Fig. 58.
Fig. 58.
Bei solchen Maschinen, wie dieNewcomen'sche, spielt der Dampf nur eine untergeordnete Rolle. Die eigentliche bewegende Kraft ist der Luftdruck, der den Kolben niederdrückt und die Pumpenstange emportreibt. Man nennt sie deshalb auchatmosphärischeMaschinen, und weil sie nur während des Kolbenniederganges eine Arbeit verrichten,einfach wirkendeMaschinen. Erst mehr als ein halbes Jahrhundert später beginnt die Entwicklung der Dampfmaschine zu ihrer heutigen glänzenden Höhe durch den MechanikerJames Wattin Glasgow. Schon im Jahre 1765 beseitigte er den bisherigen Uebelstand eines zu großen Dampfverbrauchs dadurch, daß er die Verdichtung des Dampfes nicht mehr in dem Dampfcylinder selbst, sondern in einem besonderen Raume, dem Condensator, geschehen ließ, der mit dem Dampfcylinder durch ein mit einem Hahne versehenesRohr beliebig in Verbindung gesetzt werden kann. Die wichtigste Verbesserung aber begann er mit dem Jahre 1769, indem er den Niedergang des Kolbens nicht mehr durch den äußeren Luftdruck bewirken, sondern die ganze Thätigkeit der Maschine durch die Spannkraft des Dampfes hervorbringen ließ. Er verwandelte also die atmosphärische Maschine in eine wirkliche Dampfmaschine und die einfach wirkende in diedoppelt wirkende, d. h. beim Aufgang wie beim Niedergang des Kolbens Arbeit leistende Maschine. Diese Verbesserung ist darum so wichtig, weil sie erst die Dampfmaschine für alle die mannigfachen und kunstreichen Arbeiten befähigt hat, die wir sie heute verrichten sehen.
Fig. 59.
Fig. 59.
Fig. 60.
Fig. 60.
Um die Aufwärtsbewegung des Kolbens durch den Dampfdruck bewirken zu lassen, wurde zunächst der Dampfcylinder auch oben geschlossen und dann eine Einrichtung geschaffen, die es möglich machte, den Cylinderraum oberhalb wie unterhalb des Kolbens abwechselnd mit dem Dampfkessel und mit dem Condensator in Verbindung zu setzen. Diese Einrichtung war der sogenannte Vierwegehahn, d. h. ein Hahn mit zwei von einander unabhängigen Durchbohrungen, durch welche er von vier an ihm mündenden Röhren abwechselnd je zwei mit einander in Verbindung setzen kann. Jetzt dient statt desselben das Schieberventil (Fig. 59u.60). Es ist ein viereckiger Kasten, in welchen der Dampf aus dem Kessel zunächst eintreten muß, und in welchen zugleich dieKanäle münden, die den Dampf einerseits zum Condensator, andererseits zum obern und untern Cylinderraum leiten sollen. In diesem Kasten bewegt sich ein Schieber auf und nieder, welcher so eingerichtet ist, daß er abwechselnd den zum obern und dann wieder den zum untern Cylinderraum führenden Kanal absperrt und dafür den Weg zum Condensator frei läßt. Hat also der Kolben seine höchste Stellung erlangt, so treten die Dämpfe aus dem Kessel durch den Kasten in den obern Cylinderraum ein und treiben den Kolben abwärts (Fig. 59). Gleichzeitig ist den Dämpfen des unteren Raumes durch das Rohrader Weg in den Condensator geöffnet, in welchem sie verdichtet werden. Ist der Kolben unten angelangt, so treten in Folge der veränderten Schieberstellung die Dämpfe aus dem Kessel in den Raum unter dem Kolben und treiben diesen aufwärts (Fig. 60), während die Dämpfe oberhalb des Kolbens zum Condensator entweichen.
Die Bewegung des Kolbens wird nun durch die Kolbenstange auf den Balancier übertragen. Da aber die auf- und niedergehende Kolbenstange eine senkrechte gradlinige Bewegung hat, während das Ende des Balanciers, wie das Ende eines Wagebalkens, offenbar einen Kreisbogen beschreibt, so ist die Kolbenstange nicht unmittelbar an den Balancier, sondern erst vermittelst des sogenanntenWatt'schen Parallelogramms befestigt. Dieses besteht aus zwei gleich langen Stangen, die am Balancier aufgehängt und unten durch eine dritte Stange verbunden sind, und zwar so, daß sie sich sämmtlich an ihren Verbindungsstellen um Charniere drehen können. An der vom Ende des Balanciers herabhängenden Stange ist unten, gleichfalls drehbar, die Kolbenstange befestigt, während eine vierte, am Maschinengestell befestigte Stange mit der zweiten vom Balancier herabhängenden Stange verbunden ist. Wird nun der Balancier durch den auf- und niedergehenden Kolben in Bewegung gesetzt, so verschieben sich die das Parallelogramm bildenden Stangen so gegen einander, daß der Endpunkt desselben, an welchem die Kolbenstange befestigt ist, sich in grader Linie auf- und abwärts bewegt.
Um die hin- und herschwingende Bewegung dieses Balanciers in die rotirende Bewegung einer Welle zu verwandeln, wandteWattden einfachen, vom Spinnrad und Schleifstein her Jedem bekannten Mechanismus der Kurbel und Treibstange an. Die Treibstange oder, wie sie bei der Dampfmaschine heißt, die PleuelstangeP(Fig. 58) ist am Ende des Balanciers drehbaraufgehängt und umfaßt mit ihrem untern Ende den Zapfen der Kurbel, die an der zu drehenden Welle befestigt ist. Die Drehung der Welle kann zunächst freilich keine gleichförmige sein. Schon die Ungleichheiten in der Bewegung des Kolbens, wie in der Wirkung des Dampfdrucks, bedingen eine ungleichförmige Geschwindigkeit, und noch mehr bedingt diese die Stellung der Treibstange zur Kurbel selbst. So oft nämlich die Kurbel ihren höchsten oder tiefsten Stand erreicht, fällt ihre Richtung mit der Treibstange zusammen, und diese kann natürlich in solchen Augenblicken gar nicht auf die Umdrehung der Kurbel wirken. Daß die Maschine in diesen sogenannten todten Punkten der Kurbel nicht zum Stillstehen kommt, liegt nur an der Trägheit, welche die einzelnen Maschinentheile ihre Bewegung fortsetzen läßt. In einer Vermehrung dieser Trägheit fand darum auchWattdas Mittel, die Ungleichheiten in der Bewegung der Maschine auszugleichen. Dies Mittel besteht in dem Schwungrade, einem großen Rade von bedeutendem Gewicht, das auf der Kurbelwelle befestigt ist und mit dieser sich umdreht, um vermöge seiner Trägheit gleichsam in Momenten des Ueberflusses Arbeit aufzusammeln und sie in Momenten des Mangels wieder abzugeben.
Fig. 61.
Fig. 61.
Endlich blieb zur Vervollkommnung der Dampfmaschine noch übrig, auch die Unregelmäßigkeiten zu beseitigen, welche theils durch Aenderungen in der Dampfspannung in Folge von Unregelmäßigkeiten in der Unterhaltung des Feuers und Zufuhr des Wassers, theils durch Veränderungen der Widerstände, welche der Kolbendruck überwinden soll, um mancherlei Arbeiten zu verrichten, veranlaßt werden. Vermittelst einer überaus sinnreichen Einrichtung, der sogenannten Drosselklappe, in Verbindung mit dem Centrifugal-Regulator (Fig. 61), wird auch diese Aufgabe von der Maschine selbst gelöst. Die Drosselklappe ist eine gewöhnliche Klappe (K), die in dem Rohre, das den Dampf vom Kessel zum Cylinder führt, angebracht ist. Ist sie völlig geöffnet, so strömt der Dampf ungehindert in den Cylinder; je mehr sie geschlossen wird, desto mehr wird auch die Menge des einströmenden Dampfes vermindert. Die Regulirung dieser Klappe ist dem Centrifugal-Regulator übertragen. Er besteht aus zwei durch eine Welle (A) gesteckten und um einen Zapfen (C) drehbaren Hebeln (B), die unten mit metallenen Kugeln (D) von bedeutendem Gewichte beschwert sind. Mit diesen sind an ihren oberen Enden, um Zapfen drehbar, zwei kleinere Stangen (E) verbunden,die oben an einer Hülse (F) befestigt sind, welche an der Axe der Welle auf und nieder gleiten kann. Sobald die Welle rasch gedreht wird, fahren die schweren Kugeln vermöge ihrer Centrifugalkraft auseinander und ziehen dadurch die Hülse herab. An dieser Hülse aber ist ein zweiarmiger Hebel (G) befestigt, welcher durch eine Stange (I) den kleinen Hebel bewegt, der die Drosselklappe dreht. Durch das Herabgleiten der Hülse wird also die Drosselklappe mehr und mehr geschlossen. Bewegt sich die Welle dagegen langsamer, so sinken die Kugeln etwas herab, rücken dadurch die Hülse mehr hinauf, und der von dieser abhängige Hebel öffnet die Klappe mehr. Man sieht also, daß, so oft sich der Gang der Maschine aus irgend einer Ursache beschleunigt, sei es, weil die von ihr zu überwindenden Widerstände abnehmen, oder weil die Dampfspannung im Kessel wächst, die Kugeln des Regulators auseinander fahren, die Drosselklappe mehr zudrehen und dadurch den Dampfzuflußvermindern; daß aber, so oft die Geschwindigkeit der Maschine aus andern Gründen sich verlangsamt, die zusammenfallenden Kugeln des Regulators die Drosselklappe mehr öffnen und dadurch den Dampfzuflußvermehren.
So ist die Dampfmaschine das wunderbare Werk geworden,als das sie heute dasteht. Sie verrichtet nicht allein die ihr aufgetragene mannigfaltige Arbeit, sondern regelt auch selbst ihren Gang als ihr eigener Wärter. Sie bewegt selbst durch Hebelstangen die Steuerung, d. h. sie öffnet und schließt die Ventile, welche den Dampf in die Räume des Cylinders vertheilen und zum Condensator leiten. Sie bewegt selbst die Pumpen, die Kaltwasserpumpe sowohl, welche dem Condensator das zur Verdichtung der Dämpfe nöthige kalte Wasser zuführt, als die sogenannte Luft- oder Warmwasserpumpe, welche das condensirte Wasser und die in dem Condensator sich anhäufende Luft entfernt, als endlich die Speisepumpe, welche den Kessel mit frischem Wasser versorgt.
Fig. 62.Größeres Bild
Fig. 62.Größeres Bild
346. Warumhat die Locomotive weder Balancier noch Schwungrad, wie andere Dampfmaschinen?
Weildie Locomotive (Fig. 62) einerseits eine sogenannte Hochdruckmaschine ist, d. h. mit Dämpfen von hoher Spannung arbeitet, deshalb aber schon der gewöhnliche Druck der Atmosphäre auf der einen Seite des Kolbens einen genügenden Unterschied der beiderseitigen Druckkräfte zuläßt, eine Condensirung der Dämpfe also und eine Regelung der dadurch bedingten Pumpen und Ventile durch den Balancier überflüssig wird, und weil andrerseits die Locomotive auch eine gekuppelte Maschine ist, d. h. aus zwei so mit einander verbundenen Maschinen besteht, daß die Kurbeln derselben einander unterstützen und zur Gleichförmigkeit der Bewegung eines Schwungrades nicht bedürfen.
Man unterscheidet nämlich Niederdruck- und Hochdruckmaschinen, d. h. solche, bei welchen Dämpfe angewandt werden, deren Spannung die der gewöhnlichen atmosphärischen Luft nur um weniges, höchstens das 1¼–1½fache übertrifft, und solche, bei denen die Dampfspannung das 3–6fache des gewöhnlichen Atmosphärendrucks beträgt. Bei der Niederdruckmaschine läßt sich der Dampf nur dadurch wirksam machen, daß man auf der entgegengesetzten Seite des Kolbens einen luftverdünnten Raum erzeugt, also die Dämpfe verdichtet. Bei der Hochdruckmaschine ist diese Dampfverdichtung nicht nöthig, darum kann der ganze Bau ein viel einfacherer sein. Die Pleuelstange wird hier unmittelbar mit der Kolbenstange verbunden, und die gradlinige Bewegung der letzteren einfach durch zwei Leisten, die sogenannten Gradführungen, bewirkt, zwischen denen die Kolbenstange hin und her gleitet. Die Bewegung der einzigen Pumpe, die noch erforderlichist, der Speisepumpe, und der wenigen Ventile, nämlich des Schieberventils und der Drosselklappe, geht unmittelbar von der Kurbelwelle aus und wird durch excentrische Scheiben vermittelt, die an der Welle befestigt sind. Bei gekuppelten Maschinen, wie sie die Locomotive gleichfalls darstellt, sind überdies zwei Maschinen so mit einander verbunden, daß sie auf eine gemeinschaftliche Kurbelwelle wirken und zwar in der Weise, daß die beiden Kurbeln einen rechten Winkel mit einander bilden, daß also jedesmal, wenn die eine Kurbel sich in einem ihrer todten Punkte befindet, die andere gleichzeitig in ihre günstigste Stellung eingetreten ist. Zur Ueberwindung der todten Punkte bedarf es also hier eines Schwungrades nicht.
Die erste Hochdruckmaschine ist vonOliver Evansin Philadelphia hergestellt worden, der sie bereits im Jahre 1800 zur Bewegung eines Wagens benutzte. Die erste Locomotive wurde von dem englischen IngenieurGeorge Stephensonim Jahre 1814 gebaut.
Die Schiffsmaschine ist eine gekuppelte Niederdruckmaschine. Das erste mit Schaufelrädern versehene Dampfschiff wurde vonRobert Fultonin Newyork im Jahre 1807, das erste Schraubendampfschiff vonEricsonundSmithim Jahre 1839 in Amerika gebaut.
347. Warummuß der Kessel einer Dampfmaschine mit einem Sicherheitsventil versehen sein?
Weilin dem völlig verschlossenen Kessel die Dämpfe sich anhäufen und dadurch eine so bedeutende Spannkraft erlangen würden, daß sie den Kessel gewaltsam zersprengen müßten, was durch das Sicherheitsventil verhindert wird, da dieses sich bei einem bestimmten Drucke der Dämpfe öffnet und diese so lange ausströmen läßt, bis derjenige Druck wieder hergestellt ist, bei welchem man eine Gefahr des Zerspringens nicht mehr zu fürchten hat.