IV. Rabehs Kampf mit Wadai.
Im Jahre 1887 beginnt eine neue Phase in dem Leben Rabehs. Er glaubte sich nunmehr stark genug, offensiv gegen das Sultanat Wadai vorzugehen, das sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zum mächtigsten und am festesten gegliederten innerafrikanischen Staatsgebilde entwickelt hatte. Den äusseren Anlass zum Kampfe scheint ein vom Sultan von Wadai abtrünniger Lehensfürst in Salamat[17]gegeben zu haben, der um das Jahr 1887 Beziehungen mit Rabeh angeknüpft hatte, auf Grund deren Rabeh nordwärts vorging.
Wadai besteht aus einer grossen Reihe von entweder direkt von der Hauptstadt Abeschr aus oder von eingeborenen Stammesfürsten verwalteten Provinzen. Eine eigenartige, das Gesamtgebiet umfassende militärische Organisation übt gleichzeitig eine Kontrolle über die unter direkter Verwaltung stehenden Provinzen und über die Tributärstaaten aus. Sie wird durch Heerführer, Akids, repräsentiert, deren es gegenwärtig 98 in Wadai giebt.[18]Vielfach ist die Würde eines Akid erblich, namentlich in der Familie einzelner Vasallenfürsten, so bei den Bulala, einem grossen Stamme östlich des Tschadsees; aber meist werden Günstlinge, auch Eunuchen, solche, die in ihrer Jugend Sklaven und Diener in der nächsten Umgebung des Sultans gewesen waren, zu Akids ebenso wie zu den anderen Hofchargen ernannt. Neben den Akids giebt es in einzelnen Distrikten noch besondere Generäle, Kamkalak genannt.
Nach Mitteilungen von Wadai-Leuten scheint Rabeh die einflussreichsten Leute des Bahr es Salamat insgeheim durch grosse Geschenke an Kühen, Pferden, Elfenbein u. s. w. für sich zu gewinnen gesucht und auf die Zusage der Bestochenen gebaut zu haben, dass sie ihn als ihren Herrn anerkennen würden, falls es ihm gelänge, den Akid und Djerma[19]Osman ed Dahab Abu Djebrin zu töten. Rabeh hatte bereits durch seine Festsetzung in Dar Rungain die Machtsphäre des Sultans von Wadai eingegriffen, allerdings weit im Süden seines Reiches, in einer Gegend, in welcher der Sultan früher selbst Sklaven zu jagen gewohnt war. Seitdem Rabeh sich zum Herrn von Kuti gemacht hatte, scheint dieses nur noch unregelmässig Tribut an Wadai gezahlt zu haben.
Auf die Nachricht von dem Herannahen der Truppen Rabehs vereinigten sich die sämtlichen Heerführer des Südwestens von Wadai, um dem zunächst bedrohten Akid el Baher, Namens Waled Enhaiib, dem Heerführer einer Provinz im Salamat-Gebiete, beizustehen. Die stärksten Kontingente stellten der Akid el Berudj, der Heerführer des Seen-Bezirks, der vorerwähnte Djerma Osman ed Dahab Abu Djebrin und Idris, der Akid der Bulala. Die Truppen von Wadai waren siegreich in dem ihnen aufgedrungenen Kampfe. Zwar blieb die erste Schlacht, welche am oberen Laufe des Salamat-Baches stattfand und von Sonnenaufgang bis zum Abend wogte, unentschieden, und auf Seiten der Armee von Wadai fielen mehr als 400 Mann, darunter der Akid el Baher und der Akid el Berudj. Aber die von Rabeh bestochenen Grossen liessen ihn im Stich und stiessen zu den weiter anrückenden Truppenvon Wadai. Rabeh zog sich noch in der folgenden Nacht zurück, überzeugt, dass er von den Salamat-Leuten verraten war. Abu Djebrin liess am kommenden Tage allen, welche des Einverständnisses mit Rabeh bezichtigt wurden, den Kopf abschlagen.
Von Stund an wurde der Sultan Jussuf von Wadai, der Bruder und Nachfolger des bereits genannten Sultan Ali, der gefährlichste Gegner Rabehs. Die späteren Versuche des Eroberers, wieder gute Beziehungen mit ihm anzuknüpfen, blieben fruchtlos, und auch Jussufs Nachfolger, der Sultan Ibrahim, hat sich unversöhnlich gezeigt. Eine weitere Folge des Vorgehens Rabehs gegen Wadai war, dass er sich die Feindschaft des Oberschech der Senussi zuzog. Wohl ist dieses Zerwürfnis nicht direkt zu Tage getreten, in der Folge scheint Rabeh sogar, um vielleicht den steigenden Einfluss der Senussi und den Nimbus, der von ihrem Namen ausging, für sich nutzbar zu machen, seine Truppen als Senussi ausgegeben zu haben. Im Jahre 1892 wurden dem Franzosen Le Maistre als Bewohner des rechten Ufers des Bamingi oder Bahr el Abiad die räuberischen „Senussus“ oder „Rabi Turkos“ bezeichnet, welche häufig Einfälle auf das linke Ufer des Flusses machten, und infolge dessen wurde auch von französischer Seite an eine Identität der Rabeh’schen Truppen mit den Senussi geglaubt.[20]Wohl mögenauch unter den Scharen Rabehs Anhänger des Senussiordens sich befunden haben. Rabeh selbst ist niemals Senussi gewesen, gehörte vielmehr dem Orden der Tidjani an, und der Schech der Senussi ist Rabeh bis zu seinem Tode feindlich gesinnt geblieben.[21]
[17]Das Bahr es Salamat wurde bereits als mutmasslicher Schauplatz des ersten Kampfes zwischen Wadai und Rabeh genannt. Allem Anscheine nach ist dieser Landstrich eine breite südwestlich sich hinziehende Thalsenke, welche einen Teil der südlichen Abwässer von Wadai in sich aufnimmt. Diese fliessen nach dem Iro-See und von hier aus in den Schari und zum Tschadsee.[18]Die Würde des Akid (die arabische Pluralform lautet Okada) ist eine heute noch bei den Beduinen unter gleichem Namen bestehende Einrichtung. Vergl. hierüber mein Buch „Vom Mittelmeer zum persischen Golf“, Bd. II, S. 86.[19]Die Würde des Djerma, des Oberstallmeisters, ist eine der bedeutendsten der in Wadai, wie in den übrigen innerafrikanischen Staaten so zahlreichen Hofchargen. Es giebt vier Djerma in Wadai. Die Würde des ersten Djerma bekleidete zur Zeit der Sultane Ali und Jussuf deren mütterlicher Onkel, Abu Djebrin, dessen Sohn der noch jetzt amtirende erste Djerma Osman ed Dahab ist. Schon sein Vater war gleichzeitig Akid im Salamatdistrikt.[20]Vergl. Jacques Daunis, Un Conquérant Soudanais, in La Revue de Paris 1897, S. 352.[21]Ganz neuerdings, nachdem Schwierigkeiten zwischen dem Schech der Senussi und dem Sultan Ibrahim von Wadai entstanden waren, ging allerdings das Gerücht, dass das Ordensoberhaupt mit dem Sohne Rabehs bessere Beziehungen anknüpfen wollte. Ein praktisches Resultat hat diese angebliche Sinnesänderung jedoch nicht gehabt.
[17]Das Bahr es Salamat wurde bereits als mutmasslicher Schauplatz des ersten Kampfes zwischen Wadai und Rabeh genannt. Allem Anscheine nach ist dieser Landstrich eine breite südwestlich sich hinziehende Thalsenke, welche einen Teil der südlichen Abwässer von Wadai in sich aufnimmt. Diese fliessen nach dem Iro-See und von hier aus in den Schari und zum Tschadsee.
[17]Das Bahr es Salamat wurde bereits als mutmasslicher Schauplatz des ersten Kampfes zwischen Wadai und Rabeh genannt. Allem Anscheine nach ist dieser Landstrich eine breite südwestlich sich hinziehende Thalsenke, welche einen Teil der südlichen Abwässer von Wadai in sich aufnimmt. Diese fliessen nach dem Iro-See und von hier aus in den Schari und zum Tschadsee.
[18]Die Würde des Akid (die arabische Pluralform lautet Okada) ist eine heute noch bei den Beduinen unter gleichem Namen bestehende Einrichtung. Vergl. hierüber mein Buch „Vom Mittelmeer zum persischen Golf“, Bd. II, S. 86.
[18]Die Würde des Akid (die arabische Pluralform lautet Okada) ist eine heute noch bei den Beduinen unter gleichem Namen bestehende Einrichtung. Vergl. hierüber mein Buch „Vom Mittelmeer zum persischen Golf“, Bd. II, S. 86.
[19]Die Würde des Djerma, des Oberstallmeisters, ist eine der bedeutendsten der in Wadai, wie in den übrigen innerafrikanischen Staaten so zahlreichen Hofchargen. Es giebt vier Djerma in Wadai. Die Würde des ersten Djerma bekleidete zur Zeit der Sultane Ali und Jussuf deren mütterlicher Onkel, Abu Djebrin, dessen Sohn der noch jetzt amtirende erste Djerma Osman ed Dahab ist. Schon sein Vater war gleichzeitig Akid im Salamatdistrikt.
[19]Die Würde des Djerma, des Oberstallmeisters, ist eine der bedeutendsten der in Wadai, wie in den übrigen innerafrikanischen Staaten so zahlreichen Hofchargen. Es giebt vier Djerma in Wadai. Die Würde des ersten Djerma bekleidete zur Zeit der Sultane Ali und Jussuf deren mütterlicher Onkel, Abu Djebrin, dessen Sohn der noch jetzt amtirende erste Djerma Osman ed Dahab ist. Schon sein Vater war gleichzeitig Akid im Salamatdistrikt.
[20]Vergl. Jacques Daunis, Un Conquérant Soudanais, in La Revue de Paris 1897, S. 352.
[20]Vergl. Jacques Daunis, Un Conquérant Soudanais, in La Revue de Paris 1897, S. 352.
[21]Ganz neuerdings, nachdem Schwierigkeiten zwischen dem Schech der Senussi und dem Sultan Ibrahim von Wadai entstanden waren, ging allerdings das Gerücht, dass das Ordensoberhaupt mit dem Sohne Rabehs bessere Beziehungen anknüpfen wollte. Ein praktisches Resultat hat diese angebliche Sinnesänderung jedoch nicht gehabt.
[21]Ganz neuerdings, nachdem Schwierigkeiten zwischen dem Schech der Senussi und dem Sultan Ibrahim von Wadai entstanden waren, ging allerdings das Gerücht, dass das Ordensoberhaupt mit dem Sohne Rabehs bessere Beziehungen anknüpfen wollte. Ein praktisches Resultat hat diese angebliche Sinnesänderung jedoch nicht gehabt.