallenriffen gefunden, so würden wir uns abermals in einem Meere befinden, das für gewöhnlich so ruhig und sanft ist, „wie der Strom von Sevilla“, und wir würden angesichts des Mangrovenwuchses der darin liegenden Keys, in den sich hier und da Kohl- und Fächerpalmen (Oreodoxa oleraceaundThrinax argentea), sowie Opuntien und anderes Gebüsch beimischt, wohl mannigfaltige Veranlassung finden, uns geradeso wie Kolumbus schwärmerischer Naturbetrachtung hinzugeben und zu würdigen, wie treffend und feinsinnig derselbe die Korallen- und Key-Flur der großen Isabella zu Ehren Jardinillo de la Reyna — Gärtchen der Königin — nannte. An vielen Orten würde sich das Meer aber wunderlich entfärben — weiß, gelb, grün, braun, grau —, und auch das kleinste Schiffchen würde es nicht vermeiden können, wieder und wieder den Schlammgrund aufzuwühlen und wieder und wieder auf diesem Grunde festzusitzen. Bräche sodann, wie es in den Sommermonaten beinahe täglich der Fall ist, eine schlimme Gewitterböe oder wohl gar ein Orkan los, so wäre die Gefahr für das Fahrzeug innerhalb der angegebenen natürlichen Wogenbrecher sicherlich eine viel größere als außerhalb derselben. In jedem Falle hätten die Schiffsführer und die Schiffsmannschaft unsägliche Mühe und Anstrengung in dem Gewässer. Kolumbus und seine Begleiter hatten davon ein volles Maß zu genießen, ganz besonders auch von den Gewitterstürmen, da sie die Gegend im Frühsommer erreichten, sie arbeitetensich aber bis Pinos, dessen Bergspitzen ihnen aus weiter Ferne entgegenwinkten, tapfer hindurch, und der Admiral nannte sie zum Dank gegenüber den Mächten, die ihn bis dahin hatten gelangen lassen, Evangelista. Als die See im Norden und Westen von Pinos aber weit und breit den gleichen Charakter bekundete wie im Osten und als das so ungeheuer in die Länge erstreckte Cuba auch dort noch kein Ende nahm — kaum eine gute Tagesfahrt vom Kap San Antonio, wenn das Meer ein offenes gewesen wäre —, da stand er von dem Bemühen ab, und er ließ nur noch von seinen Genossen urkundlich und unter hochnotpeinlichem Eide feststellen und bestätigen, daß Cuba keine Insel, sondern ein Teil von dem festländischen Asien sei. Man weiß, daß Kolumbus in diesem guten mittelalterlichen Glauben gestorben ist, niemand, der die Pinos-Key-Flur und die Pinosseichtsee in ihrer Tücke kennen gelernt hat, wird ihn aber feige oder kleinmütig dafür schelten, daß er die Fahrt in derselben nicht weiter fortsetzte. Ferdinand Cortez erlitt in derselben See westlich von Pinos traurigen Schiffbruch, und er rettete sein Leben dabei nur durch sein besonderes Glück.

Abb. 93.Vega am Ariguanabosee.

Abb. 93.Vega am Ariguanabosee.

Dank den genannten und anderen großen Bahnbrechern in der Neuen Welt, die die Spanier entsandt haben, und um deren Willen dieselben wohl ein besseres Geschick mit ihrem daselbst aufgerichteten Reiche verdient hätten, als es ihnen thatsächlich zu teil geworden ist, steht uns heute ein bequemerer und gefahrenfreierer Weg nach Pinos offen. Um auf ihm einher zu dampfen, müssen wir uns aber erst zurückbegeben nach Batabano oder nach Coloma, und weil die große Nebeninsel Cubas für den allgemeinen Verkehr nur von diesen Punkten aus erreichbar ist, so wundert es uns nicht, daß auch sie Habana in strenger Weise tributpflichtig ist, sowie sie politisch zu der Provinz Habana gerechnet wird. Ein Auffurchen des Schlammgrundes kann der kleine Dampfer (von kaum 1,5mTiefgang) an verschiedenen Stellen auch auf diesen betretenen Pfaden nicht vermeiden, und es bedarf der ganzen Behutsamkeit und Vorsicht des ortskundigen Piloten, ihn langsam und sicher an den drohenden Gefahren vorüber zu führen.

Die Keys nördlich von Pinos.

Den Eindruck, als ob es aus einer Anzahl einzelner Inselberge bestände und als ob der zusammenhängende Sockel dieser Berge unter den Wellen gesucht werdenmüsse, macht Pinos auch von Norden aus. Von vornherein wird dieser Eindruck hier aber dadurch etwas verdunkelt und maskiert, daß die vorgelagerten Keys das Auge fesseln und abziehen, und später bemerkt man zu deutlich, daß ein gemeinsamer Unterbau der Berge allerdings auch über dem Meeresspiegel vorhanden ist. Als eine eng geschlossene Keygruppe liegen an diesem Wege besonders die Islas de Mangles (die „Mangroveinseln“ schlechthin), die nur eine einzige Durchfahrt von mehr als 0,5mTiefe zwischen sich lassen und die zusammen mit der Cayos de Dios und der Cayos de los Indios einen eigentümlichen Inselgürtel um die ganze Nordhälfte von Pinos herum bilden, der von physikalisch-geographischem Standpunkte aus Beachtung verdient. Eine Hebung von weniger als 2mwürde die Mangle- und Dioskeys in landfeste Verbindung mit Pinos bringen, und dasselbe würde dadurch im Nordosten ein ähnliches halbinselartiges Anhängsel erhalten, wie es im Südwesten thatsächlich besitzt — eine interessante geographische Homologie. Die Insel würde gewissermaßen zwei lange Arme in der Richtung auf die Vuelta Abajo ausstrecken. Fände aber eine weitere Hebung um 4 oder 5mstatt und nähme die ganze Pinos-Key-Flur an der betreffenden Bewegung teil, so würden sich die beiden Arme nicht bloß zusammenschließen, sondern es würden in ihrer Verlängerung auch zwei andere, längere wachsen, und es würden durch diese neuen Arme in der Richtung auf das Kap Frances der Guanahacabibeshalbinsel und auf die Batabanolandenge landfeste Verbindungen zwischen Pinos und der Vuelta Abajo hergestellt werden. Überdies würde der gegen Norden gerichtete Arm einen Nebenarm bis zur Halbinsel der Cienaga de Zapata von sich abzweigen, und im Osten würde sich die Jardinillosbank einerseits an Pinos und andererseits (über die Cazones- oder Canarreosbank) an die Zapatahalbinsel anfügen. Pinos wäre also dann auch mit der Vuelta Arriba fest verwachsen, und was von der ganzen Pinossee übrigbliebe, wäre nichts als eine Anzahl seichter Lagunen — ein paar größere namentlich an der Stelle der heutigen Broabucht und nördlich von den Cayos de San Felipe, d. i. in der Verlängerung des flachen Längsthales, in dem der Rio Gonsalo dem Matamanogolfe zufließt.

Abb. 94.Hauptstraße von San Antonio de los Baños.

Abb. 94.Hauptstraße von San Antonio de los Baños.

Kulturen auf Pinos.

Den kleinen Schiffchen, welche die Pinossee durchfahren haben, bereitet das Einlaufen in die breiten und verhältnismäßig tiefen Mündungen des Rio de Casas, desRio de Malpais und des Rio de Santafé keinerlei Schwierigkeiten, und die Hauptorte von Pinos — Nueva Gerona (900 Einw.), Santa Rosalia und Santafé können auf die Weise bequem zu Wasser erreicht werden. Zur Entfaltung eines stärkeren Verkehrslebens haben diese Zugänge aber weder an den genannten Örtchen noch anderweit auf der Insel beigetragen, und die Landesprodukte, welche von ihnen aus verschifft werden, bestehen im wesentlichen nur aus geringfügigen Mengen von Vieh, Holz, Früchten und Marmor. Beherbergt doch die Insel insgesamt nur etwa 2000 Einwohner, während Guadeloupe auf einer annähernd ebenso großen Landfläche deren 165000 enthält. Man erkennt hieraus wohl ohne weiteres, daß man es auf Pinos mit dem hintersten Hinterlande Habanas zu thun hat, und daß die kolonisatorische Kraft Spaniens bei der Nutzbarmachung seiner Hilfsquellen in einem noch viel höheren Maße unzureichend gewesen ist, als an gewissen Stellen Cubas. Erfreute sich nicht die Heilkraft der heißen Alkaliquellen von Santafé eines hohen Rufes bei der cubanischen Bevölkerung und hätte die spanische Kolonialregierung Pinos nicht als Deportationsort — als eine Art cubanisches Sibirien, wenn auch mit sehr unsibirischem Klima — benutzt, so wäre seine Volkszahl wahrscheinlich eine noch geringere. Dabei ist die Fruchtbarkeit seiner Ebenen und Thäler ebenso groß als auf Cuba, und sowohl dem Tabak- und Zuckerbaue als auch der Fruchtkultur wären daselbst wohl ansehnliche Strecken zu gewinnen. Wird die neue Ära in dieser Beziehung einen günstigeren Einfluß auf das Wirtschaftsleben der Nebeninsel Cubas geltend machen als die alte? Und wird sie die schönen Kiefernbestände, von welchen die Insel ihren Namen hat, weise benutzen, ohne sie zu verwüsten? Daß die letzteren trotz allem, was wir über die Pinossee gesagt haben, leichter zugänglich sind, als in den Gebirgen der Vuelta Abajo, kann man nicht bestreiten.

Abb. 95.Guanajay.

Abb. 95.Guanajay.

Physisch-geographischer Rückblick.

In einem höheren Grade als die wirtschaftsgeographischen Fähigkeiten von Pinos beanspruchen aber seine physikalisch-geographischen Eigentümlichkeiten unsere Aufmerksamkeit. In dieser Beziehung erhellt aus der oberflächlichsten Betrachtung ihrer palmen- und kiefernbestandenen Rot- und Schwarzerdeebenen und ihrer ostwestlich streichenden Bergzüge eine sehr vollkommene Übereinstimmung mit Cuba. Die Bergzüge — die Sierra de Caballos (300m) über Nueva Gerona, die Gruppe des Pico de la Daguila (413m) über Santafé und die Sierra de la Cañada (464m), gegen die Siguaneabucht hin — zeigen ganz ähnliche Gipfel- und Thalformen wie in der Vuelta Arriba und in der westlichen Vuelta Abajo, nur sind sie zum Teil beträchtlich höher, steilwandiger und malerischer, und durch ihre Gesteinszusammensetzung erinnern sie füglich am allermeisten an die Bergzüge von Trinidad und Sancti-Spiritus. Wie bei diesen so sind auch bei ihnen die älteren geologischen Formationen verhältnismäßig vollständig vertreten und man darf füglich schon bei der dermaligen lückenhaften Durchforschung von Pinos annehmen, daß dasselbe in seinem Nordteile ein außer Verband geratenes Stück von Alt-Cuba, d. i. von dem vortertiären Cuba sei. Daß es aber zugleich auch ein außer Verband geratenes Stück von Neu-Cuba — von dem spät-tertiären und nachtertiären Cuba — sei, und daß seine Trennung von der Hauptinsel, geologisch gesprochen, erst neuerdings erfolgt sein kann, bezeugt seine gesamte Organismenwelt, die sich in keinem wesentlichen Punkte von derjenigen der benachbarten cubanischen Landschaften unterscheidet. Nicht bloß das bunte Gemisch hochstämmiger Königspalmen, Kiefern, Mahagoni-, Cedrelen-, Ebenholz- und Kerbsbäume ist dasselbe wie dort, sondern auch das Gewirr der Lianen, der Wuchs der Farne und Orchideen u. s. w., und nicht minder sind es dieselben Hutias, Iguanas, Schlangen, Krokodile, Insekten und Mollusken wie dort, die in den schönen Wäldern ihr Wesen treiben.

Eröffnet sich damit aber nicht für uns auf Pinos eine Art physisch-geographischer Rückblick auf Cuba und seine kleineren und größeren Nebeninseln? Wenn Pinos noch vor kurzem fest mit der Hauptinsel verbunden war, so versteht es sich von selbst, daß dies auch der Fall war mit den sämtlichen Hauptkeys der Pinossee. Wenn es aber die Keys der Pinossee waren, wie sollte es anders gewesen sein mit den Keys der Laberintoflur, mit denen der Romanoflur und mit denen der Coloradosflur, bei denen die morphologischen und geologischen Verhältnisse durchaus ähnlich lagen? Derselbe Korallenkalkstein jungen (tertiären und quartären) Alters setzt die Inselchen zusammen, die größeren ragen zum Teil zu ansehnlichen Höhen auf, und daß der Schichtenbau ihres Untergrundes mit demjenigen der Hauptinsel zusammenhängt, läßt sich aus den darauf zu Tage tretenden Süßwasserquellen schließen.

Ganz so lazertenhaft schmächtig und graziös, wie er heute auf der Karte erscheint, war also der Inselkörper Cubas bei seinem Auftauchen auf dem Tertiärmeere aller Wahrscheinlichkeit nach nicht, und sowohl seine allgemeine Gliederung durch die beschriebenen Randmeere und Golfe, als auch seinen großartigen Reichtum an Naturhäfen und seine Umgürtung mit dem vielgliederigen Kranze von Nebeninseln erhielt derselbe erst durch nachfolgende Einbrüche und Senkungen.

Der ungeheure Grabeneinbruch der Bartletttiefe, der sich von der Windwarddurchfahrt zum innersten Winkel der Hondurasbai zieht, und der sich unter häufigen Erd- und Seebodenerschütterungen noch beständig erweitert und vertieft, zog die ganze Südostküste in starke Mitleidenschaft. Ähnliches bewirkt in etwas abgeschwächtem Maße auch der Einbruch der Yucatantiefe betreffs der Südküste in der Gegend von Cienfuegos und Trinidad, derjenige des Mexicanischen Golfes betreffs der Nordwestküste und derjenige des Alten Bahamakanales betreffs der Nordostküste. In der Gegend der vier großen Korallenkeyfluren war die Senkung dagegen in der unmittelbaren Nachbarschaft der Hauptinsel nur eine geringfügige. Weitaus am besten zugänglich für den Verkehr von außen sind aber die Küstenstrecken von der zuerst angegebenen Art.

Daß alle die angegebenen tiefen Grabeneinbrüche in ihrer ganzen Ausdehnung jungen geologischen Alters sind und daß Cuba sowohl in der mesozoischen Zeit als auch in der späteren Tertiärzeit in fester Verbindung mit Jamaica, Haiti, Puertorico und den Jungferninseln gestanden hat, ist wahrscheinlich. Ebenso spricht auch mancherlei dafür, daß die Bahamainseln und Südflorida sowie Yukatan und Honduras seiner Zeit damit verwachsen gewesen sind. Mit Sicherheit läßt sich in dieser Beziehung aber nichts behaupten, und ein haltbares Gebäude von Schlußfolgerungen hinsichtlich der Entstehungsgeschichte der Insel sowie hinsichtlich ihrer natürlichen Beziehungen zu den Nachbarinseln und zu den Nachbarerdteilen wird sich erst aufbauen lassen, wenn ihre Durchforschung sowie die Durchforschung von Haiti und Puertorico weitere Fortschritte gemacht haben wird. Von der neuen Ära, welche über Cuba hereingebrochen ist, wird man vielleicht in dieser Hinsicht am ehesten eine wirkliche Wendung zum Besseren erwarten dürfen.

Abb. 96.In der Sierra de los Organos.❏GRÖSSERES BILD

Abb. 96.In der Sierra de los Organos.

❏GRÖSSERES BILD

Die Zukunft Cubas.

Erwägen wir die Aussichten für die Zukunft der schönen Insel Cuba, so müssen wir die politischen Verhältnisse und die Verwaltung erst gefestigt wissen, da erst dann eine wirksame Wiedergeburt auf wirtschaftlichem Gebiete erfolgen kann. Cuba ist ein altbesiedeltes Land, wo der größte Teil des Bodens in festen Händen ruht, so daß eine Zuwanderung im großen ausgeschlossen ist, wenn auch zugegeben werden muß, daß das Land eine um vieles zahlreichere Bevölkerung zu ernähren vermöchte, als dies heute der Fall ist. Hierzu kommen auch noch die oben erwähnten ungünstigen Einwirkungen des Klimas. Aber die Erweiterung des Landbaues könnte gefördert werden einerseits durch weitere Trennung von Anbau und Fabrikation, anderseits durch Anlage von kleineren Farmen; diese hätten gewissermaßen einen Übergang zu bilden von den jetzigen Riesenfarmen zu den elenden halbverfallenen Ranchos. Vieles würde auch gebessert werden durch eine allmähliche Umwandelung des Pächters zum selbständigen Grundbesitzer, was die Schaffung eines thätigen Mittelstandes bedeuten würde. Dazu würde noch eine genaue Aufnahme des Bodens und im Zusammenhange eine richtigere und gerechtere Festlegung der Besteuerungsverhältnisse kommen. Zur weiteren Erschließung gehört aber auch das Einströmen von Kapital zur Errichtung großer öffentlicher Unternehmungen, zum Ausbau der Eisenbahnen und der Straßen, zur Verbesserung bestehender Landkulturen und Fabrikbetriebe. Mit der thätigeren Anteilnahme der Vereinigten Staaten am Geschicke Cubas werden die zuletzt genannten Punkte hoffentlich in allernächster Zeit ihre Verwirklichung finden.


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