Chapter 17

2.Georg Friedrich, Margrave of Baden, was a partisan of the Calvinistic Friedrich V, Elector Palatine, who was chosen King of Bohemia in 1619, and is known as the “Winter King.” As the sonnet shows, the defeated Protestants set high hopes on the Margrave of Baden, who commanded an army of 20,000 men; but he was soon defeated by the imperial forces and died in exile (1638).L. MARTIN OPITZA Silesian scholar (1597-1639) who won great renown as a poet and a literary lawgiver. In a pioneer treatise on poetics (1624, in which year hisTeutsche Poemataalso appeared), he came to the defense of the German language, pleaded for a purer diction, and defined the principalgenrescurrent abroad, illustrating them with verses of his own. His theory recognized but two feet, the iamb and the trochee, which he defined in terms of accent. He prescribed a more regular alternation of accented and unaccented syllables and recommended the use of the alexandrine verse. Under his influence German poetry became more regular and artistic, but lost touch with the general life, being more and more regarded as a refined diversion of the scholar class. The text of selections 1-4 follows Braune’sNeudrucke, No. 1 and Nos. 189-192; for No. 5 see Tittmann’s edition inDeutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.1From the ‘Buch von der deutschen Poeterey.’Wiewol ich mir von der Deutschen Poeterey, auff ersuchung vornemer Leute, vnd dann zue besserer fortpflantzung1vnserer sprachen,etwas auff zue setzen vorgenommen, bin ich doch solcher gedancken keines weges, das ich vermeine, man könne iemanden durch gewisse regeln vnd gesetze zu einem Poeten machen.. . .Die worte vnd Syllaben in gewisse gesetze zue dringen, vnd verse zue schreiben ist das allerwenigste was in einem Poeten zue suchen ist. Er mussεὐφαντασιωτός,2von sinnreichen einfällen vnd erfindungensein, muss ein grosses vnverzagtes gemüte haben, muss hohe sachen bey sich erdencken können, soll anders3seine rede eine art kriegen, vnd von der erden empor steigen. Ferner so schaden auch dem gueten nahmen der Poeten nicht wenig die jenigen, welche mit jhrem vngestümen ersuchen auff alles was sie thun vnd vorhaben verse fodern. Es wird kein buch, keine hochzeit, kein begräbnüss ohn vns gemacht; vnd gleichsam als niemand köndte alleine sterben, gehen vnsere gedichte zuegleich mit jhnen vnter. Mann wil vns auff allen Schüsseln vnd kannen haben, wir stehen an wänden vnd steinen,4vnd wann einer ein Hauss ich weiss nicht wie an sich gebracht hat, so sollen wir es mit vnsern Versen wieder redlich machen. Dieser begehret ein Lied auff eines andern Weib, jenem hat von des nachbaren Magdt getrewrnet, einen andern hat die vermeinte Bulschafft ein mal freundtlich angelacht, oder, wie dieser Leute gebrauch ist, viel mehr aussgelacht; ja des närrischen ansuchens ist kein ende. Müssen wir also entweder durch abschlagen jhre feindschafft erwarten, oder durch willfahren den würden der Poesie einen mercklichen abbruch thun. Denn ein Poete kan nicht schreiben wenn er will, sondern wenn er kann, vnd jhn die regung des Geistes, welchen Ovidius vnnd andere vom Himmel her zue kommen vermeinen, treibet.. . .Vnd muss ich nur bey hiesiger gelegenheit ohne schew dieses errinnern, das ich es für eine verlorene arbeit halte, im fall sich jemand an vnsere deutsche Poeterey machen wolte, der, nebenst dem das er ein Poete von natur sein muss, in den griechischen vnd Lateinischen büchern nicht wol durchtrieben ist, vnd von jhnen den rechten grieff erlernet hat; das auch alle die lehren, welche sonsten zue der Poesie erfodert werden, vnd ich jetzund kürzlich berühren wil, bey jhm nichts verfangen können.. . .Nachmals ist auch ein jeder verss entweder einiambicusodertrochaicus; nicht zwar das wir auff art der griechen vnnd lateiner eine gewisse grösse der sylben können inn acht nemen; sondern das wir aus den accenten vnnd dem thone erkennen, welche sylbe hoch vnnd welche niedrig gesetzt werden soll. Ein Jambus ist dieser:Erhalt vns Herr bey deinem Wort; der folgende ein Trocheus:Mitten wir im leben sind. Dann in dem ersten verse dieerste sylbe niedrig, die andere hoch, die dritte niedrig, die vierde hoch, vnd so fortan; in dem anderen verse die erste sylbe hoch, die andere niedrig, die dritte hoch, u.s.w. aussgesprochen werden. Wiewol nun meines wissens noch niemand, ich auch vor der zeit selber nicht, dieses genawe in acht genommen, scheinet es doch so hoch von nöthen zue sein, als hoch von nöthen ist, das die Lateiner nach denquantitatibusoder grössen der sylben jhre verse richten vnd reguliren.1.Fortpflantzung=Verbesserung.2.Εὐφαντασιωτός, ‘very fanciful’; see Quintilian vi. 2, 30.3.Anders, ‘anywise.’4.Steinen=Türsteinen.2Ode.5Ich empfinde fast ein grawen,Das ich, Plato, für vnd fürBin gesessen vber dir;Es ist zeit hienauss zue schawen,5Vnd sich bey den frischen quellenIn dem grünen zue ergehen,Wo die schönen Blumen stehen,Vnd die Fischer netze stellen.Worzue dienet das studieren,10Als zue lauter vngemach?Vnter dessen laufft die BachVnsers lebens das wir führen,Ehe wir es innen werden,Auff jhr letztes ende hin;15Dann kompt ohne geist vnd sinnDieses alles in die erden.Hola, Junger, geh’ vnd frageWo der beste trunck mag sein;Nim den Krug, vnd fülle Wein.20Alles trawren leidt vnd klage,Wie wir Menschen täglich haben,Eh vns Clotho fortgerafft,Wil ich in den süssen safftDen die traube giebt vergraben.25Kauffe gleichfalls auch Melonen,6Vnd vergiss des Zuckers nicht;Schawe nur das nichts gebricht.Jener mag der heller schonen,Der bey seinem Gold vnd Schätzen30Tolle sich zue krencken pflegtVnd nicht satt zue bette legt;Ich wil weil ich kan mich letzen.Bitte meine guete BrüderAuff7die music vnd ein glass;35Nichts schickt, dünckt mich, nicht sich bassAls guet tranck vad guete Lieder.Lass ich gleich nicht viel zue erben,Ey, so hab’ ich edlen Wein;Wil mit andern lustig sein,40Muss ich gleich alleine sterben.5.From thePoeterey, Ch. 5, where it is offered in elucidation of lyric poetry. It is a free rendering of Ronsard, II, 18.6.Melonen; the point is: Do not mind the expense. The muskmelon (cucumis melo) came from Italy and Southern France, and (with sugar!) was a luxury.7.Auff, withbitten, in the sense of ‘invite to.’3Chansonnette.Mit Liebes Brunst behafftet sein,Ist warlich eine schwere Pein;Es ist kein Schmerz auff dieser Erdt,Der recht mit jhm verglichen werdt:5Drumb will ich mich gantz embsiglichVon dem Leyden allzeit scheiden,Vnd die süsse Gifft vermeiden.Auff dass nun nicht die schnöde BrunstMich lasse zu ihr tragen Gunst,10Soll Venus mich nicht treffen anAuff jergendt einer Liebes Bahn;Der Tugendt Weg ist ein schön Steg,Darauff eben ich will schweben,Vnd jhr gantz verpflichtet leben.15Recht vnd gar wol auch Pallas bliebAllzeit befreyet von der Lieb,Sie gab dem Fewer niemals raum,Vnd hielte sich in stätem Zaum,Auff grüner Heyd sie allezeit20Mit dem Hetzen sich thet letzenVnd frey aller Sorg ergetzen.Ich will ins künfftig fleissig auchNachfolgen dieser Göttin Brauch,Denn Venus ist die gröste Last,25Cupido ist ein schädlich Gast.Wen er einmal nur bringt zu fall,Muss verderben, offt auch sterben,Vnd für Frewden schmertz ererben.Also belohnt er alle doch,30Die sich ergeben seinem Joch;Vnd diss bedenck ich offt vnd viel,Es mag lieb haben wer da will,Ich bleibe meine Zeit allein.Offt nach schertzen kommen schmertzen,35Wohl dem der das thut beherzen.4Sonnet an die Bienen.Ihr Honigvögelein, die jhr von den ViolenUnd Rosen abgemeit den wundersüssen Safft,Die jhr dem grünen Klee entzogen seine Krafft,Die jhr das schöne Feldt so offt vnd viel bestohlen,5Ihr Feldteinwohnerin, was wollet jhr doch holenDas, so euch noch zur Zeit hat wenig nutz geschafft,Weil jhr mit Dienstbarkeit dess Menschen seit behafft,Vnd jhnen mehrentheils das Honig müsset Zollen?Kompt, kompt zu meinem Lieb, auff jhren Rosenmundt,10Der mir mein kranckes Herz gantz inniglich verwundt,Da sollt jhr Himmelspeiss vnd vberflüssig brechen.Wann aber jemandt ja sich vnderstehen kundtIhr vbel anzuthun, dem sollet jhr zur stundtFür Honig Galle sein, vnd jhn zu tode stechen.5The horrors of the Thirty Years’ War: From the ‘Trostgedichte in Widerwertigkeit des Krieges.’Wie manche schöne Stadt,Die sonst das ganze Land durch Pracht gezieret hat,Ist jetzund Asch und Staub! Die Mauren sind verheeret,Die Kirchen hingelegt, die Häuser umgekehret.5Wie wann ein starker Fluss, der unversehens kömt,Die frische Saate stürzt, die Äcker mit sich nimt,Die Wälder niederreisst, läuft ausser seinen Wegen,So hat man auch den Plitz und schwefelichte RegenDurch der Geschütze Schlund mit grimmiger Gewalt,10Dass alles Land umher erzittert und erschallt,Gesehen mit der Luft hin in die Städte fliegen.Des Rauches Wolken sind den Wolken gleich gestiegen,Der Feuer-Flocken See hat alles überdecktUnd auch den wilden Feind im Läger selbst erschreckt.15Das harte Pflaster hat geglühet und gehitzet,Die Thürme selbst gewankt, das Erz darauf geschwitzet;Viel Menschen, die der Schar der Kugeln sind entrant,Sind mitten in die Glut gerathen und verbrant,Sind durch den Dampf erstickt, verfallen durch die Wände20Was übrig blieben ist, ist kommen in die HändeDer argsten Wütherei, so, seit die Welt erbautVon Gott gestanden ist, die Sonne hat geschaut.Der Alten graues Haar, der jungen Leute Weinen,Das Klagen, Ach und Weh der Grossen und der Kleinen,25Das Schreien in gemein von Reich und Arm geführt,Hat diese Bestien im minsten nicht gerührt.Hier half kein Adel nicht, hier ward kein Stand geachtet,Sie musten alle fort, sie wurden hingeschlachtet,Wie wann ein grimmer Wolf, der in den Schafstall reisst,30Ohn allen Unterschied die Lämmer niederbeisst.Der Mann hat müssen sehn sein Ehebette schwächen,Der Töchter Ehrenblüt’ in seinen Augen brechen,Und sie, wann die Begier nicht weiter ist entbrant,Unmenschlich untergehn durch ihres Schänders Hand.LI. PAUL FLEMING1609-1640. Fleming was a gifted lyric poet of the Opitzian era. A Saxon by birth, he studied medicine at Leipzig, where he learned to admire Opitz. Five years of his short life were spent in connection with an embassy of the Duke of Holstein to Russia and Persia. His best work is found in the poems, more especially the sonnets, which he wrote during this long absence from the fatherland. The selections follow Tittmann’s edition inDeutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.1An einen guten Freund.Lass der Zeit nur ihren WillenUnd vergönn’ ihr ihren Lauf;Sie wird sich selbst müssen stillen,Wenn wir nichts nicht geben drauf.5Meistes Elend wird verschmerzet,Wenn mans nicht zu sehr beherzet.Ist es heute trübes Wetter,Morgen wird es heiter sein;Stimmen doch die grossen Götter10Stets an Lust nicht überein.Und wer weiss, wie lang er bleibet,Der uns itzo so vertreibet.1Ob die Sonne gehet niederUnd den Erdkreiss traurig macht,15Doch so kömt sie fröhlich wiederNach der überstandnen Nacht.Herrschen itzund Frost und Winde,Balde wird es sein gelinde.Unterdessen sei der Deine,20Brich nicht ab der ersten Kost2;Labe dich mit altem WeineUnd versuch den jungen Most.Lass uns einen Rausch noch kaufen,Ehe denn wir müssen laufen.1.Lines 11-12 allude, probably, to the occupation of Leipzig by imperial troops in 1632.2.Der ersten Kost, ‘your previous fare.’Abbrechenwith dative =Abbruch tun, verkürzen, vermindern.2An Basilenen3: Nachdem er von ihr gereiset war.Ist mein Glücke gleich gesonnen,Mich zu führen weit von dir,O du Sonne meiner Wonnen,So verbleibst du doch in mir.5Du in mir und ich in dirSind beisammen für und für.Künftig werd’ ich ganz nicht scheuen,Kaspis, deine fremde Flut,Und die öden Wüsteneien,10Da man nichts als fürchten thut.Auch das Wilde macht mir zahm,Liebste, dein gelobter Nam’.Überstehe diese Stunden,Schwester, und sei unverwant.15Ich verbleibe dir verbunden,Und du bist mein festes Band.Meines Herzens Trost bist du,Und mein Herze selbst darzu.Ihr, ihr Träume, solt indessen,20Unter uns das Beste thun.Kein Schlaf, der sol ihr vergessen,Ohne mich sol sie nicht ruhn,Dass die süsse Nacht ersetzt,Was der trübe Tag verletzt.25Lebe, meines Lebens Leben,Stirb nicht, meines Todes Tod,Dass wir uns uns wiedergeben,Abgethan von aller Noth.Sei gegrüsst, bald Trost, itzt Qual,30Tausend, tausend, tausendmal!3.While sojourning in Reval, on his way to Asia, Fleming fell in love with Elsabe Niehusen, but later transferred his affections to her sister Anna. Basilene is one of several poetic names for Elsabe.3Inter Brachia Salvatoris.4Des Donners wilder Plitz schlug von sich manchen Stoss,Das feige Volk stund blass, das scheuche Wild erzittert’Vom Schmettern dieses Knalls. Die Erde ward erschüttert.Mein Fuss sank unter sich, der Grund war bodenlos.Die Gruft, die fiel ihr nach,5schlung mich in ihren Schoss.Ich gab mich in die See, in der es grausam wittert’Der Sturm flog klippenhoch. Mein Schiff, das ward gesplittert,Ward leck, ward Anker6quit, ward Mast6und Segel6bloss.Vor, um und hinter mir war nichts als eine Noth;Von oben Untergang, von unten auf der Tod,Es war kein Muttermensch, der mit mir hatt’ Erbarmen.Ich aber war mir gleich, zum Leben frisch und froh,Zum Sterben auch nicht faul auf7wenn und wie und wo,Denn mein Erlöser trug mich allzeit auf den Armen.4.The sonnet is reminiscent of a shipwreck in the Caspian Sea, November 15, 1636; the title from St. Augustine’sinter brachia salvatoris mei et vivere volo et mori cupio.5.Fiel ihr nach, ‘gave way’ (ihrreflexive).6.Anker, Mast, Segel; all genitive.7.Faul auf, ‘hesitating over.’4Über Herrn Martin Opitzen auf Boberfeld sein Ableben.So zeuch auch du denn hin in dein Elyserfeld,Du Pindar, du Homer, du Maro unsrer Zeiten,Und untermenge dich mit diesen grossen Leuten,Die ganz in deinen Geist sich hatten hier verstellt.Zeuch jenen Helden zu, du jenen gleicher Held,Der itzt nichts Gleiches hat, du Herzog deutscher Seiten,O Erbe durch dich selbst der steten Ewigkeiten,O ewiglicher Schatz und auch Verlust der Welt!Germanie ist tod, die herrliche, die freie,Ein Grab verdecket sie und ihre ganze Treue.Die Mutter, die ist hin, hier liegt nun auch ihr Sohn,Ihr Recher und sein Arm. Lasst, lasst nur alles bleiben,Ihr, die ihr übrig seid, und macht euch nur davon,Die Welt hat wahrlich mehr nichts Würdigs zu beschreiben.LII. FRIEDRICH VON LOGAUAn eminent writer of reflective, critical, and epigrammatic verse (1604-1655). He was born in Silesia and spent the most of his life at Brieg, where he was sometime ducal councillor. In 1654 he publishedSalomon von Golaws deutscher Sinngetichte drei Tausend, the name Golaw being a disguise of Logau. They vary in length from a couplet to a hundred lines or more, and disclose in the aggregate a virile and interesting personality. The text follows Eitner’s edition inDeutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.1Das Beste der Welt.Weistu, was in dieser WeltMir am meisten wolgefällt?Dass die Zeit sich selbst verzehret,Und die Welt nicht ewig währet.2Die unartige Zeit.Die Alten konnten fröhlich singenVon tapfern deutschen Heldensdingen,Die ihre Väter ausgeübet:Wo Gott noch uns ja Kinder gibet,5Die werden unsser Zeit BeginnenBeheulen, nicht besingen können.3Geduld.Leichter träget, was er träget,Wer Geduld zur Bürde leget.4Adel.Hoher Stamm und alte VäterMachen wohl ein gross Geschrei;Moses aber ist Verräther,Dass dein Ursprung Erde sei.5Gunst für Recht.KeinCorpus jurisdarf13man nicht,Wo Gunst und Ungunst Urtel spricht.1.darf=bedarf.6Theure Ruh.2Deutschland gab fünf Millionen,Schweden reichlich zu belohnen,Dass sie uns zu Bettlern machten,Weil sie hoch dies Mühen achten.5Nun sie sich zur Ruh gegebenUnd von Unsrem dennoch leben,Muss man doch bei vielen MalenHöher noch die Ruh bezahlen.2.The Treaty of Westfalia gave the Swedes a war indemnity of 5,000,000 talers, but they afterwards demanded and received 200,000 more.7Der Glaubensstreit.Luthrisch, Päbstisch und Calvinisch—diese Glauben alle dreiSind vorhanden; doch ist Zweifel, wo das Christentum dann sei.8Ein unruhig Gemüthe.Ein Mühlstein und ein Menschenherz wird stets herumgetrieben;Wo beides nicht zu reiben hat, wird beides selbst zerrieben.9Weiberverheiss.Wer einen Aal beim Schwanz und Weiber fasst bei Worten,Wie feste der gleich hält, hat nichts an beiden Orten.10Zweifüssige Esel.Dass ein Esel hat gespracht, warum wundert man sich doch?Geh aufs Dorf, geh auf den Markt: o sie reden heute noch.11Die deutsche Sprache.Deutsche mühen sich jetzt hoch, deutsch zu reden fein und rein;Wer von Herzen redet deutsch, wird der beste Deutsche sein.12Göttliche Rache.Gottes Mühlen mahlen langsam, mahlen aber trefflich klein;Ob aus Langmuth er sich säumet, bringt mit Schärf’ er alles ein.13Franzosenfolge.Narrenkappen sam3den Schellen, wenn ich ein Franzose wär’,Wollt’ ich tragen; denn die Deutschen gingen stracks wie ich so her.3.Sam=zusammen mit.14Dreierlei Glauben.Der Papst der will durchThun, Calvin wil durchVerstehn,In den Himmel aber wil durchGlaubenLuther gehn.15Drei Fakultäten.Juristen, Ärzte, Prediger sind alle drei beflissen,Die Leute zu purgieren4wol am Säckel, Leib, Gewissen.4.Purgieren, ‘purge,’ ‘clean out.’16Verwandelung.Dass aus Menschen werden Wölfe,5bringt zu glauben nicht Beschwerden;Siht man nicht, dass aus den Deutschen dieser Zeit Franzosen werden?5.Wölfe, in allusion to the superstition of the man-wolf (werewolf, lycanthropus).17Das Hausleben.Ist Glücke wo und was, so halt’ ich mir für Glücke,Wann ich mein eigen bin, dass ich kein dienstbar OhrUm weg verkaufte Pflicht6darf recken hoch emporUnd horchen auf Befehl. Dass mich der Neid berücke,5Da bin ich sorgenlos. Die schmale Stürzebrücke,7Darauf nach Gunst man zeucht, die bringt mir nicht Gefahr;Ich stehe, wo ich steh’, und bleibe, wo ich war.Der Ehre scheinlich8Gift, des Hofes Meisterstücke,Was gehen die mich an? Gut, dass mir das Vergnügen10Für grosse Würde gilt; mir ist ja noch so wol,Als dem der Wanst zerschwillt,9die weil er Hoffahrt voll.Wer biegen sich nicht kan, bleibt, wann er fället, liegen.Nach Purpur tracht’ ich nicht; ich nehme weit dafür,10Wann Gott ich leben kan, dem Nächsten und auch mir.6.Um . . . Pflicht, ‘in venal service.’7.Stürzebrücke=Fallbrücke.8.Scheinlich, ‘glittering.’9.Zerschwillt=schwellend zerplatzt.10.Nehme dafür=ziehe vor.18An mein väterlich Gut, so ich drei Jahr nicht gesehen.Glück zu, du ödes Feld; Glück zu, ihr wüsten Auen!Die ich, wann ich euch seh’, mit Thränen muss bethauen,Weil ihr nicht mehr seid ihr; so gar hat euren StandDer freche Mord-Gott Mars grundaus herumgewandt.5Seid aber doch gegrüsst; seid dennoch fürgesetzetDem allen, was die Stadt für schön und köstlich schätzet.Ihr wart mir lieb, ihr seid, ihr bleibt mir lieb und werth;Ich bin, ob ihr verkehrt,11noch dennoch nicht verkehrt.Ich bin, der ich war vor. Ob ihr seid sehr vernichtet,10So bleib’ ich dennoch euch zu voller Gunst verpflichtet,So lang ich ich kan sein; wann dann mein Sein vergeht,Kans sein, dass Musa wo an meiner Stelle steht.12Gehab dich wol, o Stadt! die du in deinen ZinnenHast meinen Leib gehabt, nicht aber meine Sinnen.15Gehab dich wol! mein Leib ist nun vom Kerker los;Ich darf nun nicht mehr sein, wo mich zu sein verdross.Ich habe dich, du mich, du süsse Vatererde!Mein Feuer glänzt nun mehr auf meinem eignen Herde.Ich geh’, ich steh’, ich sitz’, ich schlaf’, ich wach’ umbsunst.1320Was theuer mir dort war, das hab’ ich hier aus GunstDes Herrens der Natur, um “Habe-Dank” zu niessenUnd um gesunden Schweiss; darf nichts hingegen wissenVon Vortel und Betrug, von Hinterlist und Neid,Und wo man sonst sich durch schickt etwan in die Zeit.25Ich ess’ ein selig Brot, mit Schweiss zwar eingeteiget,Doch das durch Bäckers Kunst und Hefen hoch nicht steiget,Das zwar Gesichte14nicht, den Magen aber fülltUnd dient mehr, dass es nährt, als dass es Heller gilt.Mein Trinken ist nicht falsch15; ich darf mir nicht gedenken,30Es sei gebrauen zwier,16vom Bräuer und vom Schänken.Mir schmeckt der klare Saft; mir schmeckt das reine Nass,Das ohne Keller frisch, das gut bleibt ohne Fass,Drum nicht die Nymphen erst mit Ceres dürfen kämpfen,Wer Meister drüber sei, das nichts bedarf zum Dämpfen,1735Weils keinen Schwefelrauch noch sonsten Einschlag hat,Das ohne Geld steht feil, das keine frevle ThatHat den jemals gelehrt, der dran ihm liess genügen.Der Krämer fruchtbar Schwur, und ihr geniesslich18LügenHat nimmer Ernt’ um mich. Der vielgeplagte Lein,40Der muss, der kan mir auch anstatt der Seiden sein.Bewegung ist mein Arzt. Die kräuterreichen WäldeSind Apotheks genug; Geld, Gold wächst auch im Felde,—Was mangelt alsdenn mehr? Wer Gott zum Freunde hatUnd hat ein eignes Feld, fragt wenig nach der Stadt,45Der vortelhaften Stadt, da Nahrung zu gewinnenFast jeder muss auf List, auf Tück und Ränke sinnen.Drum hab’ dich wol, o Stadt! wenn ich dich habe, Feld,So hab’ ich Haus und Kost, Kleid, Ruh’, Gesundheit, Geld.11.Verkehrt, ‘changed.’12.Dass . . . steht; ‘that some other muse than mine will praise you.’13.Umbsunst, ‘for nothing.’14.The bread does not look good, but is nourishing.15.Falsch, ‘diluted.’16.Zwier=zweimal.17.In allusion to the process of treating wine with sulphur—nominally to improve its taste and color.18.Geniesslich, ‘profitable.’LIII. ANDREAS GRYPHIUS1616-1664. Gryphius is the most important of the pseudo-classic dramatists, though his plays lacked the schooling of the stage. He was born in Glogau, Silesia, won early distinction as a scholar and poet, resided several years in Holland, France, and Italy, and finally settled down in his birthplace, which honored him with the office of town syndic. He wrote five original tragedies in alexandrine verse (always with a chorus of some kind), and several comedies, partly in verse and partly in prose. The selections follow Tittmann’s edition inDeutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.1From the fourth act of ‘Murdered Majesty, or Carolus Stuardus’; King Charles I, about to face death on the scaffold, confers with his loyal friends, Colonel Thomlinson and Bishop Juxton.KarlFürst, aller Fürsten Fürst, den wir nun sterbend grüssen,Vor dem wir auf dem Knie das strenge Richtbeil küssen,Gib, was mein letzter Wunsch noch von dir bitten kan,Und stecke Karols Geist mit heilgem Eifer an.5Entzünde diss Gemüt, das sich ergetzt, zu tragenDie ehrenvolle Schmach, das sich beherzt, zu wagenFür unterdrückte Kirch, entzweigesprengte KronUnd hochverführtes Volk. Ihr, die von eurem ThronMein Mordgerüst beschaut, schaut, wie die Macht verschwinde,10Auf die ein König pocht; schaut, wie ich überwinde,Indem mein Scepter bricht. Die Erden stinkt uns an,Der Himmel ruft uns ein. Wer also scheiden kan,Verhöhnt den blassen Tod und trotzt dem Zwang der ZeitenUnd muss der Grüfte Recht1grossmüthig überschreiten,15Indem ein Unterthan sein eigen Mordrecht spinntUnd durch des Prinzen Fall unendlich Leid gewinnt,Das häufig schon erwacht; wer nach uns hier wird leben,Wird zwischen heisser Angst und Todesfurchten schweben,Indem sich Land auf Land und Stadt auf Stadt verhetzt,20Und Rathstuhl dem Altar und Tempel widersetzt,Und dieser den verdruckt, der jenen aus wil heben,2Und dem, der nach ihm schlägt, den letzten Hieb wil geben;Biss der, der wider uns den grimmen Schluss aussprach,Der unser Regiment mit frecher Faust zubrach,25Gepresst durch heisse Reu wird diesen Tag verfluchenUnd meine Tropfen Blut auf seiner Seelen suchen;Biss der, der sich erkühnt, mein sauber Herz zu schmähn,Von Blut und Thränen nass sich nach uns um wird sehn.Doch! wir bekränken3diss und bitten: Herr, verschone,30Lass nicht der Rache zu, dass sie dem Unrecht lohne,Das über uns geblitzt! Ihr König schilt sie frei.4Verstopf auch, Herr, dein Ohr vor ihrem Mordgeschrei.Was sagt uns Thomlinson?ThomlinsonPrinz Karl, die Blum der Helden,Wil ihrer Majestät die treue Pflichtschuld melden35Und schickt durch treue Leut’ aus Katten5diss Papier!KarlMein hochbetrübter Prinz, mein Sohn, wie fern von dir!Wie fern, wie fern von dir!JuxtonDer Höchste wird verbinden,Was dieser Tag zureisst. Mein Fürst wird ewig finden,Was Zeit und Unfall raubt.KarlRecht! Finden und in Gott40Und durch Gott wiedersehn, die ein betrübter BotMit keiner Antwortschrift mehr von uns wird erquicken.Ich muss die Trauerpost an Freund und Kinder schicken,Dass Karl itzund vergeh. Nein! Kan der untergehn,Der zu der Krone geht? Der feste6Karl wird stehn,45Wenn nun sein Körper fällt; der Glanz der Eitelkeiten,Der Erden leere Pracht, die strenge Noth der ZeitenUnd diss, was sterblich heisst, wird auf den Schauplatz7gehn;Was unser eigen ist, wird ewig mit uns stehn.Was hält uns weiter auf? Geh, Thomlinson, und schicke50Dem Prinzen seinen Brief so unversehrt zurücke,Als ihn die Faust empfing. Wir gehn die letzte Bahn!Unnöthig, dass ein Brief, durch schmerzenvollen Wahn,Durch jammerreiche Wort und neue SeelenhiebeUns aus geschöpfter Ruh erweck’ und mehr betrübe.Juxton55Gott, in dem alles ruht, vermehre diese Ruh!KarlEr thuts und spricht dem Geist mit starkem Beistand zu.JuxtonSein Beistand stärkt in Angst ein unbefleckt Gewissen.KarlDas, der unschuldig litt, wusch durch sein Blutvergiessen.JuxtonDer, was uns drückt, ertrug in letzter Sterbensnoth.Karl60Uns drückt, diss glaubt uns fest, nichts mehr als Straffords Tod.ThomlinsonDie Richter haben ihm die Halsstraf auferleget.KarlSein Unschuld hat den Blitz auf unser Haupt erreget.ThomlinsonDer König gab den Mann durch Macht gezwungen hin.KarlLernt nun, was dieser Zwang uns bringe vor Gewinn.Thomlinson65Der König must’ es thun, das tolle Volk zu stillen.KarlRecht so, seht wie das Volk dem König itzt zu Willen!ThomlinsonAls Wentworth um den Tod den König selber bat.KarlSeht, was der König itzt dadurch erhalten hat!ThomlinsonMan schloss für aller Heil auf eines Manns Verderben.Karl70Der8dieses schloss, ist hin, und wer nicht hin, wird sterben.ThomlinsonDem Urtheil fielen bei der Staats- und Kirchenrath.KarlVerblümt es, wie ihr wollt, es war ein arge That.JuxtonDer Höchste wird die That der langen Reu verzeihen.KarlEr wird von diesem Blut uns durch sein Blut befreien.75Auf, Geist! Die Bluttrompet, der harten Drommel Klang,Der Waffen Mordgeknirsch ruft zu dem letzten Gang.1.Recht; in the sense of ‘limit of jurisdiction,’ ‘boundary.’2.Ausheben=aus dem Sattel heben, stürzen.3.Bekränken=beklagen.4.Schilt . . . frei, ‘exonerates them.’5.Katten= Holland.6.Feste, ‘substantial,’ ‘real.’7.Schauplatz =Richtplatz.8.Der; the allusion is to John Pym, under whose leadership of the Commons the Earl of Strafford (Thomas Wentworth) was executed in 1641. Pym himself died in 1643.2From the fifth act of ‘Horribilicribrifax’: Terrific encounter of the two braggart captains Daradiridatumtarides and Horribilicribrifax.Horrib.Und wenn du mir biss in den Himmel entwichest und schon auf dem lincken Fuss des grossen Bären sässest, so wolte ich dich doch mit dem rechten Spornleder erwischen und mit zweien Fingern in den Berg Ætna werfen.Daradir.Gardez-vous, follâtreau!9Meinest du, dass ich vor dir gewichen? Und wenn du des grossen Carols Bruder, der grosse Roland selbst, und mehr Thaten verrichtet hättest als Scanderbek, ja in die Haut von Tamerlanes gekrochen werest, soltest du mir doch keine Furcht einjagen.9.Gardez-vous(-en), follâtreau(fromfolâtre) ‘take care, nincompoop.’Horrib.Ich? Ich will dir keine Furcht einjagen, sondern dich in zwei und siebentzigmal hundert tausend Stücke zersplittern, dass du in einer See von deinem eigenen Blut ersticken sollest.Io ho vinto l’inferno e tutti i diavoli.10Daradir.Ich will mehr Stücker von dir hauen, als Sternen itzund an dem Himmel stehen, und wil dich also tractiren, dass das Blut von dir fliessen sol, biss die oberste Spitze des Kirchthurms darinnen versunken.10.Io ho . . . diavoli, ‘I have vanquished hell and all the devils.’Horrib.Per non lasciar piu altre passar questa superba arroganza,11wil ich die ganze Belägerung von Troja mit dir spielen.Daradir.Und ich die Zerstörung von Constantinopel.11.Per . . . arroganza, ‘to prevent this arrogant conceit from going further.’Horrib.Io spiro morte e furore,12doch lasse ich dir noch so viel Zeit: befihle deine Seele Gott und bete ein Vaterunser!12.Io . . . furore, ‘I breathe death and fury.’Daradir.Sprich einen englischen Gruss13und hiermit stirb.Horrib.Du wirst zum wenigsten diereputationin deinem Tode haben, dass du von dessen unüberwindlichen Faust gestorben, der den König in Schweden niedergeschossen.Daradir.Tröste dich mit dem, dass du durch dessen Hand hingerichtet wirst, der dem Tilly und Pappenheim den Rest gegeben.Horrib.So hab ich mein Schwerd ausgezogen in der Schlacht vor Lützen.13.Sprich . . . Gruss, ‘pray an Angelus’ (angel’s greeting, Luke i, 28),i.e.‘attend to your devotions.’Daradir.Morbleu, me voila en colère! Mort de ma vie! je suis fâché par ma foi.14So hab ich zur Wehre gegriffen in dem Treffen vor Nördlingen.Horrib.Eine solche Positur machte ich in der letzten Niederlage vor Leipzig.Daradir.So lief ich in den Wallgraben, als man Glogau hat einbekommen.14.Morbleu . . . foi, ‘Zounds! Behold me in a rage! Death and destruction! Faith, but I am angry.’Horrib.Ha! ha! ist er nichtquesto capitano,15mit dem ich Kugeln wechselte bei der Gula?Daradir.O! Ist er nicht derjenige Signeur, mit dem ich Brüderschaft machte zu Schlichtigheim?15.Questo capitano, ‘that captain.’Horrib.Ha!mon signeur, mon frère!16Daradir.Ha!Fratello mio illustrissimo!17Horrib.Behüte Gott, welch ein Unglück hätte bald geschehen sollen!16.Mon . . . frère, ‘my dear sir, my brother.’17.Fratello . . . illustrissimo, ‘most renowned brother.’Daradir.Welch ein Blutvergiessen,massacre et strage,18wenn wir einander nicht erkennet hätten!18.Massacre et strage, ‘slaughter and carnage.’Horrib.Magnifici et cortesi heroi19können leicht unwissend zusammen gerathen.19.Magnifici . . . heroi, ‘magnificent and gentlemanly heroes.’Daradir.Les beaux esprits20lernen einander durch dergleichenrencontre21erkennen.[Dionysius22tritt auf.]Dionys.Welche Bärenhäuter rasen hier für unsern Thüren? Wisset ihr Holunken nicht, dass man des Herren Statthalters Pallast anders zu respectiren pfleget? Trollet euch von hier, oder ich lege euch beiden einen frischen Prügel um die Ohren!20.Les beaux esprits, ‘fine spirits.’21.Rencontre, ‘meeting(s).’22.Dionysius is the servant of the governor, Cleander, before whose palace the captains have been brawling.Horrib.Io rimango petrificato dalla meraviglia.23Sol Capitain Horribilicribrifax diss leiden?Daradir.Sol Capitain von Donnerkeil sich also despectiren lassen?23.Io . . . meraviglia, ‘I am petrified with amazement.’Horrib.Io mi levo il pugnale dal lato,24der Herr Bruder leide es nicht!24.Io . . . lato, ‘I take my sword from my side.’Daradir.Me voila,25der Herr Bruder greiffe zu der Wehre, ich folge.25.Me voila, ‘here I am.’Horrib.Comminciate di gratia.26Ich lasse dem Herren Bruder die Ehre des ersten Angriffs.26.Comminciate di gratia, ‘begin, please.’Daradir.Mein Herr Bruder, ich verdiene die Ehre nicht, et gehe voran.C’est trop discourir. Commencez.2727.C’est . . . commencez, ‘there’s too much talking; begin!’Horrib.Ei, der Herr Bruder fahre fort, er lasse sich nicht auffhalten.La necessità vuole.28Dionys.Heran, ihr Ertzberenhäuter, ich will euch die Haut sonder Seiffen und Balsam einschmieren.28.La . . . vuole, ‘necessity commands.’Horrib.Ha!Patrone mio, questa supercheria è molta ingiusta.29Daradir.O monsieur, bey dem Element, er sihet mich vor einen Unrechten an.29.Patrone . . . ingiusta, ‘my good sir, this violence is very unjust.’Horrib.Ei,signore mio gratioso,30ich bin Signor Horribilicribrifax.Dionys.(Nimmt beiden die Degen und schlägt sie darmit um die Köpfe.) Auffschneider, Lügner, Bärenhäuter, Bengel, Baurenschinder, Erznarren, Cujonen!3130.Signore . . . gratioso, ‘my gracious sir.’31.Cujonen, ‘scallywags.’Daradir.Ei, ei, monsieur,basta questo pour istesso,32es ist genung, der Kopf blutet mir.Horrib.Ei, ei, signor, ich wuste nicht, dass der Statthalter hier wohnete.Dionys.Packet euch, oder ich will euch also zurichten, dass man euch mit Mistwagen sol von dem Platze führen.32.Basta . . . istesso, ‘enough of that.’LIV. SIMON DACH1605-1659. Dach was a Königsberg schoolmaster who won considerable repute as a writer of religious and occasional verse. He is the earliest Prussian poet of any importance. The second selection shows what he thought of Opitz. HisAnke van Tharau, though a wedding-song written by request (like many of Dach’s productions), is so fresh and hearty that Herder gave it a place among his folksongs. The text follows Oesterley’s edition in Kürschner’sNationalliteratur, Vol. 30.1Abendlied.Der Tag hat auch sein Ende,Die Nacht ist wieder hier;Drum heb ich Herz und Hände,O Vater, auff zu dir5Und dancke deiner Treu,Die mich gantz überschüttet,Und für der TiranneyDer Höllen mich behütet.Dein Wort hat auch daneben10Mein kranckes Herz geheilt,Mir reichlich Trost und LebenIn aller Noth ertheilt.Für solche LiebesthatWas soll ich dir erzeigen?15Was Erd und Himmel hat,Das ist vorhin dein eigen.Mein Herz sey dir geschencket,Das richt, o Gott, dir zu,Dass, was es nur gedencket,20Sey nichts, als einig du.Entzeuch es dieser Welt,Dass es aus diesen TränenIn deiner Freuden FeldSich mög ohn Ablass sehnen.25Und da ich heut verübet,Was gegen dein GebothUnd deinen Geist betrübet,Das sey vertilgt und todtDurch Christi theures Blut,30Das mildiglich geflossen,Als er es, mir zu guth,Aus Liebe hat vergossen.Und weil ich jetzt sol schlafen,So lass mich sicher seyn35Durch deiner Aufsicht Waffen,Schleuss deiner Huth mich ein!Des Teufels Mord und List,Der bösen Menschen TückeUnd was sonst schädlich ist,40Treib, Herr, von mir zurücke!Lass mich kein böses EndeBetreten allermeist,Denn ich in deine HändeBefehle meinen Geist.45Ich bin zu aller ZeitDein Eigenthum und Erbe,Es sey lieb oder leid,Ich leb, Herr, oder sterbe.2Opitz in Königsberg.1Ist es unsrer Seiten Werck’Je einmahl so wol gelungen,Dass wir dir, o Königsbergk,Etwas Gutes vorgesungen,5So vernimm auch diess dabey,Wer desselben Stiffter sey.Dieser Mann, durch welchen dirJetzt die Ehre wiederfähret,Dass der Deutschen Preiss und Zier10Sämptlich bey dir eingekehret,Opitz, den die gantze WeltFür der Deutschen Wunder hält.Ach, der Aussbund und BegriffAller hohen Kunst und Gaben,15Die der Alten Weissheit tieffIhrem Ertz hat eingegraben,Und der lieben Vorfahrt2HandtUns so treulich zugesandt!Man erschricket, wenn er nun20Seiner tieff-erforschten SachenAbgrund anhebt auffzuthun,Und sein Geist beginnt zu wachen;Wer alsdan ihn los sieht gehn,Der sieht Welschlandt und Athen.25Orpheus giebt schon besser Kauff,3Hört er dieses Mannes Seiten,Unser Maro horchet auff,Sagt: Was sol mir das bedeuten?Wird der Weisen Lieder-Ruhm30Nun der Deutschen Eigenthum?Ja, Herr Opitz, eurer KunstMages Deutschland einig dancken,Dass der fremden Sprachen GunstMercklich schon beginnt zu wancken,35Und man nunmehr ins gemeinLieber deutsch begehrt zu sein.Wer hat eurer süssen HandtDiesen Nachdruck mitgegeben,Dass das gantze Norden-Landt,40Wenn ihr schlagt, sich muss erheben,Und so mancher edler GeistEuch zu folgen sich befleist?Last den stoltzen Thracer-FlussNicht so trotzig sich ergiessen,45Und den edlen MinciusWas bescheidentlicher fliessen:Eures Bobers kleine FluthNimmt doch allen nun den Muth.Wol euch, Herr! Was für ein Lohn50Hat sich hie mit eingedinget,Dass von hie ab euer TonBis in jenes Leben dringet,Dessen Nachklangk aller ZeitUnd Vergängnüss sich befreyt?55Hie kunt’ eure Jugend zwarSchon den Lorbeer-Krantz erjagen,Aber dort wird euer HaarErst der Ehren Krohne tragen,Die euch David gern gesteht,60Weil ihr seinen Fusspfad geht.Doch wird auch des Pregels Randt,Weil er ist, von euch nicht schweigen;Was von uns hie wird bekant,Was wir singen oder geigen,65Unser Nahme, Lust und Ruh’Stehet euch, Herr Opitz, zu.

2.Georg Friedrich, Margrave of Baden, was a partisan of the Calvinistic Friedrich V, Elector Palatine, who was chosen King of Bohemia in 1619, and is known as the “Winter King.” As the sonnet shows, the defeated Protestants set high hopes on the Margrave of Baden, who commanded an army of 20,000 men; but he was soon defeated by the imperial forces and died in exile (1638).

2.Georg Friedrich, Margrave of Baden, was a partisan of the Calvinistic Friedrich V, Elector Palatine, who was chosen King of Bohemia in 1619, and is known as the “Winter King.” As the sonnet shows, the defeated Protestants set high hopes on the Margrave of Baden, who commanded an army of 20,000 men; but he was soon defeated by the imperial forces and died in exile (1638).

A Silesian scholar (1597-1639) who won great renown as a poet and a literary lawgiver. In a pioneer treatise on poetics (1624, in which year hisTeutsche Poemataalso appeared), he came to the defense of the German language, pleaded for a purer diction, and defined the principalgenrescurrent abroad, illustrating them with verses of his own. His theory recognized but two feet, the iamb and the trochee, which he defined in terms of accent. He prescribed a more regular alternation of accented and unaccented syllables and recommended the use of the alexandrine verse. Under his influence German poetry became more regular and artistic, but lost touch with the general life, being more and more regarded as a refined diversion of the scholar class. The text of selections 1-4 follows Braune’sNeudrucke, No. 1 and Nos. 189-192; for No. 5 see Tittmann’s edition inDeutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.

Wiewol ich mir von der Deutschen Poeterey, auff ersuchung vornemer Leute, vnd dann zue besserer fortpflantzung1vnserer sprachen,etwas auff zue setzen vorgenommen, bin ich doch solcher gedancken keines weges, das ich vermeine, man könne iemanden durch gewisse regeln vnd gesetze zu einem Poeten machen.. . .

Die worte vnd Syllaben in gewisse gesetze zue dringen, vnd verse zue schreiben ist das allerwenigste was in einem Poeten zue suchen ist. Er mussεὐφαντασιωτός,2von sinnreichen einfällen vnd erfindungensein, muss ein grosses vnverzagtes gemüte haben, muss hohe sachen bey sich erdencken können, soll anders3seine rede eine art kriegen, vnd von der erden empor steigen. Ferner so schaden auch dem gueten nahmen der Poeten nicht wenig die jenigen, welche mit jhrem vngestümen ersuchen auff alles was sie thun vnd vorhaben verse fodern. Es wird kein buch, keine hochzeit, kein begräbnüss ohn vns gemacht; vnd gleichsam als niemand köndte alleine sterben, gehen vnsere gedichte zuegleich mit jhnen vnter. Mann wil vns auff allen Schüsseln vnd kannen haben, wir stehen an wänden vnd steinen,4vnd wann einer ein Hauss ich weiss nicht wie an sich gebracht hat, so sollen wir es mit vnsern Versen wieder redlich machen. Dieser begehret ein Lied auff eines andern Weib, jenem hat von des nachbaren Magdt getrewrnet, einen andern hat die vermeinte Bulschafft ein mal freundtlich angelacht, oder, wie dieser Leute gebrauch ist, viel mehr aussgelacht; ja des närrischen ansuchens ist kein ende. Müssen wir also entweder durch abschlagen jhre feindschafft erwarten, oder durch willfahren den würden der Poesie einen mercklichen abbruch thun. Denn ein Poete kan nicht schreiben wenn er will, sondern wenn er kann, vnd jhn die regung des Geistes, welchen Ovidius vnnd andere vom Himmel her zue kommen vermeinen, treibet.. . .

Vnd muss ich nur bey hiesiger gelegenheit ohne schew dieses errinnern, das ich es für eine verlorene arbeit halte, im fall sich jemand an vnsere deutsche Poeterey machen wolte, der, nebenst dem das er ein Poete von natur sein muss, in den griechischen vnd Lateinischen büchern nicht wol durchtrieben ist, vnd von jhnen den rechten grieff erlernet hat; das auch alle die lehren, welche sonsten zue der Poesie erfodert werden, vnd ich jetzund kürzlich berühren wil, bey jhm nichts verfangen können.. . .

Nachmals ist auch ein jeder verss entweder einiambicusodertrochaicus; nicht zwar das wir auff art der griechen vnnd lateiner eine gewisse grösse der sylben können inn acht nemen; sondern das wir aus den accenten vnnd dem thone erkennen, welche sylbe hoch vnnd welche niedrig gesetzt werden soll. Ein Jambus ist dieser:Erhalt vns Herr bey deinem Wort; der folgende ein Trocheus:Mitten wir im leben sind. Dann in dem ersten verse dieerste sylbe niedrig, die andere hoch, die dritte niedrig, die vierde hoch, vnd so fortan; in dem anderen verse die erste sylbe hoch, die andere niedrig, die dritte hoch, u.s.w. aussgesprochen werden. Wiewol nun meines wissens noch niemand, ich auch vor der zeit selber nicht, dieses genawe in acht genommen, scheinet es doch so hoch von nöthen zue sein, als hoch von nöthen ist, das die Lateiner nach denquantitatibusoder grössen der sylben jhre verse richten vnd reguliren.

1.Fortpflantzung=Verbesserung.2.Εὐφαντασιωτός, ‘very fanciful’; see Quintilian vi. 2, 30.3.Anders, ‘anywise.’4.Steinen=Türsteinen.

1.Fortpflantzung=Verbesserung.

2.Εὐφαντασιωτός, ‘very fanciful’; see Quintilian vi. 2, 30.

3.Anders, ‘anywise.’

4.Steinen=Türsteinen.

Ich empfinde fast ein grawen,

Das ich, Plato, für vnd für

Bin gesessen vber dir;

Es ist zeit hienauss zue schawen,

Vnd sich bey den frischen quellen

In dem grünen zue ergehen,

Wo die schönen Blumen stehen,

Vnd die Fischer netze stellen.

Worzue dienet das studieren,

Als zue lauter vngemach?

Vnter dessen laufft die Bach

Vnsers lebens das wir führen,

Ehe wir es innen werden,

Auff jhr letztes ende hin;

Dann kompt ohne geist vnd sinn

Dieses alles in die erden.

Hola, Junger, geh’ vnd frage

Wo der beste trunck mag sein;

Nim den Krug, vnd fülle Wein.

Alles trawren leidt vnd klage,

Wie wir Menschen täglich haben,

Eh vns Clotho fortgerafft,

Wil ich in den süssen safft

Den die traube giebt vergraben.

Kauffe gleichfalls auch Melonen,6

Vnd vergiss des Zuckers nicht;

Schawe nur das nichts gebricht.

Jener mag der heller schonen,

Der bey seinem Gold vnd Schätzen

Tolle sich zue krencken pflegt

Vnd nicht satt zue bette legt;

Ich wil weil ich kan mich letzen.

Bitte meine guete Brüder

Auff7die music vnd ein glass;

Nichts schickt, dünckt mich, nicht sich bass

Als guet tranck vad guete Lieder.

Lass ich gleich nicht viel zue erben,

Ey, so hab’ ich edlen Wein;

Wil mit andern lustig sein,

Muss ich gleich alleine sterben.

5.From thePoeterey, Ch. 5, where it is offered in elucidation of lyric poetry. It is a free rendering of Ronsard, II, 18.6.Melonen; the point is: Do not mind the expense. The muskmelon (cucumis melo) came from Italy and Southern France, and (with sugar!) was a luxury.7.Auff, withbitten, in the sense of ‘invite to.’

5.From thePoeterey, Ch. 5, where it is offered in elucidation of lyric poetry. It is a free rendering of Ronsard, II, 18.

6.Melonen; the point is: Do not mind the expense. The muskmelon (cucumis melo) came from Italy and Southern France, and (with sugar!) was a luxury.

7.Auff, withbitten, in the sense of ‘invite to.’

Mit Liebes Brunst behafftet sein,

Ist warlich eine schwere Pein;

Es ist kein Schmerz auff dieser Erdt,

Der recht mit jhm verglichen werdt:

Drumb will ich mich gantz embsiglich

Von dem Leyden allzeit scheiden,

Vnd die süsse Gifft vermeiden.

Auff dass nun nicht die schnöde Brunst

Mich lasse zu ihr tragen Gunst,

Soll Venus mich nicht treffen an

Auff jergendt einer Liebes Bahn;

Der Tugendt Weg ist ein schön Steg,

Darauff eben ich will schweben,

Vnd jhr gantz verpflichtet leben.

Recht vnd gar wol auch Pallas blieb

Allzeit befreyet von der Lieb,

Sie gab dem Fewer niemals raum,

Vnd hielte sich in stätem Zaum,

Auff grüner Heyd sie allezeit

Mit dem Hetzen sich thet letzen

Vnd frey aller Sorg ergetzen.

Ich will ins künfftig fleissig auch

Nachfolgen dieser Göttin Brauch,

Denn Venus ist die gröste Last,

Cupido ist ein schädlich Gast.

Wen er einmal nur bringt zu fall,

Muss verderben, offt auch sterben,

Vnd für Frewden schmertz ererben.

Also belohnt er alle doch,

Die sich ergeben seinem Joch;

Vnd diss bedenck ich offt vnd viel,

Es mag lieb haben wer da will,

Ich bleibe meine Zeit allein.

Offt nach schertzen kommen schmertzen,

Wohl dem der das thut beherzen.

Ihr Honigvögelein, die jhr von den Violen

Und Rosen abgemeit den wundersüssen Safft,

Die jhr dem grünen Klee entzogen seine Krafft,

Die jhr das schöne Feldt so offt vnd viel bestohlen,

Ihr Feldteinwohnerin, was wollet jhr doch holen

Das, so euch noch zur Zeit hat wenig nutz geschafft,

Weil jhr mit Dienstbarkeit dess Menschen seit behafft,

Vnd jhnen mehrentheils das Honig müsset Zollen?

Kompt, kompt zu meinem Lieb, auff jhren Rosenmundt,

Der mir mein kranckes Herz gantz inniglich verwundt,

Da sollt jhr Himmelspeiss vnd vberflüssig brechen.

Wann aber jemandt ja sich vnderstehen kundt

Ihr vbel anzuthun, dem sollet jhr zur stundt

Für Honig Galle sein, vnd jhn zu tode stechen.

Wie manche schöne Stadt,Die sonst das ganze Land durch Pracht gezieret hat,Ist jetzund Asch und Staub! Die Mauren sind verheeret,Die Kirchen hingelegt, die Häuser umgekehret.5Wie wann ein starker Fluss, der unversehens kömt,Die frische Saate stürzt, die Äcker mit sich nimt,Die Wälder niederreisst, läuft ausser seinen Wegen,So hat man auch den Plitz und schwefelichte RegenDurch der Geschütze Schlund mit grimmiger Gewalt,10Dass alles Land umher erzittert und erschallt,Gesehen mit der Luft hin in die Städte fliegen.Des Rauches Wolken sind den Wolken gleich gestiegen,Der Feuer-Flocken See hat alles überdecktUnd auch den wilden Feind im Läger selbst erschreckt.15Das harte Pflaster hat geglühet und gehitzet,Die Thürme selbst gewankt, das Erz darauf geschwitzet;Viel Menschen, die der Schar der Kugeln sind entrant,Sind mitten in die Glut gerathen und verbrant,Sind durch den Dampf erstickt, verfallen durch die Wände20Was übrig blieben ist, ist kommen in die HändeDer argsten Wütherei, so, seit die Welt erbautVon Gott gestanden ist, die Sonne hat geschaut.Der Alten graues Haar, der jungen Leute Weinen,Das Klagen, Ach und Weh der Grossen und der Kleinen,25Das Schreien in gemein von Reich und Arm geführt,Hat diese Bestien im minsten nicht gerührt.Hier half kein Adel nicht, hier ward kein Stand geachtet,Sie musten alle fort, sie wurden hingeschlachtet,Wie wann ein grimmer Wolf, der in den Schafstall reisst,30Ohn allen Unterschied die Lämmer niederbeisst.Der Mann hat müssen sehn sein Ehebette schwächen,Der Töchter Ehrenblüt’ in seinen Augen brechen,Und sie, wann die Begier nicht weiter ist entbrant,Unmenschlich untergehn durch ihres Schänders Hand.

Wie manche schöne Stadt,

Die sonst das ganze Land durch Pracht gezieret hat,

Ist jetzund Asch und Staub! Die Mauren sind verheeret,

Die Kirchen hingelegt, die Häuser umgekehret.

Wie wann ein starker Fluss, der unversehens kömt,

Die frische Saate stürzt, die Äcker mit sich nimt,

Die Wälder niederreisst, läuft ausser seinen Wegen,

So hat man auch den Plitz und schwefelichte Regen

Durch der Geschütze Schlund mit grimmiger Gewalt,

Dass alles Land umher erzittert und erschallt,

Gesehen mit der Luft hin in die Städte fliegen.

Des Rauches Wolken sind den Wolken gleich gestiegen,

Der Feuer-Flocken See hat alles überdeckt

Und auch den wilden Feind im Läger selbst erschreckt.

Das harte Pflaster hat geglühet und gehitzet,

Die Thürme selbst gewankt, das Erz darauf geschwitzet;

Viel Menschen, die der Schar der Kugeln sind entrant,

Sind mitten in die Glut gerathen und verbrant,

Sind durch den Dampf erstickt, verfallen durch die Wände

Was übrig blieben ist, ist kommen in die Hände

Der argsten Wütherei, so, seit die Welt erbaut

Von Gott gestanden ist, die Sonne hat geschaut.

Der Alten graues Haar, der jungen Leute Weinen,

Das Klagen, Ach und Weh der Grossen und der Kleinen,

Das Schreien in gemein von Reich und Arm geführt,

Hat diese Bestien im minsten nicht gerührt.

Hier half kein Adel nicht, hier ward kein Stand geachtet,

Sie musten alle fort, sie wurden hingeschlachtet,

Wie wann ein grimmer Wolf, der in den Schafstall reisst,

Ohn allen Unterschied die Lämmer niederbeisst.

Der Mann hat müssen sehn sein Ehebette schwächen,

Der Töchter Ehrenblüt’ in seinen Augen brechen,

Und sie, wann die Begier nicht weiter ist entbrant,

Unmenschlich untergehn durch ihres Schänders Hand.

1609-1640. Fleming was a gifted lyric poet of the Opitzian era. A Saxon by birth, he studied medicine at Leipzig, where he learned to admire Opitz. Five years of his short life were spent in connection with an embassy of the Duke of Holstein to Russia and Persia. His best work is found in the poems, more especially the sonnets, which he wrote during this long absence from the fatherland. The selections follow Tittmann’s edition inDeutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.

Lass der Zeit nur ihren Willen

Und vergönn’ ihr ihren Lauf;

Sie wird sich selbst müssen stillen,

Wenn wir nichts nicht geben drauf.

Meistes Elend wird verschmerzet,

Wenn mans nicht zu sehr beherzet.

Ist es heute trübes Wetter,

Morgen wird es heiter sein;

Stimmen doch die grossen Götter

Stets an Lust nicht überein.

Und wer weiss, wie lang er bleibet,

Der uns itzo so vertreibet.1

Ob die Sonne gehet nieder

Und den Erdkreiss traurig macht,

Doch so kömt sie fröhlich wieder

Nach der überstandnen Nacht.

Herrschen itzund Frost und Winde,

Balde wird es sein gelinde.

Unterdessen sei der Deine,

Brich nicht ab der ersten Kost2;

Labe dich mit altem Weine

Und versuch den jungen Most.

Lass uns einen Rausch noch kaufen,

Ehe denn wir müssen laufen.

1.Lines 11-12 allude, probably, to the occupation of Leipzig by imperial troops in 1632.2.Der ersten Kost, ‘your previous fare.’Abbrechenwith dative =Abbruch tun, verkürzen, vermindern.

1.Lines 11-12 allude, probably, to the occupation of Leipzig by imperial troops in 1632.

2.Der ersten Kost, ‘your previous fare.’Abbrechenwith dative =Abbruch tun, verkürzen, vermindern.

Ist mein Glücke gleich gesonnen,

Mich zu führen weit von dir,

O du Sonne meiner Wonnen,

So verbleibst du doch in mir.

Du in mir und ich in dir

Sind beisammen für und für.

Künftig werd’ ich ganz nicht scheuen,

Kaspis, deine fremde Flut,

Und die öden Wüsteneien,

Da man nichts als fürchten thut.

Auch das Wilde macht mir zahm,

Liebste, dein gelobter Nam’.

Überstehe diese Stunden,

Schwester, und sei unverwant.

Ich verbleibe dir verbunden,

Und du bist mein festes Band.

Meines Herzens Trost bist du,

Und mein Herze selbst darzu.

Ihr, ihr Träume, solt indessen,

Unter uns das Beste thun.

Kein Schlaf, der sol ihr vergessen,

Ohne mich sol sie nicht ruhn,

Dass die süsse Nacht ersetzt,

Was der trübe Tag verletzt.

Lebe, meines Lebens Leben,

Stirb nicht, meines Todes Tod,

Dass wir uns uns wiedergeben,

Abgethan von aller Noth.

Sei gegrüsst, bald Trost, itzt Qual,

Tausend, tausend, tausendmal!

3.While sojourning in Reval, on his way to Asia, Fleming fell in love with Elsabe Niehusen, but later transferred his affections to her sister Anna. Basilene is one of several poetic names for Elsabe.

3.While sojourning in Reval, on his way to Asia, Fleming fell in love with Elsabe Niehusen, but later transferred his affections to her sister Anna. Basilene is one of several poetic names for Elsabe.

Des Donners wilder Plitz schlug von sich manchen Stoss,

Das feige Volk stund blass, das scheuche Wild erzittert’

Vom Schmettern dieses Knalls. Die Erde ward erschüttert.

Mein Fuss sank unter sich, der Grund war bodenlos.

Die Gruft, die fiel ihr nach,5schlung mich in ihren Schoss.

Ich gab mich in die See, in der es grausam wittert’

Der Sturm flog klippenhoch. Mein Schiff, das ward gesplittert,

Ward leck, ward Anker6quit, ward Mast6und Segel6bloss.

Vor, um und hinter mir war nichts als eine Noth;

Von oben Untergang, von unten auf der Tod,

Es war kein Muttermensch, der mit mir hatt’ Erbarmen.

Ich aber war mir gleich, zum Leben frisch und froh,

Zum Sterben auch nicht faul auf7wenn und wie und wo,

Denn mein Erlöser trug mich allzeit auf den Armen.

4.The sonnet is reminiscent of a shipwreck in the Caspian Sea, November 15, 1636; the title from St. Augustine’sinter brachia salvatoris mei et vivere volo et mori cupio.5.Fiel ihr nach, ‘gave way’ (ihrreflexive).6.Anker, Mast, Segel; all genitive.7.Faul auf, ‘hesitating over.’

4.The sonnet is reminiscent of a shipwreck in the Caspian Sea, November 15, 1636; the title from St. Augustine’sinter brachia salvatoris mei et vivere volo et mori cupio.

5.Fiel ihr nach, ‘gave way’ (ihrreflexive).

6.Anker, Mast, Segel; all genitive.

7.Faul auf, ‘hesitating over.’

So zeuch auch du denn hin in dein Elyserfeld,

Du Pindar, du Homer, du Maro unsrer Zeiten,

Und untermenge dich mit diesen grossen Leuten,

Die ganz in deinen Geist sich hatten hier verstellt.

Zeuch jenen Helden zu, du jenen gleicher Held,

Der itzt nichts Gleiches hat, du Herzog deutscher Seiten,

O Erbe durch dich selbst der steten Ewigkeiten,

O ewiglicher Schatz und auch Verlust der Welt!

Germanie ist tod, die herrliche, die freie,

Ein Grab verdecket sie und ihre ganze Treue.

Die Mutter, die ist hin, hier liegt nun auch ihr Sohn,

Ihr Recher und sein Arm. Lasst, lasst nur alles bleiben,

Ihr, die ihr übrig seid, und macht euch nur davon,

Die Welt hat wahrlich mehr nichts Würdigs zu beschreiben.

An eminent writer of reflective, critical, and epigrammatic verse (1604-1655). He was born in Silesia and spent the most of his life at Brieg, where he was sometime ducal councillor. In 1654 he publishedSalomon von Golaws deutscher Sinngetichte drei Tausend, the name Golaw being a disguise of Logau. They vary in length from a couplet to a hundred lines or more, and disclose in the aggregate a virile and interesting personality. The text follows Eitner’s edition inDeutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.

Weistu, was in dieser Welt

Mir am meisten wolgefällt?

Dass die Zeit sich selbst verzehret,

Und die Welt nicht ewig währet.

Die Alten konnten fröhlich singen

Von tapfern deutschen Heldensdingen,

Die ihre Väter ausgeübet:

Wo Gott noch uns ja Kinder gibet,

Die werden unsser Zeit Beginnen

Beheulen, nicht besingen können.

Leichter träget, was er träget,

Wer Geduld zur Bürde leget.

Hoher Stamm und alte Väter

Machen wohl ein gross Geschrei;

Moses aber ist Verräther,

Dass dein Ursprung Erde sei.

KeinCorpus jurisdarf13man nicht,

Wo Gunst und Ungunst Urtel spricht.

1.darf=bedarf.

1.darf=bedarf.

Deutschland gab fünf Millionen,

Schweden reichlich zu belohnen,

Dass sie uns zu Bettlern machten,

Weil sie hoch dies Mühen achten.

Nun sie sich zur Ruh gegeben

Und von Unsrem dennoch leben,

Muss man doch bei vielen Malen

Höher noch die Ruh bezahlen.

2.The Treaty of Westfalia gave the Swedes a war indemnity of 5,000,000 talers, but they afterwards demanded and received 200,000 more.

2.The Treaty of Westfalia gave the Swedes a war indemnity of 5,000,000 talers, but they afterwards demanded and received 200,000 more.

Luthrisch, Päbstisch und Calvinisch—diese Glauben alle drei

Sind vorhanden; doch ist Zweifel, wo das Christentum dann sei.

Ein Mühlstein und ein Menschenherz wird stets herumgetrieben;

Wo beides nicht zu reiben hat, wird beides selbst zerrieben.

Wer einen Aal beim Schwanz und Weiber fasst bei Worten,

Wie feste der gleich hält, hat nichts an beiden Orten.

Dass ein Esel hat gespracht, warum wundert man sich doch?

Geh aufs Dorf, geh auf den Markt: o sie reden heute noch.

Deutsche mühen sich jetzt hoch, deutsch zu reden fein und rein;

Wer von Herzen redet deutsch, wird der beste Deutsche sein.

Gottes Mühlen mahlen langsam, mahlen aber trefflich klein;

Ob aus Langmuth er sich säumet, bringt mit Schärf’ er alles ein.

Narrenkappen sam3den Schellen, wenn ich ein Franzose wär’,

Wollt’ ich tragen; denn die Deutschen gingen stracks wie ich so her.

3.Sam=zusammen mit.

3.Sam=zusammen mit.

Der Papst der will durchThun, Calvin wil durchVerstehn,

In den Himmel aber wil durchGlaubenLuther gehn.

Juristen, Ärzte, Prediger sind alle drei beflissen,

Die Leute zu purgieren4wol am Säckel, Leib, Gewissen.

4.Purgieren, ‘purge,’ ‘clean out.’

4.Purgieren, ‘purge,’ ‘clean out.’

Dass aus Menschen werden Wölfe,5bringt zu glauben nicht Beschwerden;

Siht man nicht, dass aus den Deutschen dieser Zeit Franzosen werden?

5.Wölfe, in allusion to the superstition of the man-wolf (werewolf, lycanthropus).

5.Wölfe, in allusion to the superstition of the man-wolf (werewolf, lycanthropus).

Ist Glücke wo und was, so halt’ ich mir für Glücke,

Wann ich mein eigen bin, dass ich kein dienstbar Ohr

Um weg verkaufte Pflicht6darf recken hoch empor

Und horchen auf Befehl. Dass mich der Neid berücke,

Da bin ich sorgenlos. Die schmale Stürzebrücke,7

Darauf nach Gunst man zeucht, die bringt mir nicht Gefahr;

Ich stehe, wo ich steh’, und bleibe, wo ich war.

Der Ehre scheinlich8Gift, des Hofes Meisterstücke,

Was gehen die mich an? Gut, dass mir das Vergnügen

Für grosse Würde gilt; mir ist ja noch so wol,

Als dem der Wanst zerschwillt,9die weil er Hoffahrt voll.

Wer biegen sich nicht kan, bleibt, wann er fället, liegen.

Nach Purpur tracht’ ich nicht; ich nehme weit dafür,10

Wann Gott ich leben kan, dem Nächsten und auch mir.

6.Um . . . Pflicht, ‘in venal service.’7.Stürzebrücke=Fallbrücke.8.Scheinlich, ‘glittering.’9.Zerschwillt=schwellend zerplatzt.10.Nehme dafür=ziehe vor.

6.Um . . . Pflicht, ‘in venal service.’

7.Stürzebrücke=Fallbrücke.

8.Scheinlich, ‘glittering.’

9.Zerschwillt=schwellend zerplatzt.

10.Nehme dafür=ziehe vor.

Glück zu, du ödes Feld; Glück zu, ihr wüsten Auen!

Die ich, wann ich euch seh’, mit Thränen muss bethauen,

Weil ihr nicht mehr seid ihr; so gar hat euren Stand

Der freche Mord-Gott Mars grundaus herumgewandt.

Seid aber doch gegrüsst; seid dennoch fürgesetzet

Dem allen, was die Stadt für schön und köstlich schätzet.

Ihr wart mir lieb, ihr seid, ihr bleibt mir lieb und werth;

Ich bin, ob ihr verkehrt,11noch dennoch nicht verkehrt.

Ich bin, der ich war vor. Ob ihr seid sehr vernichtet,

So bleib’ ich dennoch euch zu voller Gunst verpflichtet,

So lang ich ich kan sein; wann dann mein Sein vergeht,

Kans sein, dass Musa wo an meiner Stelle steht.12

Gehab dich wol, o Stadt! die du in deinen Zinnen

Hast meinen Leib gehabt, nicht aber meine Sinnen.

Gehab dich wol! mein Leib ist nun vom Kerker los;

Ich darf nun nicht mehr sein, wo mich zu sein verdross.

Ich habe dich, du mich, du süsse Vatererde!

Mein Feuer glänzt nun mehr auf meinem eignen Herde.

Ich geh’, ich steh’, ich sitz’, ich schlaf’, ich wach’ umbsunst.13

Was theuer mir dort war, das hab’ ich hier aus Gunst

Des Herrens der Natur, um “Habe-Dank” zu niessen

Und um gesunden Schweiss; darf nichts hingegen wissen

Von Vortel und Betrug, von Hinterlist und Neid,

Und wo man sonst sich durch schickt etwan in die Zeit.

Ich ess’ ein selig Brot, mit Schweiss zwar eingeteiget,

Doch das durch Bäckers Kunst und Hefen hoch nicht steiget,

Das zwar Gesichte14nicht, den Magen aber füllt

Und dient mehr, dass es nährt, als dass es Heller gilt.

Mein Trinken ist nicht falsch15; ich darf mir nicht gedenken,

Es sei gebrauen zwier,16vom Bräuer und vom Schänken.

Mir schmeckt der klare Saft; mir schmeckt das reine Nass,

Das ohne Keller frisch, das gut bleibt ohne Fass,

Drum nicht die Nymphen erst mit Ceres dürfen kämpfen,

Wer Meister drüber sei, das nichts bedarf zum Dämpfen,17

Weils keinen Schwefelrauch noch sonsten Einschlag hat,

Das ohne Geld steht feil, das keine frevle That

Hat den jemals gelehrt, der dran ihm liess genügen.

Der Krämer fruchtbar Schwur, und ihr geniesslich18Lügen

Hat nimmer Ernt’ um mich. Der vielgeplagte Lein,

Der muss, der kan mir auch anstatt der Seiden sein.

Bewegung ist mein Arzt. Die kräuterreichen Wälde

Sind Apotheks genug; Geld, Gold wächst auch im Felde,—

Was mangelt alsdenn mehr? Wer Gott zum Freunde hat

Und hat ein eignes Feld, fragt wenig nach der Stadt,

Der vortelhaften Stadt, da Nahrung zu gewinnen

Fast jeder muss auf List, auf Tück und Ränke sinnen.

Drum hab’ dich wol, o Stadt! wenn ich dich habe, Feld,

So hab’ ich Haus und Kost, Kleid, Ruh’, Gesundheit, Geld.

11.Verkehrt, ‘changed.’12.Dass . . . steht; ‘that some other muse than mine will praise you.’13.Umbsunst, ‘for nothing.’14.The bread does not look good, but is nourishing.15.Falsch, ‘diluted.’16.Zwier=zweimal.17.In allusion to the process of treating wine with sulphur—nominally to improve its taste and color.18.Geniesslich, ‘profitable.’

11.Verkehrt, ‘changed.’

12.Dass . . . steht; ‘that some other muse than mine will praise you.’

13.Umbsunst, ‘for nothing.’

14.The bread does not look good, but is nourishing.

15.Falsch, ‘diluted.’

16.Zwier=zweimal.

17.In allusion to the process of treating wine with sulphur—nominally to improve its taste and color.

18.Geniesslich, ‘profitable.’

1616-1664. Gryphius is the most important of the pseudo-classic dramatists, though his plays lacked the schooling of the stage. He was born in Glogau, Silesia, won early distinction as a scholar and poet, resided several years in Holland, France, and Italy, and finally settled down in his birthplace, which honored him with the office of town syndic. He wrote five original tragedies in alexandrine verse (always with a chorus of some kind), and several comedies, partly in verse and partly in prose. The selections follow Tittmann’s edition inDeutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.

1From the fourth act of ‘Murdered Majesty, or Carolus Stuardus’; King Charles I, about to face death on the scaffold, confers with his loyal friends, Colonel Thomlinson and Bishop Juxton.KarlFürst, aller Fürsten Fürst, den wir nun sterbend grüssen,Vor dem wir auf dem Knie das strenge Richtbeil küssen,Gib, was mein letzter Wunsch noch von dir bitten kan,Und stecke Karols Geist mit heilgem Eifer an.5Entzünde diss Gemüt, das sich ergetzt, zu tragenDie ehrenvolle Schmach, das sich beherzt, zu wagenFür unterdrückte Kirch, entzweigesprengte KronUnd hochverführtes Volk. Ihr, die von eurem ThronMein Mordgerüst beschaut, schaut, wie die Macht verschwinde,10Auf die ein König pocht; schaut, wie ich überwinde,Indem mein Scepter bricht. Die Erden stinkt uns an,Der Himmel ruft uns ein. Wer also scheiden kan,Verhöhnt den blassen Tod und trotzt dem Zwang der ZeitenUnd muss der Grüfte Recht1grossmüthig überschreiten,15Indem ein Unterthan sein eigen Mordrecht spinntUnd durch des Prinzen Fall unendlich Leid gewinnt,Das häufig schon erwacht; wer nach uns hier wird leben,Wird zwischen heisser Angst und Todesfurchten schweben,Indem sich Land auf Land und Stadt auf Stadt verhetzt,20Und Rathstuhl dem Altar und Tempel widersetzt,Und dieser den verdruckt, der jenen aus wil heben,2Und dem, der nach ihm schlägt, den letzten Hieb wil geben;Biss der, der wider uns den grimmen Schluss aussprach,Der unser Regiment mit frecher Faust zubrach,25Gepresst durch heisse Reu wird diesen Tag verfluchenUnd meine Tropfen Blut auf seiner Seelen suchen;Biss der, der sich erkühnt, mein sauber Herz zu schmähn,Von Blut und Thränen nass sich nach uns um wird sehn.Doch! wir bekränken3diss und bitten: Herr, verschone,30Lass nicht der Rache zu, dass sie dem Unrecht lohne,Das über uns geblitzt! Ihr König schilt sie frei.4Verstopf auch, Herr, dein Ohr vor ihrem Mordgeschrei.Was sagt uns Thomlinson?ThomlinsonPrinz Karl, die Blum der Helden,Wil ihrer Majestät die treue Pflichtschuld melden35Und schickt durch treue Leut’ aus Katten5diss Papier!KarlMein hochbetrübter Prinz, mein Sohn, wie fern von dir!Wie fern, wie fern von dir!JuxtonDer Höchste wird verbinden,Was dieser Tag zureisst. Mein Fürst wird ewig finden,Was Zeit und Unfall raubt.KarlRecht! Finden und in Gott40Und durch Gott wiedersehn, die ein betrübter BotMit keiner Antwortschrift mehr von uns wird erquicken.Ich muss die Trauerpost an Freund und Kinder schicken,Dass Karl itzund vergeh. Nein! Kan der untergehn,Der zu der Krone geht? Der feste6Karl wird stehn,45Wenn nun sein Körper fällt; der Glanz der Eitelkeiten,Der Erden leere Pracht, die strenge Noth der ZeitenUnd diss, was sterblich heisst, wird auf den Schauplatz7gehn;Was unser eigen ist, wird ewig mit uns stehn.Was hält uns weiter auf? Geh, Thomlinson, und schicke50Dem Prinzen seinen Brief so unversehrt zurücke,Als ihn die Faust empfing. Wir gehn die letzte Bahn!Unnöthig, dass ein Brief, durch schmerzenvollen Wahn,Durch jammerreiche Wort und neue SeelenhiebeUns aus geschöpfter Ruh erweck’ und mehr betrübe.Juxton55Gott, in dem alles ruht, vermehre diese Ruh!KarlEr thuts und spricht dem Geist mit starkem Beistand zu.JuxtonSein Beistand stärkt in Angst ein unbefleckt Gewissen.KarlDas, der unschuldig litt, wusch durch sein Blutvergiessen.JuxtonDer, was uns drückt, ertrug in letzter Sterbensnoth.Karl60Uns drückt, diss glaubt uns fest, nichts mehr als Straffords Tod.ThomlinsonDie Richter haben ihm die Halsstraf auferleget.KarlSein Unschuld hat den Blitz auf unser Haupt erreget.ThomlinsonDer König gab den Mann durch Macht gezwungen hin.KarlLernt nun, was dieser Zwang uns bringe vor Gewinn.Thomlinson65Der König must’ es thun, das tolle Volk zu stillen.KarlRecht so, seht wie das Volk dem König itzt zu Willen!ThomlinsonAls Wentworth um den Tod den König selber bat.KarlSeht, was der König itzt dadurch erhalten hat!ThomlinsonMan schloss für aller Heil auf eines Manns Verderben.Karl70Der8dieses schloss, ist hin, und wer nicht hin, wird sterben.ThomlinsonDem Urtheil fielen bei der Staats- und Kirchenrath.KarlVerblümt es, wie ihr wollt, es war ein arge That.JuxtonDer Höchste wird die That der langen Reu verzeihen.KarlEr wird von diesem Blut uns durch sein Blut befreien.75Auf, Geist! Die Bluttrompet, der harten Drommel Klang,Der Waffen Mordgeknirsch ruft zu dem letzten Gang.

Karl

Fürst, aller Fürsten Fürst, den wir nun sterbend grüssen,

Vor dem wir auf dem Knie das strenge Richtbeil küssen,

Gib, was mein letzter Wunsch noch von dir bitten kan,

Und stecke Karols Geist mit heilgem Eifer an.

Entzünde diss Gemüt, das sich ergetzt, zu tragen

Die ehrenvolle Schmach, das sich beherzt, zu wagen

Für unterdrückte Kirch, entzweigesprengte Kron

Und hochverführtes Volk. Ihr, die von eurem Thron

Mein Mordgerüst beschaut, schaut, wie die Macht verschwinde,

Auf die ein König pocht; schaut, wie ich überwinde,

Indem mein Scepter bricht. Die Erden stinkt uns an,

Der Himmel ruft uns ein. Wer also scheiden kan,

Verhöhnt den blassen Tod und trotzt dem Zwang der Zeiten

Und muss der Grüfte Recht1grossmüthig überschreiten,

Indem ein Unterthan sein eigen Mordrecht spinnt

Und durch des Prinzen Fall unendlich Leid gewinnt,

Das häufig schon erwacht; wer nach uns hier wird leben,

Wird zwischen heisser Angst und Todesfurchten schweben,

Indem sich Land auf Land und Stadt auf Stadt verhetzt,

Und Rathstuhl dem Altar und Tempel widersetzt,

Und dieser den verdruckt, der jenen aus wil heben,2

Und dem, der nach ihm schlägt, den letzten Hieb wil geben;

Biss der, der wider uns den grimmen Schluss aussprach,

Der unser Regiment mit frecher Faust zubrach,

Gepresst durch heisse Reu wird diesen Tag verfluchen

Und meine Tropfen Blut auf seiner Seelen suchen;

Biss der, der sich erkühnt, mein sauber Herz zu schmähn,

Von Blut und Thränen nass sich nach uns um wird sehn.

Doch! wir bekränken3diss und bitten: Herr, verschone,

Lass nicht der Rache zu, dass sie dem Unrecht lohne,

Das über uns geblitzt! Ihr König schilt sie frei.4

Verstopf auch, Herr, dein Ohr vor ihrem Mordgeschrei.

Was sagt uns Thomlinson?

Thomlinson

Prinz Karl, die Blum der Helden,

Wil ihrer Majestät die treue Pflichtschuld melden

Und schickt durch treue Leut’ aus Katten5diss Papier!

Karl

Mein hochbetrübter Prinz, mein Sohn, wie fern von dir!

Wie fern, wie fern von dir!

Juxton

Der Höchste wird verbinden,

Was dieser Tag zureisst. Mein Fürst wird ewig finden,

Was Zeit und Unfall raubt.

Karl

Recht! Finden und in Gott

Und durch Gott wiedersehn, die ein betrübter Bot

Mit keiner Antwortschrift mehr von uns wird erquicken.

Ich muss die Trauerpost an Freund und Kinder schicken,

Dass Karl itzund vergeh. Nein! Kan der untergehn,

Der zu der Krone geht? Der feste6Karl wird stehn,

Wenn nun sein Körper fällt; der Glanz der Eitelkeiten,

Der Erden leere Pracht, die strenge Noth der Zeiten

Und diss, was sterblich heisst, wird auf den Schauplatz7gehn;

Was unser eigen ist, wird ewig mit uns stehn.

Was hält uns weiter auf? Geh, Thomlinson, und schicke

Dem Prinzen seinen Brief so unversehrt zurücke,

Als ihn die Faust empfing. Wir gehn die letzte Bahn!

Unnöthig, dass ein Brief, durch schmerzenvollen Wahn,

Durch jammerreiche Wort und neue Seelenhiebe

Uns aus geschöpfter Ruh erweck’ und mehr betrübe.

Juxton

Gott, in dem alles ruht, vermehre diese Ruh!

Karl

Er thuts und spricht dem Geist mit starkem Beistand zu.

Juxton

Sein Beistand stärkt in Angst ein unbefleckt Gewissen.

Karl

Das, der unschuldig litt, wusch durch sein Blutvergiessen.

Juxton

Der, was uns drückt, ertrug in letzter Sterbensnoth.

Karl

Uns drückt, diss glaubt uns fest, nichts mehr als Straffords Tod.

Thomlinson

Die Richter haben ihm die Halsstraf auferleget.

Karl

Sein Unschuld hat den Blitz auf unser Haupt erreget.

Thomlinson

Der König gab den Mann durch Macht gezwungen hin.

Karl

Lernt nun, was dieser Zwang uns bringe vor Gewinn.

Thomlinson

Der König must’ es thun, das tolle Volk zu stillen.

Karl

Recht so, seht wie das Volk dem König itzt zu Willen!

Thomlinson

Als Wentworth um den Tod den König selber bat.

Karl

Seht, was der König itzt dadurch erhalten hat!

Thomlinson

Man schloss für aller Heil auf eines Manns Verderben.

Karl

Der8dieses schloss, ist hin, und wer nicht hin, wird sterben.

Thomlinson

Dem Urtheil fielen bei der Staats- und Kirchenrath.

Karl

Verblümt es, wie ihr wollt, es war ein arge That.

Juxton

Der Höchste wird die That der langen Reu verzeihen.

Karl

Er wird von diesem Blut uns durch sein Blut befreien.

Auf, Geist! Die Bluttrompet, der harten Drommel Klang,

Der Waffen Mordgeknirsch ruft zu dem letzten Gang.

1.Recht; in the sense of ‘limit of jurisdiction,’ ‘boundary.’2.Ausheben=aus dem Sattel heben, stürzen.3.Bekränken=beklagen.4.Schilt . . . frei, ‘exonerates them.’5.Katten= Holland.6.Feste, ‘substantial,’ ‘real.’7.Schauplatz =Richtplatz.8.Der; the allusion is to John Pym, under whose leadership of the Commons the Earl of Strafford (Thomas Wentworth) was executed in 1641. Pym himself died in 1643.

1.Recht; in the sense of ‘limit of jurisdiction,’ ‘boundary.’

2.Ausheben=aus dem Sattel heben, stürzen.

3.Bekränken=beklagen.

4.Schilt . . . frei, ‘exonerates them.’

5.Katten= Holland.

6.Feste, ‘substantial,’ ‘real.’

7.Schauplatz =Richtplatz.

8.Der; the allusion is to John Pym, under whose leadership of the Commons the Earl of Strafford (Thomas Wentworth) was executed in 1641. Pym himself died in 1643.

Horrib.Und wenn du mir biss in den Himmel entwichest und schon auf dem lincken Fuss des grossen Bären sässest, so wolte ich dich doch mit dem rechten Spornleder erwischen und mit zweien Fingern in den Berg Ætna werfen.Daradir.Gardez-vous, follâtreau!9Meinest du, dass ich vor dir gewichen? Und wenn du des grossen Carols Bruder, der grosse Roland selbst, und mehr Thaten verrichtet hättest als Scanderbek, ja in die Haut von Tamerlanes gekrochen werest, soltest du mir doch keine Furcht einjagen.9.Gardez-vous(-en), follâtreau(fromfolâtre) ‘take care, nincompoop.’Horrib.Ich? Ich will dir keine Furcht einjagen, sondern dich in zwei und siebentzigmal hundert tausend Stücke zersplittern, dass du in einer See von deinem eigenen Blut ersticken sollest.Io ho vinto l’inferno e tutti i diavoli.10Daradir.Ich will mehr Stücker von dir hauen, als Sternen itzund an dem Himmel stehen, und wil dich also tractiren, dass das Blut von dir fliessen sol, biss die oberste Spitze des Kirchthurms darinnen versunken.10.Io ho . . . diavoli, ‘I have vanquished hell and all the devils.’Horrib.Per non lasciar piu altre passar questa superba arroganza,11wil ich die ganze Belägerung von Troja mit dir spielen.Daradir.Und ich die Zerstörung von Constantinopel.11.Per . . . arroganza, ‘to prevent this arrogant conceit from going further.’Horrib.Io spiro morte e furore,12doch lasse ich dir noch so viel Zeit: befihle deine Seele Gott und bete ein Vaterunser!12.Io . . . furore, ‘I breathe death and fury.’Daradir.Sprich einen englischen Gruss13und hiermit stirb.Horrib.Du wirst zum wenigsten diereputationin deinem Tode haben, dass du von dessen unüberwindlichen Faust gestorben, der den König in Schweden niedergeschossen.Daradir.Tröste dich mit dem, dass du durch dessen Hand hingerichtet wirst, der dem Tilly und Pappenheim den Rest gegeben.Horrib.So hab ich mein Schwerd ausgezogen in der Schlacht vor Lützen.13.Sprich . . . Gruss, ‘pray an Angelus’ (angel’s greeting, Luke i, 28),i.e.‘attend to your devotions.’Daradir.Morbleu, me voila en colère! Mort de ma vie! je suis fâché par ma foi.14So hab ich zur Wehre gegriffen in dem Treffen vor Nördlingen.Horrib.Eine solche Positur machte ich in der letzten Niederlage vor Leipzig.Daradir.So lief ich in den Wallgraben, als man Glogau hat einbekommen.14.Morbleu . . . foi, ‘Zounds! Behold me in a rage! Death and destruction! Faith, but I am angry.’Horrib.Ha! ha! ist er nichtquesto capitano,15mit dem ich Kugeln wechselte bei der Gula?Daradir.O! Ist er nicht derjenige Signeur, mit dem ich Brüderschaft machte zu Schlichtigheim?15.Questo capitano, ‘that captain.’Horrib.Ha!mon signeur, mon frère!16Daradir.Ha!Fratello mio illustrissimo!17Horrib.Behüte Gott, welch ein Unglück hätte bald geschehen sollen!16.Mon . . . frère, ‘my dear sir, my brother.’17.Fratello . . . illustrissimo, ‘most renowned brother.’Daradir.Welch ein Blutvergiessen,massacre et strage,18wenn wir einander nicht erkennet hätten!18.Massacre et strage, ‘slaughter and carnage.’Horrib.Magnifici et cortesi heroi19können leicht unwissend zusammen gerathen.19.Magnifici . . . heroi, ‘magnificent and gentlemanly heroes.’Daradir.Les beaux esprits20lernen einander durch dergleichenrencontre21erkennen.[Dionysius22tritt auf.]Dionys.Welche Bärenhäuter rasen hier für unsern Thüren? Wisset ihr Holunken nicht, dass man des Herren Statthalters Pallast anders zu respectiren pfleget? Trollet euch von hier, oder ich lege euch beiden einen frischen Prügel um die Ohren!20.Les beaux esprits, ‘fine spirits.’21.Rencontre, ‘meeting(s).’22.Dionysius is the servant of the governor, Cleander, before whose palace the captains have been brawling.Horrib.Io rimango petrificato dalla meraviglia.23Sol Capitain Horribilicribrifax diss leiden?Daradir.Sol Capitain von Donnerkeil sich also despectiren lassen?23.Io . . . meraviglia, ‘I am petrified with amazement.’Horrib.Io mi levo il pugnale dal lato,24der Herr Bruder leide es nicht!24.Io . . . lato, ‘I take my sword from my side.’Daradir.Me voila,25der Herr Bruder greiffe zu der Wehre, ich folge.25.Me voila, ‘here I am.’Horrib.Comminciate di gratia.26Ich lasse dem Herren Bruder die Ehre des ersten Angriffs.26.Comminciate di gratia, ‘begin, please.’Daradir.Mein Herr Bruder, ich verdiene die Ehre nicht, et gehe voran.C’est trop discourir. Commencez.2727.C’est . . . commencez, ‘there’s too much talking; begin!’Horrib.Ei, der Herr Bruder fahre fort, er lasse sich nicht auffhalten.La necessità vuole.28Dionys.Heran, ihr Ertzberenhäuter, ich will euch die Haut sonder Seiffen und Balsam einschmieren.28.La . . . vuole, ‘necessity commands.’Horrib.Ha!Patrone mio, questa supercheria è molta ingiusta.29Daradir.O monsieur, bey dem Element, er sihet mich vor einen Unrechten an.29.Patrone . . . ingiusta, ‘my good sir, this violence is very unjust.’Horrib.Ei,signore mio gratioso,30ich bin Signor Horribilicribrifax.Dionys.(Nimmt beiden die Degen und schlägt sie darmit um die Köpfe.) Auffschneider, Lügner, Bärenhäuter, Bengel, Baurenschinder, Erznarren, Cujonen!3130.Signore . . . gratioso, ‘my gracious sir.’31.Cujonen, ‘scallywags.’Daradir.Ei, ei, monsieur,basta questo pour istesso,32es ist genung, der Kopf blutet mir.Horrib.Ei, ei, signor, ich wuste nicht, dass der Statthalter hier wohnete.Dionys.Packet euch, oder ich will euch also zurichten, dass man euch mit Mistwagen sol von dem Platze führen.32.Basta . . . istesso, ‘enough of that.’

Horrib.Und wenn du mir biss in den Himmel entwichest und schon auf dem lincken Fuss des grossen Bären sässest, so wolte ich dich doch mit dem rechten Spornleder erwischen und mit zweien Fingern in den Berg Ætna werfen.

Daradir.Gardez-vous, follâtreau!9Meinest du, dass ich vor dir gewichen? Und wenn du des grossen Carols Bruder, der grosse Roland selbst, und mehr Thaten verrichtet hättest als Scanderbek, ja in die Haut von Tamerlanes gekrochen werest, soltest du mir doch keine Furcht einjagen.

9.Gardez-vous(-en), follâtreau(fromfolâtre) ‘take care, nincompoop.’

Horrib.Ich? Ich will dir keine Furcht einjagen, sondern dich in zwei und siebentzigmal hundert tausend Stücke zersplittern, dass du in einer See von deinem eigenen Blut ersticken sollest.Io ho vinto l’inferno e tutti i diavoli.10

Daradir.Ich will mehr Stücker von dir hauen, als Sternen itzund an dem Himmel stehen, und wil dich also tractiren, dass das Blut von dir fliessen sol, biss die oberste Spitze des Kirchthurms darinnen versunken.

10.Io ho . . . diavoli, ‘I have vanquished hell and all the devils.’

Horrib.Per non lasciar piu altre passar questa superba arroganza,11wil ich die ganze Belägerung von Troja mit dir spielen.

Daradir.Und ich die Zerstörung von Constantinopel.

11.Per . . . arroganza, ‘to prevent this arrogant conceit from going further.’

Horrib.Io spiro morte e furore,12doch lasse ich dir noch so viel Zeit: befihle deine Seele Gott und bete ein Vaterunser!

12.Io . . . furore, ‘I breathe death and fury.’

Daradir.Sprich einen englischen Gruss13und hiermit stirb.

Horrib.Du wirst zum wenigsten diereputationin deinem Tode haben, dass du von dessen unüberwindlichen Faust gestorben, der den König in Schweden niedergeschossen.

Daradir.Tröste dich mit dem, dass du durch dessen Hand hingerichtet wirst, der dem Tilly und Pappenheim den Rest gegeben.

Horrib.So hab ich mein Schwerd ausgezogen in der Schlacht vor Lützen.

13.Sprich . . . Gruss, ‘pray an Angelus’ (angel’s greeting, Luke i, 28),i.e.‘attend to your devotions.’

Daradir.Morbleu, me voila en colère! Mort de ma vie! je suis fâché par ma foi.14So hab ich zur Wehre gegriffen in dem Treffen vor Nördlingen.

Horrib.Eine solche Positur machte ich in der letzten Niederlage vor Leipzig.

Daradir.So lief ich in den Wallgraben, als man Glogau hat einbekommen.

14.Morbleu . . . foi, ‘Zounds! Behold me in a rage! Death and destruction! Faith, but I am angry.’

Horrib.Ha! ha! ist er nichtquesto capitano,15mit dem ich Kugeln wechselte bei der Gula?

Daradir.O! Ist er nicht derjenige Signeur, mit dem ich Brüderschaft machte zu Schlichtigheim?

15.Questo capitano, ‘that captain.’

Horrib.Ha!mon signeur, mon frère!16

Daradir.Ha!Fratello mio illustrissimo!17

Horrib.Behüte Gott, welch ein Unglück hätte bald geschehen sollen!

16.Mon . . . frère, ‘my dear sir, my brother.’

17.Fratello . . . illustrissimo, ‘most renowned brother.’

Daradir.Welch ein Blutvergiessen,massacre et strage,18wenn wir einander nicht erkennet hätten!

18.Massacre et strage, ‘slaughter and carnage.’

Horrib.Magnifici et cortesi heroi19können leicht unwissend zusammen gerathen.

19.Magnifici . . . heroi, ‘magnificent and gentlemanly heroes.’

Daradir.Les beaux esprits20lernen einander durch dergleichenrencontre21erkennen.

[Dionysius22tritt auf.]

Dionys.Welche Bärenhäuter rasen hier für unsern Thüren? Wisset ihr Holunken nicht, dass man des Herren Statthalters Pallast anders zu respectiren pfleget? Trollet euch von hier, oder ich lege euch beiden einen frischen Prügel um die Ohren!

20.Les beaux esprits, ‘fine spirits.’

21.Rencontre, ‘meeting(s).’

22.Dionysius is the servant of the governor, Cleander, before whose palace the captains have been brawling.

Horrib.Io rimango petrificato dalla meraviglia.23Sol Capitain Horribilicribrifax diss leiden?

Daradir.Sol Capitain von Donnerkeil sich also despectiren lassen?

23.Io . . . meraviglia, ‘I am petrified with amazement.’

Horrib.Io mi levo il pugnale dal lato,24der Herr Bruder leide es nicht!

24.Io . . . lato, ‘I take my sword from my side.’

Daradir.Me voila,25der Herr Bruder greiffe zu der Wehre, ich folge.

25.Me voila, ‘here I am.’

Horrib.Comminciate di gratia.26Ich lasse dem Herren Bruder die Ehre des ersten Angriffs.

26.Comminciate di gratia, ‘begin, please.’

Daradir.Mein Herr Bruder, ich verdiene die Ehre nicht, et gehe voran.C’est trop discourir. Commencez.27

27.C’est . . . commencez, ‘there’s too much talking; begin!’

Horrib.Ei, der Herr Bruder fahre fort, er lasse sich nicht auffhalten.La necessità vuole.28

Dionys.Heran, ihr Ertzberenhäuter, ich will euch die Haut sonder Seiffen und Balsam einschmieren.

28.La . . . vuole, ‘necessity commands.’

Horrib.Ha!Patrone mio, questa supercheria è molta ingiusta.29

Daradir.O monsieur, bey dem Element, er sihet mich vor einen Unrechten an.

29.Patrone . . . ingiusta, ‘my good sir, this violence is very unjust.’

Horrib.Ei,signore mio gratioso,30ich bin Signor Horribilicribrifax.

Dionys.(Nimmt beiden die Degen und schlägt sie darmit um die Köpfe.) Auffschneider, Lügner, Bärenhäuter, Bengel, Baurenschinder, Erznarren, Cujonen!31

30.Signore . . . gratioso, ‘my gracious sir.’

31.Cujonen, ‘scallywags.’

Daradir.Ei, ei, monsieur,basta questo pour istesso,32es ist genung, der Kopf blutet mir.

Horrib.Ei, ei, signor, ich wuste nicht, dass der Statthalter hier wohnete.

Dionys.Packet euch, oder ich will euch also zurichten, dass man euch mit Mistwagen sol von dem Platze führen.

32.Basta . . . istesso, ‘enough of that.’

1605-1659. Dach was a Königsberg schoolmaster who won considerable repute as a writer of religious and occasional verse. He is the earliest Prussian poet of any importance. The second selection shows what he thought of Opitz. HisAnke van Tharau, though a wedding-song written by request (like many of Dach’s productions), is so fresh and hearty that Herder gave it a place among his folksongs. The text follows Oesterley’s edition in Kürschner’sNationalliteratur, Vol. 30.

Der Tag hat auch sein Ende,

Die Nacht ist wieder hier;

Drum heb ich Herz und Hände,

O Vater, auff zu dir

Und dancke deiner Treu,

Die mich gantz überschüttet,

Und für der Tiranney

Der Höllen mich behütet.

Dein Wort hat auch daneben

Mein kranckes Herz geheilt,

Mir reichlich Trost und Leben

In aller Noth ertheilt.

Für solche Liebesthat

Was soll ich dir erzeigen?

Was Erd und Himmel hat,

Das ist vorhin dein eigen.

Mein Herz sey dir geschencket,

Das richt, o Gott, dir zu,

Dass, was es nur gedencket,

Sey nichts, als einig du.

Entzeuch es dieser Welt,

Dass es aus diesen Tränen

In deiner Freuden Feld

Sich mög ohn Ablass sehnen.

Und da ich heut verübet,

Was gegen dein Geboth

Und deinen Geist betrübet,

Das sey vertilgt und todt

Durch Christi theures Blut,

Das mildiglich geflossen,

Als er es, mir zu guth,

Aus Liebe hat vergossen.

Und weil ich jetzt sol schlafen,

So lass mich sicher seyn

Durch deiner Aufsicht Waffen,

Schleuss deiner Huth mich ein!

Des Teufels Mord und List,

Der bösen Menschen Tücke

Und was sonst schädlich ist,

Treib, Herr, von mir zurücke!

Lass mich kein böses Ende

Betreten allermeist,

Denn ich in deine Hände

Befehle meinen Geist.

Ich bin zu aller Zeit

Dein Eigenthum und Erbe,

Es sey lieb oder leid,

Ich leb, Herr, oder sterbe.

Ist es unsrer Seiten Werck’

Je einmahl so wol gelungen,

Dass wir dir, o Königsbergk,

Etwas Gutes vorgesungen,

So vernimm auch diess dabey,

Wer desselben Stiffter sey.

Dieser Mann, durch welchen dir

Jetzt die Ehre wiederfähret,

Dass der Deutschen Preiss und Zier

Sämptlich bey dir eingekehret,

Opitz, den die gantze Welt

Für der Deutschen Wunder hält.

Ach, der Aussbund und Begriff

Aller hohen Kunst und Gaben,

Die der Alten Weissheit tieff

Ihrem Ertz hat eingegraben,

Und der lieben Vorfahrt2Handt

Uns so treulich zugesandt!

Man erschricket, wenn er nun

Seiner tieff-erforschten Sachen

Abgrund anhebt auffzuthun,

Und sein Geist beginnt zu wachen;

Wer alsdan ihn los sieht gehn,

Der sieht Welschlandt und Athen.

Orpheus giebt schon besser Kauff,3

Hört er dieses Mannes Seiten,

Unser Maro horchet auff,

Sagt: Was sol mir das bedeuten?

Wird der Weisen Lieder-Ruhm

Nun der Deutschen Eigenthum?

Ja, Herr Opitz, eurer Kunst

Mages Deutschland einig dancken,

Dass der fremden Sprachen Gunst

Mercklich schon beginnt zu wancken,

Und man nunmehr ins gemein

Lieber deutsch begehrt zu sein.

Wer hat eurer süssen Handt

Diesen Nachdruck mitgegeben,

Dass das gantze Norden-Landt,

Wenn ihr schlagt, sich muss erheben,

Und so mancher edler Geist

Euch zu folgen sich befleist?

Last den stoltzen Thracer-Fluss

Nicht so trotzig sich ergiessen,

Und den edlen Mincius

Was bescheidentlicher fliessen:

Eures Bobers kleine Fluth

Nimmt doch allen nun den Muth.

Wol euch, Herr! Was für ein Lohn

Hat sich hie mit eingedinget,

Dass von hie ab euer Ton

Bis in jenes Leben dringet,

Dessen Nachklangk aller Zeit

Und Vergängnüss sich befreyt?

Hie kunt’ eure Jugend zwar

Schon den Lorbeer-Krantz erjagen,

Aber dort wird euer Haar

Erst der Ehren Krohne tragen,

Die euch David gern gesteht,

Weil ihr seinen Fusspfad geht.

Doch wird auch des Pregels Randt,

Weil er ist, von euch nicht schweigen;

Was von uns hie wird bekant,

Was wir singen oder geigen,

Unser Nahme, Lust und Ruh’

Stehet euch, Herr Opitz, zu.


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