Vorzimmer und Dienerzimmer.Der erste Schritt, den wir in eine Wohnung tun, belehrt uns gewöhnlich, wessen Geistes dieses Heim ist. Der Vorraum, den wir zuerst betreten, ist schon für alle anderen Räume bezeichnend. Die Persönlichkeit färbt überall ab. Ein Haus, dessen Neben- und Nutzräume nicht in Ordnung sind, wird auch nicht ein einziges Gemach besitzen, das volles Behagen gewährt. Umgekehrt wird sich ein ordnender und liebenswürdiger Hausgeist auch bis auf die äußerste Schwelle bemerkbar machen. Praktisch betrachtet, hat ein Vorzimmer zwei Aufgaben zu erfüllen. Es dient als Warteraum für den Besuch, der sich melden läßt, um nicht unvermittelt in die Gemächer zu treten. Der angemeldete Besuch benützt den Augenblick, Hut und Überkleider abzulegen und mit einem prüfenden Blick in den Spiegel sich über die Ordnungsmäßigkeit seiner Toilette zu versichern. Demnach ergeben sich als unerläßliche Möbelstücke: eine Kleiderablage für Röcke, Hüte, Stöcke und Schirme, ein Wandspiegel, der gewöhnlich damit in Verbindung steht, einige Sitzgelegenheiten, am besteneinfache Stühle und ein Tischchen mit Lade. Die Hausfrau erkennt eine weitere Aufgabe des Vorzimmers darin, daß sie es zur Aufnahme ihrer eigenen Kleiderschränke einrichtet. Denn bei den heutigen beschränkten Raumverhältnissen in Mietshäusern und den neuen Raumgestaltungsprinzipien sucht man derartige große Wandschränke aus den Wohnzimmern zu bannen und ins Vorzimmer zu verlegen. So mag man denn an allen Wänden gleichförmige Schränke finden, die aus einem Stück, jedoch in viele Teile zerlegbar, bestehen können. Man wird aber gut tun, die ganze Wandhöhe bis zum Plafond schrankartig abzubauen und die oberen Fächer, die Separattüren ober der Kopfhöhe haben, zur Aufnahme von allerlei Schachteln und sonstigen Effekten, wenig benützten Kleidern u. s. w. zu verwenden, denn in einem Haushalt werden leicht alle Fächer und Schränke zu wenig, um zu beherbergen, was sich im Laufe der Zeit ansammelt. Es kann aber auch, um nicht eine Wand für die Kleiderablage mit Spiegelteil opfern zu müssen, eine solche Kleiderablage und der Spiegel vorne an einem oder mehreren der Schränke angebracht, der Spiegel in eine der Schranktüren eingelassen, die Kleiderhaken neben den Schranktüren befestigt und solcherart alle vier Wände mit Schränken abgebaut werden. Selbstverständlich wird man weiches Holz zu diesemZweck verwenden und in einer Farbe, am besten weiß, lackieren oder streichen. Als Bodenbelag findet man vielfach Matten, die mit einfachem Muster von Künstlern entworfen, durch die Prag-Rudniker Korbwarenfabrikation stark in den Handel gebracht werden und sich vortrefflich bewähren. Ein solcherart ausgestatteter Vorraum besitzt alle Vornehmheit und Anspruchslosigkeit, deren er bedarf, wenn er den Besucher auf die gastlichen Haupträume vorbereiten will. Unterordnung in den Hauptgedanken der Wohnungsausstattung ist hier Gesetz. Im Vorraum pflegt man gute Bilder und sonstige Kunstwerke nicht unterzubringen; schlechte soll man aus Geschmacksgründen noch weniger hinstellen, weil der Raum keine Trödelkammer sein soll und da leicht eine geringschätzige Meinung vonden Inwohnern erwecken kann. Aber es ist keineswegs Grundsatz, daß aus den Vorräumen Kunstwerke, wie Bilder und Plastik, verbannt sein sollen, im Gegenteil, wenn das Haus weitläufig genug ist, und das Vorzimmer, wie es heute geschieht, mehr den Charakter einer »Hall« empfängt, fänden sie auch hier ausgezeichnet Platz und trügen von dem Geist und der Vorliebe der Bewohner freundliche Spuren über die Schwelle ihrer inneren Wohnräume hinaus und dem Besucher einladend entgegen. Wir mögen uns da nur einmal Goethe’s Beispiel vor Augen führen und sein Haus in Weimar rekonstruieren, wie es anfangs des 19. Jahrhunderts ausgesehen hat. Ohne glänzend zu sein, war alles höchst edel und einfach; auch deuteten verschiedene an der Treppe stehende Abgüsse antiker Statuen auf Goethe’s besondere Neigung zur bildenden Kunst und dem griechischen Altertum. Der Vorraum in der I. Etage trug die Zeichen »Salve« als freundliches Willkommen und einer der zwei Vorräume, wo man zu warten genötigt war, war durch ein rotes Kanapee und Stühle von gleicher Farbe überaus heiter möbliert; zur Seite stand ein Flügel und an den Wänden sah man Handzeichnungen verschiedener Art und Größe.Kleiderablage von Architekt Max Benirschke.Kleiderschrank v. Arch. G. Winkler.Vorraum mit Sitzgelegenheit in der Fensterecke von Arch. Max Benirschke.HOLZ. WEISS LACKIERT.WAND MIT BLAU SCHABLONIERTERSTOFFBESPANNUNGOBERE WAND: GRAUER RAUHERPUTZ MIT GRAUEN KACHELNOBER DEN THÜREN STUCKRELIEFSMIT THEILWEISER KACHELVERZIERUNGVorraum mit Treppe von Arch. Max Benirschke.Dienstbotenzimmer von Architekt Prof. Josef Hoffmann.Küche von Arch. Prof. Joseph Hoffmann.So bei Goethe. Freilich zwischen dem Alt-Weimarer Hause Sr. Exzellenz und einer modernen Stadtwohnung, ist ein Unterschied.Zu jenen Räumen, für die man im Allgemeinen auch das Schlechteste für gut genug hält, gehören die Dienerzimmer. Es ist ein trauriges Zeichen schlechter sozialer Begriffe und unzureichender menschlicher Einsicht, wenn man in einem Hause die Dienstleute, denen man doch Treue und Anhänglichkeit zum Gesetz macht, schlecht versorgt findet. Im Dienstverhältnis gibt es nach beiden Seiten hin Pflichten und Rechte und kein Teil, weder Dienstgeber noch Dienstnehmer, dürfte dem anderen etwas schuldig bleiben. Für menschenwürdige Zustände im Hinblick auf das Dienstpersonal zu sorgen, ist auch eine der ersten Pflichten der Hausfrau, wenn sie nicht Recht behalten sollte, daß sie wirklich »bezahlte Feinde« im Hause habe. Guter Geschmack heißt hier wie überall Reinlichkeit und Zweckdienlichkeit. Massiv eiserne Betten (Hohlräume sind immer Aufenthalt unausrottbarer Ungeziefer), einfache Möbel aus weichem Holz in irgend einer Farbe gestrichen, Tisch, Stuhl, Schrank und Waschgelegenheit möblieren den Raum vollständig und können ihn zugleich recht wohnlich machen. Wenn für das persönliche Wohl der Dienstleute in mustergiltiger Weise gesorgt ist, ist das immer eine Ehre für die Hausfrau.
Der erste Schritt, den wir in eine Wohnung tun, belehrt uns gewöhnlich, wessen Geistes dieses Heim ist. Der Vorraum, den wir zuerst betreten, ist schon für alle anderen Räume bezeichnend. Die Persönlichkeit färbt überall ab. Ein Haus, dessen Neben- und Nutzräume nicht in Ordnung sind, wird auch nicht ein einziges Gemach besitzen, das volles Behagen gewährt. Umgekehrt wird sich ein ordnender und liebenswürdiger Hausgeist auch bis auf die äußerste Schwelle bemerkbar machen. Praktisch betrachtet, hat ein Vorzimmer zwei Aufgaben zu erfüllen. Es dient als Warteraum für den Besuch, der sich melden läßt, um nicht unvermittelt in die Gemächer zu treten. Der angemeldete Besuch benützt den Augenblick, Hut und Überkleider abzulegen und mit einem prüfenden Blick in den Spiegel sich über die Ordnungsmäßigkeit seiner Toilette zu versichern. Demnach ergeben sich als unerläßliche Möbelstücke: eine Kleiderablage für Röcke, Hüte, Stöcke und Schirme, ein Wandspiegel, der gewöhnlich damit in Verbindung steht, einige Sitzgelegenheiten, am besteneinfache Stühle und ein Tischchen mit Lade. Die Hausfrau erkennt eine weitere Aufgabe des Vorzimmers darin, daß sie es zur Aufnahme ihrer eigenen Kleiderschränke einrichtet. Denn bei den heutigen beschränkten Raumverhältnissen in Mietshäusern und den neuen Raumgestaltungsprinzipien sucht man derartige große Wandschränke aus den Wohnzimmern zu bannen und ins Vorzimmer zu verlegen. So mag man denn an allen Wänden gleichförmige Schränke finden, die aus einem Stück, jedoch in viele Teile zerlegbar, bestehen können. Man wird aber gut tun, die ganze Wandhöhe bis zum Plafond schrankartig abzubauen und die oberen Fächer, die Separattüren ober der Kopfhöhe haben, zur Aufnahme von allerlei Schachteln und sonstigen Effekten, wenig benützten Kleidern u. s. w. zu verwenden, denn in einem Haushalt werden leicht alle Fächer und Schränke zu wenig, um zu beherbergen, was sich im Laufe der Zeit ansammelt. Es kann aber auch, um nicht eine Wand für die Kleiderablage mit Spiegelteil opfern zu müssen, eine solche Kleiderablage und der Spiegel vorne an einem oder mehreren der Schränke angebracht, der Spiegel in eine der Schranktüren eingelassen, die Kleiderhaken neben den Schranktüren befestigt und solcherart alle vier Wände mit Schränken abgebaut werden. Selbstverständlich wird man weiches Holz zu diesemZweck verwenden und in einer Farbe, am besten weiß, lackieren oder streichen. Als Bodenbelag findet man vielfach Matten, die mit einfachem Muster von Künstlern entworfen, durch die Prag-Rudniker Korbwarenfabrikation stark in den Handel gebracht werden und sich vortrefflich bewähren. Ein solcherart ausgestatteter Vorraum besitzt alle Vornehmheit und Anspruchslosigkeit, deren er bedarf, wenn er den Besucher auf die gastlichen Haupträume vorbereiten will. Unterordnung in den Hauptgedanken der Wohnungsausstattung ist hier Gesetz. Im Vorraum pflegt man gute Bilder und sonstige Kunstwerke nicht unterzubringen; schlechte soll man aus Geschmacksgründen noch weniger hinstellen, weil der Raum keine Trödelkammer sein soll und da leicht eine geringschätzige Meinung vonden Inwohnern erwecken kann. Aber es ist keineswegs Grundsatz, daß aus den Vorräumen Kunstwerke, wie Bilder und Plastik, verbannt sein sollen, im Gegenteil, wenn das Haus weitläufig genug ist, und das Vorzimmer, wie es heute geschieht, mehr den Charakter einer »Hall« empfängt, fänden sie auch hier ausgezeichnet Platz und trügen von dem Geist und der Vorliebe der Bewohner freundliche Spuren über die Schwelle ihrer inneren Wohnräume hinaus und dem Besucher einladend entgegen. Wir mögen uns da nur einmal Goethe’s Beispiel vor Augen führen und sein Haus in Weimar rekonstruieren, wie es anfangs des 19. Jahrhunderts ausgesehen hat. Ohne glänzend zu sein, war alles höchst edel und einfach; auch deuteten verschiedene an der Treppe stehende Abgüsse antiker Statuen auf Goethe’s besondere Neigung zur bildenden Kunst und dem griechischen Altertum. Der Vorraum in der I. Etage trug die Zeichen »Salve« als freundliches Willkommen und einer der zwei Vorräume, wo man zu warten genötigt war, war durch ein rotes Kanapee und Stühle von gleicher Farbe überaus heiter möbliert; zur Seite stand ein Flügel und an den Wänden sah man Handzeichnungen verschiedener Art und Größe.
Kleiderablage von Architekt Max Benirschke.
Kleiderablage von Architekt Max Benirschke.
Kleiderschrank v. Arch. G. Winkler.
Kleiderschrank v. Arch. G. Winkler.
Vorraum mit Sitzgelegenheit in der Fensterecke von Arch. Max Benirschke.HOLZ. WEISS LACKIERT.WAND MIT BLAU SCHABLONIERTERSTOFFBESPANNUNGOBERE WAND: GRAUER RAUHERPUTZ MIT GRAUEN KACHELNOBER DEN THÃœREN STUCKRELIEFSMIT THEILWEISER KACHELVERZIERUNG
Vorraum mit Sitzgelegenheit in der Fensterecke von Arch. Max Benirschke.HOLZ. WEISS LACKIERT.WAND MIT BLAU SCHABLONIERTERSTOFFBESPANNUNGOBERE WAND: GRAUER RAUHERPUTZ MIT GRAUEN KACHELNOBER DEN THÃœREN STUCKRELIEFSMIT THEILWEISER KACHELVERZIERUNG
HOLZ. WEISS LACKIERT.WAND MIT BLAU SCHABLONIERTERSTOFFBESPANNUNGOBERE WAND: GRAUER RAUHERPUTZ MIT GRAUEN KACHELNOBER DEN THÃœREN STUCKRELIEFSMIT THEILWEISER KACHELVERZIERUNG
Vorraum mit Treppe von Arch. Max Benirschke.
Vorraum mit Treppe von Arch. Max Benirschke.
Dienstbotenzimmer von Architekt Prof. Josef Hoffmann.
Dienstbotenzimmer von Architekt Prof. Josef Hoffmann.
Küche von Arch. Prof. Joseph Hoffmann.
Küche von Arch. Prof. Joseph Hoffmann.
So bei Goethe. Freilich zwischen dem Alt-Weimarer Hause Sr. Exzellenz und einer modernen Stadtwohnung, ist ein Unterschied.
Zu jenen Räumen, für die man im Allgemeinen auch das Schlechteste für gut genug hält, gehören die Dienerzimmer. Es ist ein trauriges Zeichen schlechter sozialer Begriffe und unzureichender menschlicher Einsicht, wenn man in einem Hause die Dienstleute, denen man doch Treue und Anhänglichkeit zum Gesetz macht, schlecht versorgt findet. Im Dienstverhältnis gibt es nach beiden Seiten hin Pflichten und Rechte und kein Teil, weder Dienstgeber noch Dienstnehmer, dürfte dem anderen etwas schuldig bleiben. Für menschenwürdige Zustände im Hinblick auf das Dienstpersonal zu sorgen, ist auch eine der ersten Pflichten der Hausfrau, wenn sie nicht Recht behalten sollte, daß sie wirklich »bezahlte Feinde« im Hause habe. Guter Geschmack heißt hier wie überall Reinlichkeit und Zweckdienlichkeit. Massiv eiserne Betten (Hohlräume sind immer Aufenthalt unausrottbarer Ungeziefer), einfache Möbel aus weichem Holz in irgend einer Farbe gestrichen, Tisch, Stuhl, Schrank und Waschgelegenheit möblieren den Raum vollständig und können ihn zugleich recht wohnlich machen. Wenn für das persönliche Wohl der Dienstleute in mustergiltiger Weise gesorgt ist, ist das immer eine Ehre für die Hausfrau.