GRAF SAINT-GERMAIN IN HOLLAND (1762)

GRAF SAINT-GERMAIN IN HOLLAND (1762)

Graf d’Affry an Choiseul

Haag, 23. März 1762.

Der sogenannte Graf Saint-Germain, der vor zwei Jahren mit der angeblichen Vollmacht zum Abschluß eines Friedens zwischen uns und England hierher kam und dessen Auslieferung als Betrüger zu beantragen ich Befehl erhielt[327], hat sich seitdem in den Provinzen der Republik und in deren Nachbarschaft unter fremdem Namen heimlich herumgetrieben. Doch erfuhr ich in den letzten Tagen, daß er unter dem Namen eines Amsterdamer Kaufmanns Noblet ein Gut in Geldern namens Ubbergen vom Grafen von Welderen gekauft und dafür noch nicht mehr als ungefähr 30000 Franken in französischer Währung gezahlt hat. Ich hielt es für meine Pflicht, Sie davon zu benachrichtigen und zu fragen, ob Seine Majestät wünscht, daß ich gegen diesen Mann durch eine neue Eingabe bei den Generalstaaten vorgehen oder ob ich ihn lieber laufen lassen soll, da ja der Hauptzweck meines Einschreitens erreicht ist; denn ich habe ihn derartin Mißkredit gebracht, daß er sich seitdem nicht mehr hervorwagt und sein Leben dadurch zu fristen suchen muß, daß er mit Hilfe seiner chemischen Geheimmittel Gimpel fängt.

Choiseul an Graf d’Affry

Versailles, 10. April 1762.

Wir haben den sogenannten Grafen Saint-Germain für die Unverschämtheit und Betrügerei seines Unterfangens bestraft und müssen es diesem Abenteurer überlassen, sich selbst vollends in den Mißkredit zu bringen, in den wir ihn schon versetzt haben.

20. März 1762.

Der sogenannte Graf Saint-Germain wohnt jetzt auf Ubbergen bei Nimwegen. Er besitzt noch eine Art Rittergut in der Nähe von Zutphen. Er hat ein großes Laboratorium in seinem Hause, in dem er tagelang sitzt. Er versteht die schönsten Farben allen nur denkbaren Dingen, wie Leder usw., zu geben, ist ein großer Philosoph und Kenner der Natur. Er spricht sehr schön, erscheint tugendsam, sieht wie ein geborener Spanier von erlauchter Abstammung aus, spricht von seiner verstorbenen Frau Mutter mit großer Ehrerbietung. Manchmal unterschreibt er sich: „Prinz von Spanien“[329]. Er ist stolz.

Er will die Fabriken der Republik fördern, doch ohne die eine oder andere Stadt der Provinz vor den übrigen zu bevorzugen. Amsterdam hatte ihm nämlich für die Erlangung ausschließlicher Vorrechte besondere Vorteile angeboten. Viele Dienste hat er dem Grafen Gronsfeld[330]durch Herstellung und Lieferung von Farben für seine Porzellanfabrik bei Weesp geleistet. Mit Herrn van Rhoon[331]steht er sehr gut, spricht und korrespondiert immer mit ihm. Er führt auch eine außerordentliche ausländische Korrespondenz, ist an allen Höfen bekannt. Von dem verstorbenen Prinzen von Wales[332], der einen schlechten Charakter hatte, wurde er sehr schlecht behandelt. Da aber Saint-Germain unschuldig war, ist ihm bei seiner Freilassung volle Genugtuung gegeben worden[333]. Mit den ersten Leuten in Frankreich hat er in Briefwechsel gestanden, und er spricht viel Gutes von Frau Pompadour usw.

Er ist sehr oft in Amsterdam, kommt viel zu G. Hasselaar[334]. Er besitzt ungewöhnlich schöne Steine, Rubine, Saphire, Smaragden und Diamanten. Man sagt, daß er die Kunst verstände, Diamanten helleres Wasser zu geben und Edelsteine zu verschönern usw. Er ist sehr freigebig, besitzt große Güter in der Pfalz und sonst in Deutschland. In Amsterdam wohnt er einmal im Hotel der vornehmen Welt, dann wieder wo anders und bezahlt überall gut.

***

Später, im August 1762, ist er von Amsterdam fortgezogen. Er hat Kleider, Spitzen, ja selbst Geld von dem Perückenmacher Chaudon geliehen, das er ihm binnen acht Tagen zurückzahlen sollte. Er hat ihn jedoch brieflich um weitere acht Tage Aufschub gebeten.

Er hat überdies eine Wohnung in Chambord in Frankreich gehabt[335]. Dort soll er sich geäußert haben, daß er die Tochter eines gewissen Lambert[336]heiraten wolle. Dadurch sind diese Menschen ruiniert worden.


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