XXVI.Der Oberprofosoder:Die Lebensart der Baugefangenen.

XXVI.Der Oberprofosoder:Die Lebensart der Baugefangenen.

Wer lärmt in dieser schreckenvollen StundeVor meiner Thür? —Es ist gefährlich,Zu dieser Zeit des Aufruhrs und des MordsDem Flüchtling wirthlich seine Thür zu öffnen;Doch gar zu gräßlich ist der Sturm der Nacht,Ich will’s auf Deine Jammertöne wagen.Theodor Körner.

Wer lärmt in dieser schreckenvollen StundeVor meiner Thür? —Es ist gefährlich,Zu dieser Zeit des Aufruhrs und des MordsDem Flüchtling wirthlich seine Thür zu öffnen;Doch gar zu gräßlich ist der Sturm der Nacht,Ich will’s auf Deine Jammertöne wagen.Theodor Körner.

Wer lärmt in dieser schreckenvollen StundeVor meiner Thür? —Es ist gefährlich,Zu dieser Zeit des Aufruhrs und des MordsDem Flüchtling wirthlich seine Thür zu öffnen;Doch gar zu gräßlich ist der Sturm der Nacht,Ich will’s auf Deine Jammertöne wagen.

Wer lärmt in dieser schreckenvollen Stunde

Vor meiner Thür? —

Es ist gefährlich,

Zu dieser Zeit des Aufruhrs und des Mords

Dem Flüchtling wirthlich seine Thür zu öffnen;

Doch gar zu gräßlich ist der Sturm der Nacht,

Ich will’s auf Deine Jammertöne wagen.

Theodor Körner.

Theodor Körner.

Es hatte sich am 20. September 1710 über Pirna und dessen Umgebungen von Westen und Süden im langsam schauerlichen Zuge ein Gewitter ausgebreitet, das in der dritten Nachmittagsstunde die Himmelsdecke zur nächtlich dunkeln, grauenvollen Wölbung gestaltete. Die Hitze war so schwül wie im heißesten Sommertage, die Blätter derBäume und Sträucher, von keinem Lüftchen bewegt, hingen schlaff darnieder, Thiere und Pflanzen lechzten nach Erquickung, und mit scheuen Blicken sahen die Menschen, aus Furcht vor der drohenden Gefahr von ihren Beschäftigungen und Feldarbeiten in ihre Behausungen zurückgekehrt, dem unheilgebärenden Wolkenzuge entgegen. Das Gewitter brach aus mit aller seiner Furchtbarkeit. Der Himmel ward zum Feuermeer, und die Erde erbebte unter dem entsetzlichen Geprassel der betäubenden Donnerschläge.

Des Allmächtigen Vaterhand hatte in diesen grauenvollen Stunden schützend über seinen zitternden Kindern geschwebt. Verbleicht waren die Blitze, verhallt die Donner, aber die furchtbarschöne Naturerscheinung hatte sich nicht in jene liebliche Kühle und in das freundlich-beleuchtende Licht aufgelöst, die fast immer dem heftigsten Gewitter folgen, und in die freier sich hebende Brust des Menschen ein so angenehmes Gefühl ausgießen; der Regen fiel strömend nieder, der Sturm heulte durch die Lüfte und mit dem schon frühe eingebrochenen Abend hatte sich tiefe Finsterniß über die Erde gelagert.

Prasselnd schlugen Regenschauer an die hohen Fenster des in der Nähe von Pirna einsam gelegenen Forsthauses, genannt zur rothen Buche, undkrachend beugte sich die riesige Hoflinde unter des Sturmes gewaltiger Wucht. Aber im Forsthause waltete eine recht gemüthliche Ruhe. Im bequemen Schlafrocke, die Federmütze auf dem ehrwürdigen, silbergrau und spärlich behaarten Haupte, und aus der großen Meerschaumpfeife mit dem langen Weichselrohre recht behaglich schmauchend, saß der Förster Krause vor einem alten Historienbuche, dessen anmuthige und verschiedenartige Darstellungen ihn nach vollbrachten Berufsgeschäften an unfreundlichen Abenden gar herrlich vergnügten. Fast unwillig schaute er von Zeit zu Zeit nach der Thüre des Nebenzimmers, ob sie sich denn noch nicht öffne, und Elisabeth, seine liebe, traute Ehefrau, zu ihm hereintrete, auf daß sie sich mit ihrem Strickstrumpfe ihm gegenüber setze, und die anmuthigen Historien mit anhöre, wo er dann, so viel in seinem Wissen lag, sich über die, der aufmerksamen Zuhörerin fremdartigen Worte, wie auch sonst ihr unbekannte Stellen erklärend aussprach, und zwar mit einem etwas stolzen Gefühle seiner Gelehrsamkeit und seiner Erfahrungen. Jetzt kam Frau Elisabeth in die Wohnstube zurück, nahm den gewohnten Platz ein, und während sie mit gewandten Fingern ihr Strickzeug handhabte, fuhr Förster Krause in seiner unterbrochenen Vorlesung also fort:

„Idemin dem Jahre 1400. 1431. 1432. 33. und 37. hat die Elbe einen Theil an der Steinern Brucken verderbt.Anno1429 haben die Hussiten alt Dresden abgebrand, nach dem sie den Ort zuvor geplündert: seyn auchAnno1430 wieder hieher kommen.Anno1477 ward das erste Stuck Geschütz alda gegossen in der Vorstatt, und nach Quedlinburg geführt,Anno1491 ist die halbe Statt, wie auch die Vorstatt vor dem Pirnischen Thore, verbronnen.Anno1547 hat Churfürst Johan Friederich zu Sachsen, weilen seyn Vetter, Herzog Moritz, es mit dem Keyser gehalten, alt Dresden ausgeplündert, vn nev Dresden beschossen; folgends ward die Bruck von jhmeMauritiofester gemacht.Anno1580 ist das GeistlicheConsistoriumvon Meissen auff Dresden gelegt worden.Anno1588 hat man allhie Musterung gehalten, vnd 1466 Männer, vn zwar in alt Dresden 421, in new Dresden 1045 gefunden.Anno1617 seyn der Keyser Matthias, König Ferdinand in Böheimb, Ertzherzog Maximilian zu Oestereich, vnd der Cardinal Clesel, allhie gewesen, deren Potentaten, ausser deß Herren Churfürsten zu Sachsen, als deß Herren Wirths dieser Ansehenlichen Herren Gäste, keiner mehr im Leben ist.Anno1643 wurden dieser Statt die nothwendige Lebens-Mittel, wegen derSchwedischen vbel hausens, fast gar entzogen, also daß sie in 8 Wochen kein Pfund Fleisch in den Fleischbänken haben können. Daher dan die Churfürstliche Hofstatt nothwendig enger eingezogen werden müssen.Tom. 5. Th. Eur. fol. 62. a. Anno 44ließ sich ein Scharpffrichter allhie für einen Einspanninger gebrauchen, welcher mit seines Wachtmeisters Weib vngebühr getrieben, darüber sie vom Manne erdapt vnd das Weib gleich nidergemacht worden, der Henker aber ist von einem Fenster 3 Stockwerk hoch herunder gesprungen, gleichwohl gefänglich eingezogen worden. Auff 3 Stund von Dreßden hat ein Geistlicher, vielmehr Gottloser Mann, mit einer Magt im Stall Vnzucht getrieben, vnd dieweil eine andere Magt darzu kommen, hat er sie mit einer Mistgabel erschlagen; ist aber nach Dreßden geführt worden. —Idemhat sicheodem annoderLieutnantim hoch preißlichen Granatierbatailion von Menkwitz auf gräuliche Weise mittelst einer Pistole selbst entleibtet, eben auf sodanne Art“ —

„Ach, lieber Max“ — unterbrach hier Frau Elisabeth den eifrigen Vorleser, und zog ihm sanft das Historienbuch hinweg — „ich bitte dich um Alles, dergleichen grauenvolle Geschichten mir nicht mehr mitzutheilen. Seit dem Augenblicke, als ichdie Leiche unseres Hegereiters mit der zerschmetterten Hirnschale sah, faßt mich immer ein gewaltiger Schrecken, so oft ich von einem Selbstmörder höre. Eine solche Erzählung macht mir die Nacht schlaflos, und ungeachtet du mich im Laufe unserer dreißigjährigen Ehe immer als ein muthiges Weib wirst gefunden haben, so bin ich doch durch jenen Anblick, und durch den Gedanken an so manchen Mord, der seit einiger Zeit in unserer Gegend von dem fremden Raub- und Blutgesindel begangen wurde, so eingeschüchtert worden, daß, so oft ich jetzt in der Nähe einen Schuß höre, mich“ —

In diesem Augenblicke fielen ganz nahe zwei Schüsse. Erbleichend sank Frau Elisabeth in den Stuhl zurück, während Förster Krause raschen Trittes auf die Hausflur eilte und auf waidmännische Art einen gellenden Pfiff that.

Fast eine Todtenstille hatte bisher im Forsthause geherrscht, jetzt wurde es tumultuarisch lebendig. Aus den Stuben des Erdgeschosses stürzten Jägerbursche, Knechte und Mägde hervor, wohl kennend die Bedeutung dieses gellenden Rufes, der nur bei wichtigen Vorfällen Statt fand, und der Befehle des geliebten Dienstherrn mit der Treue regem Eifer gewärtig. — „Es sind zwei Schüsse gefallen, dicht am Hofthore,“ — sprach der Försterzur neugierig horchenden Umgebung, „Du, Franz, nimmst Doppelbüchse und Hirschfänger, öffnest leise das Gartenpförtchen, und lauschest dort. Was Du gesehen, wirst Du mir schleunigst melden. Ihr übrigen Jäger nehmt eure Gewehre und tretet vor das Haus, die Knechte machen den Hofhund und die Saufänger los, und erwarten meine weiteren Befehle. Alles geschehe mit Ruhe und Besonnenheit. Soll sich das umherstreifende Raubgesindel auf meine Habe Rechnung gemacht haben, so wollen wir es mit Fassung und Kraft empfangen, waren aber diese zwei Schüsse vielleicht nur Nothsignale, so soll man uns zur Hilfe bereit finden!“ — Es geschah, wie Förster Krause gebot, der selbst sich schnell bewaffnete, um im Falle der Noth der Anführer seiner muthigen Hausgenossen zu werden.

Franz kehrte mit der Meldung zurück, daß drei Reiter vor dem Hofthore halten, daß der eine davon entsetzlich fluche und daß die weißen, durch das Dunkel schimmernden Mantel und das Klirren der Waffen die Fremden als Kriegsmänner ankündige. Krause gebot, ein Paar Kienfackeln anzuzünden und sogleich das Thor zu öffnen. Die Männer ritten ein. Unter den heftigsten Verwünschungen der Dunkelheit, des strömenden Regens, des brausenden Windes, schwang sich der vordere Reiter vom triefenden Rosse, schrittmit schnellen, trotzigen Schritten in die Hausflur und schnaubte dem Förster mit wilden Blicken die Frage entgegen, warum man ihm und seinen Begleitern, ungeachtet eines so lange währenden Pochens und Rufens, nicht Einlaß gegeben und diesem Hundewetter so lange ausgesetzt habe, bis er gezwungen gewesen sei, seine Nähe durch Pistolenschüsse anzukündigen. Des Försters einfache Hinweisung auf die Unmöglichkeit, bei dem heftigen Getöse des Sturmes und der Regengüsse ein Pochen oder Rufen am fernen Hofthore hören zu können, würde den Ungestümen wohl schwerlich beschwichtigt haben, hätte nicht die nun wieder ermuthigte Frau Elisabeth ihn durch die freundlichste Gutmüthigkeit, mit welcher sie ein gutes Abendbrot, alten Wein, ein recht weiches Bett und jede mögliche Bequemlichkeit versprach, kirre zu machen gewußt. Schnell war der Zürnende mit allen Unannehmlichkeiten dieses Tages versöhnt, und als er, durch die geschäftigen Hände eines Jägerburschen vom regenschweren Mantel befreit, in die reinliche, angenehm warme Wohnstube trat und Förster Krause selbst, ein inniger Freund der Soldadeska, seinem Gaste mit einem bequemen Nachtanzuge und der Bitte, sich hier wie im eignen Hause anzusehen, entgegen kam, da betheuerte der Kriegsmann, der Dunkelheit dieses Abends recht große Verpflichtungenzu haben, daß sie ihn von der rechten Straße hinweg und über Flur und Wiese in ein Haus geführt habe, wo solch’ ein treues, freundliches Soldatenherz schlage.

Nach wohlthuendem Vertausche der durchnäßten Bekleidung mit einem recht gemächlichen Hausanzuge des Försters, setzte sich nun Herr Justus Hilmer zum Genusse des Abendbrotes nieder, das, ungeachtet das Försterpaar wie auch die Dienerschaft schon vor einer Stunde zu Nacht gegessen hatte, so schnell und so reichlich dem Gaste vorgesetzt wurde, als hätte man seiner Ankunft entgegen gesehen. Auch die beiden Dragoner erhielten in der Jägerstube ein Abendessen und solch eine freundliche, aufmerksame Bewirthung, wie es ihnen in ihrem genußarmen Reiterleben wohl nicht zu oft zu Theil geworden sein mochte.

Herr Justus Hilmer war der gewaltige und gefürchtete Oberprofos der Vestung zu Dresden. Mit einer Riesengestalt, einem scharfen, feurigen Blicke und einer stolzen, tiefernsten Haltung vereinte er Muth und Klugheit.

Die Verwegensten der Baugefangenen, durch Drang nach Freiheit, durch Verzweiflung über ihre Lage oft zu den kühnsten Empörungen, zu den gewaltsamsten Angriffen gegen die Militairwache undgegen die Steckenknechte[31]hingerissen, sanken bis zur sclavischen Unterwürfigkeit bei dem Erscheinen des gefürchteten Oberprofosen, und den Listigsten und Hartnäckigsten, die Herr Johann Ephraim Zopf, der vielerfahrene und verfängliche Festungs-Auditeur, mit allen seinen Subtilitäten, oft selbst durch die Folter, nicht zum Geständniß so mancher Uebelthat zu bringen vermochte, wußte der schlaue Hilmer, den tiefen, zurückschreckenden Ernst in einen herzlichen, vertraulichen, das Gemüth erschließenden Ton umwandeln, im ganz schlichten Geplauder oft so Manches zu entlocken, was der Verbrecher in das Tiefste seines Innern für dieses Leben zu vergraben sich selbst so heilig gelobt hatte. Der Name des Oberprofos Hilmer war im ganzen Sachsenlande bekannt, ein Schrecken für Räuberbanden und ein Gegenstand der Ermuthigung und des Vertrauens für Adelige, Gutsbesitzer, Bürger und Landleute; denn früherhin, ehe Hilmer zu dieser Stelle befördert worden, war er als Criminaldiener verschiedener sächsischer Justizämter bei jedem Streifzuge, bei jedem Angriffe gegen einzelne Räuber wie gegen ganze Banden immer an der Spitze, und wo dermuthige, kraftvolle Hilmer sich zeigte, da war auf der Seite seiner Parthei der Sieg, auf der der Gegner die Niederlage, dabei meistens Gefangenschaft oder Tod, da er dem geschlagenen Feinde fast nie Zeit ließ, sich durch die Flucht zu retten. Auch jetzt noch, da er zur Stelle eines Festungs-Oberprofosen aus Anerkennung seiner viel und erfolgreich geleisteten Dienste für die öffentliche Sicherheit befördert worden, wurde er zu Unternehmungen gebraucht, wo nur von dem persönlichen Muthe und der Klugheit des Anführers günstige Resultate erwartet werden konnten.

Als der Oberprofos seinem gastfreundlichen Wirthe sich genannt hatte, betheuerte Förster Krause, daß heute seinem Hause Heil wiederfahren sei, denn auch Krause mit seinem nicht unbedeutenden Vermögen stand als gute sichere Beute auf der Liste einer zahlreichen, verwegenen Räuberbande, die einige Jahre vorher die Umgebungen von Pirna höchst unsicher gemacht, aber durch Hilmers Muth und Rastlosigkeit ihr Grab im Zuchthause und auf dem Rabensteine gefunden hatte.

Herr Justus Hilmer hatte sich an dem leckern und reichlichen Abendbrote herrlich gelabt. Jetzt kam die Reihe an die Flasche und Wirth und Gast ließen sich den alten feurigen Wein recht wohl munden; auch Frau Elisabeth durfte nicht versagen und eswurde manches Gläschen auf dieses und jenes Wohl geleert.

Nachdem Hilmer erzählt hatte, daß er von Königstein komme, wohin er mit seinem Reitergeleite drei wichtige Staatsverbrecher zur lebenslänglichen, strengen Haft abgeliefert habe, und auf der Rückkehr nach Dresden begriffen sei, kam die Sprache auf die unterirdischen Gefängnisse dieses als unbezwingbar berühmten Felsenschlosses, wovon unter dem Landvolke gar sonderbare Gerüchte im Umlaufe seien. — „Ich habe nicht Zeit und Gelegenheit gehabt, die Königsteiner Gefängnisse zu besehen“ — begann jetzt der Oberprofos mit wichtiger Miene, und stopfte sich ganz langsam eine Pfeife — „aber ich wette meinen stattlichen Meklenburger gegen eine polnische Krabbe, daß jene Gefängnisse noch Lusthäuser sind gegen die, in welchen ich theils die verwegensten, theils die gravirtesten meiner Baugefangenen verwahre. Alle die gottlosen Bursche wurden, wie Euch, mein sehr werther Freund, bekannt sein mag, in frühern Zeiten im Raths-Stockhause auf der Frohngasse verwahrt, wo sie des Morgens, wie eine Schafheerde, aus ihren Löchern hervorgetrieben, undad opera publica, das heißt zum Straßenkehren, Steinführen, Kalktragen u. s. w. verwendet wurden. Das Rathsstockhaus ist einuraltes Gebäude, woran die Zeit mit scharfem Zahne genagt hat. Es hielt nicht schwer, die morschen Mauern zu durchbrechen, und so gelang es in einigen Jahren vielen der Inhaftirten, zu entspringen. Die allergnädigste Landesregierung konnte nicht länger zusehen, daß so viele räudige Schafe sich zum Verderben der Guten eigenmächtig die Freiheit verschafften. Es wurde daher allerhöchsten Ortes beschlossen, die Gefangenen aus dem Raths-Stockhause in die auf der Festung hinter dem Zeughause befindliche Salomons-Bastei zu versetzen, nachdem unter selbiger gewölbte Kerker angelegt worden, die da heißen: — das Salomons-Gefängniß, das Kupfergewölbe, der Baumann und die Mohrenkammer; ferner wurden drei besondere Gefängnisse erbauet, die, in der Mitte von Gewölben, für sich wie ein eigenes Gewölbe stehen und umgangen werden können. Auch unter dem Wilsdrufer Thore haben wir drei Gefängnisse. Alle diese Kerker sind tief unter der Erde. Im Kupfergewölbe, in der Mohrenkammer, wo die zur lebenslänglichen Haft Condemnirten verwahrt wurden, herrscht ewige Finsterniß; nur von dem Lampenlichte meiner Knechte werden sie, wenn man den Gefangenen das Essen reicht, oder diese ihre grauenvolle Hölle reinigen müssen, spärlich erleuchtet. Glücklich diejenigen dagegen, die andere Gefängnisse bewohnen und zur Arbeit verwendet werden. Sie werden doch an das helle Tageslicht, in die frische Luft geführt, während jene nicht Tag, nicht Nacht unterscheiden können, und von der langen Weile, von den vielfüßigen Plageteufeln, von der verpesteten Kerkerluft und von den unaufhörlichen Schmerzen, die ihnen der Druck und die Schwere des Halseisens, des Leibringes und der Hand- und Fußketten verursachen, zur Verzweiflung gebracht, sich selbst entleiben würden, könnten sie ihre eingeschmiedeten Hände nur einige Augenblicke frei gebrauchen.“ —

Der Oberprofos leerte nun ein volles Glas Wein in langsamen Zügen mit vielem Behagen. Krause schob das seine zurück; dem weichherzigen Manne wäre beim schmerzlichen Hinblicke auf das Jammerleben so vieler unglücklicher Mitmenschen der köstlichste Rebensaft zum Wermuth geworden, und Frau Elisabeth fragte mit nassen Augen und leiser Stimme: ob die Baugefangenen doch satt zu essen und die sonst nöthige Pflege haben?

„Ja, da hat es sich bei uns mit Kost und Pflege!“ — lachte der gewaltige Bagnos-Häuptling[32]mit widerlich verzerrtem Gesichte und entpfropfteeine neue Flasche. „Meine wertheste Frau Försterin, erlauben Sie mir, Ihnen eine kurze, aber wahre Schilderung zu machen, wie es den Inhaftirten ergehet, über welche ich ein christliches, aber, nach Gestaltung der Dinge und absoluter Nothwendigkeit, oft gar strenges Commando zu führen bestallt und ermächtigt bin.“

„Die Schlafstelle eines jeden Baugefangenen in diesen unterirdischen Kerkern ist aus Brettern gezimmert, gerade mit nothdürftigem Raume, um sich ausstrecken und umwenden zu können. Ein mit sehr rauhem Stroh gefüllter Sack und eine Wolldecke sind das Bett. Frühstück giebt es nicht; nur jene haben das zum Morgenimbiß, was sie von ihrer Brodration sich ersparen, die täglich aus 1½ Pfund Brod bestehet und ihnen für zwei Tage gereicht wird. Wassersuppe und ein Gericht von Hülsenfrüchten ist das Mittagsmahl, Wassersuppe das Nachtessen. Nur an den größten Festtagen wird zu Mittag ein Stückchen Fleisch gereicht. Wasser ist das immerwährende Getränk. Jeder Baugefangene trägt am rechten Fuße eine schwere Eisenschelle mit schwerer Kette, womit sie nächtlicher Weile an ihre Lagerstätte, bei Tage aber entweder an den Karren, den sie bei Bauarbeiten zu ziehen haben, angeschlossen werden, oder die sie bei andernBeschäftigungen wie einen Gürtel um den Leib tragen. Zu früher Morgenstunde wird die große Fallthüre, durch die man zur Kerkertreppe gelangt, und welche den einzigen Eingang zu diesen unterirdischen Wohnungen bildet, geöffnet, und gleich von Wache mit scharf geladenen Gewehren umstellt, während meine Steckenknechte, von wohl abgerichteten Fanghunden begleitet, die Kerkerthüre öffnen, die Gefangenen losschließen, und sie die Treppe hinaufsteigen lassen. Jeder Kerker zählt mehr als zwanzig Gefangene, über welche Einer davon, der sich das meiste Vertrauen durch Fleiß und Stille bei mir erworben hat, gleichsam die Aufsicht führt. Jeder dieser Aufseher muß nun, ehe die Gefangenen die Bastei verlassen, Meldung machen, ob sie während verflossener Nacht gebührliche Aufführung gepflogen haben. Die geringste Klage, und der Beschuldigte wird ohne gestattete Gegenrede mit Geiselhieben gezüchtigt. Da setzt es Hiebe,mul um, nach allen Dimensionen, und da darf nicht gemuckst, nicht raisonnirt werden, sonst wird, wie wir Justizmänner sagen,portio duplexgereicht. Dann schreitet man zur Tagesarbeit, die im Steinsägen, Reinigung der Geschütze, Schanzen, Ankarrung der Baumaterialien und Gassenkehren besteht.

Es ist beinahe unbegreiflich, wie solche Elende,die ihren Tag unter den schwersten Arbeiten hinbringen, nur höchst nothdürftig genährt werden, und, auf ihrem steinharten Lager von zahlreichem Ungeziefer gepeinigt, größtentheils die Hälfte der Nacht schlaflos hinbringen, noch den Muth und so viele körperliche Kraft haben, die anstrengendsten Versuche zum Ausbrechen aus so festem Gewahrsam zu machen; wie sie, während der Arbeiten, theils gegen meine Steckenknechte, theils gegen die Wache die trotzigsten Angriffe wagen; wie sie nächtlicher Weile sich anfallen, einander blutrünstig schlagen, ja oft schwer verwunden. Aber wehe dann diesen Bösewichtern am nächsten Morgen beim Rapporte. Da wird der Angreifende wie der Angegriffene bis an die Hüften entblößt, mit den Händen an eine steinerne Säule geschlossen, und dann vom Steckenknechte mit einer schweren, dichtgeflochtenen Geisel meistens so lange gepeitscht, bis er bewußtlos an der von Blut triefenden Säule lehnt. Und doch genießen diese Erbärmlichen ein noch viel besseres Schicksal, als jene, die in der Mohrenkammer und im Kupfergewölbe, Füße und Hände in Eisen geschmiedet, bei Wasser und Brod, in ewiger Dunkelheit zur lebenslänglichen, arbeitslosen Haft verwahret werden. Darunter habe ich einen gewissen Ilmer, der bereits seit 11 Jahren seinen schauderhaftenKerker noch keinen Augenblick verlassen durfte, der den Tag mit den gräßlichsten Gotteslästerungen beginnt, immer darüber blutig gepeitscht wird, und nach dem letzten Streiche wieder zu lästern anfängt. Eben so“ —

Länger vermochte die mitleidige, gottesfürchtige Frau Elisabeth solche schaudervolle, schmerzlich ergreifende Mittheilungen nicht anzuhören. Rasch unterbrach sie den Redseligen mit der Frage: ob diese Unglücklichen in solch irdischer Hölle nie das Glück und die heilvollen Wohlthaten des Trostes, der Lehre, der Erbauung aus dem Munde eines Priesters genießen dürfen. —

„Daran würde es eben nicht mangeln,“ — erwiederte Herr Hilmer — „denn unserPastor pestilenzialis, der ehrwürdige Herr Magister Jonas Krumholz, ist ein gar eifriger Tröster und Bekehrer, der alle Stunden, die ihm seine Kirchengeschäfte übrig lassen, am Krankenbette oder mit der Belehrung und Besserung recht arger Sünder hinbringt. Aber trotz seines frommen Eifers und trotz aller Selbstbekämpfung vermag er nur selten und nur immer auf sehr kurze Zeit die Gefangenen in der Mohrenkammer und im Kupfergewölbe zu besuchen, da in diesen Kerkern die Luft für jeden, der nicht daran gewöhnt ist, so verpestet und vergiftet ist,daß der ehrwürdige Herr Pestilenzprediger nach jedem solchen Besuche einige Tage auf dem Krankenlager hinbringen und ärztliche Hülfe gebrauchen muß.“ —

Unter dem Vorgeben, noch so manches für die nächtliche Bequemlichkeit des werthen Gastes anordnen zu müssen, entfernte sich jetzt Frau Elisabeth. Sie hatte zu viel gehört, was ihr sanftes, gefühlvolles Herz zu schmerzlich verletzte, und die Furcht noch mehr hören zu müssen, verscheuchte sie aus der Nähe dieses Mannes, der durch seine eisige Kälte und den menschenfeindlichen Hohn und die rauhe Härte, die sich in seinen Mittheilungen so scharf aussprachen, ihr immer anwidernder und furchtbarer wurde.

Auch Förster Krause hatte schon lange satt an dieser unheimlichen Abendunterhaltung und versuchte nun, das Gespräch auf freundliche Gegenstände zu leiten. Aber der Oberprofos war im Zuge und unerschöpflich; er griff nach einer frischen Flasche, und nun mußte sich der Förster die Lebens- und Leidensgeschichte der verruchtesten Bösewichter, die in den höllischen Kerkern der Salomons-Bastei seit Jahren schmachten, weitläufig erzählen lassen; er mußte des Oberprofosen endlose Klagen über die vielen Gefahren und unerträglichen Beschwerdenseines Amtes unter harter Geduldsprobe anhören. Und trotz der Jeremiade über Gefahren und Beschwerden versicherte Herr Hilmer mit schadenfrohem Lachen, daß es nun in seinem Bereiche recht lebhaft werde, da die hochpreißliche Regierung ein allergnädigstes Mandat erlassen habe, durch dessen eifrige und kluge Handhabung in kurzer Zeit eine recht zahlreiche Rotte von Spitzbuben seinem Kommando überliefert werden würde.

„Ich will nun nach meinem treuen Rosse und nach meiner Begleitung sehen, während Sie dieses vortreffliche Mandat lesen sollen!“ — Mit einiger Mühe erhob er sich nach diesen Worten aus dem weichen Lehnstuhle, reichte dem Förster das Mandat und wankte, in Folge des zu reichlich genossenen Weines, mit unsicheren Schritten aus der Stube.

Der Förster las:

„Wir Friedrich Augustus, von GOttes Gnaden, König in Pohlen, Herzog zu Sachsen, Jülich, Cleve, Berg, Engern und Westphalen etc. etc.Chur-Fürst etc. etc.[33]Entbiethen allen und jeden unsern Praelaten, Grafen, Herren, denen von der Ritterschafft, Ober-Creyß-, Haupt- und Amtleuten, Schössern, Verwaltern, Bürgermeistern und Räthen in Städten, Richtern und Schultheissen, auch insgemein allen unsern Unterthanen, unsern Gruß, Gnade und geneigten Willen und fügen Denenselben hiermit zu wissen, wird ihnen auch schon sonst bekannt sein, was massen einige Zeit her, und nur noch kürzlich hin in unserm Churfürstenthum und denselben incorporirten Landen, sowohl in denen Städten, als insonderheit auf dem Lande an vielen Orthen, allerhand gewaltsame Einbrüche geschehen und vielfältige Raub- und Diebereien, theils mit großer Gewaltthätigkeit, auf denen öffentlichen Strassen und Ritter-Sitzen und sonst hin und wieder ausgeübet, auch sogar einige Gerichts-Herren, un andere in Fehdebriefen bedrohet, und dergleichen ihnen verwegener und boshafter-Weise zugeschickt werden. Worauß denn, daß sich eine große Menge räubrisches Diebs-Gesindel zusammengeschlagen haben müsse, abzunehmen; Und wenn solchem Uebel nicht in Zeiten, und mit Nachdruck gesteuert werden solte, zu besorgen stehet, das solcherlei und andere Frevel-Thaten noch mehr begangen und endlich niemand bei dem Seinigen, zumal uffm Lande, un in denen Dörffern ferner sicher, sondern wegen seines Vermögens, auch Leibes und Lebens, in steter Gefahr sein würde, nun ist zwar erinnerlich, wie wir schon vormahlen, um sothanen heillossen, Land-Fried-brüchigen und räuberischen Wesen ernstlich zu steuern un abzuhelfen, unterschiedene Verordnungen undMandata, insonderheit unterm 27. Febr. 1706, wie und auf was Masse solchem leichtfertigen und bösen Volke beizukommen un dasselbe zu vertreiben, oder zu erlangen, als auch wegen der Wirths Häuser, Schenken und Herbergen, daß darinnen keine fremde oder verdächtige Persohnen, ohne vorher beschehe Anzeige, bei denen Gerichts-Herren oder Gerichten des Ortes aufgenommen und beherberget, wie ingleichen nachgehends vom 28. Julij des 1708ten Jahres, daß Niemand, dessen Person, Wesen, und Geschäffte nicht bekannt, über eine Nacht nicht gehauset werden sollte, ins Land ergehen, und publiciren lassen, deme aber entweder gar nicht, oder doch nicht genugsam an befohlener Maasen, nachgelebt worden sein mag; Weil, wie oberwehnet, solch böses und räuberisches Wesen, noch immer zu fortgetrieben, ja jetzo mehr als vorhin jemahls geschehen, ausgeübet wird, und die meiste Schuld hierunter wohl deme mit beizumessen ist, daß alle Fremde un Unbekannte ohne Unterschied, in denen Gasthöfen, Wirths-Häusern und Schenken aufgenommen werden und ihr Unterkommen finden können, ja wohl gar das geraubte und gestohlene Guth von denen Wirthen und andern, mit verparthieret und verheelet wird, dahero wir aus Landes-Väterlichen Vorsorge, so wie für unsere Lande und Leute Wohlfahrt, und Aufnehmen, auch die allgemeine Sicherheit allezeit, beständig tragen, der Nothdurft befunden, sowohl obangezogene unsereMandataund heilsame Verordnungen nochmals zurenoviren, deren Inhalt nach, hiedurch anderweit zu wiederhohlen, und nachfolgender maasen zu verbessern und zu schärffen, als auch allen unsern Beamten, Gerichts-Herren, und Obrigleiten hiermit abermahlen ernst un nachdrücklich zu befehlen, daß sie, und zwar die Räthe in denen Städten, die Häuser zum öffternvisitirenund, wenn Leute, so keine gewisse Handthierung haben, oder worvon sie sich sonst ehrlich und redlich erhalten, nicht anzugeben wissen und beizubringen vermögen, angetroffen werden, selbige alsofort in Verhaft nehmen, wegen dererselbigen vorherigen Verhaltens genaue Erkundigung einziehen, und nach Befinden wieder sie gebührend verfahren, die Gerichts- und andern Obrigkeiten uffm Lande aber, die unter ihrerjurisdictionbefindlichen Schenken und andere Wirthe, so Fremde beherbergen oder bei denen dergleichen einzukehren pflegen, darauf, daß sie alle Abende, wenn welche bei ihnen, denen Gerichts-Herren selbst oder auch in deren Abwesenheit und Entlegenheit, wenigstensbei denen Pachtern, Verwaltern, Richtern, Schöppen, und übrigen Gerichts-Persohnen, allemal richtig anzeigen und angeben solten, verpflichten lassen, immassen wir denn wenn ein Gast- und Hauswirth, oder ein anderer dergleichen böse Leute wissentlich aufnehmen, und verheelen solte, denselben, nach Befinden, mit Leibes- auch wohl Lebensstrafe, gleich denen Räubern selbst, belegen lassen wollen, diese hingegen, wenn einiger Verdacht, oder wiedrige Vermuthung wider die angekommenen Fremden und Unbekannten vorhanden, oder sich sonst herfür thun möchte, sich dererselben Personen, und bei sich habender Sachen alsofort versichern, sie in genaue Verwahrung bringen lassen, ihrenthalben weiterinquiriren, und ferner behörig verfahren sollen, und da ein Gerichts-Herr oder Beamter befunden werden solte, welcher sich diesfalls seiner Pflicht gemäß nicht bezeiget, oder durch dessen Verschulden, dergleichen Räuberischen Gesindel sich zu salviren die Zeit und Gelegenheit gegeben worden wäre, ein solcher Gerichts-Herr wie auch Beamter soll das erste mal mit einer Geldstrafe von 100 Thalern, das andere mal aber der Gerichts-Herr mit Verliehrung seiner Gerichte auf eine Zeitlang oder auch wohl gänzlich, und der Beamte seines Dienstes, nebst noch anderer willkührlicher Strafe nach Befindung der Sache, angesehen werden: Nicht weniger sind auch die sämmtlichen Inwohner, bevorab auf dem Lande, und in denen Dörfern dahin zu ermahnen und anzuweisen, auf alle und jede Fremde und Verdächtige, so sich bei ihnen und in ihren Gegenden sehen lassen, ebenmäßig genaue Acht zu haben und auch hievon bei denen Gerichts-Herren oder Gerichten ungesäumte Anzeige zu machen, widrigens und da sich äußern sollte, daß jemand diese Anzeige nicht gethan, wider selbigen soll mit ernster, auch befundenen Dingen nach mit Leibes-Strafe verfahren: Dargegen aber auch einen solchen der dergleichen Anzeigung thut, gestalten Sachen nach, deren bei denen angezeigten Räubern befundenen Mobilien, wenn ein anderer dasDominiumdarzu nicht genüglich beweisen könnte, auf welchen Fall, gleichwohl von jedweden, der eingebracht wird, 10 Rthler aus Unserer Obersteuer-Einnahme gereichet werden sollen, das andere Drittheil denen jenigen so zu Einholung desselben die Folge geleistet, zu gute kommen, das Uebrige aber zu Bestreitung derer, bei solchemCasu, etwan gemachten Unkosten angewendet werden.Wir befehlen und verordnen über dieses noch ferner hiermit, daß zuvörderst in denen Dörffern auch denen kleinen offenen Städtgen gewisse Wächter, undzwar deren wenigstens zweene, oder nach Gelegenheit der Größe oder Situation der Oerter, mehrere derselben so allerseits mit tüchtiger Wehre zu versehen bestellt werden, welche ordentlich, so wohl des Tages als des Nachts, und zwar des Nachts, wie auch unter währenden GOttes Dienstes stärker, als um welche Zeit die Leute meistens von ihren Häusern entfernt, mithin die Gefahr, wie auch Gelegenheit zum Stehlen um so viel größer ist, herumgehen, und wo sie was merken bei der Gemeinde Lärmen machen, selbige, wenn es in der Nacht geschiehet, aufwecken, und zur Hilfe rufen, auch bei dergleichen sich hervor thuender großen Unsicherheit im Lande, jedoch nur so lange wie sie währet, und wenn die Unterthanen dazu sonst nicht auf eine oder andere Art verbunden, und gehalten sein, ohne Folgerung, die Ritter-Sitze und Höfe, wie solches ohne dem in der Landes-Constitutionparte 2 da Constitut. 51.enthalten sein, zugleich mit bewachen, sonst aber jegliche halbe Stunde, gleichwie, in denen Städten geschiehet, mit einem Horn an denen dazu beniemten Orten, zum Beweiß ihrer Wachsamkeit, und daß noch nichts Verdächtiges wahrgenommen worden, ein Zeichen und Laut von sich geben sollen.Uebrigens ist durchgehends im Lande die ungesäumte Verfügung und Anstalt zu machen, daß, wenneiniges Räuber- und Diebsgesindel, deren Kleidungen, dem Vernehmen nach, auf solcher Art gemachet sein sollten, daß sie selbige sogleich umwenden, und auff beeden Seiten tragen, folglich sich darmit, wenn es nöthige alsobald verstellen können, sich sollte blicken lassen, selbigem also gleich, um sie zur Haft zu bringen, und fest zu machen, benöthigten Falles mit Zuziehung bewehrter Mannschaft, deren einige wohl gar beritten zu machen, und darmit auch die benachbarten Dörfer also fort zusammen kommen und hülfliche Hand bieten können, mit dem Glocken-Schlage zu verfolgen, fleißig nachgestellet, auch, da nöthig zu schleuniger Aufbietung der Amts-Folge und anderer bedürffender Anstalten, in Unsere nächst angelegene Aemter, oder andere Gerichte, benöthigte unverzügliche Nachricht, entweder durch abzufertigen habenden Boten, zu Fuß, oder zu Pferde, wie solches die Zeit und Gelegenheit leidet, ertheilet, zugleich die dergestalt verdächtig-verspührten Personen, damit sie, wenn sie anderwärts hin sichsalvirensollten, also gleich erkennet werden, an ihren Kleidungen, auch sonsten beschrieben, der Orth, wo solche benachbarte Gemeinden, mit der Folge ohngefehr sich zu stellen haben, benennet, hiernächst von denjenigen Gemeinden, an welche die erste Nachricht dergestalt ertheilet worden, davon, aus eben dergleichen Art, die ihnen nächstgelegenen Dörfer, und so ferner, in so weit es nöthig erachtet wird, benachrichtiget, und, da die Gerichts-Herren, Beamte, oder Gemeinden, hierinnen sich säumig, oder sonsten ihrer unterthänigsten Schuldigkeit gemäß, nicht bezeigen sollten, wider selbige mit schon obberührter Strafe verfahren. Wie nicht weniger wenn sich einige merken ließen, von denen, daß sie zu einer Räuberbande oder Diebsrotte gehören, starker Verdacht vorhanden, auff selbige, wenn sie sich zu gefährlicher Wehre oder mit Gewalt, aller Warnung ungeachtet, widersetzen, und sie ohne Gegen-Gewalt, und andere Gestalt nicht, zur Haft zu bringen sein möchten, allenfalls Feuer gegeben, und ihnen dadurch Verwundungen beigebracht, oder sie wohl gar darnieder geschossen, oder todt geschlagen, insonderheit, damit sie sich, wie bishero geschehen, in denen Wäldern, nicht aufhalten können, diese fleißig, und zwar, so viel die Unsrigen betrifft, damit an denenselben und an der Wild-Bahn Uns kein Schaden zugezogen werde, mit Zuziehung, und unter der Anführung Unserer Jagd und Forst-Bedienten, die Wir hierzu absonderlich befehliget haben, wobei auch zugleich entweder Unsere Beamten selbst, oder doch einige Personen, so beim Amte verpflichtet, mit zugegen sein, und die Amts-Land- und Stadt-Knechte mit ihren Fesseln und Banden dahin mitgenommenwerden sollen, durchsuchet und durchzogen, wenn darinnen Unbekannte, so Schießgewehre bei sich haben, angehalten. Nicht minder auch von denen Fehr- und Schiff- auch anderen Leuten, so an denen Strömen und Flüssen, sonderlich an der Mulda als woselbst sich dergleichen böses Volk am meisten blicken lassen soll, wohnen, bei Strafe des Vestungs-Baues, niemand ohne richtigen Obrigkeitlichen Paß, weder bei Tag noch Nacht über geführet: Sondern dergleichen Personen bei denen Beamten oder Gerichts-Herren also gleich anzeiget, und von diesen angehalten, das Schiß-Geveße und Kähne auch nicht so bloß auf denen Strömen und Flüssen, damit sich deren nicht selbst zur Ueberfahrt bedienen können, gelassen, sondern angeschlossen und feste gemacht werden, und wenn, wie allbereit verlauten wollen, die hin und wieder gehenden Posten unterwegs angegriffen werden sollten, ist solches alsofort von denenPassagieresund Postillons in denen nächsten Gerichten und Orten wo sie am ersten darauf zu kommen unverzüglich anzugeben und von selbiger Orts-Obrigkeit, alsofort ohne dem geringsten Zeitverlust, denen Räubern jetzt vorgeschriebener maassen, fleißig nachzusehen, weilen auch hiernächst zu vermuthen, daß sothane allerseits Anstalten bei einem oder andern Gerichts-Herren und Obrigkeit, da zumal die Räuber und Diebe sich stark zusammen halten, und in Anzahl mit einander kommen, oder angetroffen werden sollten, nicht genugsam zulänglich sein dürften, oder auch wohl gar darbei, und sie anzugreiffen, oder sich ihrer zu bemächtigen, einige Gefahr und Furcht vorhanden sein möchte, als haben so denn erwähnte Gerichts-Obrigkeiten zu dem Ende, und auf benöthigten Fall, die nächsten Beamten, oder ander Gerichte — um Assistenz hierunter schrifft- oder mündlich, nachdem es die Zeit und Beschaffenheit der Umstände zulassen, oder erfordern will, zu requiriren und zu ersuchen, als welches niemanden, an der, ihm sonst zustehenden Gerichtsbarkeit, und habende Befugniß, präjudiciren soll; diese aber ihnen hierauf mit aller Neben-Anstalt, Mannschaft und Gewehr, auch andern Bedürfnisse und Verfügung, nach äußersten Möglichkeit willigst beizustehen, und hilfreiche Hand zu leisten, kraft dieses befehlichet sein sollen, woferne auch von solchem Landräubereischen Diebs-Gesindel ihrer so viel ertappet, und eingefangen würden, daß die Gerichts-Obrigkeit ufm Lande, so solche bekäme; selbige bei sich, und in ihren Gerichten, ermangelnder Behältnisse und anderer mit einlaufenden Umstände halber, nicht sicher genug, oder allezusammen verwahren könnte, so können wir geschehen lassen, daß sie dieselben an Unsere ihnen nächstbenachbarte Aemter überliefern, und abgeben mögen, Unsern Beamten aber, selbige unweigerlich anzunehmen, und sie bei ihnen inmittelst feste zu verwahren, also fort aber an unsere Landes-Regierung, allhier zu fernerer Resolution bei Tag und Nacht ungesäumt ihren Bericht zu erstatten hiermit schuldig und gehalten sein sollen. Da denn sofort ohne Weitläufigkeit wider sie zu verfahren. Und weilen durch dergleichen Einbrüche gewaltsame Thaten und Räubereien nicht nur der öffentliche Land- und Hausfriede gebrochen wird, sondern auch solche gemeiniglich des Nachts geschehen, und die Erfahrung zugleich bezeuget, daß Unterschiedene, so dieses Unglück betroffen, sowohl ihres Vermögens beraubet, als auch um selbiges anzugeben, insgleichen kein Geschrei und Aufrufen zu machen, bis auf den Tod gepeiniget, geschlagen und verwundet worden, solchem nach aber, daß dieses böse zusammen rottirte Volk darbei zugleichanimum occidendihabe offenbahr, so sollen sodann diejenigen, welche bei dergleichen That und Rotte angetroffen und verfolget werden, ohne Unterschied, ob sie solche selbst verübet, oder nur auf der Wacht gestanden, ingleichen, ob sie was von dem Raube genossen oder nicht, an dem Leben, nach Beschaffenheit der vorfallenden Umstände durch den Strang oder Rad gestrafet, dieseStrafe auch an der Landstraße, der Stadt oder Dorfes, wo die That geschehen, exquiret werden. Worbei es denn auf ihr eigen Bekenntniß, und daß solchespraecise extorquirtwerden müsse, eben nicht ankommen, sondern genug sein soll, daß sie bei dergleichen Gelegenheit ertappet werden; Gestallt den auch nicht minder bei solchen Personen, wider welche ein zugänglicher Verdacht, daß sie von dergleichen Banden sein möchten, füglich zu fassen, der starke Staupen-Schlag, und noch darauf der Vestungs-Bau — statt haben soll, wann bei ihnen die zu gewaltsamen Einbrüchen brauchende Instrumente, von Brech-Stangen und dergleichen, oder auch einige von denen geraubten Sachen, welche der Eigenthums-Herr, deme sie geraubet worden, eidlich beschweret, oder dessen er sonst durch zwei tüchtige Zeugen zu überführen, befunden werden, und der Beschuldigte nicht sofortincontinentibeibringen kann, wie auf was Art er zu denenselber rechtmässiger Weise gekommen, da denn das selbst eigene Geständniß ebenermaßen nicht nöthig, und haben wir, daß unsere Schöppen-Stühle und andere RechtsColegia in sententionando, sich hiernach achten sollen, an dieselben Verordnung gethan.Ferner soll das, in großer Anzahl, aus andern, in unserem Lande sich hereingezogene, und faßt durchgehends sich befindliche viele Bettel-Volk undVagantendurch jedes Ortsgerichts-Hülfe, aus einander getrieben, die so hiesige Unterthanen, und im Lande geboren sein, im Fall sie solches durch richtige Zeugnisse worunter aber diejenigen, so von denen Richtern und Gemeinden in denen Dörfern ertheilet und ausgestellt werden, nicht paßiren sollen, oder vor gültig zu halten sind, darthun und erweisen können, in die Städte, Flecken, und Dörfer, woher sie gebürtig oder, wo sie sich sonsten aufgehalten haben, zurück verwiesen, durch zulängliche Personen von einem Orte zum andern biß dahin geschaffet, und da sich findet, daß sie desfalls etwas falsches angegeben, sogleich zur Haft gebracht, und zu weiterer Verordnung zu unserer Landes-Regierung, Bericht erstattet, sonst aber daselbst zur Arbeit angehalten, oder nothdürftig verpfleget, die fremden und müssigen Bettler aber, auf jetzt erwähnter maasse, von einem Ort zum andern, unter ernster Bedrohung, daferne sie in hiesigen Landen, beim Bettlen wieder betreten werden, sie mit scharfer, auch befindenden Dingen nach, mit Leibes-Straffe, als Staupen-Schlag und dergleichen, beleget werden sollten, über die Gränze und wieder außm Lande geschaffet, auch diejenigen, welche mit Ungestüm das Almosen fordern, und wenn ihnen solches nicht also gleich, oder ihrem unverschämtenVerlangen nach, nicht genug gegeben und gereichet wird, darmit nicht zufrieden sein wollen, und sich trotziger oder bedrohlicher Worte vernehmen lassen, oder gar in der That sich dergestalt wieder diejenigen, so ihnen nach ihrem Armuth oder Vermögen doch etwas geben, oder sie gar, nach Beschaffenheit abweisen, ungebührlich bezeigen, durchgehends aber, und ohne Unterschied alle Bettlere, so mit Degen oder Schieß-Gewehre versehen, also gleich in Verhaft genommen, jedoch diejenigen, so durch Krieg vertrieben, oder sonsten aus Verfolgung und anderer Mitleidens-würdiger Noth und Drangsal in unsere Lande sich zu begeben und darinnen Aufenthalt und Unterkommen zu suchen, wahrhaftig und in der That genöthigt worden, zwar noch zur Zeit, wenn sie ihres Armuths- und Beschaffenheit halber, glaubwürdige Zeugniß vorzuzeigen haben, längstens noch eine Zeit von 4 Wochena dato publicationisdieses unsers Mandats an, wenn sie sich freiwillig eher wegbegeben wollen, geduldet und gelitten, nach Verfließung derselben aber, es mit ihnen, gleichwie von andern nur obgemeldet, gehalten. Das unverschämte langweilige Betteln aber ihnen untersaget, und verwehret, und sie hingegen zur Hand- und anderer Arbeit worzu sie tüchtig und geschickt, anhalten und angewiesen, auch sollen die Unkosten, so unsere Beamtenbei einer oder anderer dergleichen Veranstaltung nothwendig und unumgänglich aufwenden und verlegen möchten, ihnen auf ihre, hierüber zu unserer Landes-Regierung erstattete Berichte, aus unserer Cammer wieder erstattet und bezahlt werden.Schlüßlich leben wir auch noch zu allen und jeden Gerichts-Obrigkeiten und unseren sämmtlichen getreuen Unterthanen, des gnädigsten Vertrauens, sie werden sowohl das, von uns hierinnen, und vormals anbefohlene, genau und allenthalben bestens beobachten, und demselben durchgehends gehorsamst nachkommen, als auch was sie sonst zu Erreichung des hierunterführenden heilsamen Absehens, der sich ereignenden Beschaffenheit nach, vor nützlich, nöthig und zuträglich befunden werden, von selbsten anzuwenden, vorzukehren, und zu veranstalten auch an Hand zu geben, vornehmlich aber, wie das Räuberische Diebs-Gesindel auszukundschafften und zu ertappen, oder fortzujagen, und zu vertreiben, möglichst bemühet sein, auch hierzu sich um so viel mehr willigst anstellten, und bereit erfinden lassen, als wohl hierunter die löbliche Absicht zu ihrer selbst eigenen und des IhrigenConservationgeführet; Mithin zugleich die allgemeine Landes-Sicherheit befördert, und festgestellt wird, wornach sich jedermänniglich zu achten, auch vor Schaden,und bey Unterlassung seiner Schuldigkeit und Pflicht hierunter, für schwerer Bestrafung zu hüten, und wohl für zusehen hat; Des zur Urkund ist dieses mit unserm Königl. Chur-Secretbesiegelt, und geben zu Dreßden, am16. Sept. Anno 1710.EgonFürst zu Fürstenberg.Otto Heinrich Freyherr von Friesen.Johan Christoph Günther.“S.

„Wir Friedrich Augustus, von GOttes Gnaden, König in Pohlen, Herzog zu Sachsen, Jülich, Cleve, Berg, Engern und Westphalen etc. etc.

Chur-Fürst etc. etc.

[33]Entbiethen allen und jeden unsern Praelaten, Grafen, Herren, denen von der Ritterschafft, Ober-Creyß-, Haupt- und Amtleuten, Schössern, Verwaltern, Bürgermeistern und Räthen in Städten, Richtern und Schultheissen, auch insgemein allen unsern Unterthanen, unsern Gruß, Gnade und geneigten Willen und fügen Denenselben hiermit zu wissen, wird ihnen auch schon sonst bekannt sein, was massen einige Zeit her, und nur noch kürzlich hin in unserm Churfürstenthum und denselben incorporirten Landen, sowohl in denen Städten, als insonderheit auf dem Lande an vielen Orthen, allerhand gewaltsame Einbrüche geschehen und vielfältige Raub- und Diebereien, theils mit großer Gewaltthätigkeit, auf denen öffentlichen Strassen und Ritter-Sitzen und sonst hin und wieder ausgeübet, auch sogar einige Gerichts-Herren, un andere in Fehdebriefen bedrohet, und dergleichen ihnen verwegener und boshafter-Weise zugeschickt werden. Worauß denn, daß sich eine große Menge räubrisches Diebs-Gesindel zusammengeschlagen haben müsse, abzunehmen; Und wenn solchem Uebel nicht in Zeiten, und mit Nachdruck gesteuert werden solte, zu besorgen stehet, das solcherlei und andere Frevel-Thaten noch mehr begangen und endlich niemand bei dem Seinigen, zumal uffm Lande, un in denen Dörffern ferner sicher, sondern wegen seines Vermögens, auch Leibes und Lebens, in steter Gefahr sein würde, nun ist zwar erinnerlich, wie wir schon vormahlen, um sothanen heillossen, Land-Fried-brüchigen und räuberischen Wesen ernstlich zu steuern un abzuhelfen, unterschiedene Verordnungen undMandata, insonderheit unterm 27. Febr. 1706, wie und auf was Masse solchem leichtfertigen und bösen Volke beizukommen un dasselbe zu vertreiben, oder zu erlangen, als auch wegen der Wirths Häuser, Schenken und Herbergen, daß darinnen keine fremde oder verdächtige Persohnen, ohne vorher beschehe Anzeige, bei denen Gerichts-Herren oder Gerichten des Ortes aufgenommen und beherberget, wie ingleichen nachgehends vom 28. Julij des 1708ten Jahres, daß Niemand, dessen Person, Wesen, und Geschäffte nicht bekannt, über eine Nacht nicht gehauset werden sollte, ins Land ergehen, und publiciren lassen, deme aber entweder gar nicht, oder doch nicht genugsam an befohlener Maasen, nachgelebt worden sein mag; Weil, wie oberwehnet, solch böses und räuberisches Wesen, noch immer zu fortgetrieben, ja jetzo mehr als vorhin jemahls geschehen, ausgeübet wird, und die meiste Schuld hierunter wohl deme mit beizumessen ist, daß alle Fremde un Unbekannte ohne Unterschied, in denen Gasthöfen, Wirths-Häusern und Schenken aufgenommen werden und ihr Unterkommen finden können, ja wohl gar das geraubte und gestohlene Guth von denen Wirthen und andern, mit verparthieret und verheelet wird, dahero wir aus Landes-Väterlichen Vorsorge, so wie für unsere Lande und Leute Wohlfahrt, und Aufnehmen, auch die allgemeine Sicherheit allezeit, beständig tragen, der Nothdurft befunden, sowohl obangezogene unsereMandataund heilsame Verordnungen nochmals zurenoviren, deren Inhalt nach, hiedurch anderweit zu wiederhohlen, und nachfolgender maasen zu verbessern und zu schärffen, als auch allen unsern Beamten, Gerichts-Herren, und Obrigleiten hiermit abermahlen ernst un nachdrücklich zu befehlen, daß sie, und zwar die Räthe in denen Städten, die Häuser zum öffternvisitirenund, wenn Leute, so keine gewisse Handthierung haben, oder worvon sie sich sonst ehrlich und redlich erhalten, nicht anzugeben wissen und beizubringen vermögen, angetroffen werden, selbige alsofort in Verhaft nehmen, wegen dererselbigen vorherigen Verhaltens genaue Erkundigung einziehen, und nach Befinden wieder sie gebührend verfahren, die Gerichts- und andern Obrigkeiten uffm Lande aber, die unter ihrerjurisdictionbefindlichen Schenken und andere Wirthe, so Fremde beherbergen oder bei denen dergleichen einzukehren pflegen, darauf, daß sie alle Abende, wenn welche bei ihnen, denen Gerichts-Herren selbst oder auch in deren Abwesenheit und Entlegenheit, wenigstensbei denen Pachtern, Verwaltern, Richtern, Schöppen, und übrigen Gerichts-Persohnen, allemal richtig anzeigen und angeben solten, verpflichten lassen, immassen wir denn wenn ein Gast- und Hauswirth, oder ein anderer dergleichen böse Leute wissentlich aufnehmen, und verheelen solte, denselben, nach Befinden, mit Leibes- auch wohl Lebensstrafe, gleich denen Räubern selbst, belegen lassen wollen, diese hingegen, wenn einiger Verdacht, oder wiedrige Vermuthung wider die angekommenen Fremden und Unbekannten vorhanden, oder sich sonst herfür thun möchte, sich dererselben Personen, und bei sich habender Sachen alsofort versichern, sie in genaue Verwahrung bringen lassen, ihrenthalben weiterinquiriren, und ferner behörig verfahren sollen, und da ein Gerichts-Herr oder Beamter befunden werden solte, welcher sich diesfalls seiner Pflicht gemäß nicht bezeiget, oder durch dessen Verschulden, dergleichen Räuberischen Gesindel sich zu salviren die Zeit und Gelegenheit gegeben worden wäre, ein solcher Gerichts-Herr wie auch Beamter soll das erste mal mit einer Geldstrafe von 100 Thalern, das andere mal aber der Gerichts-Herr mit Verliehrung seiner Gerichte auf eine Zeitlang oder auch wohl gänzlich, und der Beamte seines Dienstes, nebst noch anderer willkührlicher Strafe nach Befindung der Sache, angesehen werden: Nicht weniger sind auch die sämmtlichen Inwohner, bevorab auf dem Lande, und in denen Dörfern dahin zu ermahnen und anzuweisen, auf alle und jede Fremde und Verdächtige, so sich bei ihnen und in ihren Gegenden sehen lassen, ebenmäßig genaue Acht zu haben und auch hievon bei denen Gerichts-Herren oder Gerichten ungesäumte Anzeige zu machen, widrigens und da sich äußern sollte, daß jemand diese Anzeige nicht gethan, wider selbigen soll mit ernster, auch befundenen Dingen nach mit Leibes-Strafe verfahren: Dargegen aber auch einen solchen der dergleichen Anzeigung thut, gestalten Sachen nach, deren bei denen angezeigten Räubern befundenen Mobilien, wenn ein anderer dasDominiumdarzu nicht genüglich beweisen könnte, auf welchen Fall, gleichwohl von jedweden, der eingebracht wird, 10 Rthler aus Unserer Obersteuer-Einnahme gereichet werden sollen, das andere Drittheil denen jenigen so zu Einholung desselben die Folge geleistet, zu gute kommen, das Uebrige aber zu Bestreitung derer, bei solchemCasu, etwan gemachten Unkosten angewendet werden.

Wir befehlen und verordnen über dieses noch ferner hiermit, daß zuvörderst in denen Dörffern auch denen kleinen offenen Städtgen gewisse Wächter, undzwar deren wenigstens zweene, oder nach Gelegenheit der Größe oder Situation der Oerter, mehrere derselben so allerseits mit tüchtiger Wehre zu versehen bestellt werden, welche ordentlich, so wohl des Tages als des Nachts, und zwar des Nachts, wie auch unter währenden GOttes Dienstes stärker, als um welche Zeit die Leute meistens von ihren Häusern entfernt, mithin die Gefahr, wie auch Gelegenheit zum Stehlen um so viel größer ist, herumgehen, und wo sie was merken bei der Gemeinde Lärmen machen, selbige, wenn es in der Nacht geschiehet, aufwecken, und zur Hilfe rufen, auch bei dergleichen sich hervor thuender großen Unsicherheit im Lande, jedoch nur so lange wie sie währet, und wenn die Unterthanen dazu sonst nicht auf eine oder andere Art verbunden, und gehalten sein, ohne Folgerung, die Ritter-Sitze und Höfe, wie solches ohne dem in der Landes-Constitutionparte 2 da Constitut. 51.enthalten sein, zugleich mit bewachen, sonst aber jegliche halbe Stunde, gleichwie, in denen Städten geschiehet, mit einem Horn an denen dazu beniemten Orten, zum Beweiß ihrer Wachsamkeit, und daß noch nichts Verdächtiges wahrgenommen worden, ein Zeichen und Laut von sich geben sollen.

Uebrigens ist durchgehends im Lande die ungesäumte Verfügung und Anstalt zu machen, daß, wenneiniges Räuber- und Diebsgesindel, deren Kleidungen, dem Vernehmen nach, auf solcher Art gemachet sein sollten, daß sie selbige sogleich umwenden, und auff beeden Seiten tragen, folglich sich darmit, wenn es nöthige alsobald verstellen können, sich sollte blicken lassen, selbigem also gleich, um sie zur Haft zu bringen, und fest zu machen, benöthigten Falles mit Zuziehung bewehrter Mannschaft, deren einige wohl gar beritten zu machen, und darmit auch die benachbarten Dörfer also fort zusammen kommen und hülfliche Hand bieten können, mit dem Glocken-Schlage zu verfolgen, fleißig nachgestellet, auch, da nöthig zu schleuniger Aufbietung der Amts-Folge und anderer bedürffender Anstalten, in Unsere nächst angelegene Aemter, oder andere Gerichte, benöthigte unverzügliche Nachricht, entweder durch abzufertigen habenden Boten, zu Fuß, oder zu Pferde, wie solches die Zeit und Gelegenheit leidet, ertheilet, zugleich die dergestalt verdächtig-verspührten Personen, damit sie, wenn sie anderwärts hin sichsalvirensollten, also gleich erkennet werden, an ihren Kleidungen, auch sonsten beschrieben, der Orth, wo solche benachbarte Gemeinden, mit der Folge ohngefehr sich zu stellen haben, benennet, hiernächst von denjenigen Gemeinden, an welche die erste Nachricht dergestalt ertheilet worden, davon, aus eben dergleichen Art, die ihnen nächstgelegenen Dörfer, und so ferner, in so weit es nöthig erachtet wird, benachrichtiget, und, da die Gerichts-Herren, Beamte, oder Gemeinden, hierinnen sich säumig, oder sonsten ihrer unterthänigsten Schuldigkeit gemäß, nicht bezeigen sollten, wider selbige mit schon obberührter Strafe verfahren. Wie nicht weniger wenn sich einige merken ließen, von denen, daß sie zu einer Räuberbande oder Diebsrotte gehören, starker Verdacht vorhanden, auff selbige, wenn sie sich zu gefährlicher Wehre oder mit Gewalt, aller Warnung ungeachtet, widersetzen, und sie ohne Gegen-Gewalt, und andere Gestalt nicht, zur Haft zu bringen sein möchten, allenfalls Feuer gegeben, und ihnen dadurch Verwundungen beigebracht, oder sie wohl gar darnieder geschossen, oder todt geschlagen, insonderheit, damit sie sich, wie bishero geschehen, in denen Wäldern, nicht aufhalten können, diese fleißig, und zwar, so viel die Unsrigen betrifft, damit an denenselben und an der Wild-Bahn Uns kein Schaden zugezogen werde, mit Zuziehung, und unter der Anführung Unserer Jagd und Forst-Bedienten, die Wir hierzu absonderlich befehliget haben, wobei auch zugleich entweder Unsere Beamten selbst, oder doch einige Personen, so beim Amte verpflichtet, mit zugegen sein, und die Amts-Land- und Stadt-Knechte mit ihren Fesseln und Banden dahin mitgenommenwerden sollen, durchsuchet und durchzogen, wenn darinnen Unbekannte, so Schießgewehre bei sich haben, angehalten. Nicht minder auch von denen Fehr- und Schiff- auch anderen Leuten, so an denen Strömen und Flüssen, sonderlich an der Mulda als woselbst sich dergleichen böses Volk am meisten blicken lassen soll, wohnen, bei Strafe des Vestungs-Baues, niemand ohne richtigen Obrigkeitlichen Paß, weder bei Tag noch Nacht über geführet: Sondern dergleichen Personen bei denen Beamten oder Gerichts-Herren also gleich anzeiget, und von diesen angehalten, das Schiß-Geveße und Kähne auch nicht so bloß auf denen Strömen und Flüssen, damit sich deren nicht selbst zur Ueberfahrt bedienen können, gelassen, sondern angeschlossen und feste gemacht werden, und wenn, wie allbereit verlauten wollen, die hin und wieder gehenden Posten unterwegs angegriffen werden sollten, ist solches alsofort von denenPassagieresund Postillons in denen nächsten Gerichten und Orten wo sie am ersten darauf zu kommen unverzüglich anzugeben und von selbiger Orts-Obrigkeit, alsofort ohne dem geringsten Zeitverlust, denen Räubern jetzt vorgeschriebener maassen, fleißig nachzusehen, weilen auch hiernächst zu vermuthen, daß sothane allerseits Anstalten bei einem oder andern Gerichts-Herren und Obrigkeit, da zumal die Räuber und Diebe sich stark zusammen halten, und in Anzahl mit einander kommen, oder angetroffen werden sollten, nicht genugsam zulänglich sein dürften, oder auch wohl gar darbei, und sie anzugreiffen, oder sich ihrer zu bemächtigen, einige Gefahr und Furcht vorhanden sein möchte, als haben so denn erwähnte Gerichts-Obrigkeiten zu dem Ende, und auf benöthigten Fall, die nächsten Beamten, oder ander Gerichte — um Assistenz hierunter schrifft- oder mündlich, nachdem es die Zeit und Beschaffenheit der Umstände zulassen, oder erfordern will, zu requiriren und zu ersuchen, als welches niemanden, an der, ihm sonst zustehenden Gerichtsbarkeit, und habende Befugniß, präjudiciren soll; diese aber ihnen hierauf mit aller Neben-Anstalt, Mannschaft und Gewehr, auch andern Bedürfnisse und Verfügung, nach äußersten Möglichkeit willigst beizustehen, und hilfreiche Hand zu leisten, kraft dieses befehlichet sein sollen, woferne auch von solchem Landräubereischen Diebs-Gesindel ihrer so viel ertappet, und eingefangen würden, daß die Gerichts-Obrigkeit ufm Lande, so solche bekäme; selbige bei sich, und in ihren Gerichten, ermangelnder Behältnisse und anderer mit einlaufenden Umstände halber, nicht sicher genug, oder allezusammen verwahren könnte, so können wir geschehen lassen, daß sie dieselben an Unsere ihnen nächstbenachbarte Aemter überliefern, und abgeben mögen, Unsern Beamten aber, selbige unweigerlich anzunehmen, und sie bei ihnen inmittelst feste zu verwahren, also fort aber an unsere Landes-Regierung, allhier zu fernerer Resolution bei Tag und Nacht ungesäumt ihren Bericht zu erstatten hiermit schuldig und gehalten sein sollen. Da denn sofort ohne Weitläufigkeit wider sie zu verfahren. Und weilen durch dergleichen Einbrüche gewaltsame Thaten und Räubereien nicht nur der öffentliche Land- und Hausfriede gebrochen wird, sondern auch solche gemeiniglich des Nachts geschehen, und die Erfahrung zugleich bezeuget, daß Unterschiedene, so dieses Unglück betroffen, sowohl ihres Vermögens beraubet, als auch um selbiges anzugeben, insgleichen kein Geschrei und Aufrufen zu machen, bis auf den Tod gepeiniget, geschlagen und verwundet worden, solchem nach aber, daß dieses böse zusammen rottirte Volk darbei zugleichanimum occidendihabe offenbahr, so sollen sodann diejenigen, welche bei dergleichen That und Rotte angetroffen und verfolget werden, ohne Unterschied, ob sie solche selbst verübet, oder nur auf der Wacht gestanden, ingleichen, ob sie was von dem Raube genossen oder nicht, an dem Leben, nach Beschaffenheit der vorfallenden Umstände durch den Strang oder Rad gestrafet, dieseStrafe auch an der Landstraße, der Stadt oder Dorfes, wo die That geschehen, exquiret werden. Worbei es denn auf ihr eigen Bekenntniß, und daß solchespraecise extorquirtwerden müsse, eben nicht ankommen, sondern genug sein soll, daß sie bei dergleichen Gelegenheit ertappet werden; Gestallt den auch nicht minder bei solchen Personen, wider welche ein zugänglicher Verdacht, daß sie von dergleichen Banden sein möchten, füglich zu fassen, der starke Staupen-Schlag, und noch darauf der Vestungs-Bau — statt haben soll, wann bei ihnen die zu gewaltsamen Einbrüchen brauchende Instrumente, von Brech-Stangen und dergleichen, oder auch einige von denen geraubten Sachen, welche der Eigenthums-Herr, deme sie geraubet worden, eidlich beschweret, oder dessen er sonst durch zwei tüchtige Zeugen zu überführen, befunden werden, und der Beschuldigte nicht sofortincontinentibeibringen kann, wie auf was Art er zu denenselber rechtmässiger Weise gekommen, da denn das selbst eigene Geständniß ebenermaßen nicht nöthig, und haben wir, daß unsere Schöppen-Stühle und andere RechtsColegia in sententionando, sich hiernach achten sollen, an dieselben Verordnung gethan.

Ferner soll das, in großer Anzahl, aus andern, in unserem Lande sich hereingezogene, und faßt durchgehends sich befindliche viele Bettel-Volk undVagantendurch jedes Ortsgerichts-Hülfe, aus einander getrieben, die so hiesige Unterthanen, und im Lande geboren sein, im Fall sie solches durch richtige Zeugnisse worunter aber diejenigen, so von denen Richtern und Gemeinden in denen Dörfern ertheilet und ausgestellt werden, nicht paßiren sollen, oder vor gültig zu halten sind, darthun und erweisen können, in die Städte, Flecken, und Dörfer, woher sie gebürtig oder, wo sie sich sonsten aufgehalten haben, zurück verwiesen, durch zulängliche Personen von einem Orte zum andern biß dahin geschaffet, und da sich findet, daß sie desfalls etwas falsches angegeben, sogleich zur Haft gebracht, und zu weiterer Verordnung zu unserer Landes-Regierung, Bericht erstattet, sonst aber daselbst zur Arbeit angehalten, oder nothdürftig verpfleget, die fremden und müssigen Bettler aber, auf jetzt erwähnter maasse, von einem Ort zum andern, unter ernster Bedrohung, daferne sie in hiesigen Landen, beim Bettlen wieder betreten werden, sie mit scharfer, auch befindenden Dingen nach, mit Leibes-Straffe, als Staupen-Schlag und dergleichen, beleget werden sollten, über die Gränze und wieder außm Lande geschaffet, auch diejenigen, welche mit Ungestüm das Almosen fordern, und wenn ihnen solches nicht also gleich, oder ihrem unverschämtenVerlangen nach, nicht genug gegeben und gereichet wird, darmit nicht zufrieden sein wollen, und sich trotziger oder bedrohlicher Worte vernehmen lassen, oder gar in der That sich dergestalt wieder diejenigen, so ihnen nach ihrem Armuth oder Vermögen doch etwas geben, oder sie gar, nach Beschaffenheit abweisen, ungebührlich bezeigen, durchgehends aber, und ohne Unterschied alle Bettlere, so mit Degen oder Schieß-Gewehre versehen, also gleich in Verhaft genommen, jedoch diejenigen, so durch Krieg vertrieben, oder sonsten aus Verfolgung und anderer Mitleidens-würdiger Noth und Drangsal in unsere Lande sich zu begeben und darinnen Aufenthalt und Unterkommen zu suchen, wahrhaftig und in der That genöthigt worden, zwar noch zur Zeit, wenn sie ihres Armuths- und Beschaffenheit halber, glaubwürdige Zeugniß vorzuzeigen haben, längstens noch eine Zeit von 4 Wochena dato publicationisdieses unsers Mandats an, wenn sie sich freiwillig eher wegbegeben wollen, geduldet und gelitten, nach Verfließung derselben aber, es mit ihnen, gleichwie von andern nur obgemeldet, gehalten. Das unverschämte langweilige Betteln aber ihnen untersaget, und verwehret, und sie hingegen zur Hand- und anderer Arbeit worzu sie tüchtig und geschickt, anhalten und angewiesen, auch sollen die Unkosten, so unsere Beamtenbei einer oder anderer dergleichen Veranstaltung nothwendig und unumgänglich aufwenden und verlegen möchten, ihnen auf ihre, hierüber zu unserer Landes-Regierung erstattete Berichte, aus unserer Cammer wieder erstattet und bezahlt werden.

Schlüßlich leben wir auch noch zu allen und jeden Gerichts-Obrigkeiten und unseren sämmtlichen getreuen Unterthanen, des gnädigsten Vertrauens, sie werden sowohl das, von uns hierinnen, und vormals anbefohlene, genau und allenthalben bestens beobachten, und demselben durchgehends gehorsamst nachkommen, als auch was sie sonst zu Erreichung des hierunterführenden heilsamen Absehens, der sich ereignenden Beschaffenheit nach, vor nützlich, nöthig und zuträglich befunden werden, von selbsten anzuwenden, vorzukehren, und zu veranstalten auch an Hand zu geben, vornehmlich aber, wie das Räuberische Diebs-Gesindel auszukundschafften und zu ertappen, oder fortzujagen, und zu vertreiben, möglichst bemühet sein, auch hierzu sich um so viel mehr willigst anstellten, und bereit erfinden lassen, als wohl hierunter die löbliche Absicht zu ihrer selbst eigenen und des IhrigenConservationgeführet; Mithin zugleich die allgemeine Landes-Sicherheit befördert, und festgestellt wird, wornach sich jedermänniglich zu achten, auch vor Schaden,und bey Unterlassung seiner Schuldigkeit und Pflicht hierunter, für schwerer Bestrafung zu hüten, und wohl für zusehen hat; Des zur Urkund ist dieses mit unserm Königl. Chur-Secretbesiegelt, und geben zu Dreßden, am16. Sept. Anno 1710.

EgonFürst zu Fürstenberg.Otto Heinrich Freyherr von Friesen.Johan Christoph Günther.“S.

„Haben Sie gelesen, Werthester?“ — fragte der rückkehrende Oberprofos.

„Ja wohl,“ — entgegnete der Förster, — „und mich höchlich erfreuet über die gemeinnützigen Verfügungen, welche unser allergnädigster Landesherr für das gemeine Beste so umsichtig getroffen hat, wobei ich nur wünsche, daß diesen Verfügungen mit Kraft und Eifer genüget werde.“

„Es ist auch die höchste Zeit dazu,“ — fiel Herr Hilmer ein — „denn kein Edelsitz und kein Bauernhof, selbst nicht die landesherrlichen Gebäude und die Privathäuser in unsern Städten, sind mehr vor diesem Raubgesindel sicher, das seine Streiche eben so schlau als verwegen ausführt.“

„Die Bande, welche nun in unserm Sachsenlande so verderblich hauset, und sehr zahlreich ist, nennt sich die schwarze Garde, und ihr Oberhaupt, Lips Tullian, eine tollkühne, pfiffige Bestie, schonlange als vogelfrei ausgerufen, hat bisher alle Bemühungen unserer muthigsten und klügsten Häscher zu Schanden gemacht. Aber auf dieses Mandat hin werde ich mir vom hochpreißlichen Festungs-Commando die Vergünstigung erbitten, ganz allein auf den Fang dieses Erzbösewichts ausgehen zu dürfen. Freund, er muß mein werden, er und die Gefürchtetsten seiner Bande, dafür hafte ich mit meinem Kopfe.“

„Dazu wünsche ich Glück. Dieser Fang wäre für das ganze Land, ja auch für andere Staaten, eine große Wohlthat, und für Sie, Herr Oberprofos, ein werthvolles Ereigniß, da, ohne Zweifel, auf den Kopf solch eines furchtbaren Menschen von der Regierung gewiß eine hohe Prämie gesetzt ist.“

„Was Prämie!“ — lachte der Oberprofos mit wild rollendem Auge und grimmig verzerrtem Gesichte — „Um Geld ist mir nicht zu thun, sondern um den Spitzbuben und seine Hauptgesellen. Herr, das Herz im Leibe zittert mir vor Freude, bei dem Gedanken, diese Bestien unter meine Obhut zu bekommen. Es soll ihnen ein Leben werden, daß sie täglich Gott bitten, auf dem Rabensteine zu enden. Getreulich will ich dafür sorgen, in meinen unterirdischen Kerkern diese Hunde schon diesseits alles abbüßen zu lassen, was sie gegen Gottund den Nächsten verschuldet haben. Nun gute Nacht, mein gastlicher Freund. Den herzlichen Dank für so treffliche Bewirthung und Gesellschaft, behalte ich mir auf morgen vor.“

Mit einer recht unangenehmen Empfindung sah Förster Krause dem Abgehenden nach. — „Lieber, himmlischer Vater,“ — sprach er wehmüthig mit einem frommen Blicke nach oben — „zürne mir nicht, wenn ich in meinem beschränkten Geiste nicht zu fassen vermag, wie es dir genehm sein kann, unter deinen guten Kindern Menschen walten zu lassen, die solch einem Menschen verfallen!“ —


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