Neunzehntes Capitel.Gemischte, activ-passive Prozesse. Entzündung.

see captionFig. 125. Amyloide Degeneration einer Lymphdrüse.a,b,bGefässe mit stark verdickter, glänzender, infiltrirter Wand.cEine Lage von Fettzellen im Umfange der Drüse.d,dFollikel mit dem feinen Reticulum und Corpora amylacea. Vergr. 200. Vergl. Würzb. Verhandl. Bd. VII. Taf. III.Fig. 126. Einzelne Corpora amylacea in verschiedenen Grössen und zum Theil eingebrochen, aus der Drüse inFig. 125. Vergr. 350.

Fig. 125. Amyloide Degeneration einer Lymphdrüse.a,b,bGefässe mit stark verdickter, glänzender, infiltrirter Wand.cEine Lage von Fettzellen im Umfange der Drüse.d,dFollikel mit dem feinen Reticulum und Corpora amylacea. Vergr. 200. Vergl. Würzb. Verhandl. Bd. VII. Taf. III.

Fig. 126. Einzelne Corpora amylacea in verschiedenen Grössen und zum Theil eingebrochen, aus der Drüse inFig. 125. Vergr. 350.

Unter den vielen Organen, welche der Amyloid-Erkrankungunterliegen, sind ferner dieLymphdrüsenzu erwähnen[220]. Sie verhalten sich ähnlich wie die Milz. Es verändern sich einerseits die kleinen Arterien, andererseits die wesentliche Drüsensubstanz, das Parenchym, d. h. die feinzellige Masse, welche die Follikel erfüllt. Wie wir früher erwähnten (S. 207,Fig. 70), so liegen unter der Capsel der Drüse folliculäre Bildungen, und diese setzen sich wieder aus einem feinen Maschennetz zusammen, in welchem jene kleinen Zellen der Drüse aufgehäuft sind, von denen wir vermuthen, dass sie die Ausgangspunkte für die Entwickelung der Blutkörperchen darstellen. Die Arterien verlaufen zunächst in den Septa der Follikel und lösen sich hier in Capillaren auf, welche die Follikel umspinnen und von da in das Innere der Follikel selbst eindringen. Die amyloide Erkrankung der Lymphdrüsen besteht nun einerseits darin, dass diese Arterien dickerund enger werden und weniger Blut zuleiten, andererseits darin, dass die kleinen Zellen innerhalb der einzelnen Maschenräume der Follikel in Corpora amyloidea übergehen, und dass nachher anstatt vieler Zellen in jeder Masche des Follikels eine einzige grosse blasse Scholle angetroffen wird. Dadurch gewinnt die Drüse schon für das blosse Auge das Aussehen, als wenn sie mit kleinen Wachspunkten durchsprengt wäre, und bei der mikroskopischen Untersuchung erscheint es wie ein dichtes Strassenpflaster, welches die ganze Inhaltmasse zusammensetzt.

Ueber die Bedeutung dieser Veränderungen lässt sich empirisch nicht viel aussagen, allein, wenn gerade der Follikel-Inhalt das Wesentliche bei einer Lymphdrüse ist, wenn von hier aus die Entwickelung der neuen Bestandtheile des Blutes erfolgt, so muss man wohl schliessen, dass die Erkrankung der Lymphdrüsen und der Milz, wo nicht selten gleichfalls die Follikel getroffen werden, für die Blutbildung direct einen nachtheiligen Einfluss haben müsse, dass es sich also nicht um weitliegende Wirkungen handele, sondern dass direct die Blutbildung eine Abänderung erleiden und Zustände der Anämie (Anaemia lymphaticaWilks) nachfolgen müssen. Auch kann für den Lymphstrom eine Hemmung und dadurch wieder Mangel an Resorption, Neigung zu Hydrops u. s. w. entstehen.

Wenden wir auf die Durchschnitte solcher Drüsen Jod an, so färben sich alle erkrankten Theile roth, während alles Uebrige, was der normalen Struktur entspricht, einfach gelb wird. Die Kapsel, welche aus Bindegewebe besteht, die fibrösen Balken oder Scheidewände zwischen den Follikeln, das feine Netz, welches die einzelnen Corpora amyloidea auseinanderhält, endlich diejenigen Follikel, welche normale Zellen enthalten, bleiben gelb. Alle anderen Theile nehmen schon für das blosse Auge das jodrothe Aussehen an. Bringen wir unter dem Mikroskop Schwefelsäure dazu, so werden diese Stellen dunkel röthlichbraun, violettroth und, trifft man es glücklich, rein blau; sind noch albuminöse Partikelchen dazwischen, so erscheint eine grüne oder braunrothe Farbe.

In allen Fällen beginnt die Erkrankung der Lymphdrüsen in den cortikalen Follikeln auf derjenigen Seite, wo die zuführenden Lymphgefässe in die Drüse eintreten; von da schreitet sie nach und nach gegen die Marksubstanz fort, ohne diese jedoch für gewöhnlich zu erreichen. In dieser Weise verändert sicheine Drüse nach der anderen und zwar in der Reihenfolge, dass zuerst die mehr peripherischen leiden und dann eine nach der anderen der in der Richtung des Lymphstromes auf einander folgenden Drüsen. Aber besonders bemerkenswerth ist es, dass diese Art der Veränderung sich nicht allgemein an allen peripherischen Lymphdrüsen findet, sondern nur an gewissen Stellen oder in gewissen Provinzen des lymphatischen Systemes. Sucht man dafür einen Grund, so ergibt sich als Regel, dass in der Gegend, wo die Wurzeln der zu den erkrankten Lymphdrüsen hingehenden Lymphgefässe liegen, eine chronische Erkrankung, meist eine alte Eiterung stattfindet. Meine Erfahrungen betreffen überwiegend Fälle von langdauernder Caries und Nekrose der Wirbel- und Schenkelknochen, wo die Lumbal- und Inguinaldrüsen die hauptsächlich leidenden waren.

Der Gang der amyloiden Erkrankung[221]entspricht demnach in vielen Stücken demjenigen, welchen wir bei den secundären Lymphdrüsen-Anschwellungen der Skrofulösen, Krebsigen, Typhösen beobachten. Drüse nach Drüse wird getroffen, und in der einzelnen Drüse Follikel nach Follikel, jedoch immer so, dass die Richtung des Lymphstromes die Priorität der Erkrankung bestimmt. Hier lässt sich der Schluss kaum ablehnen, dass die Lymphgefässe die Conductoren des Prozesses sind. Ihre Wandungen sind nicht erkrankt; ist der Inhalt, den sie führen, ein veränderter? Vergeblich habe ich mich bemüht, in den erkrankten Knochen selbst amyloide Substanz zu finden. Es bleibt also unentschieden, ob eine solche Substanz den Drüsen zugeführt und in sie abgesetzt wird, oder ob irgend ein anderer Stoff zugeleitet wird, welcher das Drüsengewebe erst zu der selbständigen Erzeugung der Substanz oder zu ihrer Aufnahme aus dem Blute veranlasst. Vorläufig ist es wahrscheinlicher, dass der Drüse durch die Lymphe nur eine Anregung in dem letzteren Sinne zukommt, zumal da die Erkrankung der in die Drüse eingehenden Arterien im Sinne der ersteren Möglichkeit nicht leicht zu erklären sein würde.

Unter den übrigen Prozessen sind es namentlich dieTuberkuloseund dieSyphilis, welche sich in ihren späteren Stadien sehr häufig mit weit ausgedehnter Amyloid-Erkrankung compliciren.Am meisten ist dies bei der constitutionellen Lues der Fall, so dass einzelne Beobachter zu der Vorstellung gekommen waren, die Produkte der secundären Syphilis seien jederzeit „speckige“. Zu einer solchen Auffassung konnte schon der Sprachgebrauch verführen, indem bekanntlich seit langer Zeit die speckigen Infiltrationen, der speckige Geschwürsgrund als besondere Eigenthümlichkeiten secundär-syphilitischer Prozesse angegeben wurden. Allein ich habe dargelegt[222], dass ein wesentlicher Unterschied zwischen den gummösen, im alten Sinne speckigen Producten der Syphilis und den amyloiden, im neueren Sinne speckigen Entartungen besteht, dass die letzteren erst in der Tertiär- oder genauer Quaternärperiode aufzutreten pflegen, und dass sie überhaupt nicht der Syphilis als solcher, sondern vielmehr der Kachexie angehören. Aber gerade für die Geschichte der syphilitischen Kachexie sind sie von der allergrössten Bedeutung, da nur durch ihre Kenntniss manche Eigenthümlichkeiten dieses Zustandes verständlich geworden sind.

Ueberaus merkwürdig ist es, dass gerade zwei Organe, von deren Bedeutung man überaus wenig weiss, die aber gewissermaassen instinctiv der Gruppe der sogenannten Blutdrüsen zugerechnet worden sind, nehmlich dieSchilddrüse(Glandula thyreoidea) und dieNebennierenverhältnissmässig häufig an der Amyloid-Erkrankung theilnehmen. Auch ist es gewiss merkwürdig, dass an den letzteren gerade die sogenannte Rinde, welche in der Struktur mit der Schilddrüse in so vielen Stücken übereinstimmt, ausgesetzt ist, während die Marksubstanz, welche einen mehr gliösen Bau hat, fast ganz verschont bleibt, — ein Umstand, der insofern bemerkenswerth ist, als selbst bei der stärksten Amyloiderkrankung der Rindensubstanz keine Broncefärbung der Haut eintritt. An beiden Organen sind es gleichfalls die kleinen Arterien, von welchen die Veränderung ausgeht; später setzt sie sich auf die Capillaren fort, und nicht selten wird sie so stark, dass die ganze Substanz schon für das blosse Auge ein wächsernes Aussehen annimmt. —

Schon früher (S. 438,S. 440) erwähnte ich, dass die amyloide Erkrankung in mehrfacher Beziehung Aehnlichkeit mit der einfachenVerkalkung(kalkigen Degeneration) habe. Man muss sich aber wohl hüten, in den Fehler zu verfallen, der so häufig begangen ist, dass man Verkalkung und Verknöcherung identificirt. Verknöcherung ist ein activer, progressiver Prozess; Verkalkung dagegen kann ein im hohen Grade passiver, regressiver Prozess sein und eine wirkliche Atrophie[223]oder eine blosse Versteinerung todter Theile[224]darstellen. Will man zwischen Ossification und Verkalkung unterscheiden, so genügt es nicht, das endliche Resultat im Auge zu behalten. Ein Theil wird nicht regelmässiger Knochen dadurch, dass ein Gewebe, in welchem sternförmige Zellen vorhanden sind, in seine Grundmasse Kalk aufnimmt; es kann trotzdem nichts weiter als verkalktes Bindegewebe sein. Wenn wir von Ossification reden, so setzen wir immer voraus, dass dieselbe durch einen activen Vorgang, eine Reizung hervorgerufen ist. Diese wirkt aber nicht so, dass ein schon existirendes Gewebe einfach dadurch, dass es Kalksalze aufnimmt, die Knochenform anzieht. Vielmehr wird das Gewebe selbst durch die Reizung verändert, noch bevor es die Kalksalze aufnimmt, entweder so, dass nur seine Grundsubstanz dichter und homogener wird (sklerosirt,cartilaginescirt), oder so, dass eine Proliferation der Zellen voraufgeht und die Verkalkung an wirklich neugebildetem Gewebe geschieht.Dasselbe Gewebe kann daher einfach verkalken und wirklich verknöchern.

So gibt es an denGefässenVerkalkungen und Ossificationen. In alter Zeit hat man, namentlich an den Arterien, Alles Ossificationen genannt. Viele der Neueren dagegen haben geleugnet, dass dieselbe überhaupt an den Gefässen vorkomme. Faktisch kommt sowohl Ossification vor, als auch blosse Verkalkung, oder, wie ich nach Art der Paläontologen sagen will,Petrification. Letztere ist an den peripherischen Arterien verhältnissmässig am häufigsten und wird hier gewöhnlich als ein Merkmal des atheromatösen Prozesses betrachtet. Dies ist jedoch nicht richtig, denn der atheromatöse Prozess hat seinen Sitz in der Intima der Arterien. Fühlt man dagegen die Radialarterie hart und höckerig, erkennt man an der Cruralis oder Poplitaea starre Wandungen, so kann man ziemlich sicher schliessen, dass diese Verhärtungihren Sitz in der Media hat. In diesem Falle trifft die Verkalkung wirklich die Muskelelemente; die Faserzellen der Ringfaserhaut werden in Kalkspindeln verwandelt. Die Kalkmasse kann allerdings auch noch die Nachbartheile überziehen; die innere Haut aber bleibt dabei möglicherweise ganz intact. Dieser Prozess ist daher mehr verschieden von dem, welchen man atheromatös nennt, als eine Periostitis von einer Erkrankung des Knochengewebes. Die einfache Verkalkung hat gar keinen nothwendigen Zusammenhang mit einer Entzündung der Arterie; sie kommt am gewöhnlichsten unter Verhältnissen vor, wo überhaupt eine Neigung zu Verkalkungen eintritt, daher namentlich im höheren Lebensalter. Das ist wenigstens mit Sicherheit zu sagen, dass noch kein Stadium dieser Veränderungen bekannt ist, welches der Entzündung parallel stände.

Schon vor langer Zeit habe ich gezeigt[225], dass an Stellen, wo kein wirklicher Knorpel präexistirt, bei der wahren Ossification schon vor der Ablagerung der Kalksalze ein Gewebe vorhanden zu sein pflegt, welches im Wesentlichen alle Bestandtheile des späteren Knochens, sowohl die Körperchen, als die Intercellularsubstanz enthält, nehmlich einosteoides Bindegewebe[226], und dass dieses dadurch zu Knochengewebe wird, dass es Kalksalze in seine Intercellularsubstanz aufnimmt. Aber, wie erwähnt, entweder ist dieses Bindegewebe neugebildetes, oder es erfährt vor der Verkalkung eine besondere, progressive Veränderung, indem seine Grundsubstanz sich verdichtet und verdickt,sclerosirt[227]. Dieses veränderte Bindegewebe, der Hautknorpel der früheren Autoren, besserKnochenknorpelgenannt, gibt zum Theil Chondrin, zum Theil wirklichen Leim. Man kann daher sagen, dass erst das metamorphosirte Bindegewebe wirklich zu Knochen verkalkt, während eine einfache Verkalkung des gewöhnlichen Bindegewebes nie Knochen liefert, sondern immer nur verkalktes Bindegewebe. Solche Zustände kommen an der Dura mater nicht selten vor, wo sie jedoch nicht mit den noch weit häufigeren Osteomen[228]zu verwechseln sind; sie finden sich an den Lungen, der Schleimhaut des Magens, der Keilbeinhöhlen[229].

see captionFig. 127. Verkalkung des Gelenkknorpels am unteren Ende des Femur von einem alten Manne. Anfangs körnige, später homogene Erfüllung der Capsularsubstanz mit Kalksalzen bei Erhaltung der Knorpelkörperchen. Vergr. 300.

Fig. 127. Verkalkung des Gelenkknorpels am unteren Ende des Femur von einem alten Manne. Anfangs körnige, später homogene Erfüllung der Capsularsubstanz mit Kalksalzen bei Erhaltung der Knorpelkörperchen. Vergr. 300.

In noch viel auffälligerer Weise, als am Bindegewebe, zeigt sieh die Verschiedenheit zwischen Verkalkung und Verknöcherung an denKnorpeln. Die blosse Ablagerung von Kalksalzen in die Substanz des Knorpels ist nichts weniger als eine Verknöcherung[230], obwohl man noch heutigen Tages diese zwei Dinge immerfort mit einander verwechselt. Die einfache Verkalkung erfolgt bei der gewöhnlichen Bildung wachsender und sich entwickelnder Knochenvorder wirklichen Verknöcherung, worauf wir später zurückkommen werden. Aber sie findet sich nicht bloss an solchem Knorpel, der in der typischen Entwickelung des Skeletts dazu bestimmt ist, in Knochen aufzugehen, sondern auch an den sogenannten permanenten Knorpeln. Man trifft sie in dem Gelenkknorpel älterer Leute, also an Theilen, welche normal nicht zur Ossification bestimmt sind, gar nicht selten, und zwar am gewöhnlichsten in der tiefen Zone derselben, welche unmittelbar derTerminallamelle des Knochens aufliegt. Hier lagern sich die Kalksalze häufig zuerst in die dicke Kapselsubstanz ab, welche die Knorpelzellen umgibt, und durchdringen erst später die eigentliche Intercellularsubstanz, lassen aber die Knorpelzellen selbst frei. Wie überall, so geschieht die Ablagerung auch hier Anfangs in der Art, dass die Kalktheilchen als feinste Körnchen in der noch erkennbaren organischen Grundsubstanz erscheinen. Nach und nach werden sie dichter, das Grundgewebe verschwindet endlich vor den Augen und eine ganz homogene, krystallartige Masse tritt an seine Stelle. Beschränkt sich der Prozess auf die Kapseln der Knorpelkörperchen, so sieht es aus, als wenn Nüsse mit dicker Schale und rundlicher oder rundlich eckiger Höhle in der Grundsubstanz zerstreut lägen (Fig. 127). Nimmt auch die Grund- oder Intercellular-Substanz an der Verkalkung Antheil, so verschwindet die Grenze zwischen ihr und der Kapselsubstanz; es entsteht eine ganz gleichmässige, harte Masse, in welcher, entsprechend den früheren Knorpelzellen, rundliche oder leicht eckige Höhlen liegen. Löst man die Kalksalze mit Säuren auf, so hat man wieder den Knorpel in seiner gewöhnlichen Form. Dabei ist zu bemerken, dass es ein, freilich sehr lange Zeit hindurch geglaubter Irrthum war, als man annahm, dass auch aus fertigem Knochengewebe, wenn es durch Säuren seiner Salze beraubt würde, wieder Knorpel dargestellt werden könne.

Diese einfache Knorpel-Verkalkung hat die grösste Uebereinstimmung mit der Infiltration von harnsaurem Natron, wie sie bei der Gicht (S. 251) vorkommt. Nur erscheint das harnsaure Natron stets in fein-krystallinischen Formen und seine Theilchen vereinigen sich nicht zu dichten, glas- oder elfenbeinartigen Massen, wie kohlensaurer und phosphorsaurer Kalk, sondern bilden eine bröckelige, losere, tuffartige Masse (Tophus). Das ist aber unzweifelhaft, dass sowohl die Kalk- als die Natronsalze aus dem Blute abgelagert werden, dass es sich also um eine Infiltration oder Incrustation handelt. Diese kann, wie wir sahen (S. 252), eine metastatische sein.

Die Ablagerung der Kalksalze geschieht aber auch häufig in Form besondererKalkkörperoderConcretionen, welche einen geschichteten Bau haben, den Stärkekörnern ähnlich sind und sich zwischen den Gewebselementen oder in den Cavitäten oder den Kanälen des Körpers, z. B. in den Harnkanälchen, imGehirne finden. In der Prostata kommen amylacische und verkalkte, lamellöse Concretionen nicht selten in einer und derselben Drüse neben einander vor. Hier scheint es sogar, dass amylacische Körper verkalken. Ganz bestimmt habe ich dies bei Amyloidsubstanz der Leber beobachtet[231]. Indess sind dies seltene Verbindungen; in der Regel besteht die amyloide Entartung, so viele Vergleichungen mit der Verkalkung sie auch zulässt, für sich.

Dass die Theile, welche verkalken, eine besondere Anziehung auf die im Blute oder in den Säften vorhandenen Kalksalze ausüben müssen, lässt sich nicht abweisen. Es ist dies aber kein besonderer Lebensact, denn die Verkalkung erfolgt überall auf dieselbe Art. Die geologische Versteinerung ist der pathologischen ganz gleich. Todte Theile verkalken und versteinern im menschlichen Körper, wie in den Schichten des Erdkörpers; ja es ist dies sogar eine der gewöhnlichsten Arten der Veränderung, welche abgestorbene Theile von geringerem Umfange im Körper erfahren[232]. Am auffälligsten zeigt dies die Geschichte der sogenannten Lithopädien, sowie die Petrification abgestorbener Eingeweidewürmer, am häufigsten der Cysticerken. Bei den Trichinen trifft die Verkalkung gewöhnlich nur die Kapsel, während das Thier innerhalb derselben noch lebendig bleibt; doch gibt es auch Fälle, wo die Thiere in der noch unverkalkten Kapsel absterben und versteinern. Bei abgestorbenen Leber-Echinokokken habe ich sämmtliche jungen Thiere versteinert gesehen, während die Kapseln und die Mutterblasen unversehrt waren. Ganz besonders interessant ist die isolirte Verkalkung von Ganglienzellen des Gehirnes nach Commotion, die ich vor einiger Zeit nachgewiesen habe[233]. Auch blosse organische Massen, z. B. alte Thromben, nekrobiotische Gewebstheile, z. B. die käsigen, tuberkelartigen Residuen, verkalken auf dieselbe Weise.

Aus diesen Beispielen geht hervor, dass nicht jeder Theil beliebig verkalkt, sondern dass er sich dazu in besonderen Verhältnissen befinden muss. Ist er nicht abgestorben, so geht doch eine chemische Veränderung, häufig eine physiologische Schwächung voraus. Dies gilt namentlich für den Fall, wo die Zellen einesTheiles, und nicht etwa, wie bei dem Knochen, nur die Intercellularsubstanz, verkalken. Sind die zelligen Elemente eines Gewebes verkalkt, so ist es eine träge Masse geworden, welche für die Zwecke, denen es eigentlich dienen sollte, unbrauchbar ist. Es ist gleichsam zur Ruhe gebracht, beigesetzt.

Und so ist die einfache Verkalkung ein im hohen Maasse passiver Vorgang, der das Wesen und die Bedeutung der indurirenden passiven Prozesse besonders gut erläutert. —

Fußnoten:[212]Geschwülste I. 13, 325, 365.[213]Archiv VI. 268. Gaz. hebdom. de méd. et de chirurg. 1853. p. 161. (Sitzung der Acad. des sc. vom 5. Dec. 1853).[214]Archiv VI. 416. VIII. 140, 364. XI. 188. XIV. 187. Würzb. Verhandl. VII. 222.[215]Würzb. Verhandl. II. 51.[216]Archiv IV. 418–21. VIII. 141. Würzb. Verhandl. VII. 228.[217]Würzburger Verhandl. I. 314. Archiv XII. 103.[218]Würzb. Verhandl. VII. 277. Archiv VIII. 364.[219]Archiv XII. 318.[220]Würzb. Verhandl. VII. 222.[221]Archiv VIII. 364.[222]Archiv XV. 232. Geschwülste II. 417, 471.[223]Spec. Pathologie und Ther. I. 307.[224]Verh. der Berliner med. Gesellschaft. I. 253.[225]Archiv I. 136. Würzb. Verhandl. II. 158.[226]Archiv V. 439. Geschwülste I. 463, 472.[227]Archiv V. 443, 455.[228]Geschwülste II. 92.[229]Archiv VIII. 103. IX. 618. Entwickelung des Schädelgr. 41. Taf. IV. Fig. 19.[230]Archiv V. 420, 429.[231]Geschwülste II. 430.[232]Verhandl. der Berliner med. Gesellschaft. I. 253.[233]Archiv L. 304.

Fußnoten:

[212]Geschwülste I. 13, 325, 365.

[212]Geschwülste I. 13, 325, 365.

[213]Archiv VI. 268. Gaz. hebdom. de méd. et de chirurg. 1853. p. 161. (Sitzung der Acad. des sc. vom 5. Dec. 1853).

[213]Archiv VI. 268. Gaz. hebdom. de méd. et de chirurg. 1853. p. 161. (Sitzung der Acad. des sc. vom 5. Dec. 1853).

[214]Archiv VI. 416. VIII. 140, 364. XI. 188. XIV. 187. Würzb. Verhandl. VII. 222.

[214]Archiv VI. 416. VIII. 140, 364. XI. 188. XIV. 187. Würzb. Verhandl. VII. 222.

[215]Würzb. Verhandl. II. 51.

[215]Würzb. Verhandl. II. 51.

[216]Archiv IV. 418–21. VIII. 141. Würzb. Verhandl. VII. 228.

[216]Archiv IV. 418–21. VIII. 141. Würzb. Verhandl. VII. 228.

[217]Würzburger Verhandl. I. 314. Archiv XII. 103.

[217]Würzburger Verhandl. I. 314. Archiv XII. 103.

[218]Würzb. Verhandl. VII. 277. Archiv VIII. 364.

[218]Würzb. Verhandl. VII. 277. Archiv VIII. 364.

[219]Archiv XII. 318.

[219]Archiv XII. 318.

[220]Würzb. Verhandl. VII. 222.

[220]Würzb. Verhandl. VII. 222.

[221]Archiv VIII. 364.

[221]Archiv VIII. 364.

[222]Archiv XV. 232. Geschwülste II. 417, 471.

[222]Archiv XV. 232. Geschwülste II. 417, 471.

[223]Spec. Pathologie und Ther. I. 307.

[223]Spec. Pathologie und Ther. I. 307.

[224]Verh. der Berliner med. Gesellschaft. I. 253.

[224]Verh. der Berliner med. Gesellschaft. I. 253.

[225]Archiv I. 136. Würzb. Verhandl. II. 158.

[225]Archiv I. 136. Würzb. Verhandl. II. 158.

[226]Archiv V. 439. Geschwülste I. 463, 472.

[226]Archiv V. 439. Geschwülste I. 463, 472.

[227]Archiv V. 443, 455.

[227]Archiv V. 443, 455.

[228]Geschwülste II. 92.

[228]Geschwülste II. 92.

[229]Archiv VIII. 103. IX. 618. Entwickelung des Schädelgr. 41. Taf. IV. Fig. 19.

[229]Archiv VIII. 103. IX. 618. Entwickelung des Schädelgr. 41. Taf. IV. Fig. 19.

[230]Archiv V. 420, 429.

[230]Archiv V. 420, 429.

[231]Geschwülste II. 430.

[231]Geschwülste II. 430.

[232]Verhandl. der Berliner med. Gesellschaft. I. 253.

[232]Verhandl. der Berliner med. Gesellschaft. I. 253.

[233]Archiv L. 304.

[233]Archiv L. 304.

Fettmetamorphose als Entzündungs-Ausgang. Unterschied zwischen primärer (einfacher) und secundärer (entzündlicher) Fettmetamorphose. Nieren, Muskeln.

Atheromatöser Prozess der Arterien. Atheromatie und Ossification als Folgen der Arteriosklerose. Entzündlicher Charakter der letzteren: Endoarteriitis chronica deformans s. nodosa. Bildung der Atheromheerde. Cholestearin-Abscheidung. Ossification. Ulceration. Analogie mit der Endocarditis.

Die Entzündung. Die vier Cardinalsymptome und deren Vorherrschen in den einzelnen Schulen. Die thermische und vasculäre Theorie, die neuropathologische, die Exsudatlehre. Entzündungsreiz. Functio laesa. Die Entzündung in gefässlosen und in gefässhaltigen Theilen. Das Exsudat als Folge der Gewebsthätigkeit: Schleim und Fibrin. Die Entzündung als zusammengesetzter Reizungsvorgang. Parenchymatöse und exsudative (secretorische) Form. Klinische und anatomische Bedeutung der Entzündung. Irrthum von der einheitlichen Natur der Entzündungs-Vorgänge. Multiplicität der entzündlichen Prozesse.

Die Betrachtung der passiven Prozesse hatte uns zu einer Darstellung der Vorgänge bei derFettmetamorphosegeführt. Ich sage Fettmetamorphose, einmal weil unter der Bezeichnung der fettigen Degeneration im Laufe der Zeit zu vielerlei Vorgänge zusammengeworfen sind, andermal weil ich in der That die Ansicht hege, dass das Fett hier durch eine chemische Metamorphose aus dem früheren Zelleninhalt, also vielleicht aus eiweissartiger Substanz erzeugt wird. Jedenfalls geht nicht nur die normale Struktur der Theile dabei zu Grunde, sondern es tritt auch an die Stelle der histologischen Elemente, welche zerfallen und sich auflösen, eine nicht mehr organische, rein emulsive Masse, es bildet sich, kurz gesagt, einfettiger Detritus. Es macht dabei nichts aus, ob eine Eiterzelle, ein Bindegewebskörperchen, eine Nerven- oder Muskelfaser, ein Gefäss die Veränderung erfährt;das Resultat ist immer dasselbe: ein milchiger Detritus, eine amorphe Anhäufung von Fett- oder Oeltheilchen in einer mehr oder weniger eiweissreichen Flüssigkeit. Wenn wir für alle Fälle der Fettmetamorphose diese Uebereinstimmung festhalten, so folgt daraus doch keinesweges, dass der Werth dieser Veränderung in Beziehung auf die Krankheitsvorgänge, im Laufe welcher sie eintritt, jedesmal gleich sei. Man kann das schon daraus abnehmen, dass, während ich diese Metamorphose unter der Kategorie der rein passiven Störungen vorgeführt habe, gerade eines der Gebilde, welches dabei am häufigsten auftritt, die Körnchenkugel, lange Zeit hindurch als das specifische Element der Entzündung betrachtet worden ist. Jahrelang sah man die Entzündungskugel für eine wesentliche, pathognomonische und daher diagnostische Erscheinung des Entzündungsprozesses an, und in der That, die Häufigkeit, mit welcher man in entzündeten Theilen fettig degenerirte Zellen findet, beweist genügend, dass im Laufe der entzündlichen Prozesse, welche wir nimmermehr als einfach passive Vorgänge betrachten können, solche Umwandlungen geschehen. Es handelt sich also darum, eine Unterscheidung beider Reihen, der einfach passiven und der entzündlichen, zu finden.

Freilich hat diese Unterscheidung in einzelnen Fällen ihre sehr grossen Schwierigkeiten. Meiner Ueberzeugung nach besteht die einzige Möglichkeit einer Orientirung darin, dass man untersucht, ob der Zustand der fettigen Degeneration ein primärer oder ein secundärer ist, ob er eintritt, sobald überhaupt eine Störung bemerkbar wird, oder ob er erst erfolgt, nachdem eine andere bemerkbare Störung vorangegangen ist. Die secundäre Fettmetamorphose, bei welcher erst in zweiter Linie diese eigenthümliche Umwandelung zu Stande kommt, folgt in der Regel auf ein erstes actives oder irritatives Stadium; eine ganze Reihe derjenigen Prozesse, welche wir ohne Umstände Entzündungen nennen, verläuft in der Weise, dass als zweites oder drittes anatomisches Stadium eine fettige Metamorphose der Gewebe auftritt. Diese entsteht also hier nicht als das unmittelbare Resultat der Reizung des Theiles, sondern wo wir Gelegenheit haben, die Geschichte der Veränderung genauer zu verfolgen, da zeigt sich fast immer, dass dem Stadium der fettigen Degeneration ein anderes Stadium voraufgeht[234], nehmlichdas dertrüben Schwellung, in welchem die Theile sich vergrössern, an Umfang und zugleich an Dichte zunehmen, indem sie eine grosse Menge von neuem Material in sich aufsaugen. Absichtlich sage ich aufsaugen[235], weil ich es für falsch halte, dass der Theil etwa von aussen genöthigt worden ist, dieses Material aufzunehmen, dass er etwa durch Exsudat von den Gefässen aus überschwemmt worden ist. Dieselben Erscheinungen treten auch an Theilen auf, die keine Gefässe haben. Aber erst dann, wenn die Ansammlung ein solches Maass erreicht hat, dass die Constitution in Frage gestellt wird, leitet sich ein fettiger Zerfall im Inneren der Elemente ein. So können wir die fettige Degeneration des Nierenepithels als ein späteres Stadium der Bright'schen Krankheit, oder, wie ich sage, der parenchymatösen Nephritis bezeichnen; ihr geht ein Stadium der Hyperämie und Schwellung voraus, wo jede Epithelzelle eine grosse Quantität von opaker Masse in sich ansammelt, ohne dass im Anfange auch nur eine Spur von Fetttröpfchen zu bemerken ist[236]. So schwillt der Muskel unter Einwirkungen, welche nach dem allgemeinen Zugeständniss eine Entzündung machen, z. B. nach Verwundungen, nach chemischen Aetzungen; seine Primitivbündel werden breiter und trüber, und in einem zweiten Stadium beginnt in ihnen dieselbe fettige Degeneration, welche wir andere Male, z. B. bei Lähmungen, direct auftreten sehen[237].

Man kann also, wenn man ganz allgemein spricht, allerdings sagen, dass es eine entzündliche Form der fettigen Degeneration gibt. Allein, genau genommen, ist diese entzündliche Form nur ein späteres Stadium, ein Ausgang, welcher den eintretenden Zerfall der Gewebsstruktur anzeigt, wo der Theil nicht mehr im Stande ist, seine Sonderexistenz fortzuführen, sondern wo er so weit dem Spiele der chemischen Kräfte seiner constituirenden Theile verfällt, dass das nächste Resultat seine vollständige Auflösung ist. Gerade diese Art von Entzündungszuständen hat eine sehr grosse Bedeutung, weil an allen Theilen, wo die wesentlichen Elemente in dieser Weise verändert werden, überhaupt keine unmittelbare, nutritive oder einfach regenerative Restitution möglichist. Wenn eine Muskelentzündung besteht, bei welcher die Muskelprimitivbündel der fettigen Degeneration verfallen, so gehen sie auch regelmässig zu Grunde, und wir finden nachher an der Stelle, wo die Degeneration stattgefunden hatte, eine, wenn auch nicht offene, Lücke (einen Defect) im Muskelfleisch. Die Niere, deren Epithel in fettige Degeneration übergeht, schrumpft fast immer zusammen; das Resultat ist eine bleibende Atrophie. Ausnahmsweise kommt vielleicht etwas zu Stande, was als Regeneration des Epithels gedeutet werden könnte, aber gewöhnlich ist ein Zusammensinken der ganzen Struktur die Folge. Dasselbe sehen wir am Gehirne bei der gelben Erweichung, gleichviel, wie sie bedingt sein mag. Ob Entzündung oder nicht vorherging, es bildet sich ein Heerd, welcher sich nie wieder mit Nervenmasse ausfüllt. Vielleicht, dass eine einfache Flüssigkeit die fehlenden Gewebe ersetzt; von irgend einer Herstellung eines neuen, functionell wirksamen Theiles kann niemals die Rede sein.

So muss man es sich erklären, dass scheinbar sehr ähnliche Zustände, welche man vom pathologisch-anatomischen Standpunkte aus als identisch erklären möchte, vom klinischen Standpunkte aus weit auseinander liegen, ja dass man an denselben Theilen dieselben Veränderungen trifft, ohne dass doch der Gesammtprozess, welchem sie angehören, derselbe war. Wenn ein Muskel einfach fettig degenerirt, so kann das Primitivbündel ebenso aussehen, als wenn eine Entzündung darauf eingewirkt hat. Die Myocarditis erzeugt ganz analoge Formen der fettigen Degeneration innerhalb des Herzfleisches, wie die übermässige Dilatation der Herzhöhlen. Wenn eine der letzteren z. B. durch Hemmung des Blutstromes oder Incontinenz der Klappen dauernd sehr ausgespannt wird, so tritt an dem am meisten gespannten Theile sehr häufig eine fettige Degeneration des Muskelfleisches ein. Diese gleicht morphologisch so vollständig einem Stadium der Myocarditis, dass in vielen Fällen überhaupt gar nicht mit Sicherheit zu sagen ist, auf welche Weise der Prozess entstanden sein mag.

Versuchen wir, die Methode der Lösung solcher Schwierigkeiten an einer wichtigen, häufigen und zugleich vielfach missverstandenen Krankheit darzulegen, nehmlich an dem sogenanntenatheromatösen Prozesse der Arterien[238]. Gerade bei ihmist die Confusion in der Deutung der Veränderungen vielleicht am grössten gewesen.

Zu keiner Zeit im Laufe dieses Jahrhunderts hat man sich vollständig über das geeinigt, was man unter dem Ausdrucke der atheromatösen Veränderung an einem Gefässe verstehen wollte. Der Eine hat den Begriff weiter, der Andere hat ihn enger gefasst, und doch ist er vielleicht von Allen zu weit gefasst worden. Als nehmlich die Anatomen des vorigen Jahrhunderts den Namen des Atheroms auf eine bestimmte Veränderung der Arterienhäute anwandten, hatten sie natürlich einen ähnlichen Zustand im Sinne, wie derjenige ist, welchen man schon seit dem griechischen Alterthume an der Haut mit dem Namen des Atheroms, des Grützbalges belegt hatte[239]. Es versteht sich danach von selbst, dass der Begriff des Atheroms sich auf einen geschlossenen Heerd, eine Art von Balggeschwulst (Tumor cysticus) bezieht. Niemand hat etwas an der Haut Atherom genannt, was offen und frei zu Tage lag. Es war daher ein sonderbares Missverständniss, als man neuerlich anfing, an den Gefässen auch solche Veränderungen Atherome zu nennen, welche nicht abgeschlossen in der Tiefe liegen, sondern ganz und gar der Oberfläche angehören. Anstatt, wie es ursprünglich gemeint war, einen geschlossenen Heerd atheromatös zu nennen, hat man damit häufig eine Veränderung bezeichnet, welche in der innersten Arterienhaut ganz oberflächlich bestand. Als man anfing, die Sache feiner zu untersuchen, und als man an sehr verschiedenen Punkten der Gefässwand, sowohl bei Atherom, als ohne dasselbe, fettige Partikeln fand (Fig. 122), als man sich endlich überzeugte, dass der Prozess der fettigen Degeneration immer derselbe und mit der atheromatösen Veränderung nahezu identisch sei, so wurde es Sitte, alle Formen der fettigen Degeneration an den Arterien in der Bezeichnung des Atheroms oder der Atherose zu vereinigen. Nach und nach kam man sogar dahin, von einer atheromatösen Veränderung solcher Gefässe zu sprechen, welche nur eine einfache Haut haben, denn auch an den Capillaren stösst man auf fettige Processe.

Seit Langem hat es ferner Beobachter gegeben, welche die Ossification der Gefässe als eine mit dem Atherom zusammengehörige Veränderung betrachteten.HallerundCrellglaubten,dass die Ossification aus der atheromatösen Masse hervorginge, und dass die letztere ein Saft sei, welcher ähnlich, wie man es von dem unter dem Periost des Knochens ausschwitzenden Safte annahm, fähig sei, aus sich Knochenplatten zu erzeugen. Später erkannte man freilich, dass Atheromatie und Ossification zwei parallele Vorgänge seien, welche aber auf einen gemeinschaftlichen Anfang hinwiesen. Es wäre nun wohl logisch gewesen, wenn man sich zunächst darüber geeinigt hätte, welches dieser gemeinschaftliche Anfang wäre, von dem die atheromatöse Veränderung und die Ossification ausgingen. Statt dessen gerieth man in die Bahn der fettigen Entartungen und dehnte den atheromatösen Prozess über eine Reihe von kleinen Gefässen aus, an denen die Bildung irgend eines wirklich dem atheromatösen Heerde der Haut vergleichbaren geschlossenen Sackes oder Balges überhaupt unmöglich ist.

Nun liegt aber die Sache auch hier sehr einfach so, dass man an den Gefässen zwei, ihrem endlichen Resultate nach sehr analoge Prozesse trennen muss: zuerst dieeinfache(passive)Fettmetamorphose, welche ohne ein weiter erkennbares Vorstadium eintritt, wo die vorhandenen Elemente unmittelbar in fettige Degeneration übergehen und zerstört werden, und wodurch eben nur ein mehr oder weniger ausgedehnter Verlust (Usur) von Bestandtheilen der Gefässwand zu Stande kommt; sodann eine zweite Reihe von Vorgängen, wo wir vor der Fettmetamorphoseein Stadium der Reizungunterscheiden können, welches übereinstimmt mit dem Stadium der Schwellung, Vergrösserung, Trübung, das wir an anderen entzündeten Stellen sehen. Ich habe daher kein Bedenken getragen, in dieser Frage mich ganz auf die Seite der alten Anschauung zu stellen, und als den Ausgangspunkt der sogenannten atheromatösen Degeneration eine Entzündung der Gefässwand zuzulassen (Endoarteriitis); und ich habe mich weiterhin bemüht zu zeigen, dass diese Art von entzündlicher Erkrankung der Gefässwand in der That genau dasselbe ist, was man allgemein an den Herzwandungen eine Endocarditis nennt. Zwischen beiden Prozessen besteht kein anderer Unterschied, als dass die Endocarditis häufiger acut, die Endoarteriitis häufiger chronisch verläuft.

Mit einer solchen Scheidung der Prozesse an den Arterien in einfach degenerative (passive) und entzündliche (active) erklärtsich sofort der verschiedene Verlauf. Trügerisch ist nur der Umstand, dass beide Prozesse sich gelegentlich in demselben Falle gleichzeitig finden. Neben den charakteristischen Umwandlungen der chronisch entzündlichen Theile in der Tiefe finden sich an der Oberfläche nicht selten einfach fettige Veränderungen.

see captionFig. 128. Verticalschnitt durch die Aortenwand an einer sklerotischen, zur Bildung eines Atheroms fortschreitenden Stelle.mm' Tunica media,i i'i″ Tunica intima. BeiSdie Höhe der sklerotischen Stelle gegen die Gefässlichtung,idie innerste, über den ganzen Heerd fortlaufende Lage der Intima,i' die wuchernde, sklerosirende und schon zur Fettmetamorphose sich anschickende Schicht,i″ die schon fettig metamorphosirte, beie,edirekt erweichende, zunächst an die Media anstossende Lage. Vergr. 20.

Fig. 128. Verticalschnitt durch die Aortenwand an einer sklerotischen, zur Bildung eines Atheroms fortschreitenden Stelle.mm' Tunica media,i i'i″ Tunica intima. BeiSdie Höhe der sklerotischen Stelle gegen die Gefässlichtung,idie innerste, über den ganzen Heerd fortlaufende Lage der Intima,i' die wuchernde, sklerosirende und schon zur Fettmetamorphose sich anschickende Schicht,i″ die schon fettig metamorphosirte, beie,edirekt erweichende, zunächst an die Media anstossende Lage. Vergr. 20.

Betrachten wir nun die Atheromatie etwas genauer, z. B. an der Aorta, wo der Prozess am gewöhnlichsten ist. Im Anfange (d. h. eigentlich zu einer Zeit, wo noch nichts Atheromatöses vorhanden ist) entsteht an der Stelle, wo die Reizung stattgefunden hat, eine Anschwellung, kleiner oder grösser, nicht selten so gross, dass sie als wirklicher Buckel über das Niveau der inneren Oberfläche hervorragt. Diese Hervorragungen unterscheiden sich von der Nachbarschaft durch ihr durchscheinendes, hornhautartiges Aussehen. In der Tiefe sehen sie mehr trübe aus. Hat die Veränderung eine gewisse Dauer gehabt, so zeigen sich die weiterenUmwandelungen nicht an der Oberfläche, sondern unmittelbar da, wo die Intima die Media berührt, wie das die Alten sehr gut beschrieben haben. Wie oft haben sie mit Bestimmtheit behauptet, dass man die innere Haut über die veränderte Stelle hinweg abziehen könne! Daraus ging die Schilderung vonHallerhervor, dass die breiartige, atheromatöse Masse in einer geschlossenen Höhle, wie eine kleine Balggeschwulst, zwischen Intima und Media läge. Nur das war falsch, dass man die Geschwulst als einen besonderen, von den Gefässhäuten trennbaren Körper betrachtete, über welchen die sonst unveränderte Intima einfach hinwegliefe. Es ist vielmehr die stark verdickte Intima selbst, welche ohne Grenze in die Geschwulst übergeht. Je weiter der Prozess fortschreitet, um so mehr bildet sich aus der Erweichung und dem Zerfalle der tiefsten Lagen der Intima ein geschlossener Heerd, während die oberflächlichen Schichten sich noch unversehrt erhalten; zuletzt kann es sein, dass der Heerd fluctuirt und beim Einschnitte eine breiige Materie sich entleert, wie der Eiter beim Einschnitte in einen Abscess.

Untersucht man nun die Masse, welche am Ende des Prozesses vorhanden ist, so sieht man zahlreiche Cholestearinplatten, welche oft schon für das blosse Auge als glitzernde Scheibchen hervortreten: grosse rhombische Tafeln, welche meist zu vielen nebeneinanderliegen, sich decken und im Ganzen einen Glimmerreflex erzeugen. Neben diesen Platten finden sich die unter dem Mikroskope bei durchfallendem Lichte schwarz erscheinenden Körnchenkugeln, innerhalb derer die einzelnen Fettkörnchen zuerst ganz fein sind. Die Kugeln sind gewöhnlich in grosser Masse vorhanden; einzelne sieht man zerfallen, sich auseinander lösen und Partikelchen davon, wie in der Milch, umherschwimmen. Daneben mehr oder weniger grosse amorphe Gewebsfragmente, welche noch zusammenhalten und durch die Erweichung der übrigen, nicht fettig veränderten Gewebssubstanz entstehen; in sie sind hie und da Körnerhaufen eingesetzt.Diese drei Bestandtheile zusammen, das Cholestearin, die Körnchenzellen und die Fettkörnchen, endlich grössere Klumpen von halberweichter Substanz, sind es, welche den breiigen Habitus des atheromatösen Heerdes bedingen, und welche zusammengenommen in der That eine gewisseAehnlichkeit mit dem Inhalte eines Grützbeutels der äusseren Haut erzeugen.


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