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Das Filmband ist 3½ cm breit, jedes Bildchen darauf 2½ cm breit und ungefähr 2 cm hoch.EinBild sieht fast genau so aus wie das nächste, erst wenn man mehrere Bilder überfliegt, merkt man einen Unterschied in der Abbildung. Und das ist kein Wunder, kommen doch normaler Weise auf die Sekunde 15 bis 20 Aufnahmen. Eine so rasche Folge der Bilder ist nämlich erforderlich, wenn eine ununterbrochene, schöne Wiedergabe erzielt werden soll. In der Minute haben wir mithin rund 1000 Bilder und das macht,da jedes Bildchen etwa 2 Zentimeter hoch ist, ein Band von ungefähr 20 Meter Länge. Für eine Szene, die 5 Minuten dauert, braucht man also 100 Meter Film. Das mag auf den ersten Blick viel erscheinen, aber selbst Aufnahmen von vielen hundert Metern Länge sind heute nichts Besonderes mehr.
tbFig. 24. Stück eines Film-Negativs in Originalgrösse.
tbFig. 25. Film-Positiv nach dem Negativ Fig. 24.
Nun wollen wir verfolgen, wie mit Hilfe des Positivfilm die Szene, welche bei der Aufnahme sich vor der Kameraabspielte, als lebendes Lichtbild zur Darstellung gebracht wird. Die Anordnung ist im allgemeinen dieselbe wie bei jedem Projektionsapparat. Links haben wir in Figur 26 die Laterne mit der Lichtquelle L, am besten einer Bogenlampe; in der Vorderwand zwei Beleuchtungslinsen K, welche die Lichtstrahlen sammeln und in einem Kegel nach vorne in das Objektiv O leiten. Das Objektiv dirigiert die Strahlen derart weiter, daß von dem transparenten Bildchen B auf der Projektionswand ein scharfes Lichtbild erzeugt wird.
tbFig. 26. Schema des Lichtbilder-Apparates.
tbFig. 27. Das Filmband im Lichtbilder-Apparat.
Die Vergrößerung ist dabei eine beträchtliche. Wenn das Bildchen, wie beim Kinematographenfilm, eine Breite von 2½ cm besitzt und der Projektionsschirm beispielsweise 2½ m breit ist, so haben wir der Linie nach eine 100 fache, der Fläche nach eine 10000 fache Vergrößerung; bei 5 m breitem Schirm ist die Flächenvergrößerung gar eine 40000 fache. Da wird es erklärlich, daß man eine sehr kräftige Lichtquelle braucht.
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An Stelle des einzelnen Bildchens B bringen wir nun, wie es Figur 27 veranschaulicht, den Film derart in den Strahlenkegel, daß zunächst das erste Bildchen a projiziert wird, und jetzt müssen wir, um auf dem Projektionsschirm die richtige Wiedergabe zu erhalten, das Band in der gleichen Weise weiter bewegen, wie vorher in unserem Kodak, den wir uns mechanisch betrieben dachten: der Film bleibt jedesmal einen Augenblick an der Belichtungsstelle ruhig stehen, dann springt er um ein Bild weiter, steht wieder ruhig, springt weiter und so fort. Die Verschlußscheibe brauchen wir auch hier; sie soll nämlich das Objektiv immer in dem Moment verschließen, wo der Film sich weiterbewegt, damit wir das Rutschen der Bilder nicht wahrnehmen.
Wir müssen also in unseren Lichtbilderapparat einen Mechanismus einbauen, der das Filmband ruckweise weiterbewegt und der bei jedem Bildwechsel das Objektiv verschließt. Nehmen wir an, ein solcher Kinematographmechanismus wäre beschafft, und nehmen wir ferner an, der Mechanismus, gleichgültig wie er sonst konstruiert ist und aussieht, arbeite in gleichmäßigem »Tempo«: jeder Bildstillstand dauere die gleiche Zeit wie der Bildwechsel. Schematisch ließe sich dann die Arbeitsweise des Mechanismus folgendermaßen darstellen, wobei die ausgezogenen Linien jedesmal den Stillstand und die punktierten Linien den Wechsel andeuten:
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Wenn wir nun zusammen bei dem Apparat säßen, würde ich, um Ihnen die Wirkung zu zeigen, den Mechanismus zunächst einmal ganz langsam drehen. Im Apparat würden Sie dann folgenden Vorgang wahrnehmen: Der Film steht augenblicklich still, trotzdem ich gleichmäßig drehe; nun wandert er um ein Stückchen weiter; jetzt steht er wieder ruhig, und so geht's immer ruck, ruck, ruck vorwärts. Dabei bringt jede Bewegung des Filmbandes ein neues Bild an die Belichtungsstelle, das dann eine gewisse Zeit stehen bleibt.Blicken wir nun, während ich langsam weiter drehe, auf den Projektionsschirm, so sehen wir dort in gleichmäßigem Wechsel: Bild — dunkel — nächstes Bild — dunkel — nächstes Bild — dunkel usw. Wir beobachten, wie jedes Lichtbild einen Augenblick stehen bleibt; von der Weiterbewegung des Filmbandes können wir hier aber nichts merken, denn während dieser Zeit blendet immer die Verschlußscheibe die Lichtstrahlen ab: daher das »dunkel«.
Alsdann würde ich, damit Sie auch das Weiterrutschen des Filmbandes sehen, die Verschlußscheibe abnehmen und wiederum ganz langsam drehen. Nun gibt's auf der Projektionswand: Bild — Rutschen des Bildes — nächstes Bild — Rutschen — nächstes Bild — Rutschen — usw. So, jetzt setzen wir die Verschlußscheibe wieder auf und drehen erst langsam, dann allmählich immer rascher. Da beobachten wir zuerst noch: Bild — dunkel — Bild — dunkel. — Bald aber, bei rascherem Drehen, kann unser Auge die einzelnen Bilder und die dunkeln Zwischenpausen nicht mehr unterscheiden. Ohne daß wir merken, wie es geschieht, gehen die Bilder ineinander über; das Lichtbild gewinnt Leben, die Figuren bewegen sich.
Ein kleines Experiment mag Ihnen eine bessere Vorstellung geben von dem, was ich Ihnen eben gerne praktisch gezeigt hätte. Halten Sie einmal das linke Auge zu und bewegen Sie die rechte Hand dicht vor dem anderen Auge hin und her — zuerst ganz langsam. Da bekommen Sie, genau wie ich es vom Kinematograph erzählte, Bild — dunkel — Bild — dunkel — usw. Fahren Sie nun aber mit der Hand rasch hin und her und blicken dabei durchs Fenster auf die belebte Straße, so nehmen Sie alles wahr wie sonst: Sie merken nicht, daß das Auge die Eindrücke nur stoßweise empfängt, Sie sehen keine Unterbrechungen in den Bewegungen der Menschen und Wagen, wie Sie doch tatsächlich durch das »Abblenden« mit der Hand hervorgerufen werden. Genau so ist es beim Kinematograph. Ja, es ist dieselbe alte Geschichte, wie bei der Wunderscheibe und beim Lebensrad:unser Auge hält eben jedes einzelne Bild eine kurze Zeit fest, und wenn die Bilder hinreichend rasch aufeinander folgen, wenn die Lücken zwischen Bild und Bild hinreichend kurz sind, so füllt das Nachbild jedesmal die Lücke aus. Die »Dauer des Lichteindruckes«, so nennt man ja diese Eigenschaft des Auges, schlägt dann gewissermaßen eine Brücke von Bild zu Bild über die dunkeln Zwischenpausen hinweg.
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Aber unser Auge, wenn es sich auch täuschen läßt und statt der sprungweise sich folgenden Einzelbilder ein einziges Bild mit ununterbrochener Bewegung sieht: es merkt doch, daß da etwas nicht in Ordnung ist, daß dabei etwas anders ist, als beim Sehen in der Natur; es nimmt den ewigen Wechsel zwischen Hell und Dunkel wahr und sagt uns: »das Bild flimmert«.
Dieses Flimmern wird offenbar verursacht durch den steten Wechsel: Hell — Dunkel. Wenn auch die »Dauer des Lichteindrucks« über die dunklen Pausen hinweghilft und gewissermaßen eine Brücke darüber schlägt, so nimmt doch die Nachwirkung während der Pause an Kraft erheblich ab: die Brücke geht von der großen Helligkeit des Bildes bergab. Nun kommt plötzlich ein neues Bild mit großer Helligkeit: da geht es wieder steil bergauf. Die Verbindung zwischen Bild und Bild ist da; aber es gibt ein ewiges auf und ab — und dieses Auf- und Abwogen äußert sich durch das Flimmern. Schon beim Lebensrade werden Sie das Flimmern bemerkt haben; aber ist es Ihnen nicht auch bei dem Experiment mit der Hand aufgefallen? Vielleicht werden Sie dabei schon eine Beobachtung über die Stärke des Flimmerns gemacht haben. Wenn nicht, dann stellen Sie das Experiment noch einmal an: linkes Auge zu und rechte Hand vor dem andern Auge hin und her, zuerst ganz langsam, dann immer rascher; dabei auf dieses Blatt blicken! Wird nicht das Flimmern um so schwächer, je rascher Sie die Hand bewegen? — Nun, man sollte sagen, dies Mittel müßte auch beim Kinematographenhelfen — könnten Sie es jetzt probieren, das Experiment würde die Vermutung bestätigen: bei rascherem Drehen nimmt das störende Flimmern ab. Das wäre also ein einfaches Aushilfsmittel, diese üble Erscheinung abzuschwächen. Aber man wird bald erkennen, daß dies Verfahren einen bösen Nachteil hat: die Bewegungen im lebenden Lichtbilde werden unnatürlich rasch, wirken überstürzt, und außerdem ist die Vorführung viel schneller zu Ende. Wenn man da abhelfen wollte, so müßten auch die kinematographischen Aufnahmen entsprechend schneller gemacht werden, statt 15 bis 20 Bilder müßten wir beispielsweise 30 bis 40 in der Sekunde aufnehmen. Das geht wohl, doch dann wird das Filmband doppelt so lang und die Aufnahmen doppelt so teuer; außerdem werden bei der großen Geschwindigkeit Mechanismus und Film viel rascher verschleißen.
Weshalb wird nun aber das Flimmern schwächer, wenn wir den Kinematograph rascher drehen? Offenbar weil dann die dunkle Pause zwischen Bild und Bild kürzer wird. Wenn uns die normale Geschwindigkeit (z. B. 15 Bilder in der Sekunde) folgendes Schema[C]gab:
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so bekommen wir bei der überstürzten Geschwindigkeit (30 Bilder in der Sekunde) schematisch folgende Anordnung:
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Die (punktiert dargestellte) Pause zwischen den Bildern ist hier nur halb so groß wie vorher; sie ist leichter zu überbrücken, das Auf- und Abwogen und damit das Flimmern wird schwächer.
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Nun ist die Frage: läßt sich dies Resultat nicht auch auf andere Weise erreichen? Die Zahl der Bilder, die in der Sekunde gezeigt wird, soll die gleiche bleiben wie in A, nämlich15; dagegen soll die Pause so kurz oder besser wohl noch kürzer werden wie in B. Das heißt in anderen Worten: der Kinematograph-Mechanismus soll den Film innerhalb einer Sekunde 15 mal still stehen lassen und zwischendurch 15 mal weiterziehen (wechseln), dabei aber den Bildwechsel, der verdunkelt wird, möglichst rasch ausführen. Die Lösung ist sehr naheliegend; sie wird schon zum Ausdruck gebracht durch die Aufgabestellung selbst, und zwar lautet sie schematisch:
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Mit anderen Worten: der Kinematograph-Mechanismus muß so arbeiten, daß er den Film ganz rasch von Bild zu Bild weiterzieht; dafür muß er jedes einzelne Bild entsprechend länger stehen lassen. Denn wenn 15 Bilder in der Sekunde gezeigt werden sollen, so kommt immer nach1/15Sekunde ein neues Bild; also müssen ein Bildstillstand und ein Bildwechsel zusammen1/15Sekunde einnehmen. Je kürzer mithin der Bildwechsel ist, desto länger wird der Bildstillstand. Bei der Anordnung, die das Schema C wiedergibt, nimmt der (punktiert dargestellte) Bildwechsel1/3der Zeit ein, die auf jeden Bildstillstand kommt. Man sagt: wir haben ein Tempo 1 : 3, während vorher bei A das Tempo 1 : 1 war. Wer Spaß hat am Bruchrechnen, kann leicht feststellen, wieviel Teilchen einer Sekunde in beiden Fällen Bildwechsel und Bildstillstand dauern.
Aber weshalb sollen wir nicht weiter gehen und den Bildwechsel noch kürzer machen als im Schema C? Je kürzer der Bildwechsel, desto kürzer ist die Pause zwischen Bild und Bild — desto geringer muß unserer Überlegung nach das Flimmern werden. Weshalb sollen wir z. B. nicht ein Tempo 1: 8 nehmen, wie es das folgende Schema D andeutet, wobei die Lücken den Bildwechsel und die ausgezogenen Linien die Zeit veranschaulichen, während welcher das einzelne Bild stillsteht.
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Wenn wir das Tempo hinreichend stark nehmen — sollte man sagen — müßte das Flimmern schließlich so gut wie ganz verschwinden. Aber einstweilen haben wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht: wir arbeiten ganz in Gedanken und vergessen die Hauptsache, ob sich auch ein Kinematograph-Mechanismus, der in so starkem Tempo arbeitet, praktisch ausführen läßt. Da müssen wir schon den Konstrukteur fragen, und der antwortet: »Gewiß, wir bauen schon seit Jahren unsere Apparate nach diesem Prinzip und suchen den Wechselvorgang möglichst kurz zu machen. Indessen können wir dabei nicht beliebig weit gehen. Es gibt praktisch bald eine Grenze; denn je stärker das Tempo, desto stärker wird die Beanspruchung des Mechanismus und des Filmbandes, und desto schlimmer deren Verschleiß. Bedenken Sie doch, daß bei einem Tempo 1 : 10 der Film bei jedem Bildwechsel innerhalb1/150Sekunde weitergezogen werden muß, und das ist ein gehöriger Ruck! Bedenken Sie ferner, daß bei einer Vorführung, die eine Stunde dauert, der Apparat 60000 mal einen solchen Ruck auf den Film auszuüben hat. Immerhin können wir mit dem, was heute praktisch erreicht ist, recht zufrieden sein: bei einem guten Kinematograph ist das Flimmern doch verhältnismäßig gering.«
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tbFig. 28. Schematische Anordnung des kinematograph. Projektions-Apparates.
Nachdem wir nun die wesentlichen Anforderungen, die an den Kinematographen gestellt werden, kennen gelernt haben, wollen wir den Transport-Mechanismus selbst einmal näher betrachten. Zunächst mag uns Figur 28 die allgemeine Anordnung vor Augen führen. Der Film sitzt oben auf einer Spule R und läuft von dort zur Belichtungsstelle T, wo die Bildchen eines nach dem andern »eingerahmt« und von den Lichtstrahlen kräftig beleuchtet werden. Darunter kommt der Bewegungsmechanismus, der dem Film die ruckweise Weiterbewegung gibt; er ist in derAbbildung durch die Zahntrommel W angedeutet. Unten wickelt sich das Filmband auf die Spule S wieder auf. Vor dem Objektiv O dreht sich die Blendscheibe B, die, wie wir wissen, dazu dient, das Weiterrutschen des Filmbandes zu verdecken. Der Vollständigkeit halber ist die Projektionslaterne nebst Beleuchtungslinsen C und Lichtquelle L mit eingezeichnet; der Strahlengang ist durch die punktierten Linien angedeutet.
tbFig. 29. Ruckweise Weiterbewegung d. Filmbandes durch das Malteserkreuz.
Nun der Bewegungsmechanismus! Eine der am meisten benutzten Anordnungen zur ruckweisen Weiterbewegung des Filmbandes ist das sog. Malteserkreuz, von dem Figur 29 eine perspektivische Ansicht gibt. Der Film läuft um die Zahntrommel W, die mit ihren Zähnen in die Löcher des Bandes eingreift und die es zwingt, alle Bewegungen der Trommel mitzumachen. Auf der Achse der Zahntrommel sitzt eine Sternscheibe S und dieser wird durch eine rotierende Stiftscheibe AB periodisch ¼ Umdrehung erteilt. Dabei schlägt die Zahntrommel gleichfalls um ein Viertel herum und zieht den Film immer genau um ein Bild weiter.
tbFig. 34.
tbFig. 35.
Wie diese Anordnung arbeitet, können Sie sich besser klar machen, indem Sie sich aus den Figuren 30 bis 33 auf der vorgehefteten Tafel ein kleines Modell herrichten. Dazu werden die Figuren mit einem scharfen Messer ausgeschnitten, und zwar recht sorgsam (namentlich das Kreuz). Die kleine Scheibe (Figur 31) klebt man auf das Kreuz; ferner klebt man die beiden Scheiben, Figuren 32 und 33, aufeinander, wobei zu beachten ist, daß der Ausschnitt von Figur 33 auf die punktierte Stelle von Figur 32 kommt. Durch die Mitte eines jeden fertig verklebten Teiles wird ein Loch gebohrt. Nun legt man zunächst das Kreuz auf ein Brettchen oder einen starken Karton derart, daß die aufgeklebte kleine Scheibe nach unten kommt, und steckt durch das Loch eine Nadel hindurch. Dicht dagegen legt man, wie es Figur 34 andeutet, das andere Teil, die ausgeschnittene Scheibe nach oben, und steckt dieses ebenfalls fest. Der Ansatz daran wird hochgebogen. Wenn man nun die Scheibe dreht, so greift sie mit dem Ansatz in das Kreuz ein (vgl. Fig. 35) und gibt diesem eine Vierteldrehung.
tbFig. 36. Malteserkreuz für starkes »Tempo«.
Wie man beim Malteserkreuz ein stärkeres Tempo erzielen kann, um dadurch das Flimmern geringer zu machen, deutet Figur 36 an. Man braucht nur die Eingriffscheibe recht groß zu nehmen. So lange die Sternscheibe mit dem schraffierten Teil der Scheibe A in Berührung ist, steht sie still; die Wechslung wickelt sich in der kurzen Zeit ab, wo der Eingriff bei dem nicht schraffierten Teile in Tätigkeit tritt. Allerdingskann man praktisch nicht beliebig weit gehen, da sonst die Beanspruchung von Mechanismus und Film zu groß wird.
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tbFig. 37. Greifer.
tbFig. 38. Schläger.
tbFig. 39. Klemmzug.
Es sind nun noch verschiedene andere Vorrichtungen zur ruckweisen Weiterbewegung des Filmbandes in Gebrauch; man kann sie kurz als »Greifer«, »Schläger« und »Klemmzug« oder »Nockenapparat« bezeichnen. Der »Greifer« besteht aus einer auf- und niedergehenden Gabel, wie sie in Figur 37 schematisch angedeutet ist. Sie greift in ihrer obersten Stellung in die Löcher des Filmbandes ein und zieht dieses mit herunter; unten angekommen, läßt die Gabel den Film los und geht dann »leer« hoch, um oben wieder einzugreifen und so das Spiel in gleichmäßigem Gange zu wiederholen. Beim »Schläger«, dessen Anordnung in Figur 38 skizziert ist, schlägt ein auf der rotierenden Scheibe S sitzender Exzenterstift in regelmäßigen Zwischenräumen auf den Film und zieht ihn dabei immer um ein Bild aus der Belichtungsstelle B weiter. Der Nockenapparat besteht im wesentlichen aus 2 Trommeln Ww (Fig. 39), die so dicht beieinanderstehen, daß der Film eben frei dazwischen hängen kann. Die große Trommel, welche rotiert, hat an ihrem Umfange einen Nocken E, und jedesmal wenn dieser gegen die zweite Trommel kommt, wird der Film eingeklemmt und mitgezogen. Die Zahntrommel R oberhalb der Belichtungsstelle B schiebt nur genau soviel Film vorwärts, als unten weiter gezogen werden darf.
tbFig. 40. Schematische Anordnung.
tbFig. 41. Apparat von Jenkins.
Das sind die Hauptkonstruktionstypen, wie wir sie heute im Handel praktisch angewandt finden. Es gibt nun noch eine große Anzahl anderer Anordnungen; interessant ist namentlich eine Gruppe von Apparaten, wobei der Film nicht ruckweise bewegt wird, sondern mit gleichmäßiger Geschwindigkeit läuft. Ich will davon ein Beispiel geben. Sie sehen in Figur 40 links den Film, der über zwei Rollen läuft. Davor befindet sich eine Reihe von Objektiven, die wie ein Kranz auf der Drehscheibe sitzen und einen Rundlauf machen, um eines nach dem anderen in Tätigkeit zu treten. Jedes Objektiv läuft eine kleine Strecke in gleicher Geschwindigkeit mit dem Film zusammen und führt während dieser Zeit die Belichtung aus. Infolge der gleichmäßigen Mitbewegung hält das Objektiv das Bild sozusagen auf dem Film fest, und daher bekommen wir eine vollkommene Schärfe. Bei dieser Anordnung sind ruckweise Bewegungen vermieden.Sowohl der Film als auch sämtliche Teile des Mechanismus bewegen sich mit gleichmäßiger Geschwindigkeit. Daher bietet sich hier die Möglichkeit, den Apparat außerordentlich schnell laufen zu lassen und eine sehr große Anzahl von Aufnahmen in der Sekunde zu machen, wie es für bestimmte Zwecke erforderlich ist.
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Der Amerikaner Jenkins, dem wir die Ausarbeitung dieses Systems verdanken, das übrigens Ducos du Hauron 1864 schon angab, machte mit der in Figur 41 dargestellten Kamera, die 15 Objektive besitzt, über 250 gut exponierte Aufnahmen in der Sekunde. Der Engländer Maskelyne löste die Aufgabe in der Weise, daß er in das Objektiv des Apparates ein rotierendes optisches Organ einbaute, das jedes Bildchen immer eine kleine Strecke mit dem bewegten Filmband mitführt. Auch hier ist die Zahl der Bilder, die man in der Sekunde aufnehmen kann, nur begrenzt durch die Lichtempfindlichkeit des Negativfilm. Aber ebenso wie bei Jenkins ist die Ausführung sehr kostspielig: ein Apparat dieser Art, den die britische Artillerie-Prüfungskommission zur Photographie fliegender Geschosse benutzt, stellte sich auf Mk. 10000. Eine noch höhere Leistungsfähigkeit erzielte Cranz; ihm gelang es, eine Einrichtung zu konstruieren, womit in der Sekunde auf den mit 90 Meter Geschwindigkeit laufenden Film 5000 Bilder gemacht wurden. Dieser Apparat dient erfolgreich dazu, fliegende Geschosse und ihre Wirkung kinematographisch aufzunehmen.
Für die gewöhnlichen Zwecke der Kinematographie werden, abgesehen von unwesentlichen Abänderungen, nur die zuerst besprochenen Konstruktionen benutzt, die den Film ruckweise weiterbewegen. Wenn man nun einen vollständigen Kinematograph-Mechanismus ansieht, so findet man noch allerlei Räderwerk und verschiedenerlei Vorrichtungen daran; namentlich die für Kinematographentheater bestimmten Apparate werden sozusagen mit allen Schikanen ausgerüstet. Da ist z. B. für den Schutz des Filmsgegen die heißen Lichtstrahlen gesorgt. Das Zelluloid, woraus das Filmband besteht, ist ein leicht entflammbares Material, und es tritt daher bei Stillstand des Mechanismus, wo die Strahlen Zeit haben, auf den Film zu wirken, die Gefahr auf, daß es entzündet wird. Dies wird nun verhindert durch eine Sperrklappe, die beim Betriebe durch einen Regulator geöffnet wird und sich selbsttätig schließt, sobald der Apparat aufhört zu laufen. In Figur 42 ist ein derartiges Modell wiedergegeben. Figur 43 zeigt einen einfacheren Kinematograph-Mechanismus in Verbindung mit einer Projektionslaterne, wie er in Vereinen und Schulen gebraucht wird. Der Antrieb wird bei den Theaterapparaten in der Regel durch einen kleinen Elektromotor bewirkt, während man das Werk sonst mit der Hand dreht.
tbFig. 42. Mechanismus eines Theater-Kinematographen.
tbFig. 43. Einfacherer Kinematograph in Verbindung mit der Projektionslaterne.
SN14
SN14
tbFig. 44. Kinematographischer Aufnahme-Apparat mit eingespanntem Film (geöffnet).
Wir wollen uns nun auch den Aufnahmeapparat einmal näher ansehen. Der lichtempfindliche Film sitzt, wie Figur 44zeigt, in der oben angebrachten Kassette, läuft dann um die obere Zahntrommel und wird von dieser der Belichtungsstelle zugeführt. Vorne im Apparat, hier nicht sichtbar, befindet sich der Mechanismus, in diesem Falle ein Greifer, der den Film ruckweise vorwärts bewegt. Der unten stoßweise austretende Film läuft dann über die zweite Zahntrommel und wird dadurch der unteren Kassette in gleichmäßiger Bewegung zugeführt. Zu einem vollkommenen Apparat gehört nun u. U. noch eine Einstellvorrichtung, ein Zähler, der angibt, wieviel Film belichtet ist, und ein Geschwindigkeits-Anzeiger, woran der Photograph kontrollieren kann, ob er die Kurbel mit der richtigen Schnelligkeit dreht.
Fußnote:[C]Dieses Schema deutet ebenso wie die folgenden einen Vorgang an, der sich in1/5Sekunde abspielt.
[C]Dieses Schema deutet ebenso wie die folgenden einen Vorgang an, der sich in1/5Sekunde abspielt.
[C]Dieses Schema deutet ebenso wie die folgenden einen Vorgang an, der sich in1/5Sekunde abspielt.
Figur 45 zeigt uns den Photographen bei der Arbeit. Das Photographieren an sich ist einfach, wenn man einmal mit einer Kamera umzugehen weiß. Der Apparat sitzt auf einem recht kräftigen Stativ, man richtet ihn auf den Gegenstand und dreht die Kurbel. Wenn sich aber der Gegenstand, wie hier der Dampfer, fortbewegt, so muß manmit der Kamera nachfolgen, und dazu gehört Geschick und Übung. Überhaupt werden kinematographische Aufnahmen dadurch komplizierter, daß während des Belichtens leicht etwas Unvorhergesehenes eintreten kann.
Fig. 45.Fig. 45. Herstellung einer kinematographischen Aufnahme.
Einstudierte Szenen bieten, wenn sie sich programmäßig abwickeln, bei der Aufnahme selbst am wenigsten Schwierigkeiten, dagegen schaffen sie vorher viel Mühe und Arbeit. Die bedeutenderen Filmfabriken haben dazu riesige Ateliers und beschäftigen ein gut eingeschultes Personal von Schauspielern, die einem tüchtigen Regisseur unterstellt sind. Viele tausend Meter Films werden da tagtäglich geschaffen und in alle Welt hinausgeschickt.
Wenn man nun die Lebensgeschichte des Kinematographenfilm, wie er nachher durch den Projektions-Apparat läuft, verfolgen will, so muß man zunächst in eine der großen Zelluloidfabriken gehen. Da wird das Zelluloid in breiten Bändern und in Längen bis zu 50 Metern gegossen: es ist eine schwierige Fabrikation, deren Ausarbeitung sehr große Erfahrung und jahrelange Versuche erforderte. Nur einige wenige Werke vermögen den Rohfilm in der richtigen Beschaffenheit: fest und geschmeidig, glasklar und fehlerlos, herzustellen. Noch schwieriger gestaltet sich die Bereitung eines tauglichen, unverbrennbaren oder doch schwer brennbaren Filmmaterials, wie es im Zellit vorliegt, das gegenüber dem leicht entzündlichen Zelluloid große Vorzüge bietet.
SN 15
SN 15
In einem anderen Werke oder in einer anderen Abteilung des ersteren wird beim Lichte roter Lampen auf das breite Zelluloidband die lichtempfindliche Emulsion aufgetragen, eine Emulsion derart, wie man sie für photographische Platten anwendet. Dann läuft das Band durch eine Schneidemaschine, die es mit Tellermessern in schmale Streifen zerteilt, wie der kinematographische Apparat sie braucht. Diese Streifen wandern nun, zu Rollen gewickelt, in die Filmfabrik. Deren erste Arbeit besteht darin, die Streifen mit der Perforation zu versehen. Das geschieht, ebenfalls in rot beleuchteten Räumen, durch Perforiermaschinen, die stündlich viele tausend Löcher einstanzen. In größeren Werken sind deren mehrere Dutzend in rastloser Tätigkeit. Von diesen Maschinen wird größte Präzisionsarbeit verlangt: die Abstände der Löcher müssen genau innegehalten werden; denn die geringste Abweichung würde nachher bei der Projektion ein Tanzen des Lichtbildes verursachen. Nun sind die Films gebrauchsfertig und werden dem Photographen übergeben, der sie den Kassetten seiner Kamera einverleibt.
Inzwischen herrscht im Aufnahme-Atelier des Werkes eine fieberhafte Tätigkeit: viele Köpfe und Hände bereiten die Szene vor. Nachdem die Idee zu dem Stück, sei es Drama, Tragödie oder Komödie, glücklich heraus ist, nachdem die literarische Abteilung Band um Band der Bibliothek gewälzt und die Einzelheiten bearbeitet hat, heißt es, das zur Aufführung erforderliche Material herbeischaffen. Ein Heer von Tischlern, Malern, Tapezierern und Dekorateuren stellt fertig, was sich in der Requisitenkammer nicht vorfindet. Die Szenerien werden möglichst naturgetreu u. realistisch zusammengesetzt. Der Regisseur wählt die Schauspieler und verteilt die Rollen; der kundige Garderobenverwalter gibt die Kostüme aus. Nun wird geprobt und instruiert, bis alles klappt. Hier wird noch ein Versatzstück zurecht gerückt, dort legt in einem der Ankleideräume der Friseur die letzte Hand an — endlich kann die Vorführung stattfinden.
Kurz, es geht zu wie in einem Theater. Und auch die Ausstattung der Ateliers ist die wie einer Bühne, aber raffiniert und vollkommen, wie bei der modernsten Bühne. Ob nun die Szene auf dem Lande oder Wasser sich abspielt, auf dem Mond oder im Mittelpunkt der Erde; ob es eine männermordende Schlacht gilt, eine Jagd, ein Schauspiel, Lustspiel oder ein phantastisches Märchen: für alles ist gesorgt. Aber anders als im Theater flutet hier durch ein mächtiges Glasdach das Tageslicht hinein, ergänzt oder, wenn nötig, gar ersetzt durch eine Reihe elektrischer Lampen von ungeheurer Kraft, deren violettdurchsetzte Strahlen wie Sonnenbrand in die Haut stechen. Diese Lichtfülle verlangt der kinematographische Aufnahmeapparat, der als einziger Zuschauer und dabei als unerbittlich strenger Kritiker der Aufführung beiwohnt: jeder Fehler, jede falsche Bewegung wird unweigerlich von ihm festgehalten.
Zu gleicher Zeit arbeitet eine andere Gruppe von Schauspielern draußen in freier Natur, manchmal weit, weit fort, an der Stätte selbst, wo das dargestellte geschichtliche Drama sich vor soundsoviel Jahren oder Jahrhunderten abspielte. Keine Kosten werden gescheut, die historische Treue zu wahren. In noch größerer Ferne, vielleicht schlimmen Entbehrungen und bösen Abenteuern ausgesetzt, ist der Reisephotograph tätig, dem es obliegt, wertvolle Aufnahmen von Land und Volk mit nach Hause zu bringen. Galt es fremde Erdteile und unbekannte Gegenden aufzusuchen, so mußte, wie zu wissenschaftlichen Forschungsreisen, eine regelrechte Expedition ausgerüstet werden, die schon viele Tausende kostet, ehe es losgeht.
SN 16
SN 16
Die Aufnahmen sind gemacht, die Films belichtet. Nun gilt es, die Bänder zu entwickeln und die Bilder zum Vorschein zu bringen. Diese Arbeit muß mit großer, großer Sorgfalt geschehen. Denn ein einziger Fehler, eine einzige Unachtsamkeit könnte die ganze Vorarbeit mit ihren oft unsäglichen Kosten zunichte machen. Drum herrscht peinlichste Sauberkeit; alle Einzelheiten des Betriebessind geregelt und werden streng überwacht. Anders sieht es da aus, als in der üblichen photographischen Dunkelkammer; heißt es doch, die Riesenschlangen von Films zu bändigen und ständig unter Kontrolle zu halten. Während einige Fabriken sie auf Rahmen spannen, bedienen sich andere Werke großer Wickel-Trommeln. Die Bäder sind in Porzellanbecken untergebracht — Becken so groß wie Badewannen. Zuerst hängt die Trommel über dem Entwicklerbecken. Sie taucht unten ein und wird durch einen Elektromotor gedreht, so daß alle Teile gleichmäßig benetzt werden. Sobald die Entwicklung beendet ist, wandert die Trommel zum nächsten Becken, wo der Film eine kräftige Wasserspülung erfährt. Das dritte Becken enthält Fixierbad, dann kommt wieder Wasserspülung, zum Schluß ein Wasserbad mit Glyzerinzusatz, der dem Film Geschmeidigkeit verleiht. Inzwischen wandern andere filmbewickelte Trommeln den gleichen Weg von Becken zu Becken hinterher.
Fig. 46.Fig. 46. Trockenraum einer Filmfabrik.[D]
Nun kommen wir wieder ins Helle, in einen großen Raum, wo die Films auf riesigen Trommeln getrocknet werden. (Fig. 46). Die durchströmende Luft ist filtriert, damit nur ja kein Stäubchen darauf kommt. Auf das Trocknen folgt eine sorgsame Prüfung und Reinigung.
Was wir jetzt haben, ist der fertige Negativfilm, wie ihn Figur 24 zeigte. Diesen Negativfilm begleiten wir weiter zur Kopierabteilung. Da schafft man als Arbeitsmaterial für die Maschinen viele Rollen lichtempfindlicher Films hin, die soeben perforiert worden sind; sie tragen die Bezeichnung »Positivfilm« und haben eine weniger empfindliche Emulsion als die zur Aufnahme bestimmten Films. Alle Maschinen — man hört's am klappern — scheinen in emsiger Tätigkeit. Doch an einer Stelle können wir, so gut es bei dem roten Lichte geht, gerade zusehen, wie ein Arbeiter frisch ladet, wie er Negativ- und Positivfilm einspannt, wie der Motor anzieht, und wie nun die beiden Films, Schicht auf Schicht, Schritt um Schritt am Fensterchen vorbei gezogen werden, wo eine Glühlampe die Belichtung besorgt. Wie im gesamten Betrieb, geht auch hier die Arbeit glatt und flott vonstatten. Und auf ein rasches Arbeiten muß man gerichtet sein; kommt es doch manchmal vor, — bei aktuellen Aufnahmen ist dieser Fall nicht selten — daß der Film noch an demselben Tage fertig herausgebracht werden soll, um abends im Theater zur Vorführung zu gelangen.
SN 17
SN 17
Die belichteten Positivrollen kommen in den uns bekannten Entwicklungsraum, und dort winden sich nun wieder die Filmschlangen durch die sauren Bäder und Wasserbrausen, bis sie ein prächtiges, klares Bildergewand zeigen, das in die nächste Stube zum Trocknen gehängt wird. Es folgt dann noch ein großes Reinemachen, wobei Maschinen helfen, und eine genaue Besichtigung. Manche der Aufnahmen erfahren noch eine weitere Bearbeitung: mit Hilfe chemischer Tonbäder werden die dunkeln Partien gefärbt. — Sie haben solch einfarbige Darstellungen, z. B. blaue Seestücke mit schneeweißem Gischt, wohl schon gesehen. Oder die Bänder werden durch einfache Farblösungen gezogen, wobei die ganze Schicht einen gleichmäßigen Ton annimmt. Andere Films sollen hinwieder naturfarbig herausgebracht werden. Da heißt es, künstlich Farbe auftragen. Während dies sonst mit der Hand geschieht, ersetzen die großen Fabriken dasHeer hunderter Koloristinnen durch sinnreiche Maschinen. Bei diesem maschinellen Verfahren muß man mehrere der Films, welche die betreffenden Aufnahmen darstellen, opfern. Aus diesen werden nämlich Schablonen hergestellt, für jede Farbe eine. Der Arbeiter schneidet dazu mit großem Geschick zunächst aus einem Film, Bild um Bild, alle die Stücke aus, die rot werden sollen. Dieser Schablonenfilm läuft nun mit dem zu kolorierenden Film, wobei sich die Bildteile beider genau decken, durch die Maschine und diese trägt mechanisch durch die ausgeschnittenen Stücke rote Farbe auf. Dann erhalten ein zweiter, dritter und wer weiß wie viele Films mit Hilfe derselben Schablone den gleichen »Aufdruck« in rot. Inzwischen ist der zweite Schablonen-Film fertig geworden, bei dem alle blauen Stücke ausgeschnitten sind. Nun wird die ganze Reihe mit diesem »gedruckt«, worauf in gleicher Weise die übrigen Farben daran kommen. Diese Methode lohnt sich natürlich nur für einen Betrieb, der eine große Anzahl Films in kolorierter Ausführung absetzen kann.
Die fertigen Films, kolorierte, getönte und schwarze, laufen im Versandraum zusammen. Unterdessen hat die kaufmännische Abteilung die Reklametrommel gerührt, Filialen in allen Weltteilen haben die ersten Kopien bekommen und den Interessenten vorgeführt unter der Ankündigung, daß der Film am soundsovielten verausgabt wird. Die Bestellungen sind notiert und nun wird geschafft, damit alles zum Termin da ist. Und gehörig muß geschafft werden, wenn der Film sich als »Schlager« oder »Kassenmagnet« erwiesen hat.
Was in diesen Filmfabriken alles aufgeführt und photographiert wird, ist staunenswert. Phantasie und Unternehmungsgeist überbieten sich, immer Neues und Originelles zu schaffen, seien es nun dramatische Darstellungen oder Tragödien, Märchen oder Geschichten zum Totlachen. Sie haben vielleicht mancherlei Derartiges in Kinematographen-Theaterngesehen. Aber vielleicht haben Sie auch einmal Vorführungen gesehen, die mit ihren zauberhaften Vorgängen verblüffend wirkten und wobei Sie sich fragten: wie wird das gemacht? — Da gibt es z. B. ein Stück, worin ein Mann an den Wänden heraufkriecht und an der Decke hinläuft. Die Lösung ist ganz einfach. Bei der Aufnahme werden auf den Boden des Ateliers abwechselnd Dekorationen gelegt, welche die Seitenwände und die Decke eines Zimmers darstellen; der Mann kriecht oder läuft darüber und wird von oben her photographiert.
Fig. 47.Fig. 47. Verwandlungsszene.[E]
Ein beliebter Trick ist die Verwandlung von Personen; sie läßt sich bei kinematographischen Aufnahmen leicht ausführen. In der Szene, woraus in Figur 47 ein paar Bilder wiedergegeben sind, verwandelt sich z. B. die alte Bettlerin in eine Fee. Dazu wurde einfach zwischen dem zweiten und dritten Bild die Aufnahme unterbrochen; die Bettlerin wirft ein anderes Gewand über oder wird durch eine andere Person ersetzt, der Photograph öffnet wieder das Objektiv und dreht weiter.
Noch ein Beispiel! Der Kinematograph führt folgende Szene vor, die in den Figuren 48 bis 51 angedeutet ist. Ein Betrunkener liegt auf der Straße. Ein Automobil saust heran und fährt ihm beide Beine ab (Fig. 48). Der Mann schreit nach und schwenkt die Beine in der Luft (Fig. 49). Das Auto hält, der Insasse läuft heran, er flickt ihm die Beine wieder an (Fig. 50) und beide ziehen zufrieden von dannen (Fig. 51). — Nun die Lösung! Auch hier wird die Aufnahme unterbrochen, und zwar zuerst in dem Moment, wo das Automobil herangekommen ist.
Das Auto hält an. Der Betrunkene wird ersetzt durch einen Krüppel, dem beide Beine fehlen, und ein Paar künstlicher Beine wird davor gelegt. Die Auswechslung der Personen ist in Figur 52 wiedergegeben. Dann tritt der kinematographische Apparat wieder in Tätigkeit; das Auto, dessen Weg genau vorgezeichnet ist, fährt nochmals heran und saust darüber hinweg. Nachher, wird die Aufnahme abermals unterbrochen und der Krüppel wieder durch den Betrunkenen ersetzt.