Chapter 24

In der That ist kaum anzunehmen, daß dem Verbande eine lange Dauer beschieden sein wird. Ist derselbe schon an sich auf einer wenig gesicherten Grundlage aufgebaut, so traf ihn noch das besonders ungünstige Schicksal, daß noch vor seiner endgültigen Begründung der Hamburger Hafenarbeiterstreik ausbrach und er so gezwungen wurde, eine Kraftprobe vorzunehmen, bevor er zu einer solchen imstande war. Allerdings haben es die leitenden Personen nicht an Warnungen fehlen lassen, um die Streiklustigen zurückzuhalten, zumal die Jahreszeit für diesen Zweck ganz besonders ungünstig war, aber sie mußten erleben, daß die einmal angeregte Bewegung sich auch von ihren Urhebern nicht mehr hemmen ließ, zumal überhaupt eine organisierte Masse schwer zu leiten ist. Der schließlich eingetretene Mißerfolg mußte aber der Organisation in ähnlichem Maße zum Schaden gereichen, wie dies für die Hirsch-Duncker'schen Vereine bei dem Waldenburger Streik der Fall war.

Inzwischen giebt der Zentralausschuß monatliche Berichte in englischer Sprache heraus, in denen auch Fragen der Organisation erörtert werden. In demselben wird lebhaft die Notwendigkeit betont, dem Ausschuß das Recht zur Erhebung von Beiträgen zu Streiks zu geben, die prozentual auf die Vereine zu verteilen seien.

Dererste internationale Kongreßist vom 28. September bis 1. Oktober 1890 in Antwerpen abgehalten unter Beteiligung von 6 deutschen, 2 englischen, 4 holländischen und 13 belgischen Vertretern. Aus Amerika, der Schweiz, Norwegen, Schweden und Luxemburg waren Zustimmungserklärungen eingegangen. Nach den erstatteten Berichten sind in Holland 1200 (von 3500), in Belgien 1000, in Deutschland 20000 (von 75000) Tabakarbeitern organisiert; in England sogar alle bis auf 50.

Der wichtigste Punkt der Verhandlungen betraf die Bildung einesinternationalen Verbandes. Ein solcher wurde, obgleich die deutschen Vertreter erklärten, daß ihnen die Beteiligung durch die einheimischen Gesetze unmöglich gemacht sei, grundsätzlich beschlossen.

Anders lag es hinsichtlich eines internationalenStreikfonds. Dieser wurde, da er keine Verbindung zwischen Vereinen darstellt, gerade von deutscher Seite energisch gefordert, dagegen seitens der Engländer ebenso entschieden verworfen. Nachdem er dennoch von den übrigen Nationen beschlossen war, blieben die englischen Vertreter nur noch als Zuhörer anwesend. Aus den Ausführungsbestimmungen, die im wesentlichen nach den deutschen Anträgen beschlossen wurden, sind folgende hervorzuheben: In der Regel sind nur solche Streiks zu unterstützen, die von der betreffenden Landesorganisation anerkannt sind. Größere oder lang dauernde Streiks sind aus dem internationalen Fonds zu unterstützen, in welchen von den beteiligten Verbänden für jedes Mitglied 25 Cent. einzuzahlen sind. Jedes Land ernennt einen Vertrauensmann. Diese bilden das internationale Komitee. Einer der Vertrauensleute wird vom Kongreß zum internationalen Sekretär ernannt. Das Land, dem die Leitung übertragen ist, bestimmt 4 Personen, die zusammen mit dem Sekretär den geschäftsführenden Ausschuß bilden und an demselben Orte wohnen müssen. Jeder Vertrauensmann hat eine Stimme und ist verpflichtet, dem Sekretär vierteljährlich Rechnung zu legen. Das Komitee hat jährlich einen Bericht zu erstatten. Der geschäftsführende Ausschuß kann bei Streiks selbständig Unterstützungen bis zu 5000 Frcs. beschließen. Alle 2 Jahre findet ein internationaler Kongreß statt.

Es wurde noch beschlossen, daß der Verband keinen politischen Karakter tragen und die Beteiligung von einer politischen Anschauung nicht abhängig sein solle. Die Regierungen sollen aufgefordert werden, die gesetzliche Einführung des Achtstundentages und das Verbot der Sonntagsarbeit durchzuführen. Kinderarbeitsoll ganz, Frauenarbeit dagegen nur soweit verboten sein, wie sie den Rücksichten der Gesundheit widerspricht.

Als Sitz des internationalen Komitees wurde Antwerpen gewählt.

Hatte schon dieses Mal England eine isolierte Stellung eingenommen, so war es auf demzweiten Kongresse, der vom 4. bis 8. September 1892 in Amsterdam stattfand, gar nicht vertreten, sondern nur Belgien, Holland, Deutschland, Dänemark und die Schweiz. In Dänemark sind von 1900 Tabakarbeitern 1450 organisiert, in Norwegen 250 von 2500, in der Schweiz 600. Der internationale Fonds betrug 5595 Frcs. Der Mittelpunkt der Verhandlungen war die Reiseunterstützung. Die Einführung einer einheitlichen Reisekarte, der Deutschland wegen der Vereinsgesetze nicht zustimmen konnte, wurde insoweit beschlossen, als die Gesetze es zulassen. Gegen den Widerspruch der deutschen Vertreter wurde beschlossen, daß die von den einzelnen Ländern gezahlten Reiseunterstützungen gegenseitig halbjährlich berechnet und zurückvergütet werden sollen. Als Form wurde die Vergütung nach Kilometern angenommen. Ein Antrag, daß bei Streiks die Mitglieder aller Verbände einen einheitlichen Beitrag leisten sollten, wurde abgelehnt, ebenso der von Belgien empfohlene National-(General-) Streik, vielmehr empfohlen, den Streik nur mit aller Vorsicht und als letztes Mittel anzuwenden. Hinsichtlich der Lehrlinge wurde die Ausbildung in Fachschulen seitens der Gemeinde und die Beschränkung auf eine angemessene Zahl gefordert. In einer besonderen Resolution wurde das Fehlen der Engländer bedauert und die Hoffnung ihrer künftigen Mitarbeit ausgesprochen.

Trotzdem waren auch auf dem vom 6. bis 10. August 1894 in Basel abgehaltenendritten Kongressenur Deutschland, Belgien, Holland, Luxemburg, Dänemark und die Schweiz vertreten. Der internationale Fonds betrug 9978 Frcs. Nach der Berichterstattung der einzelnen Länder wurde in einer Resolution die Hausarbeit, das Akkordsystem und die lange Arbeitszeit als schädlich verurteilt. Hinsichtlich derStreikunterstützungaus dem internationalen Fonds wurde beschlossen, daß dieselbe von dem Komitee noch besten Kräften erfolgen soll, jedoch nur dann, wenn die Unterstützung von dem betreffenden Lande nicht aufgebracht werden kann, wenn die Organisation dem internationalen Verbande seit einem Jahre angehört und die vom Streik oder der Aussperrung Betroffenen mindestens 10% der organisierten Arbeiter des Landes ausmachen. Ueber die Reiseunterstützung wurde lange verhandelt, aber ein Beschluß nicht gefaßt. Dagegen wurde die Stellung dergewerkschaftlichenzu denpolitischenOrganisationen in folgender Resolution ausgesprochen:

„Der Kongreß erkennt nicht nur die Selbständigkeit der Gewerkschaften neben der politischen Partei an, sondern hält die Gewerkschaften für einen integrierenden Teil der gesamten Arbeiterbewegung, setzt aber auch als selbstverständlichvoraus, daß dieselben von dem treibenden Gedanken der modernen Arbeiterbewegung, welche die vollständige Befreiung des gesamten Proletariates in sich schließt, der internationalen sozialistischen Idee, getragen werden.“

„Der Kongreß erkennt nicht nur die Selbständigkeit der Gewerkschaften neben der politischen Partei an, sondern hält die Gewerkschaften für einen integrierenden Teil der gesamten Arbeiterbewegung, setzt aber auch als selbstverständlichvoraus, daß dieselben von dem treibenden Gedanken der modernen Arbeiterbewegung, welche die vollständige Befreiung des gesamten Proletariates in sich schließt, der internationalen sozialistischen Idee, getragen werden.“

Als Sitz des Komitees wurde wieder Antwerpen bestimmt.

Auf dem vom 19. bis 26. Juni 1896 in London abgehaltenenvierten Kongressewar außer Deutschland, Belgien, Holland, Dänemark, Schweiz und Luxemburg endlich auch England vertreten. Die Zahl der Mitglieder wird im Protokolle für England auf 1921, für Belgien auf 1400, für Holland auf 1500, für Dänemark auf 2000, für Deutschland auf 15033, für die Schweiz auf 200 und für Luxemburg auf 40 angegeben. Der englische Abgeordnete teilte mit, daß schon 1870 die Engländer einen internationalen Tabakarbeiterkongreß nach London berufen hätten, daß aber später diese Kongresse eingeschlafen seien und die Engländer an den letzten beiden sich aus dem Grunde nicht beteiligt hatten, weil sie eine internationale Streikkasse mit festen Beiträgen von so geringer Höhe, wie bisher, für völlig wertlos hielten; England hatte deshalb beantragt, daß die Beiträge der internationalen Kasse nicht höher sein sollten, als zur Deckung der Kosten des Sekretariates nötig sei. Holland beantragte demgegenüber die Beiträge auf wöchentlich 4 Cent. für jedes Mitglied festzusetzen; der englische Antrag wurde schließlich dahin angenommen, daß die Beiträge zunächst für das Sekretariat zu verwenden sind und nur der Ueberschuß als Streikunterstützung gegeben werden darf, sofern die Streikenden mindestens 10% der Organisation betragen und der betreffende Verband sich nicht länger als 6 Monate mit seinen Beiträgen in Rückstand befindet. Diese wurde auf 25 Cent. für das Mitglied festgesetzt. Die Summe, über die der geschäftsführende Ausschuß verfügen darf, würde von 5000 auf 2500 Frcs. herabgesetzt.

Ein Antrag der Holländer, daß Mitglieder, falls sie in einem anderen Lande krank würden, von den dortigen Krankenkassen zu unterstützen seien, fand aus praktischen Gründen insofern Widerspruch als nicht in allen Länder gewerkschaftliche Krankenkassen bestehen. Man beschränkte sich deshalb darauf, in einer Resolution das Ziel als grundsätzlich berechtigt anzuerkennen.

Eingehende Verhandlungen veranlaßte die Frage derMaschinenarbeit. Die Holländer hatten ihren Mitgliedern verboten, mit der Maschine zu arbeiten, doch hatte dies zur Folge gehabt, daß die Fabrikanten Frauen eingestellt hatten. Bei diesen Erörterungen wurde auch mehrfach das politische Gebiet gestreift, indem die Holländer gegen die Beteiligung am Parlamentarismus, die Deutschen aber für dieselbe eintraten, während die Engländer gegen diese ganze Erörterung protestierten und lediglich in starken Gewerkschaften den Schutz sahen. Schließlich wurde der englische Antrag angenommen, daß die gelernten Arbeiterso lange nicht an den Maschinen arbeiten sollten, wie diese mangelhaft sind, um nicht ihrerseits zu deren Verbesserung beizutragen.

Nachdem noch eine Resolution gegen dieHausarbeitangenommen war, wurde beschlossen, den nächsten Kongreß in Anschluß an den nächsten allgemeinen Arbeiterkongreß abzuhalten.

Die Lederarbeiter haben am 8. und 9. August 1896 in Berlin ihreerste internationale Konferenzabgehalten. Vertreten waren Deutschland durch 7, Oesterreich durch 2, Dänemark, Ungarn, Frankreich und Luxemburg durch je einen Abgesandten. Der erste Gegenstand der Verhandlungen war die Schaffung einerinternationalen Organisation. Man erkannte einstimmig eine solche als Ziel an, betonte aber, daß sie erst möglich sei, nachdem die Lederarbeiter der einzelnen Länder nationale Zentralorganisationen geschaffen hätten. Dies wurde in einer Resolution ausgesprochen. Aehnlich stellte man sich zu derinternationalen Reiseunterstützung. Man erklärte, daß deren Begründung auf dem Kongresse noch nicht möglich sei und beschloß, die Angelegenheit der Verständigung der Hauptvorstände der einzelnen Länder zu überlassen.

Hinsichtlich der Schaffung vonWiderstandskassenwar man darüber einig, daß solche nötig, oder zunächst im örtlichen Rahmen zu schaffen seien; man betonte mehrfach die Notwendigkeit vorsichtigen Vorgehens und erklärte sich sogar gegen Abwehrstreiks bei ungünstiger Konjunktur, obgleich dies von anderer Seite bekämpft wurde. Das Ergebnis der eingehenden Beratung war die einstimmige Annahme folgender Resolution:

„Die internationale Konferenz erkennt an und hält es für eine Notwendigkeit, daß die Organisationen und Gewerkschaften, soweit es noch nicht geschehen, lokale Widerstandsfonds zu schaffen haben.Ferner erklärt es die Konferenz für eine Notwendigkeit, daß die Organisationen bei Streiks, Aussperrungen und Fernhalten des Zuzuges sich gegenseitig unterstützen. In Fällen, wo die kämpfende Organisation des Landes erklärt, daß ihre eigenen Mittel zur Durchführung des Kampfes nicht ausreichen, ist mit aller Kraft von den am Kongreß vertretenen Organisationen für materielle Unterstützung einzutreten. Um aber ein Mißlingen von Streiks zu verhindern, haben die Organisationen genau auf die jeweilige Konjunktur zu achten und sind Angriffsstreiks bei ungünstiger Konjunktur so viel alsmöglich zu meiden. Dasselbe gilt auch von Abwehrstreiks, weil die Unternehmer bei ungünstiger Geschäftsperiode gern solche Streiks provozieren, um die Organisation zu schwächen.Pflicht der Organisationen und Gewerkschaften ist es, für die gewerkschaftliche Agitation im Sinne der modernen Arbeiterbewegung energisch einzutreten.Der Fachpresse liegt die moralische Unterstützung ob.“

„Die internationale Konferenz erkennt an und hält es für eine Notwendigkeit, daß die Organisationen und Gewerkschaften, soweit es noch nicht geschehen, lokale Widerstandsfonds zu schaffen haben.

Ferner erklärt es die Konferenz für eine Notwendigkeit, daß die Organisationen bei Streiks, Aussperrungen und Fernhalten des Zuzuges sich gegenseitig unterstützen. In Fällen, wo die kämpfende Organisation des Landes erklärt, daß ihre eigenen Mittel zur Durchführung des Kampfes nicht ausreichen, ist mit aller Kraft von den am Kongreß vertretenen Organisationen für materielle Unterstützung einzutreten. Um aber ein Mißlingen von Streiks zu verhindern, haben die Organisationen genau auf die jeweilige Konjunktur zu achten und sind Angriffsstreiks bei ungünstiger Konjunktur so viel alsmöglich zu meiden. Dasselbe gilt auch von Abwehrstreiks, weil die Unternehmer bei ungünstiger Geschäftsperiode gern solche Streiks provozieren, um die Organisation zu schwächen.

Pflicht der Organisationen und Gewerkschaften ist es, für die gewerkschaftliche Agitation im Sinne der modernen Arbeiterbewegung energisch einzutreten.

Der Fachpresse liegt die moralische Unterstützung ob.“

Die Begründung einesinternationalen Sekretariates, das mit dem 1. Oktober 1896 in Wirksamkeit getreten ist und seinen Sitz in Berlin hat, wurde einstimmig angenommen, doch soll auf der nächsten Konferenz darüber von neuem beschlossen werden; diese soll in Wien abgehalten werden, um auf diese Weise einen größeren Einfluß auf Oesterreich zu erzielen, wo die Verhältnisse durch den Gegensatz zu Böhmen schwierig liegen. Auch der Nationalitätsdünkel der Ungarn, die sich deshalb zurückhielten, wurde beklagt. Man beschloß, mit den Handschuhmachern enge Fühlung zu halten und deren Kongresse durch Abgesandte, die von dem internationalen Sekretariate bestimmt werden sollen, zu beschicken. Endlich erklärte man sich in einer Resolution für Verkürzung der Arbeitszeit auf 8 Stunden und für Einführung eines Minimallohnes, indem man zugleich der Ueberzeugung Ausdruck gab, daß die vollständige Befreiung der Arbeiterklasse erst dann eintreten werde, wenn sie sich in den Besitz der Produktionsmittel und der politischen Macht gesetzt haben werde, und daß zur Erringung dieser Ziele eine enge Verbindung der Arbeiter aller Länder notwendig sei.

Der Anfang einer internationalen Organisation der Brauereiarbeiter ist durch eine internationale Konferenz gemacht, die in Anschluß an den internationalen Arbeiterkongreß in London (27. Juli bis 1. August 1896) abgehalten wurde und an der Vertreter aus England, Deutschland, der Schweiz. Oesterreich, Ungarn und Nordamerika teilnahmen. Nach Berichten aus den einzelnen Ländern wurde zunächst über dasFreizügigkeitsverhältnis unter den verschiedenen nationalen Organisationenverhandelt und beschlossen, daß jedes Mitglied der an dem Freizügigkeitsverhältnis beteiligten Verbände, falls es seine Verpflichtungen gegenüber dem Heimatvereine erfüllt hat, ohne Eintrittsgeld dem Verbande eines fremden Landes beitreten kann und dadurch alle Rechte eines Mitgliedes erwirbt. Die gezahlten Unterstützungensollen gegenseitig jährlich verrechnet werden. In den Verbänden, in denen internationale Unterstützungsfonds noch nicht errichtet sind, soll dies sofort geschehen. Auch soll auf Erhöhung der Beiträge Bedacht genommen werden, da allseitig eine Unterstützung bei Lohnkämpfen als notwendig anerkannt wurde. Da Oesterreich und Ungarn bisher noch keine festen nationalen Verbände besitzen, so soll zunächst auf deren Errichtung hingewirkt werden.

Bei Forderungen an die Unternehmer soll stets in erster Linie dieHerabsetzung der Arbeitszeitangestrebt werden.

Zur Festigung der internationalen Beziehungen wurde eininternationales Auskunftsbureauerrichtet, das bis auf weiteres seinen Sitz in Budapest hat. Demselben soll über alle Vorkommnisse von Bedeutung, insbesondere über Streiks und Aussperrungen Mitteilung gemacht werden. Die Kosten werden von den beteiligten Organisationen gemeinsam getragen. Zum Publikationsorgan wurde die in Hannover erscheinende „Brauerzeitung“ bestimmt.

Am 29. und 30. Mai 1898 hat in Kopenhagen dererste internationale Formerkongreßgetagt, an dem 8 deutsche, 7 dänische, 3 französische, 2 schwedische und je ein österreichischer und norwegischer Vertreter teilnahmen. Der ungarische Vertreter war durch Maßnahmen der Regierung zurückgehalten; Italien, Holland und Belgien hatten Zustimmungserklärungen gesandt. England hatte auf das Einladungsschreiben überhaupt nicht geantwortet, was mit Rücksicht auf die festländische Unterstützung des englischen Maschinenbauerstreiks große Entrüstung verursachte.

Der wichtigste Punkt der Verhandlungen war die Schaffung einerinternationalen Organisation. Obgleich die Deutschen und Oesterreicher geltend machten, daß ihnen die Beteiligung durch ihre Landesgesetze unmöglich gemacht sei, so wurde doch einstimmig beschlossen, den Zusammenschluß der Former aller Länder um so mehr für erforderlich zu erklären, als auch die im vorigen Jahre in Deutschland stattgefundenen Kämpfe zwischen Arbeitern und Unternehmern den Beweis erbracht hätten, daß die Gießereibesitzer Deutschlands mit denen des Auslandes internationale Abmachungen getroffen hätten. Es wurde ein internationaler Vertrauensmann mit dem Sitze in Kopenhagen bestellt, an den alle wichtigen Ereignisse aus den beteiligten Ländern mitzuteilen sind, damit man sie in den betreffenden Arbeitsblättern veröffentlichen kann.

Bei größerenArbeitseinstellungensollen sofort in allen Ländern Sammlungen eingeleitet und die gesammelten Beträge an das Streikkomitee eingesandt werden. Dieses hat fortlaufende Streikberichte zu veröffentlichen. Zuzug ist überall fernzuhalten.

Hinsichtlich derReiseunterstützungwurde beschlossen, daß sie überall auf die erforderliche Höhe gebracht und gleichmäßig gestaltet werden soll, so daß ein Mitglied, unter der Voraussetzung, daß seine Legitimationspapiere in Ordnung sind, in jedem Lande die dort gewährte Unterstützung erhält. Die Verpflichtung gegenseitiger Reiseunterstützung soll in Kraft treten, sobald der internationale Vertrauensmann den beteiligten Organisationen die Höhe der Unterstützung in den einzelnen Ländern mitgeteilt hat. Vorläufig soll die Unterstützung in der bisherigen Form bestehen bleiben, die endgültige Regelung soll auf dem nächsten internationalen Kongresse erfolgen, der 1900 in Paris stattfindet.

Dererste internationale Handschuhmacherkongreßwurde auf Einladung der Brüsseler Union der Handschuhmacher vom 28. bis 31. August 1892 in Brüssel abgehalten unter Beteiligung von 3 luxemburgischen, 4 deutschen, 2 französischen, 2 österreichischen, 1 italienischen, 1 dänischen und 6 belgischen Vertretern. Der Hauptzweck, die Begründung einesinternationalen Verbandes der Handschuhmacher, wurde erreicht. An der Spitze steht ein Exekutivkomitee aus 7 Mitgliedern, das jedesmal von dem alljährlich abzuhaltenden Kongreß gewählt wird. Dasselbe hat die Durchführung der Kongreßbeschlüsse zu überwachen und erhält aus den einzelnen Ländern regelmäßige Monatsberichte, wie es an der Hand derselben auch seinerseits Berichte versendet; insbesondere ist auf eine möglichst vollständige Statistik Bedacht zu nehmen. Die dem Verbande angehörigen Organisationen haben für jedes Mitglied neben einer Aufnahmegebühr von 10 Cent. einen Jahresbeitrag in gleicher Höhe an die Verbandskasse zu entrichten. Arbeitseinstellungen dürfen nur beschlossen werden, nachdem alle Versuche einer gütlichen Beilegung erfolglos gemacht sind. Damit der Streik aus der Verbandskasse unterstützt werden kann, ist die Zustimmung des Exekutivkomitees erforderlich. Er soll auch nur dann genehmigt werden, wenn die beteiligte Organisation die erforderlichen Mittel in ihrer eigenen Kasse besitzt, wovon eine Ausnahme nur zu Gunsten von Streiks zur Abwehr von Lohnverkürzungen zugelassen ist. Streikunterstützungen werden in der Regel nur an solche Organisationen bezahlt, die ihren Verpflichtungengegenüber der Verbandskasse nachgekommen sind. Die Selbständigkeit der einzelnen Vereine soll nicht angetastet und nur Fragen von allgemeinem Interesse dem Kongreß vorgelegt werden. Jedes Mitglied muß ein Mitgliedsbuch haben und bei Aufenthaltswechsel dem Vereine des Anzugsortes vorlegen, auch nachweisen, daß er seine Beiträge bezahlt hat, widrigenfalls ihm keine Arbeit nachgewiesen wird.

Ueber alle übrigen Punkte der Tagesordnung konnte keine abschließende Verständigung erzielt werden, so daß man nach eingehenden Verhandlungen beschloß, sie der Erledigung durch den folgenden Kongreß vorzubehalten. Dazu gehörten:

Die Wahl des Exekutivkomitees wurde dem Verein in Brüssel überlassen.

Derzweite internationale Kongreßhat vom 3. bis 7. September 1893 in Grenoble stattgefunden. Vertreten waren Deutschland, Belgien, Frankreich, Luxemburg, Italien, Oesterreich, Dänemark, Norwegen, Schweden durch 12 Abgeordnete als Vertreter von insgesamt 4557 Arbeitern, von denen allein 3000 auf Deutschland entfallen. Aus dem Berichte des Sekretärs ist hervorzuheben, daß die Agitation zur Ausbreitung des Verbandes mit großen Schwierigkeiten verknüpft gewesen ist. Der Kongreß beschloß, diese Agitation lebhaft zu betreiben. Auch dieses Mal ergab sich über wichtige Fragen, z. B. Abschaffung der Hausarbeit und der Arbeitsteilung, die Einführung eines Lohnminimums,die Regelung des Lehrlingswesens, eine große Meinungsverschiedenheit, so daß man sich darauf beschränken mußte, die bezeichneten Forderungen nur grundsätzlich aufzustellen, ihre Ausführung aber den einzelnen Organisationen zu überlassen. Der Kongreß beschloß ferner, überall die Einführung der Arbeitslosen- und Wanderunterstützung zu empfehlen. Die Frage einer einheitlichen Kasse dieser Art wurde dem nächsten Kongreß zugewiesen. Das Gleiche geschah hinsichtlich der Verbindung mit den Organisationen verwandter Gewerbe und der Aufnahme von Frauen. Hinsichtlich der Stellung zu Streiks wurden die Beschlüsse des ersten Kongresses wiederholt, die Befugnis des Exekutivkomitees aber dahin erweitert, zu ihrer Unterstützung auch Sonderbeiträge für die beteiligten Verbände nach dem Maßstabe der Mitgliederzahl auszuschreiben. Ein erheblicher Gegensatz trat hervor hinsichtlich der Frage, ob man zum Zwecke der Agitation sich an die politischen Arbeiterparteien der betreffenden Länder wenden solle; schließlich einigte man sich dahin, an ihre Stelle „die organisierten Arbeitervereinigungen“ zu setzen. Zum offiziellen Organ wurde wieder „Le Gautier“ bestimmt; der Antrag, das Blatt auch in deutscher Sprache erscheinen zu lassen, wurde wegen den Kosten abgelehnt, zumal in Deutschland ein besonderes Blatt „Der Handschuhmacher“ erscheint. Die Flamländer hatten sogar auch für ihre Sprache gleiche Rechte gefordert. Die Zahl der Mitglieder des Exekutivausschusses wurde auf 11 erhöht. Die Mitgliederkarten für den Verband sollen nach gleichem Formular eingerichtet werden.

Vertreten waren Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Belgien, Frankreich, Dänemark, Luxemburg, Italien und Spanien. Die Gesamtzahl der vertretenen Arbeiter wurde auf 5000 angegeben.

Derdritte Kongreßfand statt vom 10. bis 18. November 1895 in Paris. In dem Berichte des Sekretärs wie in den Verhandlungen wurde lebhaft darüber geklagt, daß die früher gefaßten Beschlüsse fast nirgends zur Ausführung gebracht seien. Insbesondere gilt dies hinsichtlich der Arbeitslosenunterstützung, so daß eine neue Resolution nachdrücklich deren Durchführung forderte. Auch persönliche Reibereien hatten sich geltend gemacht, so daß der deutsche Vertreter bei Beratung des Gehaltes des Sekretärs den bemerkenswerten Ausspruch that, es sei ein hartes Los für den Arbeiter, das Brot des Kapitalisten zu essen, aber noch trauriger sei seine Lage, wenn er das Brot der Arbeiterorganisationen essen müsse, denn die Arbeiter seien undankbarer als die Kapitalisten.

Die Verhandlungsgegenstände waren im wesentlichen die früheren. Die Zulassung verwandter Berufe zu der Organisation wurde mit 9 gegen 7 Stimmen abgelehnt, dabei aber ausgesprochen, daß dies nur vorläufig und solange gelten soll, bis sie ausreichend organisiert sind.

Nach langen Erörterungen über die Lehrlingsfrage blieb nichts übrig, als sie dem Ermessen der einzelnen Verbände zu überweisen. Bei der Beratung über die Organisation ergab sich, daß diese in den meisten Ländern noch nicht einmal im nationalen Rahmen vollzogen ist, vielmehr vielfach, insbesondere in Italien und in Oesterreich, getrennte Organisationen bestehen, die sogar in einem gewissen Gegensatze stehen. Es wurde beschlossen, mit allen Mitteln auf eine einheitliche nationale Organisation hinzuarbeiten.

Eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit ergab sich bei der Stellung zum Genossenschaftswesen. Gegen den Widerspruch der deutschen Vertreter wurde ein Beschluß angenommen, der die Produktivgenossenschaften empfiehlt.

Das Statut des internationalen Verbandes wurde einer Neugestaltung unterzogen, bei der auch einige wichtigere Bestimmungen geändert wurden. Hierzu gehörten insbesondere die Vorschriften über Streiks, indem die deutschen Vertreter Klage darüber führten, daß leistungsfähige Organisationen die Hülfe der Verbandskasse in Anspruch genommen hätten, ohne vorher ihre eigenen Mittel erschöpft zu haben. Es wurde deshalb eine Aenderung beschlossen, die dem vorbeugen soll. Daneben wurde noch nachdrücklicher, als früher, die Verpflichtung betont, in jeder Lage des Streiks auf friedliche Beilegung bedacht zu sein. Der Höchstbetrag der Streikunterstützung wurde auf 2 Frcs. festgesetzt. Hinsichtlich des Verbandsblattes „Le Gautier“ wurde beschlossen, dessen Bezug für die Mitglieder der Verbände von Frankreich und Belgien obligatorisch zu machen und die germanischen Verbände von dessen Kosten zu befreien.

Dervierte Kongreßist vom 15. bis 21. Mai 1898 in Zürich abgehalten worden. Vertreten waren Deutschland, Belgien, Frankreich, Oesterreich, Italien, Luxemburg, Dänemark und Schweden durch 15 Abgeordnete, die 5600 Arbeiter vertraten. Infolge von Streitigkeiten zwischen dem Exekutivkomitee und dem Sekretär waren beide nicht erschienen. Da diese Streitigkeiten mit der Leitung des Verbandsblattes zusammenhingen, so wurde dieses nach Paris verlegt, während das Sekretariat in Brüssel belassen wurde. Nach langen Verhandlungen beschloß man, das bisherige Verfahren bei Streiks beizubehalten, doch soll zu jedem Angriffsstreik die Zustimmung des Sekretariates erforderlich sein. Die Franzosen forderten das Verbot der Frauenarbeit, doch wurde dies von seiten der Deutschen und Oesterreicher bekämpft und endlich beschlossen, nur gegen die geringere Bezahlung der Frauenarbeit zu agitieren. Internationale Kongresse sollen in Zukunft nur dann abgehalten werden, wenn es von der Mehrzahl der Landesorganisationen beantragt wird.

Auf Einladung der Franzosen ist dererste internationale Hutmacherkongreßvom 9. bis 11. August 1893 in Zürich abgehalten unter Beteiligung von 17 Abgeordneten aus Deutschland, Frankreich, Oesterreich, Italien, Ungarn und der Schweiz. England und Belgien hatten wegen besonderer Umstände keine Vertreter entsandt, aber ihre Sympathieen kundgegeben.

Die wichtigste Frage war dieinternationale Organisation, hinsichtlich deren man sich über die folgenden leitenden Gesichtspunkte einigte: In allen Ländern ist eine zentralisierte Gewerkschaftsbewegung einzuleiten. Die Sekretäre der Landesorganisationen treten mit dem internationalen Sekretär in feste Verbindung. Bei Streiks haben die verschiedenen Länder sich gegenseitig zu unterstützen. Es soll ein internationaler Verband geschaffen werden, dessen Hauptaufgabe in Erhöhung der Löhne und Verringerung der Arbeitszeit besteht; derselbe soll eine gemeinsame Streikkasse einrichten und auf einheitliche Regelung der Wanderunterstützung hinwirken.

Eine Erörterung derLehrlingsfrageendete mit der Annahme einer Erklärung, daß eine Bekämpfung des Lehrlingsunwesens auf wirtschaftlichem Gebiete nicht möglich und deshalb der Anschluß an die politische Arbeiterbewegung zu empfehlen sei, um so die Vernichtung der kapitalistischen Produktionsweise zu beschleunigen.

Hinsichtlich derReiseunterstützungwurde beschlossen, daß jedes Mitglied der beteiligten Verbände solche überall zu beanspruchen habe. Die mit der Leitung des internationalen Verbandes betraute Nation solle einen allgemeinen Gegenseitigkeitsvertrag ausarbeiten auf der Grundlage, daß die bisherigen Gegenseitigkeitsverträge durch eine feste Organisation mit einem einheitlichen Wanderbuche zu ersetzen sind. Den letzten Gegenstand der Verhandlungen bildete diePresse. Es soll in allen Ländern der Ausbildung der Fachpresse die größte Aufmerksamkeit zugewandt werden, die sich besonders die Pflege der Statistik angelegen sein lassen soll. Auf Gründung einer internationalen Hutmacherzeitung ist hinzuwirken; zunächst beschloß Italien, das französische Fachorgan einzuführen.

Hinsichtlich derMaschinenarbeitfaßte man einen Beschluß, in dem ausgesprochen wird, daß sie eine große Zahl von Arbeitern arbeitslos mache und daß, um dem entgegenzuwirken, in allen Ländern gesetzlich die Arbeitszeit auf höchstens 8 Stunden beschränkt werden müsse, indem gleichzeitig erklärtwird, daß die Arbeitslosigkeit erst aufhören werde, wenn die jetzige kapitalistische Produktion beseitigt sei.

Hinsichtlich derAkkordarbeittraten Meinungsverschiedenheiten hervor, indem insbesondere die Franzosen und Schweizer verlangten, daß den Ländern, die sich bei diesem System wohl fühlten, dasselbe belassen werden solle. Auch der deutsche Vertreter erklärte die Verkürzung der Arbeitszeit für wichtiger, als die Abschaffung der Akkordarbeit. Mit diesen Vorbehalten wurde aber eine Resolution angenommen, in der die Beseitigung und zugleich die Festsetzung eines Lohnminimums gefordert wird.

Ein noch wichtigerer Gegensatz bezog sich auf das Verhältnis zu denArbeitgebern, insbesondere einergemeinsamen Organisation. Von italienischer Seite wurde eine solche befürwortet, sofern die Arbeitgeber sich mit den Arbeitern solidarisch erklären und sich den in den gemeinsamen Versammlungen gefaßten Beschlüssen unterwerfen. Streitigkeiten sollen auf friedlichem Wege durch Schiedsgerichte erledigt, Arbeiter, die keiner Gewerkschaft angehören, nicht beschäftigt werden. Von den Franzosen wurde dagegen der Standpunkt vertreten, daß die Interessen zwischen Unternehmern und Arbeitern entgegengesetzt und deshalb eine gemeinsame Organisation zwecklos sei. Diese Auffassung erlangte die Mehrheit und wurde in einem entsprechenden Beschlusse zum Ausdrucke gebracht.

Von allen Seiten wurde darüber geklagt, daß Nordamerika den europäischen Hutmachern keine Reiseunterstützung gewähre. Es wurde deshalb beschlossen, die amerikanischen Verbände hierzu aufzufordern und, falls dies keinen Erfolg haben sollte, geeignete Maßregeln gegen die aus Amerika kommenden Hutmacher anzuwenden.

Nachdem die deutschen Vertreter erklärt hatten, daß die Hutmacher in Deutschland durch die Vereinsgesetze gehindert seien, sich formell an dem internationalen Verbande zu beteiligen, aber soweit als möglich dessen Ziele fördern würden, wurde Frankreich beauftragt, die vorläufige Leitung des Verbandes zu übernehmen und einen ausführlichen Organisationsentwurf für den nächsten Kongreß auszuarbeiten.

Dieserzweite internationale Kongreßwurde vom 27. bis 31. Juli 1896 in London abgehalten unter Beteiligung von 12 Vertretern, von denen 7 auf England, 2 auf Frankreich, 2 auf Deutschland und einer auf Oesterreich entfielen. Der von Frankreich aufgestellte Entwurf einesinternationalen Verbandeswurde nach eingehenden Verhandlungen angenommen mit Ausnahme des vorgeschlagenen internationalen Streikfonds. Aus ihm sollten Streiks unter der Voraussetzung, daß sie von zwei Drittel der beteiligten Verbände gebilligt seien, in der Weise unterstützt werden, daß durch den Sekretär für alle beteiligtenOrganisationen eine gleichmäßige Umlage ausgeschrieben und aus den so beschafften Mitteln ein Streikgeld im Höchstbetrage von 1 Frs. solange gezahlt würde, bis der Streik gewonnen oder für aussichtslos erklärt ist. Im gegenteiligen Falle soll der betreffende Verband aufgefordert werden, von dem beabsichtigten Streik Abstand zu nehmen, widrigenfalls er allein für die Folgen einzustehen hat. Dieser Teil des Entwurfes wurde verworfen und lediglich beschlossen, daß im Falle von Massenstreiks die Verbände aufgefordert werden sollen, Sammlungen zu veranstalten oder Sonderbeiträge auszuschreiben.

Aus dem im übrigen angenommenen Organisationsstatut sind folgende Bestimmungen hervorzuheben:

Zweck des Verbandes ist die Befestigung der internationalen Solidarität. Mittel zu dessen Erreichung sind: 1. Geldunterstützung an Genossen, die Arbeit suchen, 2. Unterstützung derjenigen Mitglieder, die für Verbesserung ihrer Verhältnisse kämpfen oder sich einer Lohnherabsetzung widersetzen. Der Internationale Bund besteht aus allen nationalen Verbänden, welche die Statuten anerkennen. Organe des Bundes sind 1. der internationale Kongreß, 2. das internationale Sekretariat, das sich zusammensetzt aus a) dem Leitungsausschuß, b) dem ständigen Sekretär. Der Kongreß wird durch den Sekretär berufen, wenn mindestens 3 Verbände es beantragen. Aufgabe des Kongresses ist vor allem der weitere Ausbau des Bundes und Fassung von Beschlüssen über Maßregeln gegen widerspenstige Verbände, sowie Beratung über die von den beteiligten Verbänden gestellten Anträge. Der Leitungsausschuß besteht aus 5 Mitgliedern. Er hat die Beschlüsse des Kongresses vorzubereiten und auszuführen, jährlich Berichte zu veröffentlichen und die finanziellen Verhältnisse sowie die Geschäftsführung des Sekretärs zu überwachen. Die Zusammenkünfte erfolgen regelmäßig einmal im Jahre. Der Sekretär wird durch die Zentralvorstände der beteiligten Verbände ernannt und ist ausführendes Organ des Leitungsausschusses, insbesondere hat er die schriftlichen Arbeiten zu besorgen und die Beiträge und Streikunterstützungen einzuziehen und wieder auszuzahlen. Alle dem Bunde angeschlossenen Verbände sind verpflichtet, Wanderunterstützung an alle arbeitsuchenden Mitglieder zu zahlen; diese müssen sich im Besitze eines von ihrem Heimatsverbande ausgestellten Legitimationsbuches befinden, aus dem zu ersehen ist, daß sie ihre Verpflichtungen als Mitglieder erfüllt und daß sie aus Mangel an Arbeit oder um die Pflichten der Solidarität zu erfüllen ihren Wohnort verlassen haben.

Die Leitung des Bundes wurde dem französischen Verbande übertragen. Die Wanderunterstützung ist bis jetzt in allen Ländern eingeführt mit Ausnahme von Amerika und England, wo nur Arbeitslose am Orte unterstützt werden. Den zureisenden Mitgliedern wird von dem einheimischen Verbände Arbeit vermittelt.Arbeitseinstellungen werden in den Fachblättern bekannt gemacht. Bei großen Ausständen sind allgemeine Sammlungen mit Erfolg veranstaltet. Der nächste Kongreß soll in Anschluß an den nächsten allgemeinen Arbeiterkongreß stattfinden.

In Anschluß an den IX. deutschen Töpferkongreß ist am 23. und 24. September 1894 in Görlitz eine internationale Konferenz der Töpfer abgehalten, auf der außer Deutschland Dänemark, Ungarn, Oberösterreich, Rumänien und die Schweiz vertreten waren. Man einigte sich über folgende Punkte:

Der Erfolg des unternommenen Schrittes ist bisher sehr gering gewesen. In einem im Oktober 1896 erstatteten Berichte teilt der Obmann der internationalen Kommission mit, daß es allerdings gelungen sei, Schweden zu der Organisation heranzuziehen, daß aber in den einzelnen Ländern das Interessefür dieselbe sehr gering sei und deshalb vielfach Berichte nicht hätten erlangt werden können. Auch sind Streitigkeiten zwischen den einzelnen zur keramischen Industrie gehörigen Gruppen z. B. über die Frage entstanden, ob das Setzen der Oefen den Töpfern oder den Maurern zukomme. Eine Wiederholung der internationalen Konferenz hat bisher nicht stattgefunden.

Internationale Konferenzen oder Kongresse sind von den Porzellanarbeitern bisher noch nicht abgehalten, doch haben die Verbände Deutschlands und Oesterreichs in den letzten Jahren gegenseitig ihre Generalversammlungen durch Abgesandte besuchen lassen. Die internationalen Beziehungen beschränken sich, abgesehen hiervon, auf Gegenseitigkeitsverträge, die von dem deutschen Verbande einerseits mit der österreichisch-ungarischen „Union aller Glas-, keramischen und verwandten Arbeiter“ und andererseits dem dänischenKeraminsk Forbundabgeschlossen sind; der erstere Vertrag besteht seit 1. Januar 1898, der letztere seit 1. März 1898. Danach sind die beiderseitigen Mitglieder auf der Reise berechtigt, die ihnen nach den Bestimmungen ihres eigenen Verbandes zustehenden Unterstützungen auch an den Zahlstellen der verbündeten Organisationen zu erheben; zur Kontrolle dienen besondere Legitimationskarten. Vierteljährlich wird unter den Verbänden eine Abrechnung und gegenseitige Erstattung der verauslagten Beträge vorgenommen.

Die reisenden Mitglieder müssen die in dem fremden Verbande bezüglich der Arbeitsvermittelung bestehenden Bestimmungen beobachten. Ebenso sind sie verpflichtet, falls sie in dem anderen Lande Arbeit nehmen, sich dem dortigen Verbande anzuschließen, indem sie aus ihrem eigenen ausscheiden, doch darf von ihnen kein Eintrittsgeld gefordert werden. Karenzzeit und gezahlte Unterstützungen kommen gegenseitig in Anrechnung.

Die Glasarbeiter sind unter den ersten gewesen, die den Gedanken einer internationalen Organisation faßten. Nach einer Angabe[211]soll bereits im April 1884 ein internationaler Bund geschlossen sein, dem folgende Vereine angehörten: 1. die belgischeUnion verrière, 2. die englischetrade unionder Glasarbeiter, die das gesamte Personal der bestehenden 4 englischen Glasfabrikenumfaßt, 3. die französischen Glasarbeiter einiger Orte, nämlich diechambres syndicales françaisesvonFresnes et Escoupont, vonSaint-Just sur Loireund vonGivers. Der Mitgliedsbeitrag betrug monatlich 1 Frcs. 50 Cent. Der Sitz befand sich in Pittsburg. Die einzelnen Vereine behielten ihre volle Selbständigkeit und übernahmen nur die Verpflichtung, sich in Streikfällen zu unterstützen.

Bei Gelegenheit der Pariser Ausstellung hat dann in Verbindung mit dem allgemeinen Arbeiterkongreß eine Zusammenkunft von Glasarbeitern stattgefunden, an der auch Deutschland beteiligt war, doch wird dieselbe nicht als eigentlicher Kongreß gezählt. Ein solcher ist vielmehr erst wieder vom 9. bis 12. Juni 1891 in London abgehalten unter Beteiligung von 19 Abgesandten, von denen 15 auf England, 2 auf Deutschland und je einer auf Frankreich und Dänemark entfielen. Der Vorsitzende erwähnte, daß der Bund 1886 gegründet sei, daß die Mitgliederzahl 1888 bei Uebernahme der Geschäfte durch den jetzigen Vorstand 906 betragen habe, jetzt aber auf 2030 gestiegen sei, daß sich aber bis dahin außer England, Schottland und Irland kein Land beteiligt habe. Man beschloß ein Statut der „internationalen Glasmacherunion“ auf der Basis der Gerechtigkeit und Brüderlichkeit ohne Unterschied der politischen oder religiösen Ansicht oder der Nationalität. Die Geldunterstützungen sollen auch ferner in das Belieben der einzelnen Vereine gestellt bleiben, doch soll der Mindestbeitrag für jedes Mitglied jährlich 50 Pf. betragen. Der Vorstand wird gebildet durch 7 Personen des Vereins am Sitze der Union. Derselbe bestellt einen Sekretär zur Führung des Briefwechsels. Jedes Jahr soll ein internationaler Kongreß abgehalten werden, auf dem die Vereine für je 100 Mitglieder eine Stimme haben. Nur solche Vereine haben Stimmrecht, die ihre Beiträge bezahlt haben.

Derdritte Kongreßtagte vom 5. bis 8. Juli 1892 wieder in London.

Von den 25 Vertretern hatte England 19, Deutschland 3, Frankreich 2 und Dänemark einen gesandt. Die Deutschen vertraten angeblich 2100 Arbeiteraus 39 Orten, hatten aber bisher keine Beiträge gezahlt; trotzdem wurde ihnen Stimmrecht zuerkannt. Die Mitgliederzahl war auf 3226 gestiegen. Man erklärte sich in einer Resolution für Abschaffung der Frauen-, Kinder-, Nacht- und Sonntagsarbeit, sowie für den Achtstundentag, dagegen wurde die von den deutschen Vertretern geforderte Erklärung gegen die Akkordarbeit abgelehnt. Im Anschluß an den Kongreß hielten die Engländer eine Zusammenkunft, in der sie die Verschmelzung aller Glasarbeiter zu einem einzigen nationalen Verbande beschlossen. Das Gleiche thaten die Franzosen am 15. Juli 1892 in Fourmiers. Auch die deutschen Glasarbeiter wählten im August 1892 ihren Vertrauensmann für den internationalen Bund in allgemeinen Glasarbeiterversammlungen.

DervierteKongreß fand statt vom 3. bis 6. Juli 1893 in London, unter Anwesenheit von 16 englischen und 4 französischen Vertretern. Die Deutschen hatten die Berufung nach Zürich erwartet und waren deshalb nicht erschienen. Die Gesamtmitgliederzahl des Bundes wurde auf 4500 angegeben. Den Hauptgegenstand der Verhandlungen bildeten die Arbeiterschutzfragen, wobei man einen Sommerurlaub von einem Monat forderte. Lebhaft wurde insbesondere von den Franzosen die Schaffung eines internationalen Streikfonds empfohlen; schließlich einigte man sich dahin, den Gegenstand zur weiteren Verhandlung für den nächsten Kongreß zu verstellen.

Im Anschlusse an den Züricher allgemeinen Arbeiterkongreß wurde am 8. und 9. August 1893 auch eine internationale Glasarbeiterkonferenz abgehalten, an der 2 englische, 3 deutsche und 3 österreichische Vertreter teilnahmen. Die Gegenstände der Beratung waren überwiegend dieselben, wie in London, doch forderte man außerdem obligatorische Einführung von kündbaren Lohntarifen und besondere Abrechnungsbücher für Löhne und Waren.

Auf dem vom 2. bis 5. Juli 1894 in Paris abgehaltenenfünftenKongresse war Frankreich durch 48, England durch 13, Dänemark durch 1, Deutschland und Spanien durch je 2 Abgeordnete vertreten. Es wurde beschlossen, daß die Organisationen der beteiligten Länder sich bei Streiks gegenseitig zu unterstützen haben. Dagegen wurde der Antrag, ein in 3 Sprachen erscheinendes internationales Fachblatt herauszugeben, mit Rücksicht auf die Kosten abgelehnt. Der Antrag, unter den nationalen Organisationen volle Freizügigkeit herzustellen, wurde dem nächsten Kongresse überwiesen. Es wurde beschlossen, die Kongresse künftig nur alle 2 Jahre abzuhalten.

Obgleich in Paris beschlossen war, den nächsten,sechsten, Kongreß in Charleroi (Belgien) abzuhalten, so wurde er doch mit Rücksicht auf den gleichzeitig tagenden allgemeinen Arbeiterkongreß nach London einberufen, wo er vom 27. Juli bis 3. August 1896 stattfand. Vertreten war England durch13, Holland und Dänemark durch je 1 und Deutschland durch 2 Abgeordnete. Die letzteren beantragten, an Stelle des internationalen Bundes, dem sie aus Rücksicht auf die deutschen Gesetze nicht beitreten dürften, einen bloßen Kartellvertrag zu setzen, doch wurde dieser Vorschlag von den übrigen Nationen, die eine feste Organisation für erforderlich erklärten, bekämpft und endlich beschlossen, den Deutschen die Beteiligung dadurch zu ermöglichen, daß sie auf dem Kongresse Stimmrecht haben sollten, ohne Beiträge zu entrichten.

Die Frage des gegenseitigen freien Beitrittes zu den nationalen Organisationen wurde eingehend behandelt, aber wieder dem folgenden Kongresse überwiesen. Dagegen beschloß man, daß an allen Orten für Herabsetzung der Arbeitszeit und Erhöhung der Löhne eingetreten und genaue Berichte über diese Verhältnisse an das internationale Sekretariat eingesendet werden sollten.

Dersiebenteinternationale Kongreß ist vom 18. bis 21. September 1898 in London abgehalten unter Beteiligung von 26 Abgesandten, von denen 15 auf Deutschland, 7 auf England, 2 auf Oesterreich, 1 auf Belgien und 1 auf Dänemark entfielen. Durch dieselben wurden angeblich 30000 Arbeiter vertreten. Die Amerikaner haben sich jetzt vom Bunde zurückgezogen und hatten auf die Einladung zum Kongresse nicht einmal geantwortet.

Nach Berichten über die Lage in den einzelnen Ländern wurde beschlossen, das Sekretariat auch ferner in Castelford, wo es bisher stets gewesen war, zu belassen. Die Statuten wurden einer Umgestaltung unterzogen. Jedes beteiligte Land wählt einen Vertrauensmann, der zugleich korrespondierendes Mitglied des internationalen Sekretariates ist und über Streiks und sonstige wichtige Angelegenheiten regelmäßig Bericht zu erstatten, auch die Einsammlung der Gelder für die internationale Streikunterstützung und zur Bestreitung der internationalen Organisation zu besorgen hat. Das Sekretariat hat die einlaufenden Berichte in allen Fachblättern zu veröffentlichen. Mitglieder, die in andere Länder verziehen, werden von den dortigen Organisationen ohne Eintrittsgeld aufgenommen. Länder, die den Vertragspflichten zuwiderhandeln, insbesondere bei Streiks keine Unterstützungen aufbringen, können aus dem Bunde ausgeschlossen werden. Eine ausführliche Resolution forderte Abschaffung der Akkordarbeit und Einführung genau bezeichneter Minimallöhne, sowie Beseitigung des Zwischenmeistersystems, außerdem Beseitigung der Nacht- und Sonntagsarbeit und Herabsetzung der Arbeitszeit auf wöchentlich 48 Stunden. Der Kongreß erklärte sich gegen Schutzzölle und verurteilte die unüberlegten Streiks, forderte dagegen volle Koalitionsfreiheit.

Die Diamantindustrie hat ihren Mittelpunkt in Amsterdam, ist aber auch in London, Genf, St. Cloud (Frankreich) und Hanau vertreten. Schon früh hatten die Diamantarbeiter versucht, eine internationale Organisation zu gründen und zu diesem Zwecke in Paris (1889), Charleville (1890), Genf, St. Cloud, Antwerpen (1894) Kongresse abgehalten. In Charleville hatte man grundsätzlich die Gründung eines internationalen Bundes beschlossen. Auch war unter dem Titel „Adamas“ ein internationales Fachblatt in 3 Sprachen (deutsch, französisch, flämisch) ins Leben gerufen. Aber nicht allein war das letztere schon 1892 wieder eingegangen, sondern die früheren Versuche einer Organisation mußten überhaupt als im wesentlichen gescheitert angesehen werden, insbesondere war die gleichfalls in Charleville beschlossene Gründung einer internationalen Streikkasse nicht zur Ausführung gelangt.

Nach einer anderen Quelle[212]dagegen ist ein solcher Bund bei Gelegenheit des im Oktober 1886 in London abgehaltenenersten internationalen Glasarbeiterkongressesgegründet und zwar ausschließlich unter Beteiligung aus England, Schottland und Irland. Der Zweck des Bundes ist, die Glasarbeiter aller Länder für gemeinsame Verfolgung ihrer Interessen zu gewinnen, gegenseitige Auskunft zu erteilen und sich gegenseitig zu unterstützen, doch soll die Höhe der Unterstützung im Belieben der Vereine stehen. Ein internationaler Sekretär soll die Verbindung unter den Vereinen vermitteln.

Erst der am 25./26. August 1895 inAmsterdamabgehaltene Kongreß, auf welchem 39 Vertreter aus Holland, Belgien, Deutschland und der Schweiz erschienen waren, während Frankreich, England und Amerika sich auf Sympathieerklärungen beschränkt hatten, führte insofern zu einem greifbaren Ziele, als man die Einsetzung einesinternationalen Sekretariatesin Amsterdam beschloß. Der weitergehende Antrag, einen internationalen Verband zu gründen, gegen den sich der deutsche Vertreter aus dem Grunde erklärt hatte, weil die deutschen Gesetze im Wege standen, war zur Zeit abgelehnt, indem man der Hoffnung Ausdruck gab, daß das Sekretariat den ersten Schritt auf dem Wege zu einem festen Verbande bilden werde. Auch von der Wiederherstellung eines internationalen Fachblattes wurde vorläufig Abstand genommen, aber beschlossen, daß das Sekretariat in angemessenen Zwischenräumen gedruckte Mitteilungen versenden solle. Das gleiche Schicksal hatte die Anregung, einen einheitlichen Lohntarif aufzustellen, indem man sich überzeugen mußte, daß dazu die Verhältnisse in den einzelnen Ländern zu verschieden seien. Dagegen sprach man sich einstimmig gegen die Ausdehnung der Frauenarbeit und für eine Einschränkung der Lehrlingszahl aus. Die Agitation für den Achtstundentag wurde den einzelnen Vereinen überlassen.

Aber man hatte, entgegen einem darauf gerichteten Antrage, es unterlassen, sofort den internationalen Sekretär zu wählen, und so blieb auch dieses einzige positive Ergebnis des Kongresses insofern ohne praktische Folge, als die Wahl thatsächlich unterblieb. Dies war der Hauptgrund, weshalb sich die Einberufung eines neuen Kongresses als notwendig erwies, der dann vom 20.bis 22. September 1897 in Antwerpen unter Beteiligung von 48 Vertretern aus Antwerpen, Genf, London, St. Cloud, Paris und Hanau abgehalten wurde[214]. Auch hier stand neben der Schaffung eines Sekretariates die Gründung eines festen Bundes in Frage. Nach längeren Verhandlungen wurde zunächst die Wahl des internationalen Sekretärs (Polack), der seinen Sitz in Amsterdam haben soll, vorgenommen und darauf die Gründung des internationalen Bundes grundsätzlich beschlossen, mit der Maßgabe, daß innerhalb 3 Monate alle beteiligten Länder Vorschläge zur Organisation an den Sekretär einzusenden haben, aus denen dieser für den nächsten Kongreß einen Entwurf zusammenstellen soll. Auch die Herausgabe eines internationalen Fachblattes in 4 Sprachen (holländisch, französisch, deutsch und englisch) wurde beschlossen, doch ist nur die erste Nummer (vom November 1897) erschienen. Der Hauptteil der übrigen Verhandlungen nahm die Lehrlingsfrage in Anspruch, in der man schließlich nach Einsetzung einer Kommission beschloß, daß bis zu dem nächsten Kongresse Lehrlinge überhaupt nicht mehr angenommen werden dürften. Hinsichtlich der Arbeitszeit beschloß man, daß diese zunächst überall da, wo sie bisher länger war, auf 10 Stunden eingeschränkt werden müsse; später soll dann der Achtstundentag angestrebt werden. Man empfahl schließlich mit großer Mehrheit die Akkordarbeit an Stelle der Lohnarbeit. Dagegen erklärte man sich einstimmig für Abschaffung der Hausindustrie. Die Frage wegen Einrichtung genossenschaftlicher Betriebe wurde dem nächsten Kongresse überwiesen. Dieser Kongreß sollte schon 1898 stattfinden, wurde aber später auf August 1899 verschoben und soll dann in Deutschland abgehalten werden.

Dieerste internationale Bildhauerkonferenzhat am 5. Juni 1895 in Nürnberg stattgefunden unter Teilnahme von 11 Abgeordneten, von denen 4 auf Deutschland, je 2 auf Oesterreich und Ungarn, je einer auf Böhmen, Holland und die Schweiz entfielen. Außerdem waren aus Frankreich, Belgien, Italien, London, Spanien, Nordamerika und Dänemark ausführliche Berichte eingegangen. Nach Erstattung der mündlichen und schriftlichen Berichte, aus denen hervorzuheben ist, daß bereits zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn ein Gegenseitigkeitsvertrag hinsichtlich der Reiseunterstützungbesteht, wurde eingehend über denAchtstundentagverhandelt und demnächst eine Resolution, welche dessen Erringung sowie die Abschaffung der Akkordarbeit den Bildhauern zur Pflicht macht und als Mittel dazu hauptsächlich die gewerkschaftliche Organisation empfiehlt, einstimmig angenommen. Außerdem beschloß man, möglichst überallWiderstandsfondszu schaffen und Politik im Sinne der modernen Arbeiterbewegung zu betreiben.Unterstützungskassensollen dagegen nur da begründet werden, wo es unbedingt notwendig ist um weitere Kreise heranzuziehen.

Hinsichtlich derinternationalen Organisationstanden sich der ungarische und der deutsche Antrag gegenüber. Der erstere forderte eine Organisation, nach der von jeder Werkstatt ein Vertreter zu wählen sei, daß ferner für jeden Ort ein Ortskomitee und für jedes Land ein Landeskomitee sowie endlich ein internationales Korrespondenzbureau zu schaffen sei. Von den übrigen Nationen wurde diese Organisation für zu umständlich erklärt und deshalb der deutsche Antrag angenommen, nach dem in jedem Lande ein Korrespondenzbureau und als gemeinsames Organ ein internationales Agitationskomitee bestehen soll. Als Sitz desselben wurde derjenige Ort bestimmt, wo die deutsche Bildhauerzeitung erscheine; zur Zeit ist dies Berlin. Hinsichtlich des Verfahrens beiStreikswurde beschlossen: „Die anwesenden Delegierten erkennen die Notwendigkeit der gegenseitigen Unterstützung bei Streiks und Aussperrungen sowie des Fernhaltens des Zuzuges nach den in Betracht kommenden Ländern an, ferner hatten sie nachhaltigste materielle Unterstützung, so weit irgend möglich, für geboten, und zwar in den Fällen, wo die kämpfende Organisation des Landes erklärt, daß die eigenen Mittel zur Durchführung des Kampfes nicht ausreichen.“ Die laufenden Kosten der internationalen Agitation sollen von den einzelnen Ländern prozentual nach der Mitgliederzahl getragen werden. Dabei war man darüber einig, daß die so aufkommenden Gelder nur für die Agitation und nicht für Streiks zu verwenden seien. Der letzte fernere Punkt der Tagesordnung, nämlich die Frage der Presse, wurde wegen Kürze der Zeit dem Agitationskomitee zur Erledigung überwiesen.

Eine Fortsetzung hat diese Konferenz bisher nicht gefunden; ebenso wenig war es möglich, weitere Gegenseitigkeitsverträge abzuschließen, da die Vereine in der Schweiz, Holland und Dänemark zu wenig leistungsfähig sind. In der Schweiz liegt ein Haupthindernis in der herrschenden Hausindustrie. Auch zu Frankreich ein näheres Verhältnis herzustellen ist bis jetzt nicht gelungen.

Vom 3.–5. August 1896 ist in London dererste internationale Kongreßder Lithographen, Steindrucker und verwandten Gewerbe abgehalten, auf dem 4500 Deutsche durch 3, 4420 Engländer durch 15, 3500 Franzosen durch 3, 2000 Oesterreicher, 300 Schweizer, 400 Italiener und 140 Portugiesen durch je einen, zusammen also 5460 Mitglieder durch 26 Abgeordnete vertreten waren.

Nach Erstattung der Berichte aus den einzelnen Ländern ging man sofort zu dem Hauptpunkte der Tagesordnung über, nämlich der Begründung einesinternationalen Verbandes, der denn auch unter dem Namen: „Internationales Sekretariat der graphischen Arbeiter und Arbeiterinnen“ einstimmig beschlossen wurde, indem allerdings die deutschen Vertreter erklärten, daß sie sich mit Rücksicht auf die Gesetze ihrer Heimat nicht formell an der Abstimmung beteiligen könnten, daß sie aber für Durchführung der gefaßten Beschlüsse unter ihren Kollegen Sorge tragen würden. Die wichtigsten Bestimmungen des Statutes sind folgende:

Die organisierten Lithographen und Steindrucker aller Länder unterstützen sich bei allen vorkommenden Streitigkeiten mit den Unternehmern gegenseitig moralisch und materiell, das erstere insbesondere dadurch, daß kein Kollege in einem solchen Lande Arbeit nimmt, das Letztere durch Zuschüsse aus einem internationalen Fonds, zu dem jede Organisation für jedes Mitglied einen jährlichen Beitrag von 1 Shilling zu leisten hat und aus dem neben der Streikunterstützung auch die Kosten des internationalen Sekretariates zu bestreiten sind. Kein Verein darf aus dem Fonds unterstützt werden, der nicht dem Verbande angehört, die Unterstützung darf auch erst dann gegeben werden, wenn die eigenen Mittel des betreffenden Vereins bis auf 10% aufgebraucht sind. Alle Unterstützungen sind außerdem nur als Darlehen zu betrachten, die allerdings frei von Zinsen sind, aber nach fünf Jahren zurückgezahlt werden müssen. Kein Streik soll erklärt werden, ohne daß vorher alle Anstrengungen gemacht sind, eine gütliche Erledigung herbeizuführen. An der Spitze des Verbandes steht ein Exekutivkomitee aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten, einem Sekretär und drei anderen Mitgliedern. Dasselbe wird von den englischen Vereinen gewählt und hat seinen Sitz alljährlich abwechselnd in einer der englischen Städte. Der internationale Sekretär ist dem Exekutivkomiteeunterstellt, er hat eine sorgfältige Statistik zu führen und regelmäßige Berichte zu erstatten. Während der Sekretär seitens des Kongresses gewählt wird, erfolgt die Wahl des Kassierers, der am Sitze des Exekutivkomitees wohnen muß, durch dieses. Daneben bestehen noch drei Revisoren zur Prüfung der Rechnungen. In jedem Lande ist ein Vertrauensmann zu wählen, der jedes Vierteljahr einen Bericht an den Generalsekretär zu erstatten hat. Alle zwei Jahre findet ein internationaler Kongreß statt, der über Ort und Zeit des nächsten entscheidet. Ein Kongreßkomitee, welches aus sich einen Präsidenten, einen Kongreßsekretär und einen Kongreßkassierer ernennt, soll aus sechs Mitgliedern des Landes bestehen, in welchem der nächste Kongreß stattfindet.

Die übrigen Punkte der Tagesordnung wurden aus Mangel an Zeit sehr kurz erledigt. Hinsichtlich derReiseunterstützungteilte der deutsche Vertreter mit, daß zwischen Deutschland, Oesterreich und der Schweiz bereits ein Gegenseitigkeitsvertrag bestehe. Es wurde dann eine Resolution angenommen, daß die organisierten Lithographen, Steindrucker, Stein- und Zinkschleifer u. s. w. aller Länder die Kollegen anderer Länder, wenn sie Mitglieder des Vereins in ihrem Lande waren und ihre Pflichten gegenüber der Organisation erfüllt haben, bis zum Tage ihrer Abreise unterstützen, wobei die Höhe der Unterstützung sich nach den Sätzen der unterstützenden Organisation richtet. Es wurde beschlossen, daß es Pflicht jedes Arbeiters sei, der Organisation seines Faches beizutreten und daß Alles geschehen müsse, um denAchtstundentagzu erreichen. Die Herausgabe eines gemeinsamenFachblatteswurde erörtert, aber nicht erledigt.

Derzweite internationale Kongreßist vom 11.–14. August 1898 in Bern abgehalten unter Teilnahme von 6 englischen, 5 französischen, 3 deutschen, 1 italienischen und 2 schweizerischen Vertretern. Dänemark und Nordamerika hatten Zustimmungserklärungen gesandt. Die Stadt und Kantonregierung von Bern hatten Vertreter geschickt, ebenso das internationale Buchdruckersekretariat.

Der Hauptgegenstand der Verhandlungen war wieder die Gründung einesinternationalen Sekretariatesder graphischen Arbeiter. Die Deutschen und Schweizer wollten dessen Thätigkeit auf Untersuchungen über die wirtschaftliche Lage in den einzelnen Ländern und regelmäßige Berichterstattung hierüber beschränken, von Schaffung einesinternationalen Widerstandsfondsdagegen einstweilen absehen; die übrigen Länder dagegen legten gerade auf dessen Einrichtung Wert. Der schließlich gefaßte Beschluß ging dahin: Es soll ein internationales Sekretariat gebildet werden, dessen Sitz jedesmal durch den internationalen Kongreß bestimmt wird. Für die nächsten zwei Jahre ist dasselbe in England. Durch Erhebung eines jährlichen Beitrages von 40 Pf. fürjedes Mitglied soll ein Fonds geschaffen werden, um dem internationalen Sekretariat seine Arbeiten zu ermöglichen; der Rest ist zur Unterstützung von Streiks zu verwenden, doch kann vor dem nächsten internationalen Kongresse, der 1900 in Paris tagen soll, von keinem Lande eine Streikunterstützung verlangt werden.

Die Durchführung der Reiseunterstützung findet darin Schwierigkeiten, daß die Berechnung in einigen Ländern nach Tagegeldern, in anderen nach Kilometern stattfindet. Man beschloß, daß vorläufig die Unterstützung an reisende Ausländer nach dem Systeme des unterstützenden Landes geschehen soll, doch wurde der internationale Sekretär beauftragt, bis zum nächsten Kongresse ein gleichmäßiges System für alle Länder auszuarbeiten. Ein Antrag, die Gelder, die ein Land mehr gezahlt habe als das andere, an ersteres zurück zu erstatten, wurde mit 58 gegen 56 Stimmen abgelehnt.

Aus den übrigen Verhandlungen ist hervorzuheben, daß man darin einig war, Ausstände thunlichst zu vermeiden, aber die Abkürzung der Arbeitszeit und die Errichtung von Fachschulen, sowie von genossenschaftlichen Betrieben zu unterstützen. Auch soll ein Auskunftsbureau für Lohn- und Arbeitsverhältnisse eingerichtet werden.

Die internationalen Beziehungen der in der Ueberschrift genannten Berufe beschränken sich bisher darauf, daß ein 1893 zwischen Deutschland, Oesterreich und der Schweiz getroffenes Abkommen über gegenseitigeReiseunterstützung1897 auch auf die skandinavischen Länder ausgedehnt ist. Nach denselben erhält, nachdem die früheren internationalen Reisekarten, die zum Bezuge von 60 Pf. berechtigten, mit dem 1. Januar 1898 außer Kraft getreten sind, jedes Mitglied eines verbündeten Vereins beim Betreten eines anderen Landes ein Mitgliedsbuch und damit alle Rechte eines Mitgliedes des einheimischen Vereins. Ueber die internationale Unterstützung vonStreiksbesteht kein bindendes Abkommen; ein solches hat sich bisher umso weniger als nötig erwiesen, als die Vereine bei Streiks sehr vorsichtig sind und z. B. der deutsche Vereine dazu die Zustimmung von 4/5 der Mitglieder verlangt. Im Notfalle hat sich freiwillige Hülfe als ausreichend erwiesen.

Für das Vertragsgebiet bestehen zweiFachzeitungen, eine deutsche und eine dänische, von denen die erstere zugleich für die österreichischen Vereine obligatorisch eingeführt ist und deshalb auch Artikel in tschechischer Sprache bringt.Eininternationaler Kongreßhat bis jetzt nicht stattgefunden und ist auch noch nicht in Aussicht genommen, da mit Ausnahme von gegenseitigen Besuchen, die von den betreffenden Vorsitzenden bei Gelegenheit der Generalversammlungen abgestattet sind, der briefliche Verkehr genügt, um persönliche Fühlung zu gewinnen. Versuche, auch mit Frankreich und England in Beziehung zu treten, haben keinen Erfolg gehabt, wobei in Frankreich hauptsächlich die große Zersplitterung der dortigen Organisationen hindernd im Wege steht.

Die Anregung zu einer internationalen Organisation der Schuhmacher ist von dem Zentralkomitee des schweizerischen Schuhmacherverbandes ausgegangen, der den am 6. und 7. August 1893 in Zürich abgehaltenenersten internationalen Schuhmacherkongreßeinberief. Auf demselben war England, Dänemark, Oesterreich, Ungarn und Frankreich durch je einen, Deutschland durch 5 und die Schweiz durch 16 Abgeordnete vertreten.

Der wichtigste Punkt der Beratungen war die Begründung einesinternationalen Sekretariates, das schließlich auch gegen geringen Widerspruch beschlossen wurde. Die Aufgabe desselben soll die Herstellung regelmäßiger Beziehungen zwischen den verschiedenen Verbänden, sowie die Ordnung des Streikwesens sein. Als Sitz des Sekretariates wurde Zürich bestimmt. Die Kosten sollen von den beteiligten Verbänden nach Verhältnis ihrer Mitgliederzahl getragen werden.

Hinsichtlich desReiseunterstützungswesenswurde die Zentralisierung unter Anschluß an die Holzarbeiter und die Metallarbeiter in der Weise angenommen, daß jeder Verband Coupons ausgiebt, die am Schlusse jeden Vierteljahres unter Vergütung des Fehlbetrages ausgetauscht werden.

Die Verhandlung über dieStreikfrage, bei der die Franzosen ihr Steckenpferd des internationalen Streiks ritten, wurde schließlich dem Sekretariate zur weiteren Beratung überwiesen.

ArbeitsnachweisundHerbergswesenwurden zusammen behandelt; es wurde betont, daß gerade deshalb das Herbergswesen in der Hand der Gewerkschaften zentralisiert werden müsse, weil dadurch die Möglichkeit gewonnen werde, die Arbeiter für politische und gewerkschaftliche Bestrebungen zu gewinnen.

Die Fragen derFachblätter, desNormalarbeitstages, derStückarbeit, desZwischenmeistersystemsund derHeimarbeit, derFrauenarbeitund desArbeiterschutzeswurden wegen Kürze der Zeit nur kurz beraten, ohne Beschlüsse zu fassen.

Das internationale Sekretariat hat für die Zeit vom Dezember 1893 bis Mai 1897 einen Bericht erstattet, aus dem folgendes zu erwähnen ist:

Die Leitung des Sekretariates wurde einem aus sieben Personen bestehenden Ausschusse übertragen, der einen Organisationsplan entwarf und an die beteiligten Verbände versandte, aber mit so geringem Erfolge, daß der Bericht erklärt, er sei verhallt wie ein Ruf in der Wüste. Auch über die Nachlässigkeit der Verbandsvorstände bei der Auskunftserteilung wird bittere Klage geführt: nur mit Ungarn, Belgien und der Schweiz, allenfalls auch noch mit Deutschland, Oesterreich und England sei ein geordneter Verkehr hergestellt, dagegen seien von Amerika, Frankreich, Holland und Serbien nur vereinzelte, von Italien, Australien, Böhmen, Portugal, Bulgarien und Rumänien gar keine Antworten zu erlangen gewesen. Danach waren an dem Sekretariate neun Nationen beteiligt, nämlich Deutschland, Oesterreich, Ungarn, England, Schweiz, Schweden, Norwegen, Dänemark und Belgien. Die Einnahmen haben 1894 302 Frs., 1895 191 Frs. und 1896 162 Frs. betragen.

Am 13. und 14. Juni 1897 hat in Brüssel derzweite internationale Kongreßstattgefunden, auf dem Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Böhmen, Schweiz und Belgien durch 13 Abgeordnete vertreten waren. Schweden, Norwegen, Dänemark und Holland hatten erklärt, sich den Beschlüssen des Kongresses fügen zu wollen; im letzten Augenblicke hatte sich auch noch eine Anknüpfung mit Italien vollzogen. Dagegen hatte England und Amerika die Beschickung abgelehnt; von Frankreich war keinerlei Nachricht zu erlangen gewesen.

Die meiste Zeit nahmen auch dieses Mal dieBerichte aus den einzelnen Ländernin Anspruch, wobei allseitig betont wurde, daß man in der Einleitung von Streiks vorsichtig sein und in allen Fällen zunächst auf Beschreitung des friedlichen Weges Bedacht nehmen möge. Die Folge des von deminternationalen Sekretariateerzielten geringen Erfolges war, daß der bisherige äußerst rührige SekretärMertensin Zürich, dessen Anstrengungen dasjenige, was überhaupt geschehen war, in erster Linie zu danken ist, dafür eintrat, das Sekretariat entweder ganz aufzuheben oder wenigstens nach einem anderen Lande zu verlegen. Nachdem aber die übrigen Länder sich entschieden geweigert hatten, wurde dennoch beschlossen, den Sitz in Zürich zu belassen, auch den beteiligten Verbänden die eifrige Unterstützung bei ausbrechenden Streiks dringend an's Herz zu legen. In Verbindung hiermit erklärte derKongreß, daß die Gründung einerinternationalen Widerstandskassefreilich dringend erwünscht sei, daß dieselbe aber zur Zeit sich nicht durchführen lasse und der Zukunft vorbehalten werden müsse. Zu der Frage derArbeiterschutzgesetzgebungfaßte man eine auf die Frauen-, Kinder- und Nachtarbeit, sowie die Einführung eines Maximalarbeitstages, die Hausindustrie und die Gewerbeinspektion bezügliche Resolution und beschloß endlich den gegenseitigen Austausch von Fachzeitungen.


Back to IndexNext