Der Liang Karing an der Mündung des Tjĕhan.Der Liang Karing an der Mündung des Tjĕhan.
Der Liang Karing an der Mündung des Tjĕhan.
Der Liang Karing an der Mündung des Tjĕhan.
An der Mündung des Tjĕhan in den Mahakam liegt der Liang Karing, dessen schöne weisse Kalkfelsen die Landschaft beleben. In der Hoffnung, von diesem Berge aus eine gute Übersicht über diesen Teil des oberen Mahakam zu erhalten, beschlossen wir, in dem an der Mündung- gelegenen Pnihinghause zu übernachten. Morgens früh brachen wir von Long ’Kup auf und erreichten zuerstBĕlarèsNiederlassung, an der wir nicht Halt machten, da die Pnihing augenblicklich auf ihren Reisfeldern wohnten und der Häuptling sich mit einigen Männern auf der Jagd am oberen Mahakam befand. Schon seit Jahren zogBĕlarè, sobald er die Zeit dazu fand, für viele Wochen in den Wald und lebte dort fast gänzlich von dem, was der Wald ihm lieferte.
Um 12 Uhr legten unsere Böte bei der Niederlassung am Tjĕhan an. Die Hausbewohner erklärten, keinen Weg auf den Liang Karing zu kennen und, da ich ihre Abneigung gegen Besteigungen dieser Berge kannte, schickte ichMaring Kwai, einen jungen Mann, der bereits im Jahre 1897 mit meinem PflanzensucherDjahérieinen Gipfel des Liang Karing bestiegen hatte, undSuka, der für dergleichen Exkursionenam geeignetsten war, aus, um einen Weg zu suchen, der auch fürBierund mich brauchbar war. Inzwischen erfreuten wir uns zum ersten Mal wieder an einer guten Mahlzeit und erhielten bald darauf die willkommene Nachricht, dass man den Gipfel des Berges von der einen Seite aus erreichen könne.SukahatteMaringnur mit grosser Anstrengung auf dem früheren Pfade nach oben folgen können, aber sie hatten vom Gipfel aus für den Abstieg einen besseren Weg gefunden.
Um keine Zeit zu verlieren, brach ich mitBierund den Pflanzensuchern sogleich auf. Wir setzten über den Fluss und standen bald darauf vor den senkrechten Kalkwänden des Liang Karing. Auf der rechten Seite bemerkte ich am Fuss des Berges grosse Höhlen, in denen die Pnihing ihre Toten beisetzen; ich hielt es jedoch nicht für ratsam, die Leute am Tjĕhan durch meine Neugierde zu beunruhigen und schlug, um den gefundenen Weg zu erreichen, die entgegengesetzte Richtung ein.
Die hier schwach geneigten Sandsteinschichten heben sich deutlich von dem anschliessenden Kalkgestein ab, in gleicher Weise wie dies bei den Kalkkegeln am Bulit der Fall ist. Da es mir nicht glückte, Fossilien zu finden, kann das Alter dieser Schichten vorläufig nicht bestimmt werden. Weiter aufwärts gelangten wir an die Stelle, von der aus die Besteigung beginnen konnte. Die Felswände waren hier zwar ebenso steil als an der anderen Seite, aber ein Kamin, der unten gänzlich mit abgestürzten, von Moos und Algen bedeckten Kalkblöcken angefüllt war, machte einen Aufstieg möglich. Mit Händen und Füssen kletterten wir an einer Seite, wo das Kalkgestein scharfe Vorsprünge und Vertiefungen zeigte, an der lotrechten Wand empor und erreichten die Stelle, an der sich die Wände in einem Bogen dem Gipfel zuneigten.
Die scharfen Spitzen und Kanten des Gesteins drangen durch unsere nassen Stiefelsohlen hindurch; wie die unbeschuhten Füsse der Eingeborenen Stand hielten, erschien uns unbegreiflich. Auch oberhalb der Wände war der Berg noch so steil, dass wir nur mit Hilfe des Gestrüppes, das hier wuchs, vorwärts kamen. In noch höherem Masse als der schlechte Weg hielt mich jedoch die interessante Vegetation auf; in den mit Moos und Algen dicht bewachsenen Spalten und Höhlen der Kalkfelsen hatten nämlich Begonien und Erdorchideen eine Farbenpracht ihrer Blätter entwickelt, wie ich sie noch nirgends beobachtethatte. Auf den langen, spitzen Blättern der Begonien wechselten Gold und Silber mit prächtigem Rot, Braun und Violett, während die marmorierten Blätter der Erdorchideen ein mit dem Alter wechselndes Farbenspiel zeigten. Die Pflanzensucher hielten eine reiche Ernte, was um so erwünschter war, als die auf der vorigen Reise gesammelten Pflanzen während des langen Aufenthaltes bei den Kajan umgekommen waren. In kurzer Zeit erreichten wir den Gipfel des Berges, der nur spärlich mit Gestrüpp und krautartigen Pflanzen bedeckt und durch den Regen stark zerklüftet und erodiert war.Biermachte sich sogleich an die Arbeit und bedauerte nur, dass zahlreiche, höhere Berge die Aussicht beeinträchtigten. Die auf das hohe Kalkgebirge Batu Matjan im Norden, den Batu Lĕsong im Süden und viele andere Punkte in der Umgebung ausgeführten Peilungen machten jedoch auch diese Exkursion wertvoll. Abends kehrten wir steif und nass ins Dorf zurück, woBarthundDemmenidie Zeit in Gesellschaft vor.Kwing Irang, dessen ältestem Sohn und dem freundlichen HäuptlingBo Anjèund dessen Frau verbracht hatten. Unter dem angenehmen Eindruck dieser Unterhaltung bot man uns eine reiche Mahlzeit mit Huhn, Eiern und Früchten an. Um 7 Uhr abends lagen wir bereits in tiefem Schlaf. Unserer Gesellschaft schien es hier sehr gut zu gefallen, ich dagegen wollte lieber so früh als möglich weiter reisen. Die Fahrt hatte aber bei dem niedrigen Wasserstande und der Grösse des einen Bootes ihre Schwierigkeiten, daher langten wir erst um ½ 3 Uhr bei der mir von früher her bekannten Niederlassung der Pmhing am Pakatè, einem kleinen Nebenfluss des Tjĕhan, an.Demmenihatte auf der Fahrt eine gute Aufnahme des Kiham Tukar Anang machen können, eines Wasserfalles, der durch im Flussbette liegende Kalkblöcke gebildet wird.
Aufwärtsziehen der Böte im Kiham Tukar Anang.Aufwärtsziehen der Böte im Kiham Tukar Anang.
Aufwärtsziehen der Böte im Kiham Tukar Anang.
Aufwärtsziehen der Böte im Kiham Tukar Anang.
Wie die anderen grossen Niederlassungen der Pnihing steht auch die am Pakatè unter mehreren Häuptlingen, von denen jeder über seiner Wohnung ein erhöhtes Dach und vor ihr eine verbreiterte Galerie besitzt, so dass das Dach der Pnihing nicht wie dasjenige anderer Bahauhäuser eine nur einmal, sondern eine mehrfach unterbrochene Linie aufweist. Einer dieser Häuptlinge ist stets der angesehenste, hier war esParen. Wir Europäer hielten in seiner Galerie Einzug, während die Malaien beim HäuptlingBangeinquartiert wurden. Da sich beinahe alle Hausbewohner auf den Reisfeldern aufhielten, hatten wir Zeit, zuerst an unsere eigenen Angelegenheiten zu denken, unterdenen der Einkauf von grossen Böten und Ethnographica die wichtigsten bildeten. Das grosse Boot des HäuptlingsParen, das bei meinem früheren Besuch noch im Walde lag, erwies sich als lang, aber als viel zu schmal, um stark beladen werden zu können; daher kam ich mitKwing Irangüberein, anstatt dieses einen Bootes zwei kleinere zu suchen. Es glückte ihm auch, zwei passende Böte zu finden, die ich abends nach der Rückkehr des Besitzers von der Feldarbeit für Zeug und Geld erwarb.
Ich hatte die Leute bereits das letzte Mal darauf aufmerksam gemacht, dass ich gern allerhand Gegenstände kaufen wollte, nun schienen sie sich über die Dinge, die sie missen konnten, inzwischen klar geworden zu sein; denn anderen Tages kamen sie mit hübschen Röcken, Schwanzfedern des Rhinozerosvogels und auch mit Reis und Früchten an, so dass ich meine Tauschartikel stark angreifen musste. Zum grossen Erstaunen ihrer Besitzer kaufte ich auch einige eigenartig geschnitzte Türschwellen. Die Nachfrage nach Chinin und Jodkali war auffallend gross; letzteres war besonders nötig, da die Pnihing an Kröpfen leiden. Es tat mir leid, dass die Tochter des HäuptlingsBang, die einen kindskopfgrossen Kropf besass, den Gebrauch der Jodkalilösung, die ich ihr das vorige Mal in drei Weinflaschen übergeben hatte, nicht fortgesetzt hatte. Da ein langdauernder Gebrauch von Jodkali den Umfang kleinerer oder grösserer Kröpfe stark vermindert, hätte es mich interessiert zu beobachten, ob auch bei dieser bedeutenden Hypertrophie eine Wirkung eingetreten wäre. Die Familie hatte ihrem Gedächtnis in bezug auf meine Vorschrift nicht vertraut und das Mittel daher nicht weiter gebraucht. Dass man an der Arznei nicht zweifelte, bewies der grosse Zulauf der Leute mit gut gereinigten Weinflaschen, welche ich mit der Lösung füllen sollte. Da es heftig regnete und die Wolken so niedrig hingen, dass an ein Ausgehen, um von irgend einem Punkte eine Übersicht zu erhalten, nicht zu denken war, konnte ich alle Wünsche meiner Patienten, die zum grössten heil weiblichen Geschlechtes waren, erfüllen.
Als der Himmel sich etwas aufhellte, begaben wir uns auf einen neben dem Hause gelegenen 100 m hohen Hügelrücken, auf dem die Pnihing den Wald für die Anlage eines Reisfeldes gefällt hatten. Der Hügel bot uns einen schönen Aussichtspunkt, der steile und gewundene Pfad, der über halb verfaulte Baumstämme und Äste und zwischen nassem Gestrüpp hindurch führte, war aber nichts weniger als bequem.Auf dem Gipfel angelangt dauerte es noch einige Zeit, bis die Wolken sich genügend verteilten, um uns eine beschränkte Aussicht auf den Batu Lesong und das Gebirge am Ulu Sĕrata zu gewähren. In der Nähe war kein höherer Gipfel vorhanden, der uns eine umfangreichere Aussicht gewähren konnte, daher beschlossen wir, unseren Aufenthalt am Tjehan abzukürzen.Biersollte am folgenden Tage den Tjĕhan so weit als möglich hinauffahren und den Fluss dann bis zu seiner Mündung messen. Wir wurden aber noch einen Tag lang durch allerhand Geschäfte aufgehalten, hauptsächlich auch durch die zahlreichen Pflanzen, welche unsere Pflanzensucher gesammelt hatten. Der von uns bestiegene Hügelrücken bot ebenfalls eine reiche Flora; besonders auffallend waren die zahlreichen Arten der Farren. Einige besassen höchst seltsame Blätter, z.B. grasförmige, oder vollständig viereckige, oder in Form von Eichenblättern; die meisten zeigten die dunkle, stahlblaue Farbe der echten Urwaldpflanzen. Die Exemplare wurden an Ort und Stelle in kleine Körbe gepflanzt, die ich zu diesem Zwecke mitgebracht hatte, sie füllten nicht weniger als 7 grosse Körbe; ausserdem hatteAmja, der sich hauptsächlich mit dem Herbarium beschäftigte, noch von diesen und anderen Arten eine grosse Menge getrocknet.
Niederlassung der Pnihing am Long Pakatè.Niederlassung der Pnihing am Long Pakatè.
Niederlassung der Pnihing am Long Pakatè.
Niederlassung der Pnihing am Long Pakatè.
Den dritten Tag unseres Aufenthaltes widmete ich gänzlich den Hausbewohnern, indem ich bereits früh morgens mit einer allgemeinen Austeilung von Fingerringen begann, die ich ihnen früher versprochen hatte. Obgleich die Frauen bereits das vorige Mal zahlreiche Fingerringe von mir gekauft oder erhalten hatten und diese Zierrate an den Händen der stets arbeitenden Frauen sich als sehr undauerhaft erwiesen hatten, schien sich die Lust nach ihrem Besitze nicht vermindert zu haben; denn die Frauen eilten aus der ganzen Niederlassung herbei und belagerten uns in dichten Haufen. Da hier viele Frauen und Töchter von Häuptlingen anwesend waren, denen ich nicht allen besondere Geschenke geben konnte, erwies ich ihrer Würde die nötige Aufmerksamkeit, indem ich ihnen gestattete, nicht nur einen, sondern mehrere Fingerringe selbst zu wählen. Dieses Vorrecht, schien in der Tat viel Anerkennung zu finden.
Mit Figuren verzierter Stein im Tjĕhan.Mit Figuren verzierter Stein im Tjĕhan.
Mit Figuren verzierter Stein im Tjĕhan.
Mit Figuren verzierter Stein im Tjĕhan.
Unter den Anwesenden vermisste ich ein auffallend hübsches Mädchen, das, wie ich erfuhr, die Tochter des HäuptlingsBangwar. Vor Sorge um ihren Mann, den MalaienSi Hebar, der vor langer Zeit mit dem Versprechen bald zurückzukehren nach dein Busang gezogen war, umdort Buschprodukte zu sammeln und nichts von sich hatte hören lassen, war die Frau nicht dazu zu bewegen gewesen, in unsrer heiteren Gesellschaft zu erscheinen.
Mit Figuren verzierter Stein im Tjĕhan.Mit Figuren verzierter Stein im Tjĕhan.
Mit Figuren verzierter Stein im Tjĕhan.
Mit Figuren verzierter Stein im Tjĕhan.
DieserSi Hebarwar einst, als er es in den trostlosen Wäldern am Busang nicht mehr hatte aushalten können, zu den Mahakamstämmen gezogen, bei denen er allen Mädchen die Köpfe verdrehte. Erst lebte er eine Zeitlang mitLirung, der Tochter des Häuptlings am Howong.Amun Lirungund seine energische Gattin waren aber über diese Freundschaft durchaus nicht entzückt und, daLirung, wie wir uns in Long ’Kup, wo sie jetzt mitTingang Kohiverheiratet ist, überzeugen konnten, kein anziehendes Äusseres besass, war er zu den Pnihing am Pakatè gezogen.BangsTochter, die mir schon auf der vorigen Reise ihrer Schönheit wegen aufgefallen war, hatte es dem malaiischen Don Juan angetan, er freite um sie, ohne auf die Gefahr, die ihm vom Howong her drohte, zu achten. Dass ihr Geliebter sie verlassen und wo anders Trost gefunden hatte, konnteLirungaber nicht verwinden. Sie sehnte sich nach Rache und trug drei Männern der Bukat, die neben der Niederlassung ihres Vaters wohnten, auf, demSi Hebarim Walde nachzustellen und ihr seinen Kopf zu bringen. Das Schlachtopfer schien indessen etwas Ähnliches von der früheren Geliebten erwartet zu haben, denn er begab sich mir mit grosser Vorsicht ausserhalb des Hauses und die Bukat mussten ohne sein treuloses Haupt nach dem Howong zurückkehren.Lirunggeriet über das Missglücken ihres Racheplans in Wut und warf den Bukat vor, dass sie keine Männer seien, dass sie Frauenröcke zu tragen verdienten und dass sie eine solche Männerarbeit mit besserem Erfolge ausgeführt hätte. Tief beschämt kehrten die Bukat in den Wald zurück und schlugen, umLirungihre Männlichkeit zu beweisen, zwei Sĕputan vom Kaso die Köpfe ab.Si Hebaraber hatte seinen Aufenthalt am Pakatè auf die Dauer wohl nicht für sicher gehalten und daher sein Nomadenleben am Busang wieder aufgenommen.
Seine verlassene Frau konnte ihre Neugierde, als das Kichern und Jubeln der Menge bei der Austeilung immer lauter wurde, schliesslich doch nicht bezwingen und erschien plötzlich in unserem Kreise. Sie hatte die Kleidung der Pnihingfrauen gegen ein dunkles, malaiisches Gewand vertauscht, was ihre Erscheinung sehr beeinträchtigte; da sie in den letzten zwei Jahren auch noch ihre Jugendfrische eingebüsst hatte, war sie lange nicht mehr so anziehend wie früher. Für ein hübschesStück Zeug zeigte sie trotz ihres Kummers immer noch Interesse und, nachdem sie es einmal angenommen, bat sie mich sogleich auch um einen Ring mit einem besonders grossen Stein.
Zum Schluss entspann sich unter uns ein lebhafter Hühnerhandel. Die Hühner, die die Kajan zum Verkauf für uns zur Verfügung hatten, erreichten nämlich ihr Ende und, um nicht gleich auf allerhand Surrogate angewiesen zu sein, versuchte ich hier Hühner einzukaufen. Während die Kajan uns meistens Hennen zu essen gaben, weil sie von den jungen Hähnen eventuelle Kampfhähne erwarteten, verkauften uns die Pnihing lieber die Hähne, da sie die eierlegenden Hühner höher schätzten. Die Hähne waren kaum in unserem Besitz, als die Kajan sie mit viel Aufmerksamkeit betrachteten und betasteten, mit dem Resultat, dass ihrer drei ausMidansHänden gerettet wurden mit dem Versprechen, sie zu Hause durch andere zu ersetzen. Obwohl überzeugt, dass der Tusch nicht zu meinem Vorteil ausschlagen würde, gab ich ihrem Wunsche doch gerne nach.
Nach diesem letzten, ruhigen Tage wollte ich anderen Morgens früh aufbrechen, musste aber die Leute, um die Böte zu Wasser zu lassen und das Gepäck einzuladen, stark antreiben. Bevor wir nämlich nach dem Blu-u zurückkehrten, sollte unterwegs noch manches vorgenommen werden. Am meisten interessierte uns ein Besuch, den wir einem Begräbnisplatz der Pnihing am Fuss des Liang Nanja machen wollten.Kwing Iranghatte uns schon auf der vorigen Reise hierhergeführt, weil er unser Interesse für dergleichen kannte, und wohl auch, um uns von dem Begräbnisplatz der Kajan fernzuhalten. Nun schlug er uns selbst vor, unser Essen auf der Geröllbank unterhalb des Kiham Tukar Anang am Fusse der Kalkberge zu kochen.
Zum Glück waren keine Pnihing unter uns und, ohne den Kajan viel zu sagen, bahntenDemmeniund ich uns einen Weg durch den Waldesrand und fanden denn auch den Pfad, der uns über einige Felsblöcke zur weissen Wand führte, die, soviel wir durch den Wald sehen konnten, So m hoch gerade aufstieg und dann ein überhängendes Gewölbe bildete. Im Walde rührte sich kein Blatt und die senkrecht über uns stehende Sonne warf grelle Lichter und dunkle Schlagschatten auf die wild umherliegenden Felsblöcke, die augenscheinlich von dem hohen Gewölbe einst abgestürzt waren. Während wir noch darüber in Unsicherheit waren, welchen Weg wir in diesem Chaos einschlagen sollten, erschienen zwei unserer jungen Kajan und machten uns hintereinem Felsvorsprung auf neun Särge. aus ausgehöhlten Baumstämmen aufmerksam, die zwischen dem Fuss der Wand und einem grossen Kalkblock in drei Reihen übereinander gestapelt standen. Die Särge mussten bereits alt sein, denn durch den eingesunkenen Boden des einen kam ein Schädel zum Vorschein.
Särge der Pnihing.Särge der Pnihing.
Särge der Pnihing.
Särge der Pnihing.
Einer der Kajan erstieg, um besser sehen zu können, einen höher gelegenen Punkt und winkte uns, ihm zu folgen. Wir überblickten nun den ganzen Fuss der Felswand, an der sich in langer Reihe. Gruppen von Särgen befanden, die mit den danebenstehenden Waffen und Kleidungsstücken im grellen Sonnenlicht einen unheimlichen Eindruck auf uns machten; dazu fürchteten wir uns, von Pnihing überrascht zu werden. Still begaben wir uns nach der anderen Seite der Felswand, die uns einen geeigneten Standpunkt zur Aufstellung unseres photographischen Apparates versprach. Den beiden Kajan war es ebenfalls unheimlich zu Mute, sie folgten uns aber doch stillschweigend.
Von der anderen Seite konnten wir alles gut übersehen: die Särge, welche von der überhängenden Wand vor Regen beschützt wurden, standen über und rieben einander um grosse, viereckige Kisten herum, in denen sich durch einander alle Dinge befanden, welche den Toten für das Leben im Jenseits mitgegeben werden, wie Tragkörbe, Hüte, Schilde und Waffen; daneben dienten mit der Spitze nach oben in die Erde gesteckte Speere zum Aufhängen von Kriegsmänteln und Hüten.
Die Särge waren unverziert und bestanden nur aus ausgehöhlten Baumstämmen, die mit einem Brett oder Schild lose bedeckt waren. Dagegen trugen alle Kisten mit den Gegenständen farbige Malereien, hauptsächlich Masken böser Geister; eine Kiste zeigte an einer Seitenwand ein Relief von 3 dm grossen, bunt bemalten Menschenfiguren..
Demmeniund ich fühlten uns durch dieses stille, grellbeleuchtete Schauspiel unter der hohen, weissen Wand mit dem finsteren Urwald ringsherum wie von einem Traume befangen. Während wir alles für eine Aufnahme vorbereiteten, erschien zu unserem Schreck plötzlich ein Hund vor uns, der uns sogleich eine Gesellschaft Pnihing vermuten liess. Das Tier sah so abgezehrt aus, dass es augenscheinlich bereits lange Zeit umhergeschweift war; die Kajan erzählten uns, dass die Pnihing ihre Hunde, wenn sie bissig und daher Kindern gefährlich wurden, bisweilen verstiessen. Unsere Gemütsverfassung wurde dadurch aber nicht ruhiger, daher beeilten wir uns mit der Aufnahme. UnsereBegleiter dagegen wurden so mutig, dass der eine sich bereit erklärte, einen Speer für unsere Sammlung fortzunehmen. Den Ruf eines Grabschänders wollte ich mir in dieser Gegend jedoch nicht erwerben und verbot daher den Raub.
Bei unserer Rückkehr zu den Böten fragte michKwing Irang, warum wir nicht einige Schädel mitgenommen hätten. Die Kajan selbst wären für eine derartige Schändung ihrer Toten im stande gewesen, uns zu töten. So bestehen zwischen diesen Stämmen stets Missgunst und der Wunsch, einander etwas Unangenehmes zuzufügen.
Inzwischen hatten die Kajan und Malaien ihr Essen gekocht und nach einer eiligen Mahlzeit bestiegen wir wieder unsere Böte und erreichten noch früh genug die Niederlassung an der Tjĕhanmündung, um noch Hühner und Früchte einzukaufen und zu sehen, ob der Häuptling sein Versprechen, uns Schwanzfedern des Rhinozerosvogels zu besorgen, gehalten hatte. Diese Federn sind nämlich bei den Kajan sehr kostbar und eigentlich auch nicht käuflich, aber die Pnihing, die so viele Jägerstämme unter und um sich haben, waren eher geneigt, sie uns abzutreten. Ich erhielt nun auch eine genügende Anzahl Federn, um die Holzmasken vom Saatfest, die ich ohne Kriegsmützen und Federn hatte kaufen müssen, mit ihnen zu schmücken.
In der Nähe der Mündung trafen wirBiermit seinen Leuten und blieben noch so lange beisammen, bis wir zu gleicher Zeit abfahren konnten. Um nicht die Niederlassung vonBĕlarèzu übergehen, sollten wir aufKwing IrangsRat dort anlegen, obwohlBĕlarèundKaharonsich immer noch auf der Jagd am oberen Mahakam befanden.
Wir sahen zwar nur wenige Personen, aber fürKwing Irangund die Seinen war der Besuch doch von Wert, denn sie benützten die günstige Gelegenheit, umBĕlarèsWohnung und Vorgalerie zu messen, damit sie das neue HausKwing Irangs, mit Rücksicht auf seine höhere Geburt, entsprechend grösser bauen konnten. Ich begriff anfangs nicht, was sie eigentlich wollten; sie nahmen eine Stange, verkürzten sie auf Armweite und massen dann sehr genau die Dimensionen der Dielen von Wohngemach und Galerie. Da in der letzten Zeit öfters davon die Rede gewesen war, dass man nach Ablauf der drückendsten Saatzeit mit dem Hausbau beginnen wollte, merkte ich, dass sie nun wirklich für ein würdiges Heim fürKwing Irangsorgen wollten. Ihre Beratungen dauerten mir aber zu lange und, daKwingohnehin in Long ’Kup übernachten wollte, wir dagegen nicht, überliess ich sie ihren Angelegenheiten und fuhr weiter nach dem Blu-u, wo wir, mit Erfahrungen, Ethnographica, Pflanzen und Böten bereichert, sehr befriedigt anlangten.
Einige Tage darauf erhielten wir durch die Ankunft des MalaienHadji Umarganz unerwartet Nachrichten von der Aussenwelt.Umarstammte vom unteren Kapuas her, hielt sich aber seit zehn Jahren als Anführer einer Gesellschaft Buschproduktensucher am oberen Murung und oberen Mahakam auf und genoss sowohl bei seinen Landsleuten als bei den Bahau einen guten Ruf. Ich hatte gehofft, von der Unterstützung dieses Mannes, dessen gute Gesinnung der niederländischen Regierung gegenüber ich kannte und der im Jahre 1897 bei einer Begegnung in Udju Tĕpu einen günstigen Eindruck auf mich gemacht hatte, Gebrauch machen zu können. Wie wir bereits in Putus Sibau gehört hatten, befand sich aberUmar, bei unserer Ankunft am oberen Mahakam, noch an dessen Mittellauf, daher liessen wir den Assistent-Residenten von Samarinda bitten, unsUmarentgegenzusenden. Dieser hatte sich aber nur auf einen Brief des Assistent-Residenten hin nicht flussaufwärts begeben wollen, sondern war, um Näheres zu erfahren, erst nach der Mündung des Mahakam gereist und hatte auch in Tengaron, dem Sitz des Sultans von Kutei, Halt gemacht. Hierdurch erhielten wir so schnell, als überhaupt möglich war, Briefe und Pakete von der Küste. Eine grosse Freude bereitete uns auch ein Packen drei Monate alter europäischer Zeitungen, welche die “Societeit†von Samarinda uns zur Verfügung gestellt hatte. Nachdem wir unsere Neugierde befriedigt hatten, lieferten die Zeitungen noch ein ausgezeichnetes Material zum Einpacken von Vögeln, Säugetierhäuten und Ethnographica.
Von dem grössten Interesse war uns aberHadji Umarselbst, weil er die Verhältnisse unter den Bahau am besten kannte und weil er uns über die Gesinnung der Long-Glat weiter unten am Flusse am zuverlässigsten Auskunft geben konnte.
Der Malaie zeigte sich anfangs aber nicht sehr gesprächig und zwar nicht nur uns, sondern auchKwing Iranggegenüber, denn als dieser wie gewöhnlich abends mit den jungen Leuten die Hähne kämpfen liess undUmarebenfalls in den Kreis trat, grüsste er den Häuptling nur von Weitem. Man hätte glauben können, dass die beiden einander nicht kannten oder dass sie sich täglich sprachen, so wenig Beachtung schenkten sie einander; dabei hatteUmarfrüher Jahre lang beiKwinggewohnt und war nun lange fort gewesen, zudem wollten sich beide gewiss gern über die politische Bedeutung unserer Expedition aussprechen. Augenscheinlich hatteUmar, als er dem Häuptling abends einen offiziellen Besuch machte, mit diesem überlegt, wie er sich uns gegenüber in Zukunft verhalten sollte, denn am folgenden Morgen hatte sein Gesicht einen weniger ernsten Ausdruck, auch gab er uns im Laufe des Gesprächs eine deutliche Vorstellung von der Stimmung der Niederlassungen unterhalb der Wasserfälle. Nachdem ihm der politische Zweck unserer Reise eingeleuchtet hatte, zeigte er sich geneigt, sich gegen einen Gehalt von 50 fl. monatlich unserer Expedition anzuschliessen.Umarwar mit vier Malaien heraufgekommen, wir hofften daher, auch an diesen vier an das Waldleben gewöhnten Menschen gelegentlich eine gute Stütze zu finden.Umarzog vorläufig in das Haus eines Glaubensgenossen, der mit einer kleinen Gesellschaft Mohammedaner am jenseitigen Ufer wohnte. Durch seine Friedensliebe und Gutmütigkeit hatteKwing Irangbereits seit dem Beginn seiner Häuptlingschaft eine ganze kleine Kolonie von Malaien herangelockt, die sich aber von den Kajan stets in einigem Abstand hielten. Als der Stamm sich noch weiter oben am Blu-u aufhielt, wohnten die Malaien bereits am Mahakam unter Aufsicht eines Bandjaresen vom oberen Murung, namensUtas, der mit einer Nichte vonKwing Irang,Lirung, verheiratet war.Utaslebte teils auf Kosten seiner Frau, teils verdiente er selbst etwas durch Handel und Handwerkerarbeit, wie z.B. durch Herstellen silberner Ohrringe aus Münzen, durch Reparieren von Kupfersachen u.s.w.; ausserdem übte er das Amt eines Arztes und nötigenfalls auch eines Bahaupriesters aus. Er verbrachte seine Zeit abwechselnd beiLirungam Mahakam und auf sogenannten Handelsreisen am Murung, wo er in Wirklichkeit bei seiner zweiten Frau und seinen Kindern lebte.
Auch jetzt noch nehmen sich die meisten Malaien für längere oder kürzere Zeit Frauen aus dem Kajanstamme. Ausser diesen einigermassen stabilen Familien befindet sich in der Kolonie stets eine grosse Menge Gäste, Händler und Buschproduktensucher, die sich hier nur vorübergehend aufhalten. Zur Zeit desHadji Urarwar der Zufluss an Fremden viel grösser gewesen, aber, seitdem die Guttaperchabäume im Tal des Blu-u ausgerodet worden waren, hatte sich die grosse Menge der Buschproduktensucher am oberen Mahakam umTemenggung Itjotgeschart.
Die Niederlassung der Malaien hiess, ihrer Lage an der Mündung des Bulèng nach, Long Bulèng. DaHadji Umarseine Familie vorläufig noch in Long Tĕpai gelassen hatte, kehrte er nach zwei Tagen dorthin zurück mit dem Versprechen, in fünf Tagen wieder zurück zu sein. Aus meinem Gespräch mit ihm merkte ich, dass die Häuptlinge am Unterlauf gern etwas Näheres über unsere Pläne hören wollten und dass es hauptsächlich fürBang Jok, der in den letzten Jahren zahlreiche Kopfjagden hatte ausführen lassen, eine grosse Beruhigung sein musste, dass wir uns mit dem, was geschehen war, nicht mehr befassen wollten.
Am selben Tage hatten wir noch Gelegenheit, den Kajan zu zeigen, wie wünschenswert unsere Gegenwart für sie war. Eine Gesellschaft Batang-Lupar aus Sĕrawak kam nämlich den Mahakam heruntergefahren mit der Absicht, die Fahrt noch weiter fortzusetzen. Eine derartige kleine Gesellschaft ist aber, wenn sie nicht einen bestimmten Zweck ihrer Reise angeben kann, stets verdächtig, insbesondere in diesem Fall, da aus Sĕrawak Gerüchte über eine drohende Kopfjagd als Strafe für einen an fünf Landsleuten am Boh verübten Mord im Umlauf waren. Der Mord war durch Punan im Auftrage vonBang Jokausgeführt worden, der das Stehlen von Buschprodukten in seinem Gebiet mit scheelen Augen angesehen und zuletzt seine Zuflucht zu einer so scharfen Massregel genommen hatte.
Augenscheinlich hatten die Pnihing die Gesellschaft Batang-Lupar nicht aufzuhalten gewagt; da die Kajan sich auch nicht energischer zeigten, mussten wir die Sache in die Hand nehmen. Als gesellschaftlich gebildete Menschen kamen die Untertanen desRadja Brookezu dem Kontrolleur, um ihn wegen ihrer weiteren Fahrt auf dem Flusse um seine Zustimmung zu bitten. AberBarthverweigerte ihnen diese, weil er in einem friedlichen, in malaiischer Sprache geführten Gespräche nicht erfahren konnte, von wo die Leute herkamen und was sie am Mahakam eigentlich wollten. Zum Erstaunen der Kajan fuhren die Batang-Lupar ohne Widerspruch einfach den Fluss wieder aufwärts.
Unsere Kajanfreunde hatten sich durch dieses Begebnis wieder einmal von unserer Macht und unserem Einfluss überzeugen können, was um so erwünschter war, als unsere und der Kajan Pläne zu kollidieren drohten. Während sie sich von dem grössten Unternehmen, das in einem Stamme vorkommt, dem Bau der Häuptlingswohnung, vollständig beherrschen liessen, wollte ich noch den Batu Lĕsong besteigenund dann so schnell als möglich flussabwärts fahren, um noch die Verhältnisse bei den Long-Glat kennen zu lernen.
Am 20. Dezember fand zur Beratung verschiedener Angelegenheiten eine Zusammenkunft statt, an der nicht nur die vornehmsten Männer unserer Niederlassung, sondern auchBang Lawing, der Häuptling der Kajan am Ikang, Teil nahmen.
Aus Mangel an Besserem musste die Galerie, an die unser Haus gebaut war, und in derMidanseine Küche eingerichtet hatte undDorisdie Vögel und Säugetiere abhäutete, als Versammlungssaal dienen. Viele, denen diese Beschäftigungen noch so gut wie unbekannt waren, zeigten für das, was meine Leute vornahmen, mehr Interesse als für das, was verhandelt wurde. In der Theorie durfte sich zwar jeder frei äussern und mitstimmen, aber in Wirklichkeit waren es doch hauptsächlich die alten, angesehenen Männer, welche die Beschlüsse fassten. Da beim Hausbau hauptsächlich den Priestern, als den Kennern der Vorzeichen, Gehör geschenkt werden musste, schwiegen die anderen von selbst. Übrigens ist es bei den Kajan am Mahakam allgemein Sitte, dass bei dergleichen Versammlungen die jungen Leute zu allem, was die Alten wollen, Ja und Amen sagen. Die Versammlung dauerte trotz der Hitze in dem kleinen Raum von morgens 9 Uhr bis zum Abend, wobei stets neue Leute, die sich für die Angelegenheit interessierten, zuhören kamen und jeder tat, was er wollte. In diesem Fall war die Freiheit des Einzelnen, wegen der Enge des Raumes, in dem jeder nur einen Sitzplatz einnehmen durfte, beschränkt, so dass er nicht, wie wo anders, sein Netz weben, einen Korb flechten, eine Schnur drehen konnte. Aus diesem Grunde waren die Teilnehmer wohl auch für einen schnellen Verlauf der Beratungen, denn obwohl es sich um ernste Dinge handelte, waren die Beschlüsse abends bereits gefasst; nach einigen Tagen sollte mit dem Hausbau begonnen werden, ferner wurde bestimmt, wieviel jede Familie nach der acht an Baumaterial zu liefern hatte; meine Pläne wurden zwar besprochen, doch fand man, dass sie keine Eile hatten; die Besteigung des Batu Lesong wurde allgemein als ein zweckloses, sehr gewagtes Unternehmen aufgefasst und für unsere Reise zur Küste hatten sie wegen des Hausbaus, der den ganzen Stamm in Beschlag nahm, weder Lust noch Verständnis.
Eine weitere Angelegenheit, die sich auf den ganzen Stamm bezog, wagte man, aus Furcht, den Betreffenden zu kränken oder zu reizen,nicht öffentlich zu beraten. Es handelte sich nämlich um einen Gast des Stammes, einen Dajak aus Sĕrawak, namensBanjin, der den Dorfbewohnern immer mehr zur Last fiel.
Der Mann war von einer Gesellschaft Dajak aus Sĕrawak, die sich vor einigen Monaten eine Zeitlang am Mahakam auf hielt, zurückgeblieben und man hatte ihm, da er sich allerhand Airs zu geben verstand, selbst ein Kajanmädchen zu heiraten gestattet.Banjin, hatte sofort gemerkt, welch einen Eindruck er auf seine Umgebung machte und dass diese sich leicht einschüchtern liess. Wenigstens begann er, seine Frau schlecht zu behandeln, fremdes Eigentum zu gebrauchen, von den Leuten alles, was er nötig hatte, zu fordern, die Frauen zu belästigen, kurzum, er betrug sich so, wie es seiner wilden Laune im Augenblick passte. Damit ihm die Kajan nichts anzutun wagten, drohte er ihnen mit der Rache des Radja von Sĕrawak, so dasKwing Irangseinen Leuten riet, noch Geduld mit dem Subjekt zu üben. DaBang Lawingvom Ikang augenblicklich anwesend war, wurde diese Staatsangelegenheit von den beiden Häuptlingen im Geheimen behandelt, denn als ich mich am folgenden Morgen in der Frühe als Arzt nachKwing IrangsWohnung begab, um mich nach dem Befinden einer seiner Frauen zu erkundigen, fand ich dort die beiden Häuptlinge, einige der vornehmsten Alten des Stammes undBanjinversammelt. Ich hatteBanjinsGeschichte, da sie sich auf den Reisfeldern abspielte, erst vor wenigen Tagen erfahren und es interessierte mich zu sehen, was sie mit dem Individuum anfangen würden. Ich durfte der Beratung beiwohnen und setzte mich daher zu den übrigen. Der Schuldige hatte bereits bei meinem Eintritt seine hochfahrende, aggressive Haltung aufgegeben und war an die Wand gelehnt in sich zusammengesunken. Man wagte in meiner Gegenwart nicht, mit der Sache deutlich ans Licht zu kommen, und ausBanjinsfrüherer Haltung schloss ich, dass man auch nicht energisch gegen ihn aufgetreten war.Kwing Irangwagte kaum zu erwähnen, welch eine Angst und Unruhe dieser junge Taugenichts bei seinem Schwiegervater anstiftete, und sprach noch von einem Vergleich, obgleich sich der ganze Stamm nach der Abfahrt dieses Gastes sehnte.
Trotz der offenbaren Verlegenheit des Schuldigen hatteKwingnicht den Mut, ihm zu sagen, dass er sich entfernen müsse. Daher mischte ich mich in die Angelegenheit und erklärte dem Manne kurz und bündig, dass er, als eine Plage des ganzen Stammes, sich mit derersten Gelegenheit zu den Pnihing und von dort weiter nach Sĕrawak zu begeben habe. Der Mann wagte mit keinem Wort zu widersprechen und da machteKwing Irangden Vorschlag, dass er, bis sich eine Reisegelegenheit für ihn finde, bei den Familien seiner Sklaven auf dem Reisfelde wohnen sollte. Der Verstossene verschwand sogleich und mit ihm auch der Druck, der auf den Angesehensten des Stammes gelastet hatte. Abends führten drei MännerBanjinin einem Boot nach dem Reisfeld, wo sich die Menschen seiner Drohungen wegen sehr vor ihm fürchteten. Die Männer baten mich daher dringend um Erlaubnis, den Mann binden und sich wehren zu dürfen, falls er auf Frauen und Kinder einen Anschlag machen sollte. Dagegen hatte ich natürlich nichts einzuwenden. Infolgedessen hielten zwei Männer die Nacht über beiBanjinWacht, der sich übrigens eines friedlichen Schlummers erfreute.
Noch am gleichen Tage bot sich eine ausgezeichnete Gelegenheit, um den lästigen Gesellen los zu werden. Es erschien nämlich die energischeHinan Lirungvom Howong und stellte nochmals an meinen und der Kajan Reisvorrat ihre Ansprüche. Sie war schon früher einmal mit einigen Männern bei mir erschienen und hatte das Salz gebracht, das ich nach dem Zug über die Wasserscheide im Walde hatte zurücklassen müssen, und war dann mit ihrem Lohn an Reis, Salz und Zeug reich beladen zurückgekehrt. Nun kam sie zum zweiten Mal unter dein Vorwand, dass sie oben keinen Reis mehr habe.
Die Sorge für ihre Stammesgenossen war mit Recht ihr anvertraut, denn, während ihr MannAmun Lirungden Ruf eines Schwätzers besass, fürchtete man sich vorHinan Lirung. AuchKwing Irangkam ihr mit wenig Sympathie entgegen, dessenungeachtet gelang es ihr bereits abends, auf Schuld und für eine kleine Menge schwarzen Kattuns, den sie von mir erhalten hatte, eine grosse Menge Reis von ihm zu erpressen. Auch bot sich mir nochmals Gelegenheit, mich von der Unerschrockenheit und Gewandtheit meiner kleinen, untersetzen Freundin zu überzeugen. Sie erzählte mir nämlich, dass sie selbst am oberen Howong einige Batang-Lupar, die bei den Bukat Buschprodukte sammelten, aufgesucht und, wie wir es ihr das vorige Mal aufgetragen, über die Grenze zurückgeschickt hatte. Somit hatte sie sich als würdige Mutter ihrer TochterLirunggezeigt, die in ihrer Liebesgeschichte gegenSi Hebarmit so vieler Energie aufgetreten war.Hinan Lirungerwarb sich nun ein zweites Verdienst, indem sie auch denBanjingernexpedieren wollte. Sie hatte für den Mann sogar schon eine weitere Reisegelegenheit gefunden, nämlich die Batang-Lupar, die wir weggeschickt hatten und die sich noch immer bei den Pnihing am Howong aufhielten.Hinanhatte nun zwar für ihre Heldenhaftigkeit eine Belohnung verdient, doch stellte sie immerhin durch ihre energischen Anfälle auf unseren Reis und unsere Tauschartikel an unsere Widerstandskraft allzu grosse Anforderungen. Selbst die Behauptung der jungen Kajan, dass die alte Frau aus persönlicher Sympathie zu mir so häufig angefahren kam, erleichterte mir nicht die Anstrengung, die sie mir verursachte. In unserer schwachen, indolenten Umgebung botLirungsausgesprochene Persönlichkeit jedoch eine Abwechslung und, als wir abends nicht allzu grosse Mengen Reis, Zeug, Perlen und Salz in ihrem Boote verschwinden sahen, drückten wir ihr zum Abschied herzlich die Hand und legten ihr die Sorge fürBanjinund die anderen Batang-Lupar nochmals ans Herz. Wahrscheinlich expedierte sie später die Gesellschaft persönlich weiter, wenigstens hörten wir nichts mehr von ihnen.
Bau des Häuptlingshauses—Besteigung des Batu Lĕsong—Ermordung einer Sklavin—Schutzleistung gegen Batang-Lupar Banden—Anwerbung netter Leute—Krankenbesuch am Mĕrasè—Reisevorbereitungen—Bang Jokspolitische Stellung—Kwing IrangsEinzug ins neue Haus—Allerhand Schwierigkeiten—wiederholtes Vorzeichensuchen—Tod eines kleinen Mädchen, AnkunftAkam Igaus—Neue Reisehindernisse.
Bau des Häuptlingshauses—Besteigung des Batu Lĕsong—Ermordung einer Sklavin—Schutzleistung gegen Batang-Lupar Banden—Anwerbung netter Leute—Krankenbesuch am Mĕrasè—Reisevorbereitungen—Bang Jokspolitische Stellung—Kwing IrangsEinzug ins neue Haus—Allerhand Schwierigkeiten—wiederholtes Vorzeichensuchen—Tod eines kleinen Mädchen, AnkunftAkam Igaus—Neue Reisehindernisse.
Mit dem Bau vonKwing Irangsneuem Hause brach für die Kajan eine wichtige Periode an, da jede Familie verpflichtet ist, sich durch Beschaffung von Material und durch Arbeitsleitung an dem grossen Werk zu beteiligen. Auch wir interessierten uns lebhaft für das neue Haus, das in grossem Massstab ausgeführt werden sollte und uns daher von dem, was die Bahau auf diesem Gebiete zu leisten im stande sind, eine Vorstellung geben konnte. Ausserdem bot uns der Bau Gelegenheit, zahlreiche religiöse Gebräuche, von denen wir sonst nichts erfahren hätten, kennen zu lernen.
Von besonderer Wichtigkeit war aber für uns die Tatsache, dass unser Zug nach der Ostküste fast gänzlich von diesem grossen Unternehmen der Kajan abhing; denn ohne deren Hilfe konnten wir kaum die Reise ausführen, auch war es vom politischen Gesichtspunkte aus beinahe eine Notwendigkeit, dassKwing Iranguns selbst zur Küste geleitete. Bevor aber der Hausbau nicht bis zu einem gewissen Punkt gediehen war, konnte sich der Häuptling mit einer grossen Anzahl von Männern unmöglich auf Reisen begeben; somit betrachtete ich den Gang der Arbeit einerseits mit Interesse, suchte aber anderseits allen meinen Einfluss geltend zu machen, umKwing Irangzu unterstützen, wenn die Leute nicht den gewünschten Eifer zeigten und lieber ihren eigenen Geschäften nachgingen.
In einem späteren Kapitel sollen der Hausbau und die mit ihm verbundenen Festlichkeiten und religiösen Zeremonien ausführlich beschrieben werden; hier möge nur das, was auf unser tägliches Leben Bezug hatte, erwähnt werden.
Demmenitraf alle Massregeln, um die wichtigsten Perioden beim Bau des Hauses durch photographische Aufnahmen zu fixieren, wobei er gleich Anfangs mit der Schwierigkeit rechnen musste, eine Szene bei Nacht aufzunehmen. Die Kajan achten nämlich auch beim Hausbau streng auf die Vorzeichen und trafen daher wie beim Reisbau, um einem eventuellen ungünstigen Bescheid zu entgehen, die Vorsichtsmassregel, die Arbeitsperiode nachts einzuleiten, da die wahrsagenden Vögel dann schlafen.Demmenibereitete alles für eine Aufnahme bei Blitzlicht in freier Luft vor, aber die Natur half ihm mit einem heftigen Regenguss über diese Schwierigkeiten hinweg. Die Zeremonie musste auf den Tag verschoben werden und wir brauchten die Kajan nun nicht mit unseren künstlichen Blitzen zu erschrecken.
Bereits am vorhergehenden Tage waren Frauen und Kinder eifrig damit beschäftigt gewesen, Klebreis in Form dreieckiger Päckchen in Palmblätter zu wickeln und im Freien in grossen Kesseln zu kochen. Den Reis lieferten zum grösseren Teil der Häuptling, zum kleineren die Freien, dafür hatten diese aber beim Stampfen geholfen. Andere begaben sich auf den Fischfang, da der Häuptling allen Mitarbeitern Fische als Zuspeise anbieten musste.
Abends versammelten sich die vornehmsten Alten, um mit Hilfe von Rotang den Platz zu vermessen, auf dem das Haus stehen sollte. Sie hatten sich von den Dimensionen des Hauses einen Plan entworfen und begannen nun, indem sie mit ausgestreckten Armen ein Stück Rotang massen, die Länge und Breite des Hauses zu bestimmen. Ihr einem Faden entsprechendes Mass wirdde̥păgenannt.
Schwieriger war es, mit dem Rotang ein richtiges Rechteck zu bilden. Hätte ein Sachverständiger die Führung übernommen, so wäre das Kunststück vielleicht geglückt, da nun aber acht oder zehn Männer mithelfen wollten und jeder seine Meinung geltend machte, misslang das Experiment und das Rechteck wurde immer wieder schief. Schliesslich rief manDemmenials Autorität im Gebiete der Baukunst zu Hilfe und, da alle auf ihn hörten, erhielt man bald das gewünschte Rechteck, auf dem die Pfähle verteilt werden sollten. Hierauf ging man an die Verteilung der Seiten und gab durch in den Boden gesteckte Stöcke an, wo die Pfähle eingerammt werden mussten.
Das Haus sollte 23 m breit werden, d.h. gleich breit wie der Rücken, auf dem die Niederlassung gebaut werden sollte. Es sollte ferner an das provisorische Häuptlingshaus anschliessen und sich biszu dem langen Versammlungssaal, in dessen Verlängerung man unser Haus gebaut hatte, ausdehnen. Halbwegs hatten wir bereits beschlossen, dassMidanundDoris, deren Küche und Werkstätte sich an den beiden äussersten Enden des Saales befanden, ausziehen sollten, wir waren aber doch überrascht, als bereits am selben Tage nach der religiösen Zeremonie, welche das Einrammen des ersten Pfahles begleitete, einige junge Männer auf das Dach kletterten und überMidan, der gerade unser Essen kochte, das Dach abzubrechen begannen. Sie liessen sich aber überreden, erst in der Mitte zu beginnen, so dassDorisZeit hatte, seine Werkstätte mit Hilfe einiger Kajan und unserer Malaien in die Wohnung der Malaien an der Mündung des Blu-u überzuführen; auch kamen wir überein, dassDoris’Werkstätte als Küche fürMidanreserviert werden sollte.
Dank den vielen hilfreichen Händen wurde der Saal binnen weniger Stunden seines Daches beraubt, die Dielenbalken abgenommen und die Pfähle mittelst eines Querbalkens, den man mit Rotang horizontal an ihnen befestigt hatte und an dem alle gleichzeitig zogen, aus dem Boden gehoben; darauf wurde in dem Teile, in dem sich in Zukunft die Küche befinden sollte, eine Seitenwand aus Baumrinde angebracht. Als wir gegen Mittag, erfüllt von dem interessanten Schauspiel, das die Aufrichtung des Hauptpfahles durch die Männer und Frauen des ganzen Stammes geboten hatte, in unsere Wohnung zurückkehrten, sah alles wieder so aus, als ob hier nie ein Saal gestanden hätte.
Während der Monate Dezember und Januar beteiligte sich täglich eine grössere oder geringere Anzahl Männer am Hausbau; die Frauen arbeiteten nach dem ersten Tage nicht mehr mit, aber jede Familie stellte so viele jungen Männer zur Arbeit, als sie bei der Feldarbeit entbehren konnte. Diepanjin sajuwaren im Hilfeleisten am eifrigsten, von den übrigen Familien konnte der Häuptling mit seinen Mantri nur mit Mühe genügende Unterstützung erhalten. Sowohl aus diesem Grunde als auch damit nicht einzelne bevorzugt würden, wollteKwing Irangnicht, dass einige Leute bei uns für Geld arbeiteten. Daher war es unmöglich, für längere Zeit eine grössere Anzahl Männer zu vereinigen, und voraussichtlich trat hierin sowohl während des Hausbaus als während der folgenden Reisernte keine Änderung ein. Ich war daher darauf bedacht, meine Zeit, ausser durch ethnographische Studien, auch noch auf andere Weise nützlich zu verwenden.
Ende Dezember war esHadji Umargeglückt, mit seiner Familievon Long Tĕpai nach Long Bulèng überzusiedeln, wo er sich beim MalaienUtaseinquartierte. Ausser seiner Familie hatteUmarungefähr acht seiner besten Buschproduktensucher bei sich, Malaien und Dajak, die sich teils als seine Schuldner, teils als seine Geschäftsteilnehmer seit Jahren mit ihm im Urwalde aufhielten. Sie wären gern in meinen festen Dienst getreten, aber ich hatte für sie keine ständige Arbeit, auch vertraute ich ihnen nicht ganz. Dagegen konnten sie mir bei der geplanten Besteigung des Batu Lĕsong sehr gut als Kuli und Ruderer dienen, ich hatte dann nur wenige Kajan nötig. Da auch die Kajan noch nie dieses Grenzgebirge mit dem Stromgebiet des Barito bestiegen hatten und wir unserem eigenen, auf dem Batu Mili entworfenen Plane folgen wollten, konnten uns diese kräftigen Fremden ebenso gut Hilfe leisten.
Die Kajan schienen gehofft zu haben, dass ich ohne ihren Beistand auf den Zug nach dem Batu Lĕsong verzichten würde. Sie fürchteten nämlich, dass mir in diesen ihnen unbekannten und daher unheimlichen Gebieten, in denen die Baritostämme Buschprodukte suchten, etwas zustossen könnte.
Kaum hatten die Kajan daher gehört, dass die Malaien mich begleiten sollten, als verschiedene einflussreiche Männer zu mir kamen, mich auf die grossen Gefahren aufmerksam machten, und mich von meinem Plane abzubringen suchten. Zuverlässige Auskunft über diese Gegend konnte ich nicht erhalten, sie suchten mich im Gegenteil durch allerhand falsche Berichte einzuschüchtern und wankend zu machen.
Um so wenig Männer als möglich mitzunehmen, beschloss ich, den Zug nur mitBierzu unternehmen undDemmeniundDoriszurückzulassen.SĕkarangundAmjadagegen sollten mich begleiten; die Aussicht, eine wertvolle Sammlung Gebirgspflanzen anlegen zu können, war zu lockend, um sie zu Hause zu lassen.
AlsKwing Irangmerkte, dass ich ernstliche Vorbereitungen traf, machte er aus der Not eine Tugend, indem er das Seine dazu beitrug, um mich wohlbehalten heimkehren zu lassen. Er trugSorongauf, mich zu begleiten, und trat mir ausserdem fünf der gewandtesten jungen Männer ab.
Glücklicher Weise kannteSorongwenigstens den Weg bis zu dem Bergrücken, der zwischen dem Blu-u und Danum Parei auf den Batu Lesong führt. Am 16. Januar brachen wir 24 Mann stark in dreien meiner kleinen Böte auf.
Die letzten Tage vor unserer Abreise waren recht trocken gewesen, so dass der Blu-u gerade genügend viel Wasser enthielt, um am ersten Tage bis an den Ort zu gelangen, wo an seinem Seitenfluss, dem Bruni, die verlassenen Reisfelder aufhören und der jungfräuliche Wald mit seinen Riesenstämmen über dem kleinen Flusse ein schattenreiches Dach bildet. Nachts fiel das Wasser noch mehr, so dass die Böte über die Stromschnellen bei den Geröllbänken mehr gezogen als gerudert werden mussten. Wir Europäer zogen es vor, zu Fuss längs des Ufers zu folgen, hatten aber den Fluss hie und da zu durchqueren. Gegen Mittag mussten immer wieder Steine auf die Seite geworfen werden, um den Böten einen Durchgang zu verschaffen. Erst am folgenden Tage erreichten wir auf die gleiche Weise Long Dungo, den Punkt, wo der Landweg zum Danum Parei beginnt. Hier mussten wir einen Teil des Reises, den wir mit Rücksicht auf die unbestimmte Dauer der Reise in grossen Mengen mitgeführt hatten, zurücklassen. Sollte die Besteigung lange Zeit erfordern, so konnte dieser Vorrat stets abgeholt werden.
Meine Kuli schienen den Rest des Tages gern hier verbringen zu wollen, aber ich kannte die Schwierigkeiten nicht, denen wir weiter oben begegnen würden, und liess, um keine Zeit zu verlieren, die Leute ihre Tragsäcke in Ordnung bringen.
Von der Landzunge an, welche von dem Bruni und einem seiner Nebenflüsse gebildet wird, bestiegen wir zuerst einen sehr steilen und dann immer flacher werdenden Rücken, der direkt auf die Wasserscheide zwischen Blu-u und Danum Parei hinaufführte. Gegen 3 Uhr gelangten wir auf einem alten Pfade der Buschproduktensucher so weit aufwärts, dass wir aus Furcht, auf dieser Höhe kein Wassermehr zu finden, Halt machen mussten.
Auf den Charakter des grossen Bergrückens begierig setzten wir am folgenden Morgen unseren Marsch fort und erreichten ohne andere Schwierigkeiten, als die Überwindung einiger steiler Partieen, gegen
Uhr eine flache Verbreiterung des Rückens, die nachSorongden höchsten Punkt auf dem Wege zum Danum Parei vorstellte.
Der hohe Wald, der uns auch hier wieder umgab, benahm jede Aussicht; so blieb uns nichts anderes übrig, als die südliche Richtung einzuschlagen, um auf diese Weise auf den Rücken zu gelangen, der uns auf den Batu Lĕsong führen sollte. Wir befanden uns anfangs plötzlich zwei Mal vor steilen Abhängen, die nach unten in das Taldes Bruni führten, aber einige als Kundschafter ausgesandte Leute brachten uns bald wieder auf die richtige Spur. Der gefundene Rücken war oben 4 bis 10 m breit und wir folgten ihm auf einem für Urwaldverhältnisse sehr befriedigenden Pfade. Da er nie oder nur äusserst selten von Menschen betreten wurde, konnte er nur von Hirschen, Schweinen und Rhinozerossen, die von dem einen Gebiet ins andre zogen, herrühren. Der Pfad führte uns bis dicht an den Batu Lĕsong und nur ab und zu war ein Schwerthieb erforderlich, um Rotang oder Reisig aufzuräumen.
Vom Batu Mili und Batu Situn aus gesehen zeigte der Querrücken, auf dem wir uns befanden, drei aufeinander folgende Erhebungen, deren Höhe nach unten zu allmählich abnahm. Der höchste, der uns als Beobachtungspunkt dienen sollte, lag auf dem Batu Lesong selbst.
Nachmittags erstiegen wir die, von uns aus gesehen, erste, 75 m hohe Erhebung und trafen hier bereits auf einer Höhe von 950 m ü.d.M. die Moosvegetation. Die niedrigen Bäume, die hier den wichtigsten Teil des Pflanzenwuchses ausmachten, waren infolge ihrer Moosbekleidung zu ihrer vier- bis fünffachen Dicke angeschwollen und zwischen ihnen hingen an den Schlingpflanzen wahre Wände von Moos, so dass man in den Zwischenräumen die Töne gedämpft wie in einem geschlossenen Raume hörte.
Hier ruhte ich mit dreien meiner Leute aus und beschloss, auf die übrigen zu warten, die, mit einer Last von etwa 25 kg beladen, nicht so schnell folgen konnten. Es dauerte einige Stunden, bis der letzte Mann bei uns eintraf, und wir mussten nun an unser Nachtlager denken, das wir in dem Sattel zwischen den beiden ersten Erhebungen aufschlugen. Einen kalten Wind abgerechnet störte uns nichts in unserem tiefen Schlaf, denn selbst die zahlreichen Heimchen und Zikaden, die den Wald weiter unten Tag und Nacht mit ihrem Gezirp erfüllten, waren hier entweder nicht vorhanden oder schwiegen. Wahrscheinlich war ersteres der Fall, denn die sonst stets anwesenden Arten der Morgenund Abendzikaden, die sich nur bei Sonnenaufgang und Untergang hören lassen, waren hier durch andere Arten vertreten. Im Laufe des Nachmittags zogSorongmit einigen Männern noch aus, einen weiteren Weg zu suchen, und kam mit dem Bericht zurück, dass es am geratensten sei, westlich um den Fuss der zweiten Erhebung statt über deren Gipfel zu gehen. Die sehr steilen, hier und da kahlen Wände sahen in der Tat wenig anziehend aus, daher gingen wir amfolgenden Morgen auf gleicher Höhe durch einen sumpfigen Wald weiter. Unseren Kajan lief das Wasser im Munde zusammen beim Anblick der zahlreichen Spuren von Wildschweinen und Nashornen. NachSorongsAngabe hatten wir einen kleinen Nebenfluss des Blu-u zu durchschreiten und dann einen Gipfel zu besteigen, den er zwischen den Bäumen glaubte durchschimmern gesehen zu haben.
Von unten heraufziehende Wolken umhüllten uns und der freundliche Sonnenschein, der den dunklen, ewig triefenden Wald etwas belebte, verschwand. Wir zogen über eine Menge abgestürzte, scharf kantige Sandsteinblöcke, die nass und mit Moos bewachsen waren und dem Fuss nirgends einen festen Stützpunkt boten. Bald wurde Arm oder Fuss von den Schlingen und Haken der Lianen festgehalten, bald schlugen uns dornige Rotangranken ins Gesicht, so dass wir unter diesen Umständen an zwei Augen lange nicht genug hatten. Unsere Träger bewegten sich von dem einen Felsblock zum anderen, indem sie sich überall mit Händen und Füssen festklammerten; ihr Schweigen bewies den Eindruck, den diese Umgebung auf sie machte. Später überfiel uns ein kalter Regenguss, der die Nässe unserer Kleider zwar nicht mehr steigern konnte, uns seiner Kälte wegen aber sehr unangenehm berührte. Als wir nach einer Kletterei von einigen Stunden an der Richtigkeit vonSorongsAngaben zu zweifeln begannen, suchten wir uns unter einigen überhängenden Felsblöcken einen trockenen Platz und sandten zwei Malaien vom Mĕlawi auf Kundschaft aus.
Die Rast war uns zwar sehr angenehm, aber das Warten erschien uns schliesslich doch etwas lange, auch brachten uns die Malaien nicht einmal sehr ermutigenden Bericht. Zwar hatten sie den Gipfel gefunden, aber sie zweifelten daran, dass er der richtige war, ausserdem wurde der Weg züi ihm nicht besser. Also ging es zwischen Felsblöcken, Sträuchern und Lianen vorwärts, bis wir an ein trockenes Flussbett gelangten, das nur bei heftigem Regen Wasser zu führen schien. Jetzt bildete es nur einen nackten Einschnitt in der Bergwand, mit verwitterten Wänden und gefüllt mit losem Gestein verschiedenster Grösse. Das Gehen war beschwerlich, aber die ungewohnte Freiheit der Bewegung wirkte ermunternd, daher betraten wir mutig, einer hinter dem anderen, den Pfad, der mit 30° Steigung aufwärts führte.
Das Flussbett wurde bald so steil, dass die Vordersten nicht mehr gehen, sondern an den Wänden hinaufklettern mussten. Die Hinterensuchten ihr Heil sehr bald im Walde, denn die von ihren Vorgängern losgelösten Steine wurden ihnen zu gefährlich. Wir beschuhten Europäer brachten auffallender Weise viel mehr Steine ins Rollen als die barfüssigen Eingeborenen, die noch dazu eine Last zu tragen hatten. Die Biegsamkeit und das Gefühl in ihren Fusssohlen bieten ihnen beim Gehen einen grossen Vorteil, daher verwickeln sie ihre Füsse auch so selten in den Schlingen der Lianen, aus denen man sich oft schwerer als aus Schnüren derselben Dicke befreien kann.
Bald befanden wir uns vor einem Kamin, dessen Wände zu verwittert waren, um an ihnen hinaufklettern zu können. Unsere braunen Gefährten kamen uns wieder zu Hilfe, steckten einige dicke Stöcke zu beiden Seiten in den Boden und geleiteten uns so zu dem zuverlässigeren Waldboden. 100 m höher gelangten wir auf einen schmalen Sattel, der auf der anderen Seite ebenso steil abfiel und somit wieder eine Untersuchung verlangte.
Links von uns erhob sich eine hohe, steile, dicht bewachsene Felswand und rechts ein nur 40 m hoher Hügel, der uns voraussichtlich über die nächste Umgebung einen Überblick geben konnte. Indem wir uns durch moosbedecktes Gestrüpp hindurchwanden und mit Hilfe von Leitern schwierigere Stellen passierten, erreichten wir die Spitze, die mit dichtem Grün von Rhododendren und seltsamen Nepenthes bedeckt war. Eine Aussicht war aber nicht vorhanden, denn unmittelbar über uns umhüllte eine dicke Wolkenlage alle höheren Gipfel.
Vor Nässe triefend und vor Kälte zitternd beschlossen wir, bis zum folgenden Tage zu warten, und kehrten auf den Sattel zurück, wo uns die Kajan mit einigen geraden, dünnen Hölzern bald das Gerüst für eine Hütte zusammenstellten, die wir mit einigen Segeltüchern vervollständigten.
Ein Kleiderwechsel brachte uns bald ein behagliches Gefühl; leider musste das Wasser auf dieser Höhe weither geholt werden und wir daher lange auf einen warmen Trunk warten. Die Malaien erstiegen noch den Gipfel links von unserem Sattel und bemerkten, dass er der zweite Gipfel war, um dessen Fuss wir tagsüber gezogen waren, und dass der dritte Gipfel noch hinter diesem lag. Es zeigte sich zugleich, dass diese beiden Gipfel durch eine so tiefe und steile Schlucht getrennt waren, dass an ein Hinüberkommen nicht zu denken war. Obgleich der gefundene seitliche kleine Gipfel nicht der gewünschte war, hatten wir doch durch unseren Zug nach rechts, der Bergwandentlang, nichts verloren, es kam jetzt nur darauf an, längs der Bergwand eine Möglichkeit zu finden, um den letzten Gipfel zu besteigen. Diese Aufgabe überliessen wir am folgenden Tage den Malaien und suchten uns inzwischen mit Lesen und Aufzeichnen so angenehm als möglich zu unterhalten. Die Verhältnisse waren nicht gerade gemütlich; das Thermometer, das nachts auf + 14° C. gefallen war, stieg auch am Tage nicht über + 17° C.; von unserer Hütte aus traten wir sogleich auf durchnässtes, plattgetretenes Moos und, obwohl unser Lager sich auf einem nur wenige Meter breiten Sattel mit sehr steilen Wänden befand, benahm uns das umgebende Gestrüpp doch jede Aussicht. Erst gegen 3 Uhr kam der erste Kundschafter, zum Glück mit gutem Bericht, zurück. Der dritte Gipfel konnte bestiegen werden, sie hatten sogar zum grössten Teil bereits einen Weg gehauen, ausserdem hatten sie Trinkwasser gefunden.
Am anderen Tage glückte es uns, in 1½ Stunden den Aussichtspunkt, einen sehr schmalen, langen, mit Bäumen dicht bestandenen Gipfel, zu erreichen. Die Bäume waren durch Gestrüpp und dicke Moosbedeckung zu einem Ganzen verbunden und wir konnten uns nur kriechend und kletternd hindurcharbeiten. In einer durch Mooswände gebildeten Kammer liessen wir unsere Zelte aufschlagen, sahen aber zum Leidwesen des Topographen keine Möglichkeit, einen Standplatz auf festem Untergrund für ihn zu schaffen. Hierfür hätten auf dem ganzen Gipfel und teilweise an den Abhängen Bäume gefällt werden müssen, eine Arbeit, die wegen der Härte des Gebirgsholzes nicht ausgeführt werden konnte. Wir suchten daher, wie auf dein Batu Situn, einige beieinander stehende Bäume aus, liessen ihre Kronen bekappen und zwischen ihren Ästen eine Plattform anbringen, über welche ein Dach aus Segeltuch gespannt wurde. Ein besserer Beobachtungsposten war unter den gegebenen Umständen kaum zu erlangen. Trotzdem mussten, um eine freie Aussicht zu erlangen, noch viele hohen Bäume gefällt werden; für die Pflanzensucher bot sich hier eine günstige Sammelgelegenheit, da in dieser Regenzeit alle Bäume Blüten oder Früchte trugen.
Durch seine Höhe von 1690 m ü.d.M. gewährte uns der Gipfel einen Überblick über einen grossen Teil von Mittel-Borneo; die höchsten Bergspitzen wurden zwischen dem oberen Mĕlawi und oberen Kajan sichtbar.
An diesem Tage sahen wir jedoch wenig hiervon, denn nach demSonnenschein des Morgens umhüllten uns gegen 11 Uhr die Wolken von unten her. Darauf regnete es ein wenig und abends verursachte die untergehende Sonne einen so eigenartigen bläulichen Dunst über der ganzen Landschaft, dass sie nur in grossen Zügen erkennbar war. Wir setzten unsere Hoffnung auf den folgenden Morgen, aber in der Nacht trat Regen ein, der bis 8 Uhr morgens anhielt. Obgleich der 200 m lange Weg zu unserem Observatorium nicht verlockend erschien und das Thermometer nur + 12° C. zeigte, konnte ich meine Ungeduld doch nicht länger bezwingen und stand bald nach unserem Frühstück fröstelnd auf der Plattform. Hier heulte der mit feinem Regen beladene Wind in den Baumgipfeln und trieb von Süden her halb durchsichtige Wolkenmassen aus dem Murungtal über den Batu Lĕsong, während nach Osten hin ein bleifarbiger Wolkenschleier jeden Ausblick benahm. Unsere Malaien waren nur mit Mühe zum weiteren Fällen der Bäume zu bewegen und einige Exemplare blieben bis zur Ankunft der Kajan stehen, die im Sattel übernachtet hatten und ausser ihren starken Armen auch gute Beile mitbrachten. Noch am gleichen Tage wurde der Gipfel so weit als nötig frei, aber weder der Abend noch der folgende Morgen gewährten irgend welche Aussicht. Unter diesen Umständen wussten wir nichts Besseres vorzunehmen, als in unsere Klambu zu flüchten.
Inzwischen hatten unsere Pflanzensucher mit grossem Erfolg gearbeitet und wollten allmählich den Rückzug antreten, um auch die Pflanzenwelt weiter unten zu untersuchen. Als Schutz und Hilfe gab ich ihnen einige Malaien mit, bemerkte aber später, dass bis auf zwei alle mitgegangen waren. Zum Glück blieben uns die Kajan übrig, die am vierten Tag alle nach oben kamen, um die letzte Nacht vor unserer Abreise oben zu verbringen. An diesem Morgen schien nämlich zum ersten Mal die Sonne und sie wussten, dass der Tag uns eine genügende Aussicht bieten würde. Sie erwarteten mit Ungeduld unseren Aufbruch, begreiflicher Weise, denn der eine hatte ein Lendentuch, der andere ein Kopftuch oder eine Jacke verbrannt, weil er nachts der Kälte wegen zu nah beim Feuer geschlafen hatte.
Der hohe Punkt des Batu Lĕsong, auf dem wir uns eben befanden, bot uns zuerst einen interessanten Blick auf die Gipfelfläche dieses Gebirges. Diese neigt sich mit nur 8° nach Süden, wird höchstens einen Kilometer breit und erstreckt sich ununterbrochen über die ganze Kette. Nur da, wo die zwischen den Nebenflüssen des Mahakam laufendenSeitenketten von der Hauptkette abzweigen, erhebt sich ein Gipfel, wie derjenige, auf dem wir uns eben befanden. Die Kajan nannten den Gipfel, der sich zwischen dem Blu-u undIkangerhebt, Batu Tokong und behaupteten, dass auf seiner Südseite der Busang entspringe und an dem südlichen Abhang unseres Gipfels der Lito, ein Nebenfluss des Bĕlatung. Die Gipfelfläche sowie die ganze Landschaft sind vollständig mit ununterbrochenem Urwald bedeckt, aus dem nur die senkrechten hellen Wände des Batu Lĕsong an der Nord- und Südseite scharf hervortreten.
Die langen Nebenketten, die sich nach Norden zum Mahakam hinziehen, fehlen nach Süden, im Tal des Murung; hier sieht man nur breite, wenige Kilometer lange Ausläufer, die zum Flusstal hin senkrecht abfallen.
In kurzem Abstand vom Batu Lĕsong und parallel mit diesem erhebt sich im Süden ein anderer Rücken, der den Busang zwingt, längs des südlichen Fusses des Batu Lĕsong nach Westen zu fliessen; den Namen dieses Rückens und etwas Näheres über ihn konnte ich nicht erfahren. Wegen der allgemeinen Waldbedeckung konnten wir die einzelnen Gebirge am oberen Murung auf grösseren Abstand nicht gut unterscheiden. Nur der Batu Ajo im Osten trat seiner ganzen Länge nach deutlich hervor; sein Gipfel besteht ebenfalls aus einer schmalen, waldbedeckten Fläche, nur ist er niedriger als der des Batu Lĕsong. Besonders auffallend war das Bergmassiv des Bomban im Gebiet des Murung, das sich als schmales, kegelförmiges Gebirge von 1900–2000 m Höhe hinter den vorgelagerten, nicht über 1000 m hohen Ketten erhebt. Ich konnte nun die eigenartigen Terrassenbildungen unseres Sandsteingebirges, die mir vom Batu Mili aus aufgefallen waren, von einem anderen Standpunkte aus betrachten. Die 20 bis 100 m mächtigen Sandsteinlagen aus denen dieses Gebirge besteht, sind im Lauf der Zeit so erodiert worden, dass nach Norden niedrigere Terrassen mit der gleichen schwachen Neigung, wie der Hauptrücken, gebildet sind und zwar ist die Terrassenbildung an der Westseite der Querrücken stärker ausgeprägt als an der Ostseite.
Die Nordseite des Batu Lĕsong zeigt eine eigentümliche Zickzacklinie, in deren einspringenden winkeln je ein Fluss seinen Ursprung nimmt.
Die Berge im Tal des Blu-u machten, da sie ganz mit Wald bedeckt sind, von dieser grossen Höhe aus keinen Eindruck; nur derKasian und der Mili stachen mit ihren hellen Wänden von dem dunklen Hintergrunde ab. Grossartig war der Blick auf das Kettengebirge am oberen Mahakam mit seiner Fortsetzung längs des Kajanflusses. Einzelne Ketten oder Gipfel waren nicht zu erkennen; es zeigte sich aber, dass von diesem Gebirge Querrücken in die Täler des Oga und Boh, in gleicher Weise wie vom Batu Lĕsong zum Mahakam, verliefen.
Nachmittags, als die Sonne im Sinken begriffen war, erfuhren wir aufs neue, wie sehr die Aussicht nicht nur durch die Wolken, sondern auch durch die Sonne beeinträchtigt werden kann; dennBierkonnte nur mit Mühe einige Gipfel im Norden visieren, da ein bläulichgrauer Dunst die ganze Landschaft einhüllte. Das erhaltene Resultat war aber befriedigend, daher beschlossen wir, diesen ungastlichen Ort am folgenden Morgen zu verlassen.
Die Verteilung unseres Gepäcks unter die noch übriggebliebenen Kajan und Malaien kostete nicht viel Mühe, da unsere Lebensmittel fast erschöpft waren, und so machten wir uns am 26. januarleichten Herzens auf den Rückweg: Unsere Kuli hatten den Weg durch Mooswände und Gestrüpp bedeutend verbreitert und verbessert, daher kamen wir, obgleich die Kletterpartie nach unten doch nass und unangenehm war, schnell vorwärts und erreichten noch vormittags den Lagerplatz vor dem ersten Gipfel, an dem wir alle unsere Leute versammelt fanden.
Sĕkaranghatte seine Zeit besonders gut benützt und während des letzten Tages einen wahren Garten von schönen und seltenen Pflanzen zusammengebracht. Das Herbarium war besonders durch eine grosse Anzahl neuer Baumarten bereichert worden. Alles Material musste lebend mitgenommen und zu Hause bearbeitet werden, da in dieser vor Nässe triefenden Umgebung an ein Trocknen nicht zu denken war.
Unsere Arbeit war nun erledigt und eine schnelle Heimreise wünschenswert, daher dachte ich abends über die Möglichkeit nach, den Mahakam in einem Tage zu erreichen. Der Abstieg musste bequemer sein als der Aufstieg und, da die Flüsse durch den Regen der letzten Tage geschwellt sein mussten, erschien mir die Sache nicht sehr schwierig. Mein Vorschlag fand seitens der Träger geringen Beifall, obgleich diese im Grunde auch lieber zu Hause als in dem nassen Urwald sassen. Sie fürchteten augenscheinlich, einen geringeren Lohn zu erhalten, daher versprach ich ihnen sogleich nicht nur den vollenLohn, sondern auch eine Extrabelohnung, weil der Zug dank der Anstrengung der Leute in kürzerer Zeit vollführt worden war, als ich erwartet hatte.
Am folgenden Morgen verteilten wir die Pflanzensammlung unter die Träger und brachen nach dem Essen auf. Ich vermutete, dass meine Reisegesellschaft es doch noch versuchen würde, erst in zwei Taren aber dafür langsam nach Hause zu gelangen, und beschloss daher, vorauszugehen, um die Leute zum Nachfolgen zu zwingen.
Als alle zum Abmarsch bereit waren, machte ich mich in Gesellschaft vonSorong, der nur sein eigenes Gepäck zu tragen hatte, auf den Weg. Mit unserem schnellen Schritt erreichten wir in 3½ Stunden unseren Lagerplatz auf dem Rücken, der zum Bruni hinunterlief.Sorongerklärte, der Ruhe bedürftig zu sein, und konnte auch nach einiger Zeit nur mühsam vorwärts, so dass uns die fünf jungen Kajan einholten. Durch unser ständiges Vorausgehen und durch die Nähe des Flusses gereizt stürmten sie ohne stillzuhalten an uns vorüber. Ich liessSorongzurück und folgte den fünf, musste aber sehr schnell gehen, um mit ihnen Schritt zu halten. In kurzer Zeit erreichten wir den Bruni, der inzwischen stark geschwollen war. Als wir den Fluss durchquerten, sanken wir tief ins Wasser ein; das Bad, das erste nach unserer Abreise, erfrischte uns herrlich, auch liess uns die Aussicht, mit unseren Böten ohne Schwierigkeit nach Hause zu gelangen, unsere Müdigkeit und die Steifheit unserer Gliedmassen vergessen. Innerhalb einer Stunde waren alle vereinigt, die Böte aus dem Walde geholt und zu Wasser gelassen worden. Das Einladen des Gepäckes ging schnell von statten und darauf ging es erst den Bruni dann den ebenfalls geschwollenen Blu-u hinunter. Noch vor Sonnenuntergang landeten wir bei unserer Wohnung, zur grossen Verwunderung der Dorfbewohner, die uns noch lange nicht zurück erwartet und einen Erfolg unseres Zuges nicht für wahrscheinlich gehalten hatten. Mühsam stieg ich den 30 m hohen Uferwall hinauf und merkte noch nach Tagen, dass ein derartiger Zug viele Anspannung erfordert.
Alle unter der Aufsicht des Kontrolleurs zurückgebliebenen Leute befanden sich wohl, waren aber, wie die ganze Niederlassung, über einen brutalen Mord, der in den letzten Tagen verübt worden war, erregt.
Utas, der malaiische GatteLirungs, die in Long Bulèng wohnte, war gleich nach unserer Abreise von einem Handelszug nach demoberen Murung zurückgekehrt und hatte unter seinen verschiedenen Handelsartikeln auch eine Sklavin mitgebracht. Wenige Tage vorher hatteLasa, der Sohn des Ma-Suling HäuptlingsTĕkwan, als er seine TanteLirungbesuchte, die Sklavin aus dem Hause gelockt, mit zwei jungen Kajan in ein Boot gesetzt und war mit ihr flussabwärts gefahren. Als auf halbem Wege von seinem Hause alle auf einer Geröllbank ausgestiegen waren, um zu baden, fielLasaplötzlich die alte Frau an und ermordete sie. So schien sich die Geschichte, von allen wahren und unwahren Ergänzungen abgesehen, wirklich zugetragen zu haben.
Die Tat war sowohlKwing Irangals uns gegenüber eine sehr freche; dennLasagehörte durch seine MutterUniang, eine Schwester vonLirung, zum Kajanstamm und, da die alte Frau bereits inLirungsHause gegessen hatte, war, nach Auffassung der Kajan, in ihr eine Stammesgenossin ermordet worden. Ein derartiges Verbrechen wird von den Bahau viel schärfer verurteilt, als wenn es sich um die Ermordung eines Fremden, wenn auch eines Angehörigen eines benachbarten Stammes, handelt.
Kwing Iranggeriet durch diese Angelegenheit in grosse Verlegenheit, denn er hatte sie noch nicht mit dem Kontrolleur besprochen und für uns war es schwierig, aktiv aufzutreten, besonders deswegen, weil der wahre Sachverhalt, der widersprechenden Berichte wegen, durchaus nicht klar schien.