IXYussuf Khans Wiederkehr
Als die Detektivs endlich gegangen waren und die Familie Bowlby unter dem Präsidium Mrs. Bowlbys die Einbruchsaffäre und Mrs. Langtreys Verschwinden zu Ende debattiert hatte, dachte Allan an sein eigenes Privatmißgeschick; aber es wäre unwahr zu sagen, daß er es sehr schwer nahm. Was hatte er sich doch zugeflüstert, als er vor einigen Tagen die Küste der Heimat verbleichen sah? Vorwärts, den Abenteuern entgegen! Schicksal,en garde! Unleugbar waren ihm Abenteuer begegnet; aber das Schicksal hatte seine Herausforderung ebenfalls angenommen und zu einem recht fühlbaren ersten Gegenstoß ausgeholt. Wäre Herr Mirzl nicht ebenso exzentrisch gewesen, als er kühn war, so stünde Allan heute ohne Koffer und Kasse da — und was hätte er dann angefangen? Nach Hause telegraphiert ...? Das Vorstellungsbild der jetzt wohl laut brüllenden Akzeptanten ließ ihn rasch davon abstehen, diesen Gedanken zu Ende zu verfolgen. Auf jeden Fall wollte er einer Wiederholung vorbeugen. Es konnte ja geschehen, daß Herr Mirzl in seiner Exzentrizität sein Urteil kassierte und die Geldbuße in gleicher Weise zurückschickte wie damals die Koffer; aber in der Erwartung dessen war es wohl am besten, den Rest der Reisekasse außerReichweite für ihn zu placieren. Am Mittwoch deponierte Allan ihn folglich im Bankkontor des Hotels, nur gegen von ihm signierte Schecks oder Quittung zu beheben. Zwei Exemplare seiner eigenhändigen Namensunterschrift wurden dem Bankbeamten eingehändigt.
Am selben Abend gegen sieben Uhr sah Allan den alten Herrn mit der Raubvogelnase, der, wie er nun wußte, der Juwelenspezialist Mynheer van Schleeten war, die Treppe von der Wohnung des Maharadscha herunterkommen. Er sah ein bißchen erregt aus. Als der Hoteldirektor etwas später die Halle passierte, nahm Allan seinen ganzen Mut zusammen und ging auf ihn zu.
„Darf ich Sie etwas fragen, Herr Direktor?“
Der Direktor, der Allan von dem gestrigen Verhör kannte, nickte wohlwollend. Das war ja dieser junge Mann, dem man es zu danken hatte, daß nicht alles verloren war.
„Sie haben noch keine Nachrichten vom Maharadscha?“
Der Direktor schüttelte düster den Kopf.
„Leider nicht. Sie sind doch diskret gewesen, hoffe ich?“
„Absolut. Ich habe kein Wort über die Sache zu irgend jemand verlauten lassen außer der Familie Bowlby. Aber darf ich Sie etwas fragen? Ich sah gerade den alten Juwelier, den der Maharadscha berufen hat, aus seinem Appartement herunterkommen. Arbeitet er denn an den Juwelen, obwohl Se. Hoheit verschwunden ist?“
„Ja, er kam heute morgen, und da ich nicht wußte, was ich tun sollte, führte ich ihn zu Oberst Morrel hinauf ...“
Der Direktor brach ab und bemühte sich ein Lachen zu verbeißen.
„Ich hatte selbst das Vergnügen, den Oberst gestern morgen zu treffen,“ sagte Allan. „Herr van Schleeten bekam vermutlich die Aufforderung, sich an einen heißen Ort zu verfügen?“
„Etwas Aehnliches. Aber dann reute es den Obersten, und er bat ihn — na ja,bat, hm, — die Arbeit in Angriff zu nehmen. Herr van Schleeten hat den ganzen Tag oben in der Suite des Maharadscha gearbeitet.“
„Glauben Sie nicht, daß er in der Einsamkeit in Versuchung kommen könnte?“ fragte Allan. „Er geht ganz nach Belieben aus und ein?“
„Er! Er ist ja selbst ein Krösus und einer der bestrenommierten Juwelenspezialisten in Europa! Ebensogut könnten Sie ihn des Einbruchs verdächtigen.“
„Ich bitte um Entschuldigung,“ sagte Allan, „vermutlich geht mir der Einbruch im Kopfe herum. Und dann ist da noch eine andere Sache, die ich zufällig weiß.“
„Was denn?“
„Ich weiß zufällig, daß Herr van Schleeten intim oder zumindest bekannt mit Mrs. Langtrey war, die gestern früh verschwunden ist.“
„Ich habe Mrs. Bowlbys Insinuationen gegen die betreffende Dame gehört. Aber die Detektivs zuckten nur die Achseln darüber, und weder uns noch ihnen istetwas Nachteiliges über sie bekannt. Und wenn Sie sie auch im selben Zug gesehen haben wie Mirzl, könnten Sie doch nicht behaupten, daß sie einander kannten. Aber man wird sie natürlich im Auge behalten.“
„All right,“ sagte Allan. „Ich wollte Ihnen nur sagen, was ich weiß.“
Der Direktor neigte den Kopf und ging in das Bureau.
Kurz darauf wurde Allan Zeuge einer Szene, über die er hell aufgelacht haben würde, wenn er ihren Ernst nicht erkannt hätte. Der alte Oberst kam die Treppen herunter und stürzte mit nervösen Schritten auf das Bureau zu. Im Vorbeieilen warf er Allan einen ergrimmten Blick zu. Offenbar war er noch durchaus nicht überzeugt, daß nicht alle Attentate ihren Ursprung von Allan herleiteten. Bevor er noch das Bureau erreicht hatte, kam der Direktor wieder herausgeeilt; in seinem Gesicht prägte sich die lebhafteste Erregung aus. Bei dem Anblick des Obersten stieß er einen kleinen Schrei aus. Allan sah ihn mit gesenkter Stimme dem alten Krieger etwas mitteilen. Der Oberst starrte ihn regungslos an und stieß dann ein Gebrüll aus, bei dem die Leute rings in der Halle von ihren Klubsesseln emporfuhren. In der nächsten Sekunde stürzte er wie ein Wahnsinniger die Treppen hinauf. Allan eilte auf den Direktor zu, um ihn zu fragen, was denn los sei. Hatten sie den Maharadscha ermordet?
„Der arme Oberst Morrel,“ sagte der Direktor. „Mich soll es wundern, wenn nach seinem letzten Geheulnicht das ganze Hotel weiß, wie die Dinge stehen.“
„Was gibt es denn? Ist Seine Hoheit tot aufgefunden?“
„So schlimm ist es nicht — noch nicht. Aber er ist überhaupt nicht gefunden, und das ist fast ebenso arg.“
„Aber das wußte ja der Oberst schon?“
„Ja, aber wir hatten eben eine telephonische Botschaft vom Inspektor Mc. Lowndes — Sie wissen, der magere Mann, der Sie gestern früh verhört hat. Seine Leute haben das Lokal herausgeschnüffelt, von dem Sie sprachen!“
„Sie haben den Feuerfresserklub gefunden?“
„Offiziell heißt er irgendwie anders — englisch-französische Theaterfreunde oder so ähnlich. Feuerfresserklub ist nur ein Kosename unter den Mitgliedern. Ein Mann namens Hardy steht dem Ganzen vor. Die Papiere waren in Ordnung. Hardy hat nie etwas von Mirzl oder seinem Anhang gehört. Vor zwei Tagen erhielt er den Besuch der zwei Herren, die Sie beschrieben haben, Stanton und dem anderen, der unter dem Namen Müller eingeschrieben war. Sie bestellten die Logen Nr. 5 und 6 für den Abend, das war das Ganze, und alles was Hardy wußte oder wissen wollte. Der Diener konnte auch nicht viel mehr sagen. Wie es Ihnen gelungen ist, herauszukommen, war ihm ein Rätsel, da er allein die Gäste ein und aus ließ. Gegen drei Uhr morgens war er durch ein Signal aus Nr. 5 alarmiert worden, wo er sowohl die Gesellschaft von Nr. 6 wie die von Nr. 5 vorfand, mit Ausnahme von Ihnen. Er stellte eine Frage nach Ihnen an Müller,der antwortete, daß Sie drinnen seien und tanzten und solange bleiben könnten als Sie wollten. Er, Stanton und die zwei dunklen Herren, die leider etwas angeheitert waren, wollten jetzt gehen. Sie verstehen, sie hatten nun Ihre Flucht entdeckt und waren erschrocken. Der Diener half ihnen, den Maharadscha und den alten Hofdichter, von deren Identität er keine Ahnung hatte, in den Lift hinauszutragen. Unten auf der Straße bestiegen sie ein Auto, und er sah sie fortrollen. Die Autonummer sah er nicht an, und die Adresse hörte er nicht. — Das ist das Ganze. Sie verstehen also, daß der Maharadscha in den Krallen der Gauner ist, und Sie verstehen wohl auch, was das bedeutet.“
„Erpressung?“
„Das ist das Geringste, und wir müssen leider sagen, das Günstigste. Erpressung von mir, des Hotels wegen, und vom Obersten Seiner Hoheit wegen. — Ach, wenn ich doch diese Menschen nie in das Hotel gelassen hätte!“
Der Direktor murmelte etwas, das Allan nicht hören konnte, aber das er ohne Zögern als einen energischen Fluch agnoszierte. Allan wollte noch einige Fragen stellen, aber plötzlich eilte der Direktor auf und davon, ohne auch nur guten Abend zu sagen.
Allan ließ sich auf einem Fauteuil in der Halle nieder, bestellte einen Whisky mit Soda und fing an, die letzten Nachrichten zu überdenken. Einiges davon war ihm noch unklar, infolge der abrupten Art des Direktors, die Konversation abzuschließen. Hatte die Polizei die Angelegenheiten dieses Klubs nicht gründlicherdurchwühlt? Kannte Hardy die Herren Stanton und Müller als Klubmitglieder? In diesem Falle mußte er doch ihre Adresse wissen. Suchte die Polizei sie durch das Auto aufzuspüren?
Allan ging zu Bett, ohne den Direktor wiedergesehen oder eine Antwort auf diese Fragen gefunden zu haben. Bowlbys waren an diesem Abend eingeladen; in ihrer Suite wurde Wache gehalten, um einer Wiederholung von Herrn Mirzls Besuch vorzubeugen.
Der nächste Tag war ebenso arm an Ereignissen, als ein paar der vorangegangenen reich daran gewesen waren. Der Maharadscha war und blieb verschwunden, und kein Wort von Erpressung kam von seinen Entführern. Gegen sieben Uhr morgens sah Allan den Obersten wieder und fühlte eine Anwandlung von Mitleid mit dem alten Herrn, so verstört und nervös sah er aus. Kurz darauf, während er am Eingang des Speisesaales stand und mit Mr. Bowlby plauderte, kam der Direktor vorbei.
„Wenn die Schurken doch wenigstens schreiben und ihren Preis sagen wollten,“ rief er. „Der arme alte Morrel wird noch verrückt, wenn nicht bald Nachrichten eintreffen.“
Allan benutzte die Gelegenheit, seine Fragen zu stellen. Der Direktor zuckte die Achseln, und die Worte überkollerten sich förmlich in seinem Munde.
„Untersuchungen! Natürlich tut die Polizei was sie kann, aber man weiß ja, wieviel das ist! Dem Auto wird nachgespürt, Hardy und der Diener sind heute ein halbes Dutzend mal verhört worden, und man hat die Klubliste mit Argusaugen durchgesehen. Natürlichhatten Stanton und Müller, seit sie sich einschrieben, ihre Adressen ein dutzendmal gewechselt, und keine Menschenseele weiß, wo sie sich aufhalten. Der Mann, der sie in den Klub, der eigentümlicherweise verdammt heikel ist, eingeführt hat, war ein französischer Baron, de Citrac oder so irgendwie —“
„De Citrac!“ Allan zuckte zusammen. „Kennen Sie den Namen, Mr. Bowlby? Der Mann, der nach dem, was Mrs. Bowlby erzählt hat, in Amerika mit Mrs. Langtrey geflirtet hat! Seien Sie sicher, de Citrac ist kein anderer als Mirzl in höchsteigener Person!“
Der Direktor und Mrs. Bowlby starrten ihn an, und Mr. Bowlby ließ ein schrilles, reich moduliertes Expreßsignal als Ausdruck seiner Gedanken ertönen.
„By Jove!Sie haben recht, junger Freund! Sicher! Sie haben recht! Ich fühle es!“
Der Direktor zuckte die Achseln.
„Auf jeden Fall, behauptet Hardy, daß er steinreich ist und zwei, drei Schlösser in Frankreich hat. Und wenn das auch unwahr ist, so hilft das jetzt nicht viel, wo es so eilt, des armen Morrels wegen. Es wäre eine Gnade des Himmels, wenn die Schurken schreiben und ihren Preis angeben wollten, das sage ich, wenn es auch feige klingt.“
Mrs. Bowlby war nicht so sehr von Mitleid mit dem Maharadscha und seinem Mentor erfüllt wie der Direktor, als man beim Diner die Debatte wieder aufnahm.
„Der arme Oberst! Hätte er besser auf das Untier aufgepaßt.Ermüßte doch wissen, wie er ist. Wenn man hundertfünfzig zum täglichen Gebrauch hat, gewöhntman es sich nicht so plötzlich ab. Sie können sagen, was Sie wollen, Mr. Cray, ichweiß, daß er in diesem Lokal in Damengesellschaft war. Helen, mein Kind, höre nicht zu, was ich sage.“
„Nein, Mama.“
„Und Langtreys Frau! Denken Sie, diese dickschädligen Detektivs wollten nicht einmal auf das hören, was ich ihnen über sie sagte! Unschuldig! Natürlich ist sie unschuldig, weil sie lange Haare hat. Ich kenne die Männer. Sie hat den Verbrechern rapportiert, daß John Mr. Cray zu sich eingeladen hat. Bitte stellen Sie das nicht in Abrede, Mr. Cray.“
„Nein, Mrs. Bowlby. Sie haben gehört, daß ein Baron de Citrac Mirzls zwei Helfershelfer in den Feuerfresserklub eingeführt hat?“
„In das Lokal!“
„Ja. Und glauben Sie nicht, daß de Citrac und Mirzl eine und dieselbe Person sind?“
„Sicher!! Sie sind genial, Mr. Cray. Sicher! Dann bedauere ich Mirzl. Er war mir früher eigentlich nicht so unsympathisch, aber wenn er einen solchen Geschmack hat. — AberwissenSie, was ich jetzt glaube, Mr. Cray?“
„Nein, Mrs Bowlby.“
„Ja, daß Langtreys Frau den Prinzen für ihre private kleine Rechnung entführt hat! Die ganze Welt weiß ja, wie sie ist, und sie — Helen, mein Kind, höre nicht zu, was ich sage.“
„Nein, Mama.“
Allan fiel etwas ein.
„Weiß jemand, ob der alte Juwelier auch heute dagewesen ist und gearbeitet hat?“
Mr. Bowlby nickte.
„Er kam heute morgens wie gewöhnlich und arbeitete hier bis halb sieben. Er sprach mit dem Direktor — mit dem Obersten ist ja nicht mehr zu reden — und sagte, die Arbeit sei doch viel langwieriger als er geglaubt hatte. Er bat um die Erlaubnis, am Abend wieder zu arbeiten und einen Mann aus seinem Geschäfte zu seiner Hilfe mitzubringen. Der Direktor sprach mit dem Obersten, und der Oberst gab seine Einwilligung.“
„Ich kann mir denken, wie er sie formuliert hat,“ sagte Allan.
Nach dem Diner verfügte man sich in die Appartements der Familie Bowlby, wo sich außer anderen Annehmlichkeiten auch ein amerikanischer Whisky vorfand, der von Mr. und Mrs. Bowlby in hohem Grade goutiert wurde, von der letzteren allerdings nur ferne von der Oeffentlichkeit.
Allan blieb bis kurz vor zehn Uhr sitzen, zu welcher Stunde die amerikanische Familie erklärte zu Bett gehen zu wollen, da sie die Nacht vorher lang aufgewesen waren. Allan wurde aufgefordert, sitzen zu bleiben und sich allein zu erfrischen, aber lehnte ab und sagte gute Nacht. In die Halle gekommen, dachte er einen Augenblick nach, was er anfangen sollte. Die große Halle war leer bis auf einen Kellner und ein paar Hotelbedienstete. Er beschloß, einen Abendspaziergang zu machen und zog seinen Ulster an, der beim Garderobier hing. Gerade als er sich anschickte zu gehen, ging die Drehtüre auf, und zum Vorschein kam deralte Juwelier und ein einfach gekleideter Mensch. Offenbar hielt Herr van Schleeten Wort und erschien nun zur Nachtarbeit an den Juwelen des Maharadschas. Es war zu hoffen, daß der Maharadscha Gelegenheit finden würde, ihn für seinen Eifer zu belohnen. Allan trat beiseite, um Herrn van Schleeten und seinen Gehilfen passieren zu lassen. Er musterte sie ohne weiter daran zu denken; Herr van Schleeten erwiderte seine Blicke mit zornigem Funkeln. Was hatte er eigentlich für einen Grund Allan böse zu sein? Es war doch Allans Verdienst, daß er überhaupt in die Lage gekommen war, an den Juwelen zu arbeiten. Allan ging vorbei, mit einem flüchtigen Blick auf den Gehilfen, der durch die Pracht des großen Hotels befangen und geniert zu sein schien, er nahm nicht einmal seine tief hineingezogene Sportmütze ab. Ganz flüchtig kam Allan die Idee, daß er schon einmal ein paar graue Augen gesehen hatte, die denen des Arbeiters glichen. Dann war er zur Drehtüre hinaus und ging die breiten Marmorstufen hinunter.
Er blickte zur Hotelfassade empor. In der Suite der Familie Bowlby waren noch ein paar Fenster hell. In der des Maharadscha war alles dunkel bis auf ein einziges Fenster — offenbar eines von denen, die dem Obersten gehörten. Während Allan noch dastand und vor sich hinblickte, wurden noch zwei Fenster hell. Herr van Schleeten war also mit seinem Gehilfen oben angelangt. Allan wollte eben weitergehen, als sich etwas Eigentümliches ereignete.
Eine Hand zeichnete sich seinen Augenblick von der Scheibe ab, die eben erleuchtet worden war, mit ausgespreiztenFingern. Die Finger schlossen sich, öffneten sich und schlossen sich abermals. Dann zeigten sich nur zwei davon, ganz ausgespreizt; dann verschwand die Hand. Alles war mit Blitzesschnelle gegangen. Allan, der noch dastand und hinaufsah, wußte nicht recht, ob er richtig gesehen oder das Opfer einer Halluzination gewesen war. Herrn van Schleetens guter Name und Ruf war ja von keinem Geringeren als dem Direktor des Hotels bezeugt worden. Aber wie sollte diese Hand an der Scheibe aufgefaßt werden, wenn nicht als ein Signal für jemanden draußen? Und warum signalisiert man jemandem draußen, wenn man das ganze Personal eines großen Hotels zur Verfügung hat? Bei aller Achtung vor dem Direktor ...
Allan machte mit philosophisch gerunzelter Stirne einige Schritte der Hotelfassade entlang. Verwirrte Gedanken wirbelten wie Schneeflocken durch seinen Kopf. War Mirzl im Komplott mit Herrn van Schleeten? Erst eine halbe Minute nach dem Verschwinden der geheimnisvollen Hand fiel ihm etwas ein, das doch ganz selbstverständlich war:Wennman von dem beleuchteten Fenster aus signalisierte, in der Hoffnung, von jemand draußen verstanden zu werden, so mußte dieser Jemand in der Nähe sein, um das Signal aufzufangen. Er begann sich auf dem ziemlich matt beleuchteten Square, an dem das große Hotel gelegen war, umzusehen. Massen von Menschen strömten vorbei, obgleich Monmouth Square nicht zu den belebtesten gehört. Die Person, der man eventuell signalisiert hatte, mußte also vor dem Hotel stehen und warten. War irgendeine mystische stationäre Personda? Soweit Allan sehen konnte, war das einzige Stationäre fünf oder sechs Autos. Nun, nichts hinderte ja, daß es eines von ihnen war, dem man ...
Allan fuhr mit einem innerlichen Triumphschrei auf. Haha! War das der kleine Plan? War Herr van Schleeten mit im Komplott? Oder war er nur eine Marionette, an der man mit dem Faden manövrierte, von dem sie sich am liebsten lenken ließ? Mr. Bowlby hatte ja von seiner Schwäche für das schöne Geschlecht gehört und erzählt — war Mrs. Langtrey in Kenntnis dessen und in spezieller Absicht im Expreß so gnädig gegen ihn gewesen und so aufgebracht gegen Allan, der ihr Tete-a-tete zu stören drohte? ... Und war es denkbar, daß ihm darum die grauen Augen des Gehilfen so bekannt vorgekommen waren?
Ein Schwarm von Gedanken, deren Ausgangspunkt der letztgenannte war, summte durch Allans Kopf. Und nachdem er rasch die Ueberzeugung erlangt hatte, die sowohl seine Eigenliebe wie seine Revanchelust kitzelte, daß er recht hatte, blieb nur eine Frage: Was sollte er tun?
Er ging auf dem Trottoir auf und ab, die Augen bald auf das erleuchtete Fenster geheftet, wo jetzt keine Hand zu sehen war, bald auf die Leute, die vorbeipassierten, um den eventuellen Mitschuldigen zu entdecken. Der Direktor? Ihn aufsuchen? Er würde unfehlbar ausgelacht werden. Der Direktor hatte seinen Glauben an Herrn van Schleeten zu energisch betont, als daß er seinen Standpunkt auf eine unbegründete Einbildung eines jungen Herrn wie Allan ändernwürde — wenn es sich auch schon erwiesen hatte, daß Allan glückliche Einfälle haben konnte.
Denn vielleicht war es doch nur eine unbegründete Einbildung, daß es nicht ein Arbeiter war, der mit Herrn van Schleeten hinaufgegangen war, das Signal, das Ganze. Was konnten die Betreffenden eigentlich gegen Herrn van Schleeten unternehmen,wennAllan recht hatte? Es stand ja eine Wache vor dem Eingang.
Ein neuer Gedanke ließ Allan zusammenzucken. Was ihn hervorgerufen hatte, war nichts anderes, als der Anblick von Oberst Morrels Fenster, wo noch Licht brannte.
Der Oberst!Derließ an Bereitwilligkeit nichts zu wünschen übrig, jeden, wer es auch sein mochte, zu verdächtigen — vermutlich in erster Linie Allan! ... Aber ohne die Zeit mit weiteren Erwägungen zu verschwenden, ob ein anderer Weg geeigneter wäre, oder wie dies ausgehen würde, stürzte Allan die Eingangstreppe des Hotels hinauf und weiter zur Suite des Maharadschas. Er sah die schwarze Leibgarde, die in dem Korridor vor den Räumen, die ihr Herrscher inne hatte, Wache hielt. Das Zimmer des Obersten lag am äußersten Ende des Korridors, und davor stand ein Mann in Livree mit einem Syphon und einer Flasche Whisky auf einem Tablett; er stand, den Knöchel an der Türe, als wenn er eben angeklopft hätte. Offenbar wollte der Oberst versuchen, seine Kümmernisse in einem kleinen Abendrausch zu ertränken. Im selben Augenblick, in dem der Mann die Türe öffnete, stand Allan auch schon davor.
„Ich muß mit dem Herrn Oberst sprechen!“ rief er und faßte den Mann am Arm.
Der Livrierte betrachtete ihn kalt.
„Der Herr Oberst empfängt nicht um diese Tageszeit,“ sagte er und versuchte, sich aus Allans Griff zu befreien. Aber Allan hielt sich fest wie an einer Rettungsboje.
„Sie werden es zu verantworten haben, wenn Sie sich weigern, mich anzumelden. Hören Sie, zu verantworten! Mein Name ist Allan Kragh, der Oberst weiß, wer ich bin. Hören Sie!“
Allan konnte nicht zu Ende sprechen. Oberst Morrel zeigte sich plötzlich in der Türöffnung, leichenblaß vor Erregung. Es war unverkennbar, daß der Whisky, den der Bediente jetzt brachte, nicht der erste war, den er heute sah. Es fiel ihm schwer, gerade zu stehen, und seine Augen, die Blicke wie Lanzen um sich schleuderten, konnten nur schwer damit zielen.
Als er Allan erblickte, stieß er ein Tigergebrüll aus.
„Sie! Was zum Teufel tun Sie hier? Ist es Ihnen gelungen die Juwelen zu stehlen oder haben Sie Nachrichten von Ihren Kameraden, was sie für den Maharadscha bezahlt haben wollen?“
Allan verzichtete auf alle Umschweife.
„Oberst Morrel, ich denke nicht daran, auf Ihre Insinuationen zu antworten. Falls es Sie interessiert, daß man wahrscheinlich gerade heute abend die Juwelen zu stehlen beabsichtigt, so wissen Sie es jetzt. Gute Nacht!“
Der Oberst war mit einem Sprung zur Türe hinaus und packte Allan am Arm.
„Gute Nacht! Was zum Henker meinen Sie? Gedenken Sie die Juwelen heute nacht zu stehlen, und kommen Sie, um mir das im vorhinein zu erzählen! So wahr mir Gott helfe, Sie werden ...“
Allan heftete einen Blick auf den alten Krieger, der ihn tatsächlich dazu brachte, Allans Arm loszulassen und mitten im Satze zu verstummen. Er starrte einen Augenblick um sich und sah dann Allan an.
„Was zum Teufel haben Sie gesagt?“ murmelte er undeutlich.
„Was ich Ihnen gesagt habe, Oberst Morrel, war, daß ich glaube, daß man heute nacht den Versuch zu machen gedenkt, die Juwelen zu stehlen. Sie hören,heute nacht? Vielleicht gerade jetzt, vielleicht in einer Stunde. Ich weiß es nicht bestimmt, aber ich glaube es. Interessiert Sie das genügend, um diesen Whisky zurückzuschicken?“
Der Oberst richtete sich heftig auf, aber senkte dann wieder den Blick.
„Nimm das weg, John,“ sagte er. „Heute abend nichts mehr! Kommen Sie herein, junger Mann.“
Er wies den Weg in sein Zimmer, ging in das Badezimmer und fuhr sich ein paarmal mit einem Schwamm über die Stirn. Dann kam er wieder zu Allan heraus.
„Rauchen Sie?“ sagte er „Nicht? Erzählen Sie mir, was Sie zu wissen glauben.“
Allan ging, so langsam und deutlich er konnte, die wenigen Tatsachen durch, auf die er seine Theorie stützte. Der Oberst hörte mit gerunzelter Stirne zu. Ein paarmal zeigten seine Augen, daß es ihm schwerfiel, die Gedanken zusammenzuhalten. Allan wiederholte, bis er glaubte, das Ganze klargelegt zu haben. Als er zum Schlusse gelangt war, schüttelte der Oberst den Kopf.
„Ich will Sie nicht beleidigen,“ sagte er. „Das habe ich wohl schon oft genug getan. Aber ... ist das Beweismaterial für Ihre Theorie nicht recht mager im Verhältnis zur Theorie selbst?“
„Ganz wie Sie sagen. Aber wie erklären Sie sich die Hand?“
„Ein Zufall. Und wenn Ihre Theorie wahr wäre, was könnte eine Frau tun? Van Schleeten ist doch kein Kind. Und wie sollte sie mit ihrer Beute wieder hinauskommen?“
„Das kann ich Ihnen nicht sagen; aber van Schleetens Eifer zu arbeiten, sogar um diese Tageszeit?“
„Er wurde dazu von Sr. Hoheit besonders aufgefordert. Und er erklärte sich schon damals zur Nachtarbeit bereit, lange vor dem ersten Attentat.“
Allan senkte den Kopf und überlegte. Der Oberst hatte recht. Seine Theorie war phantastisch, aber dennnoch ... Er wendete sich dem alten Krieger zu.
„Oberst Morrel!“ sagte er. „Ich verlange von Ihnen nichts anderes, als eine einfache Probe. Sie verstehen, die Sache geht mich doch eigentlich gar nichts an. Aber gehen wir in das Zimmer, wo van Schleeten arbeitet, und sehen wir, ob dort alles mit rechten Dingen zugeht. Oder gehen nur Sie hinein! Das können Sie ja, ohne das mindeste Aufsehen zu erregen.“
Der Oberst überlegte. Ein paarmal zuckte er die Achseln, und Allan glaubte schon das Spiel verlorenzu haben, als er plötzlich von seinem Sessel aufsprang.
„All right!“ sagte er. „Es wäre unverzeihlich von mir, Ihnen nicht diese einfache Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Ich gehe gleich hinüber. Sie können mir nachkommen, wenn Sie wollen, so daß Sie ins Zimmer hineinsehen können. Mit hinein möchte ich Sie nicht nehmen, Sie verstehen doch.“
Sie verließen das Zimmer des Obersten unter gegenseitigen Höflichkeitsbezeigungen — Allan wollte den alten Herrn vorangehen lassen, und dieser wollte seinem Gast diese Ehre geben. Schließlich gewann Allan mit seiner schwedischen höflichen Beharrlichkeit das Spiel. Einige Schritte über den dicken orientalischen Teppich des Korridors, und sie waren an der Türe des Zimmers, das Herr van Schleeten überlassen worden war. Die schwarze Leibwache schulterte bei dem Anblick des Obersten ihre krummen Yatagans. Dieser richtete in einem krächzenden Dialekt einige Worte an sie.
„Ob sie etwas Verdächtiges gehört haben,“ wendete er sich erklärend an Allan.
„Nun, haben sie das?“
„Nein. Aber nehmen wir die Untersuchung nur vor.“
Er faßte die Türklinke. Die Türe war verriegelt. Bevor Allan es verhindern konnte, hatte er die Hand gehoben und geklopft.
„Oberst Morrel!“ flüsterte Allan. „Was tun Sie?Wennnun —“
Er konnte seinen Satz nicht abschließen. Von drinnen war keine Antwort auf das Klopfen erfolgt, und plötzlich loderte die nur schlummernde Whiskyrasereides Obersten in hellen Flammen auf. Er stieß ein Brüllen aus, riß einen der Säbel der schwarzen Krieger an sich und hatte, bevor Allan noch wußte, wie ihm geschah, den Türspiegel mit einem Hieb gespalten, der wie ein Kanonenschuß durch den Korridor dröhnte. Noch zwei Hiebe, dann warf er sich mit voller Kraft gegen die Türe. Diese stürzte krachend ein; der Oberst flog hindurch, Allan in seinen Fußstapfen und die schwarzen Krieger in einem Strom hinterdrein. Sie erhaschten eben noch sein wunderliches Bild, bevor es, von sechs aufeinander folgenden Revolverschüssen des Obersten begleitet, verschwand.
Das Fenster stand offen, und über dem Fensterbrett tauchte in dem Augenblicke, in dem sie das Zimmer betraten, ein einfach gekleideter Mensch auf, oder richtiger der Kopf dieses Menschen, von einer grauen Sportmütze bedeckt. Er verschwand gerade, als sie über die Schwelle kamen, über den Rand des Fensterbrettes, von sechs Revolverkugeln des Obersten gefolgt, und Allan konnte sich noch nicht recht von seinem Staunen erholen, wie er da verschwinden konnte, als er auch schon am Fenster stand und die Lösung hatte. Eine feine Strickleiter fiel die Hausmauer entlang bis auf das Trottoir hinunter; die Person, die sie verschwinden gesehen, war schon unten angelangt; und gerade, als Allan und Oberst Morrel das Fenster erreicht hatten, kam das Ueberraschendste in dieser blitzschnellen Folge von Ereignissen. Der Flüchtling, der mit schlangenhafter Geschmeidigkeit die Strickleiter hinuntergeklettert sein mußte, und nunmehr, offenbar schon ganz im klaren über den Ernst der Situationwar, hatte noch Zeit, eine hastige Bewegung mit der Hand zu machen — es war ein Zündhölzchen, das angerieben wurde. Gerade als Allan die Beine über das Fensterbrett warf um sich die Strickleiter hinunterzuschwingen, stand diese von einem Ende bis zum anderen in hellen Flammen; sie mußte wohl schon früher mit irgendeinem entzündlichen Stoff präpariert worden sein. Allan hatte gerade noch Zeit, sich über das Fensterbrett zurückzuziehen, bevor die Flammen darüber zusammenschlugen. In ohnmächtiger Wut schleuderte der Oberst seinen leeren Revolver dem Entwichenen nach. Er fehlte, und binnen einer Sekunde war der Flüchtling in einem schwarzen blanken Auto, das aus dem Nichts aufzutauchen schien ...
Allan und der Oberst wendeten sich einander zu, und ihre Augen riefen dasselbe Wort: Zu spät! — als sie beide etwas erblickten, das ihren Gedanken eine andere Richtung gab.
Und dieses etwas war Mynheer Jan van Schleeten, der berühmte Juwelenspezialist, der sich in einer Ecke des Zimmers auf dem Ellbogen von einer Chaiselongue aufrichtete und mit abwesenden Augen und offenem Munde um sich starrte. Neben ihm stand ein Werkzeugtisch und eine Mahagonikassette, die von glänzenden Edelsteinen überquoll. Und die ersten Worte, die Herr van Schleeten sagte, waren: „Sie! Wo ist sie?“
Jetzt war Allan Herr der Situation. Mit zwei Schritten war er bei Herrn van Schleeten; er nahm ein durchtränktes Taschentuch von der Brust dieses Herrn und schwenkte es gegen den Obersten:
„Sehen Sie, Oberst Morrel, was ein schwaches Weib vermag! Chloroform genug für ein Roß! Jetzt gilt es zu sehen, ob wir noch zurecht gekommen sind oder nicht. Herr van Schleeten, auf, helfen Sie uns, und denken Sie daran, daß Ihre Ehre und Ihr Name auf dem Spiele steht!“
Der alte Holländer erhob sich von der Chaiselongue, wankend wie ein Schwertrunkener. Der Oberst war nach der Flucht des Verbrechers plötzlich in einen Zustand der Lethargie versunken und starrte ratlos um sich. Allan mußte das ganze in die Hand nehmen.
„Wollen Sie dafür sorgen, daß wir etwas Kaffee heraufbekommen, Oberst Morrel!“ rief er. „Sie sehen, in welchem Zustande Herr van Schleeten sich befindet. Starker Kaffee, das ist das einzige, was ihn auf die Beine bringen kann.“
Der Oberst murmelte einem Mann von der schwarzen Leibwache einige Worte zu, und dieser stürzte davon; eine Minute später goß Herr van Schleeten mit Allans Hilfe eine Tasse dampfenden schwarzen Kaffee hinunter. Das erste, was er dann tat, war, sich aufzurichten und Allan anzustarren.
„Sie kenne ich,“ sagte er mit lallender Stimme. „Sie sind — Sie sind ein Verbrecher.“
„Mund halten, Kerl,“ schrie der Oberst, plötzlich aus seiner Betäubung erwachend. „Danken Sie Ihrem Schöpfer, daß dieser junge Mann gekommen ist! Sonst säßen Sie morgigen Tags hinter Schloß und Riegel.“
Herr van Schleeten starrte ihn mit stumpfen Blicken an.
„Aber ich sah ihn doch,“ murmelte er, „sah ihn doch auf einer Station — wie hieß sie nur? — ja — K—köln — und da wurde er arre—arretiert. Er hat n—nämlich —“
„Trinken Sie Ihren Kaffee aus, und halten Sie den Mund!“ brüllte der Oberst. „Und dann zur Kassette, und sagen Sie uns, wieviel fehlt!“
Es verging noch eine Weile, bis es Herrn van Schleeten gelang, diese drei Wünsche zu erfüllen. Die Untersuchung der Mahagonikassette nahm lange Zeit in Anspruch, eine Zeit, während der Allan unten war und einen verstörten Nachtportier an die Polizei telephonieren ließ. Aber als er wieder heraufkam, hatte er die Befriedigung, daß Oberst Morrel ihm entgegenstürmte; der Oberst packte seine beiden Hände, es schien nicht viel zu fehlen, und er hätte sie geküßt.
„Die Fassungen sind zu groß und hinderlich gewesen, und sie hat es zu eilig gehabt!“ schrie er. „Es ist möglich, daß eins der Diademe fehlt, aber mehr nicht. Darauf schwört der verdammte Holländer. Ganz richtig, diese kleine listige Hexe von einer Abenteuerin hat ihn bestrickt, und ihr Streich wäre ihr gelungen, wenn nicht Sie —“
Allan versuchte ihn mit schwedischer Bescheidenheit zu unterbrechen. Es dauerte noch lange, bis er diese Nacht ins Bett kam. Denn einerseits mußten alle von dem erschienenen Detektivinspektor Mr. Mc. Lowndes in aller Form verhört werden (nach welchem Verhör Herr van Schleeten die Heimfahrt in Gesellschaft eines Detektivs antreten durfte); andererseits wollte Oberst Morrel nicht zu Bett gehen, ohne seinen morgigenKatzenjammer durch eine Flasche Champagner mit Allan verschärft zu haben. Zu Ende dieser Flasche erklärte er ohne alle Einschränkungen, daß er seines Wissens noch nie einem Menschen begegnet war, auf dessen Stirn alle guten Eigenschaften sich ein so harmonisches Stelldichein gegeben hatten wie bei Allan.
***
Allan wurde am nächsten Morgen gegen zehn Uhr in seiner Morgentoilette dadurch unterbrochen, daß Mr. Bowlby höchst unzeremoniös die Türe zu seinem Zimmer aufriß. Was er zu verkünden hatte, war nichts Geringeres, als daß Yussuf Khan und der alte Ali am selben Morgen gegen halb sieben Uhr im Viktoria-Park im East End in vollkommen bewußtlosem Zustand aufgefunden worden waren, jeder mit der aufgeklebten Etikette versehen: Abzugeben Grand Hotel Hermitage.
Allan hatte noch nicht zu Ende gefragt — Mr. Bowlby wußte übrigens kaum mehr als die Tatsache, die er vom Direktor erfahren hatte — und selbst noch nicht mehr erzählt als die Konturen der Ereignisse der Nacht, als eine neue Sensation über ihn hereinbrach. Noch immer von Mr. Bowlby begleitet, ging er in das Bankkontor des Hotels hinunter, um einige Pfund seines deponierten Geldes zu beheben.
Der junge Mann hinter dem Schalter starrte ihn einen Augenblick an und fragte ihn dann mit halb erschrockenem, halb mißtrauischem Gesichtsausdruck, ober denn vergessen habe, daß er erst vor einer Stunde dagewesen war und sein ganzes Guthaben an der Kasse behoben hatte.