Chapter 2

I. THE LAY OF HILDEBRANDThe only surviving remnant, in the German language, of the ancient heroic poetry cultivated by the Germanic tribes prior to their Christianization. The precious fragment consists of 69 alliterating verses, which are preserved in a Kassel manuscript of the 8th or 9th century. The language shows a mixture of Low and High German, there are gaps in the text, the meaning of several words is doubtful, and the versification is here and there defective. All this, which some account for by supposing that the manuscript was copied from a version which had been written down from memory and not perfectly recalled, makes translation difficult and uncertain. The poetic version here given is that found in Bötticher and Kinzel’sDenkmäler der älteren deutschen Literatur, 9th edition, 1905, which in the main follows Müllenhoff’s text and theories with regard to gaps, transpositions, etc. For a careful prose version by a very competent scholar see Kögel’sGeschichte der deutschen Literatur, I,I, 212.Das hört’ ich sagen . . .Dass zwei Kämpfer allein     sich kamen entgegen,Hildebrand und Hadubrand,     zwischen zwei Heeren.Sohn und Vater     besorgten ihre Rüstung,5Bereiteten ihr Schlachtkleid,     die Schwerter fest sie gürteten,Die Recken über die Ringe;1dann ritten sie zum Kampfe.Hildebrand erhob das Wort;     er war der hehrere2Mann,In der Welt erfahrener.     Zu fragen begann erMit wenigen Worten,     wer sein Vater wäre10Von den Helden im Volke . . .. . . “oder welcher Herkunft bist du?So du mir einen nennst,     die andern weiss ich mir,Kind, im Königreiche:     kund sind mir alle Geschlechter.”Hadubrand erhob das Wort,     Hildebrands Sohn:15“Das sagten längst mir     unsere Leute,Alte und weise,     die früher waren,Dass Hildebrand hiess mein Vater;     ich heisse Hadubrand . . .3Vorlängst zog er ostwärts,     Otakers Zorn floh er,Hin mit Dietrich     und seiner Degen vielen.20Er liess elend     im Lande sitzenDas Weib in der Wohnung,     unerwachsen den Knaben,Des Erbes beraubt,     da ostwärts er hinritt.Dem mächtigen Otaker     war er masslos erzürnt,Der beste der Degen     war er bei Dietrich;25Seitdem entbehrte     Dietrich den Beistand—Er war so freundlos4—     meines Vaters:Der war dem Volke voran stets;     fechten war immer ihm lieb.Kund war er manchen     kühnen Mannen.Nicht wähne ich mehr,     dass er wandelt auf Erden.”30Hildebrand erhob das Wort,     Heribrands Sohn:“Das wisse Allvater     oben im Himmel,Dass nimmer du Worte     bis heute gewechseltMit so nah gesipptem Mann.” . . .Da wand er vom Arme     gewundene Ringe,35Aus Kaisermünzen5gemacht,     wie der König sie ihm gab,Der Herrscher der Hunnen:     “Dass ich um Huld dir’s gebe!”Hadubrand erhob das Wort,     Hildebrands Sohn:“Mit dem Ger soll man     Gabe empfahen,6Spitze wider Spitze.     Ein Späher bist du,40Alter Hunne,     (heimlich)7lockst du michMit deinen Worten,     willst mit dem Speer mich werfen,Bist worden so alt     nur immer Trug sinnend.Das sagten mir Leute,     die zur See gefahrenWestwärts über den Wendelsee:8Hinweg nahm der Krieg ihn,45Tot ist Hildebrand,     Heribrands Sohn.”Hildebrand erhob das Wort,     Heribrands Sohn: . . .9“Wohl hör’ ich’s und seh’ es     an deinem Harnisch,Dass du daheim hast     einen Herrn so gut,Dass unter diesem Fürsten     du flüchtig nie wurdest.” . . .50“Weh nun, waltender Gott,     Wehgeschick erfüllt sich!Ich wallte der Sommer     und Winter sechzig,Da stets man mich scharte     zu der Schiessenden Volk:Vor keiner der Städte     zu sterben doch kam ich;Nun soll mit dem Schwerte     mich schlagen mein Kind,55Mich strecken mit der Mordaxt,     oder ich zum Mörder ihm werden!Magst du nun leichtlich,     wenn langt dir die Kraft,An so altem Recken     die Rüstung gewinnen,Den Raub erbeuten,     wenn du Recht dazu hast!Der wäre der ärgste     aller Ostleute,1060Der den Kampf dir weigerte,     nun dich so wohl lüstetHandgemeiner Schlacht!     Es entscheide das Treffen,Wer heute sich dürfe     der Harnische rühmenOder der Brünnen     beider walten!”Da sprengten zuerst     mit den Speeren sie an65In scharfen Schauern;     dem wehrten die Schilde.Dann schritten zusammen sie     (zum bittern Schwertkampf),11Hieben harmlich     die hellen Schilde,Bis leicht ihnen     wurde das Lindenholz,Zermalmt mit den Waffen . . . .1.‘The rings’ of their corselets.2.Instead ofältere, for the sake of the alliteration.3.The translator here assumes (unnecessarily) that there is a gap in the text, with loss of a speech by Hildebrand.4.‘Friendless,’ i.e. separated from his kin. Hadubrand is giving reasons for thinking that his father is dead.5.‘Imperial gold’ from Constantinople.6.Hadubrand suspects treachery and poises his spear.7.Inserted by the translator for the alliteration’s sake.8.The earth-encircling sea—oceanus; here the Mediterranean.9.The supposition is that Hildebrand’s speech is missing, and that lines 47-50 form part of a reply by Hadubrand, ending with a taunt so bitter that the old warrior could not brook it even from his own son. He sees that he must fight.10.East Goths.11.A guess of the translator; the meaning of the original being quite uncertain.II. THE MERSEBURG CHARMSTwo incantations that date back to pagan times, albeit the manuscript, discovered at Merseburg in 1841, is of the 10th century. The dialect is Frankish. No. 1 is for loosening a prisoner’s fetters, the other for curing the sprained leg of a horse. The translation is Bötticher’s.1Einst sassen Idise,1sassen nieder hier und dort.Die hefteten Hafte,     die hemmten das Heer,Die klaubten     an den Kniefesseln:2Entspring den Banden,     entfleuch den Feinden!2Phol3und Wodan     ritten zu Walde.Da ward Balders Pferd     der Fuss verrenket.Da besprach ihn Sinthgunt,     (dann) Sonne, ihre Schwester;Da besprach ihn Frija,     (dann) Volla, ihre Schwester;Da besprach ihn Wodan,     wie er es wohl konnte,Sei’s Beinverrenkung,     sei’s Blutverrenkung,Sei’s Gliedverrenkung:Bein zu Beine,     Blut zu Blute,Gelenk zu Gelenken,     als ob geleimt sie seien!1.‘Idise’ means ‘women’; here battle-maids similar in character to the Northern valkyries.2.‘Knee-fetters’ for the sake of the alliteration; the original means simply ‘fetters.’3.Phol is probably the same as Balder.III. THE WESSOBRUNN PRAYERA Christian prayer in prose, preceded by nine defective verses which probably preserve old epic turns of expression. The dialect is Bavarian, the theme that of PsalmXC, 2. The manuscript dates from the year 814. Wessobrunn was the seat of a Bavarian monastery.Das erfuhr ich unter dem Volke     als das vornehmste Wunder,Dass Erde nicht war,     noch Überhimmel,Noch Baum (noch Stein?) noch Gebirge war;Dass (Stern?) gar keiner     noch Sonne schien,Noch der Mond leuchtete,     noch das Meer so herrlich.Und als da nichts war     von Enden noch Wenden,Da war der eine     allmächtige Gott,Der Männer mildester,     und manche waren mit ihmGlorreiche Geister.     Und Gott der heilige . . . .Allmächtiger Gott, der du Himmel und Erde geschaffen, und der du den Menschen so vieles Gute verliehen hast, gib mir in deiner Gnade rechten Glauben und guten Willen, Weisheit und Klugheit und Kraft, den Teufeln zu widerstehen und Böses zu vermeiden und deinen Willen zu wirken.IV. THE MUSPILLIA fragment of 103 alliterating verses written in the Bavarian dialect and dating from the 9th century. The beginning and end of the poem are lost. The extant verses describe the fate of the soul after death and the terrors of the final judgment. The title, which means ‘destruction of the earth,’ was given to the fragment by Schmeller, its first editor (1832). The translation is Bötticher’s.Lines 31-56: The battle of Elias and Antichrist and the ensuing world-fire.So hört’ ich künden     Kund’ge des Weltrechts,Dass der Antichrist wird     mit Elias streiten.1Der Würger ist gewaffnet,     Streit wird erhoben:Die Streiter so gewaltig,     so wichtig die Sache.35Elias streitet     um das ewige Leben,Will den Rechtliebenden     das Reich stärken;Dabei wird ihm helfen,     der des Himmels waltet.Der Antichrist steht     bei dem Altfeinde,Steht beim Satan;     er2wird ihn2versenken:40Auf der Walstatt     wird er wund hinsinkenUnd in dem Streite     sieglos werden.Doch glauben viele     Gottesgelehrte,Dass Elias auf der Walstatt     Wunden erwerbe.Wenn Elias’ Blut     auf die Erde dann träufelt,45So entbrennen die Berge,     kein Baum mehr stehet,Nicht einer auf Erden,     all Wasser vertrocknet,Meer verschlingt sich,     es schwelt in Lohe der Himmel,Mond fällt,     Mittelgart3brennt,Kein Stein mehr steht.     Fährt Straftag ins Land,50Fährt mit Feuer,     die Frevler zu richten:Da kann kein Verwandter     vor dem Weltbrand4helfen.Wenn der Erdflur Breite     ganz nun verbrennt,Und Feuer und Luft     ganz leer gefegt sind,Wo ist die Mark, wo der Mann     stritt mit den Magen?55Die Stätte ist verbrannt,     die Seele steht bedrängt,Nicht weiss sie, wie büssen:     so wandert sie zur Pein.Lines 73-84: The summons to the last judgment.Wenn laut erhallet     das himmlische Horn,Und sich der Richter     anschickt zur Reise,75Dann erhebt sich mit ihm     gewaltige Heerschar,Da ist alles so kampflich,     kein Mann kann ihm trotzen.So fährt er zur Richtstatt,     wo errichtet der Markstein,Da ergeht das Gericht,     das dorthin man berufen,Dann fahren die Engel     hin über die Marken,80Wecket die Toten,     weisen zum Thinge.Dann wird erstehen     vom Staube männiglich,Sich lösen von Grabes Last;     dann wird das Leben ihm kommen,Dass all seine Sache     er sagen müsse,Und nach seinen Werken     ihm werde das Urteil.1.The idea that the last judgment would be preceded by a great battle between Elijah and Antichrist rests upon extra-biblical tradition; but see Mal. iv, 5.2.Der des Himmels waltet, wird den Satan zum Falle bringen.3.The earth; Norsemidgard.4.The original hasmuspille; whence the title.V. THE HELIANDAn Old Saxon Messiad written in the first half of the 9th century (between 814 and 840) for the purpose of familiarizing the lately converted Saxons with the life of Christ. Nothing is known of the author except that he was a learned cleric who had some skill in handling the old alliterative verse, which had now nearly run its course. A few verses are lacking at the end of the poem, which breaks off, with the story nearly all told, at line 5983. The name ‘Heliand,’ Old Saxon for ‘Savior,’ was given to the poem by Schmeller, who edited it in 1830. The selections are from Edmund Behringer’sHeleand, 1898.Lines 1189-1202: The calling of Matthew to discipleship.Da wanderte des Waltenden Sohn1190Mit den vieren vorwärts;     sich den fünften dann erkorKristus an einer Kaufstätte,     eines Königes Jünger,Einen mutigen, klugen Mann,     Mattheus geheissen,Er war beamteter     edler Männer.Er sollte zu Händen     seines Herrn hier annehmen1195Zins und Zoll.     Treue zeichnete ihn aus,Den angesehenen Adeligen;     alles zusammen verliess er,Gold und Geld,     die Gaben in Menge,Hochwerte Schätze,     und er ward unseres Herrn Dienstmann.Es erkor sich des Königs Degen     Kristus als Herrn,1200Der milderen Gemütes gab,     als der, dessen Mann er war,Ihn, der waltet über diese Welt;     wonnigere Gaben gewährt dieser,Lange währende Lebensfreude.Lines 2006-2048: The turning of water into wine at Cana.Voll Lust waren beisammen     die Landessöhne,Die Helden heiteren Herzens,     hin und her eilten Diener,Schenken mit Schalen     trugen schimmernden WeinIn Krügen und Kannen.     Gross war der Kühnen Jubel,2010Beseliget in dem Saale.     Da dort unter sich auf seinen SitzenAm fröhlichsten das Volk     sein Freudengetön erhob;Als der Wonne voll sie waren,     da gebrach es ihnen an Wein,Den Landeskindern an Lautertrank,1nichts war übrig gelassenIrgendwo in dem Hause,     was vor die Heerschar fürder2015Die Schenken trügen,     sondern die Schäffer2warenDes Lautertrankes leer.     Da war es nicht lange hernach,Dass dieses sofort erfuhr     der Frauen schönste,Kristi Mutter;     sie kam, mit ihrem Kinde zu sprechen,Mit ihrem Sohne selbst,     sie sagte ihm sogleich,2020Dass da die Wehrhaften     nicht mehr des Weines hättenFür die Gäste beim Gastmahle;     bittend begehrte sie,Dass hiefür der heilige Krist     Hilfe schüfeDen Wehrhaften zu Willen.     Da hatte hinwieder sein Wort bereitDer mächtige Gottessohn,     und zu seiner Mutter sprach er:2025“Was liegt dir und mir     an dieser Mannen Trank,An dieses Festvolkes Wein?     Warum sprichst du, Frau, hierüber so viel,Mahnst mich vor dieser Menge?     Noch sind meineZeiten nicht gekommen!”Dann hegte doch sicheres ZutraunIn ihres Herzens Tiefe     die heilige Jungfrau,2030Dass nach diesen Worten     des Waltenden Sohn,Der Heilande bester,     helfen wollte.Es trug da auf den Amtleuten     der Edelfrauen schönste,Den Schenken und Schöpfwarten,     die dort den Scharen aufwarten sollten,Nicht von Wort noch Werk     irgendwas zu unterlassen,2035Was sie der heilige Krist     heissen würdeZu leisten vor den Landessöhnen.     Leer standen dortDer Steinfässer sechse;     da gebot so stilleDer mächtige Gottessohn,     so es der Männer vieleIn Wahrheit nicht wussten,     wie er es mit seinen Worten gesprochen;2040Er hiess die Schenken da     mit schimmerndem WasserFüllen die Gefässe     und hat dies da mit seinen Fingern dortSelber gesegnet;     mit seinen HändenVerwandelt’ er Wasser in Wein.     Er liess aus den weiten GefässenSchöpfen mit einer Schale;     und zu den Schenken sprach er da,2045Hiess sie von den Gästen,     die bei dem Gastmahle waren,Dem Hehrsten     in die Hand gebenEin volles Gefäss, dem,     der über das Volk dortDem Wirte zunächst gewaltet.Lines 2235-2264: The stilling of the storm on the sea of Galilee.2235Da hiess er die anderen WehrmännerWeiter wandern;     und mit wenigen nur bestiegEinen Kahn     Kristus, der Heiland,Schlummermüde zu schlafen.     Die Segel liessen schwellenDie wetterweisen Wehrmänner,     leiteten den Wind hinein,2240Trieben auf dem Meerstrom,     bis in die Mitte kamDer Waltende mit seinen Wehrhaften.     Da begann des Wetters Gewalt,Stürme stiegen auf,     die Stromfluten wuchsen,Her schwang sich Wolkengeschwirr,     es schäumte der See,Es wütete Wind und Wogen;     die Wehrmänner bangten,2245Das Meer war wildmutig,     nicht wähnte der Männer einerLänger zu leben.     Da eilten sie, den LandeswartZu wecken mit ihren Worten     und wiesen ihm des Wetters Wut,Baten, dass ihnen hilfreich     würde Kristus, der Heiland,Wider die Wasser,     oder “wir werden hier in Weh und Angst2250Versinken in diesem See.”     Selbst erhob sichDer gute Gottessohn,     gnädig sprach er zu seinen Getreuen,Forderte sie auf bei der Wellen Aufruhr     die Angst zu besiegen:“Warum seid ihr so in Furcht?     Noch nicht ist gefestigt euer Herz,Euer Glaube zu gering;     vergehen wird kurze Zeit,2255Und stille wird werden     die Sturmflut,Wonnesam der Lüfte Wehen.”     Da sprach zu dem Winde erUnd zu dem See ebenso     und hiess sie sanfter sichBeide gebaren.     Seinem Gebote gehorchten sie,Dem Worte des Waltenden;     die Wellen wurden stille,2260Friedlich die Flut.     Da fing das Volk unter sich an,Die Wehrhaften, sich zu wundern;     manche fragten mit Worten,Was das für ein so mächtiger     unter den Männern wäre,Dass ihm so der Wind und die Woge     auf sein Wort gehorchten,Beide seinem Gebote.Lines 4858-4931: The smiting of Malchus by Simon Peter.Die weisen Männer standenIn tiefem Kummer,     Kristi Jünger,4860Vor dem Frevel der Frechheit     und zu ihrem Fürsten riefen sie:“Wäre es dein Wille,” sagten sie,     “waltender Herr,Dass durch des Speeres Spitze     wir sterben sollten,Wund durch die Waffen,     dann wäre für uns nichts so wertvoll,Als dass wir hier für unsern Herrn     hinsinken müssten,4865Erbleicht im Kampfbegier.”     Erbost wurde daDer schnelle Schwertdegen,     Simon Petrus,Mächtig wallte ihm innen sein Mut,     dass er nicht vermochte ein Wort zu sprechen;So harmvoll war ihm um das Herz,     dass man seinen Herrn daBinden wollte.     Erbost schritt er dahin,4870Der treugemute Degen,     zu treten vor seinen Fürsten,Hart vor seinen Herrn;     nicht war sein Herz in Zweifel,Nicht blöde in seiner Brust,     sondern sein Beil zog er,Das scharfe, an seiner Seite,     schlug es entgegenDem vordersten der Feinde     mit der Fäuste Kraft.4875Da ward Malchus     durch des Beiles MachtAn der rechten Seite     gerötet durch die Waffe,Das Gehör ward ihm verhauen,     an dem Haupte wurde er wund,Dass die Todeswunde     traf Kinn und Ohr,Das Bein zerbarst.     Blut sprang nach,4880Wallend aus der Wunde.     Da war schartig an seinen WangenDer vorderste der Feinde;     da schaffte das Volk Raum,Des Beiles Biss fürchtend.     Da sprach aber der Gottgeborene,Selber zu Simon Petrus,     hiess sein Schwert ihn stecken,Das scharfe, in die Scheide:     “Wenn ich gegen diese Schar,” sprach er,4885“Gegen dieser Männer Ansturm     Kampfweise wollte üben,Dann mahnte ich den erlauchten,     mächtigen Gott,Den heiligen Vater     im Himmelreiche,Dass er mir zahlreiche Engel     von oben sendete,Kampfeskundige;     ihrer Waffen Kraft würden nimmer4890Diese Männer ertragen.     Keine Macht stünde je, selbstgeeint,So fest unter den Völkern,     dass ihm das Leben gefristetWerden möchte;     aber es hat der waltende Gott,Der allmächtige Vater,     es anders geordnet,Dass wir mit Milde ertragen alles,     was uns diese Männerschar4895Bitteres bringet.     Nimmer sollen erbostWir uns wehren wider den Angriff,     weil jeder, der Waffenhass,Grimmen Gerkampf,     gerne üben will,Oft hinschwindet     durch des Schwertes Schärfe,Blutigen Todes stirbt;     durch unsere TatenSoll nichts verwüstet werden.”4900Hinschritt er da zu dem wunden Manne,Fügte mit Vorsicht     das Fleisch zusammen,Die Wunde am Haupte,     dass sofort geheilet wardDes Beiles Biss,     und es sprach der GottgeboreneZu der wütenden Wehrschar:     “Wunder dünket mich mächtig,” sprach er,4905“Wenn ihr meinem Leben     was Leides wolltet tun,Warum ihr mich nicht fasstet,     da ich unter eurem Volke stand,In dem Weihtume innen     und Worte so zahlreich,Wahrhaftige, sagte.     Da war Sonnenschein,Trauliches Tageslicht,     da wolltet ihr mir nichts tun4910Leides in diesem Lichte,     und nun leitet ihr mir eure Leute zuIn düsterer Nacht,     so man Dieben tuet,Wenn man sie fahen will,     die Frevler, die da habenVerwirket ihr Leben.”Das Wehrtum der JudenErgriff nun den Gottessohn,     das grimme Volk,4915Der Hassenden Haufe,     die Heerschar umdrängte ihnDer übermütigen Männer,     nicht achteten sie die Missetat,Hefteten mit eisenharten Banden     seine Hände zusammen,Seine Arme mit Fesseln.     Nicht war ihm so furchtbare PeinZu ertragen Not,     Todesqual4920Zu erdulden, solche Marter;     aber für die Menschheit tat er es,Weil die Erdgeborenen     er wollte erlösen,Heil entnehmen der Hölle     für das Himmelreich,Für die weite Welt des Wohlseins;     deshalb widersprach er auch nichtDem, was mit trotzigem Willen     sie ihm wollten antun.4925Da wurde darüber frech     das übermütige Volk der Juden,Die Heerschar wurde hochmütig,     weil sie Kristus den Heiligen,In leidigen Banden     hinleiten konnte,Führen in Fesseln.     Die Feinde schritten wiederVon dem Berge zu der Burg,     es ging der Gottgeborene4930Unter dem Haufen,     an den Händen gebunden,Trauernd zu Tale.1.M.H.G.lûtertranc, a sort of spiced claret.2.The ‘vessels’ from which wine was poured into the cups.VI. THE OLD SAXON GENESISA fragment, or rather several fragments, of a poetic version of Genesis, contemporary with theHeliandand possibly by the same author. They were discovered at the Vatican Library in 1894 and comprise in all 337 lines. The translation is by Vetter,Die neuentdeckte deutsche Bibeldichtung, 1895.Lines 27-79; The punishment of Cain.Er wandelte zur Wohnung,     gewirkt war die Sünde,Die bittre am Bruder;     er liess ihn am Boden liegenIn einem tiefen Tale     betäubt im Blute,30Des Lebens ledig;     zur Lagerstatt hatteDen Sand der Geselle.     Da sprach Gott selbst jenen an,Der Waltende, mit seinen Worten—     ihm wallte sein HerzUnmilde dem Mörder—     er fragte ihn, wo er den Mann hätte,Den blutjungen Bruder.     Der Böse drauf sprach—35Er hatte mit seinen Händen     grosse HarmtatFrevelnd gewirkt;     die Welt war so sehrMit Sünden besudelt:—     “Zu sorgen nicht brauch’ ich,Zu wachen, wohin er wandle,     noch wies mich Gott an,Dass ich sein hätte     irgend zu hüten,40Zu warten in der Welt.”     Er wähnte fürwahr,Dass er verhehlen könne     seinem HerrenDie Untat und bergen.     Ihm gab Antwort unser Herr:“Ein Werk vollführtest du,     des fürder dein HerzMag trauern dein Lebtag,     das du tatst mit deinen Händen;45Des Bruders Mörder bist du;     nun liegt er blutig da,Von Wunden weggerafft,     der doch kein einig Werk dir,Kein schlechtes, beschloss;     aber erschlagen hast du ihn,Hast getan ihm den Tod;     zur Erde trieft sein Blut;Die Säfte entsickern ihm,     die Seele entwandelt,50Der Geist, wehklagend,     nach Gottes Willen.Es schreit das Blut zum Schöpfer     und sagt, wer die Schandtat getan,Das Meinwerk in diesem Mittelkreis;     nicht mag ein Mann freveln,Mehr unter den Menschen     in der MännerweltMit bittren Bosheitswerken,     als du an deinem Bruder hast55Untat geübt.”     Da ängstete sichKain nach des Herrn Worten;     er bekannte wohl zu wissen,Nie möge vor dem Allmächtigen     ein Mann, solang die Welt steht,Eine Tat vertuschen:     “So muss ich darob nun betrübten SinnBergen in meiner Brust,     dass ich meinen Bruder schlug60Durch meiner Hände Kraft.     Nun weiss ich, dass ich muss unter deinem Hasse lebenFürder, unter deiner Feindschaft,     da ich diesen Frevel getan.Nun mich meine Schandtat     schwerer dünkt,Die Missetat mächtiger     als die Milde deines Herzens:So bin ich des nicht würdig,     allwaltender Gott,65Dass du die schreckliche     Schuld mir vergebest,Von dem Frevel mich befreiest.     Der Frommheit und TreueVergass mein Herz gegen deine Heiligkeit;     nun weiss ich, dass ich keinen Tag mehr leben kann;Erschlagen wird mich,     wer auf meinem Weg mich findet,Austilgen ob meiner Untat.”     Da gab ihm Antwort selber70Des Himmels Herrscher:     “Hier sollst du fürderNoch leben in diesem Lande.     So leid du allen bist,So befleckt mit Freveln,     doch will ich dir Frieden schaffen,Ein Zeichen an dir setzen,     dass du sicher magstWeilen in dieser Welt,     ob du des auch nicht würdig seist:75Flüchtig doch sollst du friedlos     für und fürLeben in diesem Lande,     solang du dieses Licht schaust;Verfluchen sollen dich die Frommen,     du sollst nicht fürder vor deines Herrn Antlitz treten,Noch Worte mit ihm wechseln;     wallend wirdDie Strafe für den Bruder     dich brennen in der Hölle.”VII. OTFRIED’S BOOK OF THE GOSPELSA Messiad written in the dialect of the southern Rhenish Franks and comprising some 15,000 lines in five books. It was completed after years of toil about 870. Its author, a monk of Weissenburg in Alsatia, is the earliest German author whose name is known and the first to employ rime or assonance in place of alliteration. The selections are from the translation in Bötticher and Kinzel’sDenkmäler, II, 3, in which the crude assonances of the pioneer are replaced by regular modern rimes.Book I, section 1, lines 1-34: Otfried tells why he wrote in German.Es hat viel Leute schon gegeben,     die waren stark in dem Bestreben,Durch Bücherschreiben zu bereiten     sich gut Gerücht für alle Zeiten;Und darauf auch gerichtet war     ihr starkes Sehnen immerdar,Dass man in Büchern es erzählte,     wie ihnen Tatenlust nicht fehlte.5Dazu verlangte ihre Ehre,     dass auch ihr Scharfsinn sichtbar wäre,So wie der Anmut schöne Feinheit     in ihres Dichtens klarer Reinheit.Sie haben alles, wie’s sich schickt,     sorgsam und kunstvoll ausgedrückt,Und haben’s gut herausgefunden—     zwar dunkel scheint’s, doch wohl verbunden—Wodurch es dann auch dazu kam,     dass jedermann sie gern vernahm,10Und wer daran Gefallen fand,     des Witz sich übte und Verstand.Wie leicht wohl könnte man dafür     gar vieler Leute Namen hierAufzählen und besonders nennen,     von denen wir die Bücher kennen.Griechen und Römer, hochberühmt,     die machen’s, wie es sich geziemt,Und haben’s also hergestellt,     wie es dir immer wohlgefällt.15Sie machen’s nach dem rechten Mass     und schlecht und recht ohn’ Unterlass;So muss es denn ein Ganzes sein,     grad’ so, als wär’s aus Elfenbein.Wenn man die Taten so erzählt,     die Lust zum Leben keinem fehlt.Und willst du dich zur Dichtung kehren,     so wirst du deine Einsicht mehren.So wohl der Prosa schlichtes Wesen     wirst mit Genuss du immer lesen,20Als auch des Metrums feine Zier     ist eine reine Freude dir.Sie machen es mit vieler Süsse     und messen gut der Verse Füsse,Ob kurz, ob lang sie müssen sein,     auf dass es würde glatt und fein.Auch darauf stets ihr Trachten geht,     dass jede Silbe sicher steht,Und dass ein jeder Vers so klingt,     wie jeder Versfuss es bedingt.25Sie zählen mit Genauigkeit     die Läng’ und Kürze jeder Zeit,Und sichre Grenzen sind gezogen,     wonach das Silbenmass gewogen.Auch säubern sie’s mit rechter Reinheit     und auch mit ausgesuchter Feinheit,So wie ein Mann mit Fleiss und Treu’     die Körner sondert von der Spreu.Ja, selbst den heil’gen Büchern geben     sie eine Versform rein und eben,30Kein Fehler findet sich darin,     so liest du es mit frohem Sinn.—Nun, da so viele es betreiben,     dass sie in eigner Zunge schreiben,Und da sie eifrig danach streben,     sich selber rühmend zu erheben,Wie sollten da die Franken zagen,     auch selber den Versuch zu wagen,Dass sie’s mit Eifer dahin bringen,     auf Fränkisch Gottes Lob zu singen?35Zwar ist der Sprache nicht bekannt     der Regeln festgefügtes Band,Doch fehlt der grade Ausdruck nicht,     noch auch die Einfalt schön und schlicht.I, 1, lines 59-90: The same theme continued; Otfried praises the Franks.Sie sind genau so unverzagt,     wie man es von den Römern sagt.60Auch darf man nicht zu sagen wagen,     dass kühnern Mut die Griechen tragen.Ganz ebenso ist es bewandt     mit ihrem Wissen und Verstand.Sie sind voll Mut und Tapferkeit     an jedem Ort, zu jeder Zeit,Viel Macht und Ansehn haben sie,     und Kühnheit fehlet ihnen nie.Zum Schwerte greifen sie verwegen,     das ist die Art der wackern Degen.65Vollauf versehn und wohl im Stande,     so wohnen sie in reichem Lande.Von alters her ihr Gut sich mehrt,     derhalben sind sie hochgeehrt.Gar schön und fruchtbar ist ihr Land;     wem wäre dies nicht wohlbekannt?Es gibt dort vielerlei Gewinnst—     es ist nicht eigenes Verdienst—Dort kann man Erz und Kupfer haben,     das zum Gebrauche wird gegraben.70Und denket nur, wie wunderbar!     Eissteine1gibt es dort sogar.Und von Metallen man noch füge     dazu das Silber zur Genüge;Auch lesen sie daselbst im Land     Gold, das sie finden in dem Sand.Es ist ihr Sinnen fest und stet,     das immer nur aufs Gute geht,Und ist zum Nutzen hingewandt,     so wie sie’s lehret ihr Verstand.75Sie sind zu jeder Zeit bereit,     zu schützen sich vor Feindes Neid;Der mag nichts gegen diese wagen,     zu Boden wird er stets geschlagen.Kein Volk gibt’s, das ihr Land berührt,     das ihre Gegenwart nicht spürt;Sie dienen ihnen notgedrungen,     von ihrer Tüchtigkeit bezwungen.Sie haben alles Volk besiegt,     wo nicht die See dazwischen liegt.80Nach Gottes Willen und Gedanken     hat jedermann Furcht vor den Franken,Da nirgendwo ein Volk wohl lebt,     das da nach Kampf mit jenen strebt.Den Feinden haben sie mit Waffen     Beweise oft genug geschaffenUnd haben gründlich sie belehrt     nicht mit dem Wort, nein, mit dem Schwert,Mit Speeren scharf und spitz geschliffen,     deshalb hat alle Furcht ergriffen.85Kein Volk gibt’s, das nicht deutlich wüsste:     trägt es nach Frankenkrieg Gelüste,Dann sinken sie dahin geschwind,     wenn’s Meder auch und Perser sind!Ich las dereinst in einem Buch     und weiss es drum genau genug:Ganz eng verwandt sind mit einander     das Frankenvolk und Alexander,Der aller Welt ein Schrecknis war,     die er besiegte ganz und gar,90Die er darnieder zwang und band     mit seiner allgewalt’gen Hand.I, 17, lines 9-62: The Magi and the star of Bethlehem.Da kamen Leute in das Land     von Osten, denen war bekannt10Der Sonne und der Sterne Lauf;     denn all ihr Sinnen ging darauf.Nun fragten diese nach dem Kind     bei der Gelegenheit geschwindUnd kündeten zugleich die Märe,     dass dieses Kind der König wäre,Und forschten eifrig immerfort     nach dieses Knaben HeimatortMit stetem Bitten und mit Fragen,     man möcht’ es ihnen doch ja sagen15Und auch die Wegfahrt zeigen an,     auf der zum Kind man kommen kann.Nun sprachen sie auch von dem Zeichen,     das seltsam war und ohnegleichen,Dass hier von einer Jungfrau zart     jemals ein Mensch geboren ward,Und dass ein Zeichen schön und klar     im Himmelsraum erschienen war.Sie sagten, dass sie hoch und fern     plötzlich erblickten einen Stern,20Und machten ruchbar laut und frei,     dass dies der Stern des Herren sei:“Sein Stern sich uns gezeiget hat,     wenn wir auch irrten2in der Stadt,Wir sind gekommen anzubeten,     dass seine Gnade wir anflehten.So ist uns denn im Osten fern     daheim erschienen dieser Stern.Lebt nun wohl einer hier im Land,     dem davon etwas ist bekannt?25So viel wir Sterne auch gezählt,     der hat bis jetzt uns stets gefehlt;Derhalben glauben alle wir,     ein neuer König zeigt sich hier.Das haben Greise uns gelehrt     zu Hause, klug und hochgeehrt;Nun bitten wir euch vorzutragen,     was eure Bücher davon sagen.”Als nun zum König selbst sofort     die Kunde drang von diesem Wort,30Ward durch die Nachricht er sogleich     von Angst erfüllt und schreckensbleich,Und auch so mancher andre Mann     daraus viel Traurigkeit gewann.Die hörten ungern und mit Schmerzen,     was uns mit Freude füllt die Herzen.Die weisen Schriftgelehrten dort     versammelten sich dann sofortUnd forschten, wo auf dieser Erde     wohl Christ der Herr geboren werde,35Und wandten sich in diesen Tagen     auch an die Priester mit den Fragen.Doch mocht’ er arm sein oder reich,     stets lautete die Antwort gleich.Sie nannten ihm sogleich die Stadt,     wie’s früher schon bezeuget hatVom alten Bunde manch Prophet,     so wie es aufgeschrieben steht.Als es ihm so ward offenbar,     wo Christ der Herr geboren war,40Ersann er schnell und fürchterlich     nun eine grosse Bosheit sich.Er liess die Weisen zu sich kommen     von denen ihr durch mich vernommen,Die fing er heimlich an zu fragen     und ohne andern es zu sagenUnd forschte dann mit Emsigkeit     nach dieses Sternes AnkunftszeitUnd bat sie selber zu ergründen,     wo wohl das Kindlein sei zu finden:45“Vergesst nicht, mir zu offenbaren     den Weg, den dieser Stern wird fahren,Und reiset dann an jenen Ort     und fraget nach dem Kindlein dort.Wenn ihr dort angekommen seid,     dann forscht nach ihm mit EmsigkeitUnd tut es schleunig mir zu wissen,     der Arbeit seid nur recht beflissen;Ich bete ihn dann selber an,     dazu riet mir gar mancher Mann,50Auf dass ich selber danach strebe,     dass ich dem Kind Geschenke gebe.”Wie kläglich jener Mann da log     und gegen Recht und Wahrheit trog!Er wünschte, dass der Heiland stürbe,     dass unser Segen so verdürbe!Als sie gehört des Königs Wort     und nach dem Ziele eilten fort,Da zeigte ihnen sich von fern     sogleich der wunderbare Stern!55Wie waren sie da hochentzückt,     als sie ihn alsobald erblickt!Erfreut versäumten sie es nicht,     ihn zu behalten im Gesicht,Er führte sie auch dorthin klar,     wo Gottes Kind zu finden war.Und da, wo ging des Sternes Bogen,     sind sie ihm willig nachgezogen;Da haben sie das Haus gesehn     und nicht gezögert hinzugehn.60Da fanden sie denn auch geschwind     die Mutter mit dem guten KindUnd fielen eilig vor ihm nieder,     die guten Männer, treu und bieder;Sie beteten das Kindlein an     und baten es um Gnade dann.I, 18, lines 1-34: Symbolical meaning of the return of the Magi.Daran ermahnt uns diese Reise,     dass auch wir selbst in gleicher WeiseMit Eifer dafür Sorge tragen,     das Land der Heimat zu erfragen.Doch ist dies, glaub’ ich, nicht bekannt:     das Paradies wird es genannt.Hoch rühmen ich es kann und muss,     doch fehlet mir der Rede Fluss.5Und wenn auch jedes meiner Glieder     Rede und Sprache gäbe wieder,So hätt’ ich’s niemals unternommen,     mit seinem Lob zu End’ zu kommen.Doch siehst du’s nicht mit eignen Augen,     was können meine Worte taugen?Und selbst dann wird sehr viel dran fehlen,     dass du es könntest her erzählen.Dort gibt es Leben ohne Tod,     Licht ohne Finsternis und Not,10Dazu der Engel schöne Schar     und sel’ge Minne immerdar.Das haben selbst wir aufgegeben,     des müssen wir in Trauer leben,Und innen muss uns heimatwärts     sich klagend sehnen unser Herz.Sind wir doch selbst herausgegangen,     in unserm Übermut befangen,Denn uns verlockte leis’ und stille     des Herzens eigner böser Wille.15Wir haben Schuld auf uns geladen,     das ist jetzt klar zu unserm Schaden.Nun weinen wir im fremden Land,     von Gott verstossen und verbannt.Ja, unbenutzt liegt und verloren     das Erbgut, das für uns erkoren.Nichts nützt uns dieses grosse Gut,     das macht nur unser Übermut.So wird denn, ach! von uns entbehrt     das Schöne, das uns war beschert,20Wir müssen bittre Zeiten dulden     von nun an nur durch unsre Schulden.Viel Leid ist uns und Not bekannt     mit Schmerzen hier in diesem Land,Voll Wunden sind wir und voll Pein     um unsre Missetat allein,Viel Elend und Mühseligkeit,     das ist hier stets für uns bereit.Zur Heimat können wir nicht reisen,     wir jammervollen, armen Waisen.25O weh, du fremdes Schreckensland,     wie hab’ ich dich als hart erkannt!Ach, wie so schwer ertrag’ ich dich,     das sage ich dir sicherlich!Nur Müh’ und Not wird dem gegeben,     der nicht kann in der Heimat leben.Ich hab’s erfahren ja an mir,     nichts Liebes fand ich je an dir.Ich fand an dir kein ander Gut     als Jammer und betrübten Mut,30Ein tief verwundet, wehes Herz     und mannigfaches Leid und Schmerz!Doch kommt uns einmal in den Sinn,     dass uns verlangt zur Heimat hin,Und hat sich unser Herz gewandt     voll Sehnsucht nach dem Vaterland,Dann fahren wir, wie jene Mannen,     auf andrer Strasse gleich von dannen,Auf dem Weg, welcher führt allein     in unser Vaterland hinein.

The only surviving remnant, in the German language, of the ancient heroic poetry cultivated by the Germanic tribes prior to their Christianization. The precious fragment consists of 69 alliterating verses, which are preserved in a Kassel manuscript of the 8th or 9th century. The language shows a mixture of Low and High German, there are gaps in the text, the meaning of several words is doubtful, and the versification is here and there defective. All this, which some account for by supposing that the manuscript was copied from a version which had been written down from memory and not perfectly recalled, makes translation difficult and uncertain. The poetic version here given is that found in Bötticher and Kinzel’sDenkmäler der älteren deutschen Literatur, 9th edition, 1905, which in the main follows Müllenhoff’s text and theories with regard to gaps, transpositions, etc. For a careful prose version by a very competent scholar see Kögel’sGeschichte der deutschen Literatur, I,I, 212.

Das hört’ ich sagen . . .Dass zwei Kämpfer allein     sich kamen entgegen,Hildebrand und Hadubrand,     zwischen zwei Heeren.Sohn und Vater     besorgten ihre Rüstung,5Bereiteten ihr Schlachtkleid,     die Schwerter fest sie gürteten,Die Recken über die Ringe;1dann ritten sie zum Kampfe.Hildebrand erhob das Wort;     er war der hehrere2Mann,In der Welt erfahrener.     Zu fragen begann erMit wenigen Worten,     wer sein Vater wäre10Von den Helden im Volke . . .. . . “oder welcher Herkunft bist du?So du mir einen nennst,     die andern weiss ich mir,Kind, im Königreiche:     kund sind mir alle Geschlechter.”Hadubrand erhob das Wort,     Hildebrands Sohn:15“Das sagten längst mir     unsere Leute,Alte und weise,     die früher waren,Dass Hildebrand hiess mein Vater;     ich heisse Hadubrand . . .3Vorlängst zog er ostwärts,     Otakers Zorn floh er,Hin mit Dietrich     und seiner Degen vielen.20Er liess elend     im Lande sitzenDas Weib in der Wohnung,     unerwachsen den Knaben,Des Erbes beraubt,     da ostwärts er hinritt.Dem mächtigen Otaker     war er masslos erzürnt,Der beste der Degen     war er bei Dietrich;25Seitdem entbehrte     Dietrich den Beistand—Er war so freundlos4—     meines Vaters:Der war dem Volke voran stets;     fechten war immer ihm lieb.Kund war er manchen     kühnen Mannen.Nicht wähne ich mehr,     dass er wandelt auf Erden.”30Hildebrand erhob das Wort,     Heribrands Sohn:“Das wisse Allvater     oben im Himmel,Dass nimmer du Worte     bis heute gewechseltMit so nah gesipptem Mann.” . . .Da wand er vom Arme     gewundene Ringe,35Aus Kaisermünzen5gemacht,     wie der König sie ihm gab,Der Herrscher der Hunnen:     “Dass ich um Huld dir’s gebe!”Hadubrand erhob das Wort,     Hildebrands Sohn:“Mit dem Ger soll man     Gabe empfahen,6Spitze wider Spitze.     Ein Späher bist du,40Alter Hunne,     (heimlich)7lockst du michMit deinen Worten,     willst mit dem Speer mich werfen,Bist worden so alt     nur immer Trug sinnend.Das sagten mir Leute,     die zur See gefahrenWestwärts über den Wendelsee:8Hinweg nahm der Krieg ihn,45Tot ist Hildebrand,     Heribrands Sohn.”Hildebrand erhob das Wort,     Heribrands Sohn: . . .9“Wohl hör’ ich’s und seh’ es     an deinem Harnisch,Dass du daheim hast     einen Herrn so gut,Dass unter diesem Fürsten     du flüchtig nie wurdest.” . . .50“Weh nun, waltender Gott,     Wehgeschick erfüllt sich!Ich wallte der Sommer     und Winter sechzig,Da stets man mich scharte     zu der Schiessenden Volk:Vor keiner der Städte     zu sterben doch kam ich;Nun soll mit dem Schwerte     mich schlagen mein Kind,55Mich strecken mit der Mordaxt,     oder ich zum Mörder ihm werden!Magst du nun leichtlich,     wenn langt dir die Kraft,An so altem Recken     die Rüstung gewinnen,Den Raub erbeuten,     wenn du Recht dazu hast!Der wäre der ärgste     aller Ostleute,1060Der den Kampf dir weigerte,     nun dich so wohl lüstetHandgemeiner Schlacht!     Es entscheide das Treffen,Wer heute sich dürfe     der Harnische rühmenOder der Brünnen     beider walten!”Da sprengten zuerst     mit den Speeren sie an65In scharfen Schauern;     dem wehrten die Schilde.Dann schritten zusammen sie     (zum bittern Schwertkampf),11Hieben harmlich     die hellen Schilde,Bis leicht ihnen     wurde das Lindenholz,Zermalmt mit den Waffen . . . .

Das hört’ ich sagen . . .

Dass zwei Kämpfer allein     sich kamen entgegen,

Hildebrand und Hadubrand,     zwischen zwei Heeren.

Sohn und Vater     besorgten ihre Rüstung,

Bereiteten ihr Schlachtkleid,     die Schwerter fest sie gürteten,

Die Recken über die Ringe;1dann ritten sie zum Kampfe.

Hildebrand erhob das Wort;     er war der hehrere2Mann,

In der Welt erfahrener.     Zu fragen begann er

Mit wenigen Worten,     wer sein Vater wäre

Von den Helden im Volke . . .

. . . “oder welcher Herkunft bist du?

So du mir einen nennst,     die andern weiss ich mir,

Kind, im Königreiche:     kund sind mir alle Geschlechter.”

Hadubrand erhob das Wort,     Hildebrands Sohn:

“Das sagten längst mir     unsere Leute,

Alte und weise,     die früher waren,

Dass Hildebrand hiess mein Vater;     ich heisse Hadubrand . . .3

Vorlängst zog er ostwärts,     Otakers Zorn floh er,

Hin mit Dietrich     und seiner Degen vielen.

Er liess elend     im Lande sitzen

Das Weib in der Wohnung,     unerwachsen den Knaben,

Des Erbes beraubt,     da ostwärts er hinritt.

Dem mächtigen Otaker     war er masslos erzürnt,

Der beste der Degen     war er bei Dietrich;

Seitdem entbehrte     Dietrich den Beistand

—Er war so freundlos4—     meines Vaters:

Der war dem Volke voran stets;     fechten war immer ihm lieb.

Kund war er manchen     kühnen Mannen.

Nicht wähne ich mehr,     dass er wandelt auf Erden.”

Hildebrand erhob das Wort,     Heribrands Sohn:

“Das wisse Allvater     oben im Himmel,

Dass nimmer du Worte     bis heute gewechselt

Mit so nah gesipptem Mann.” . . .

Da wand er vom Arme     gewundene Ringe,

Aus Kaisermünzen5gemacht,     wie der König sie ihm gab,

Der Herrscher der Hunnen:     “Dass ich um Huld dir’s gebe!”

Hadubrand erhob das Wort,     Hildebrands Sohn:

“Mit dem Ger soll man     Gabe empfahen,6

Spitze wider Spitze.     Ein Späher bist du,

Alter Hunne,     (heimlich)7lockst du mich

Mit deinen Worten,     willst mit dem Speer mich werfen,

Bist worden so alt     nur immer Trug sinnend.

Das sagten mir Leute,     die zur See gefahren

Westwärts über den Wendelsee:8Hinweg nahm der Krieg ihn,

Tot ist Hildebrand,     Heribrands Sohn.”

Hildebrand erhob das Wort,     Heribrands Sohn: . . .9

“Wohl hör’ ich’s und seh’ es     an deinem Harnisch,

Dass du daheim hast     einen Herrn so gut,

Dass unter diesem Fürsten     du flüchtig nie wurdest.” . . .

“Weh nun, waltender Gott,     Wehgeschick erfüllt sich!

Ich wallte der Sommer     und Winter sechzig,

Da stets man mich scharte     zu der Schiessenden Volk:

Vor keiner der Städte     zu sterben doch kam ich;

Nun soll mit dem Schwerte     mich schlagen mein Kind,

Mich strecken mit der Mordaxt,     oder ich zum Mörder ihm werden!

Magst du nun leichtlich,     wenn langt dir die Kraft,

An so altem Recken     die Rüstung gewinnen,

Den Raub erbeuten,     wenn du Recht dazu hast!

Der wäre der ärgste     aller Ostleute,10

Der den Kampf dir weigerte,     nun dich so wohl lüstet

Handgemeiner Schlacht!     Es entscheide das Treffen,

Wer heute sich dürfe     der Harnische rühmen

Oder der Brünnen     beider walten!”

Da sprengten zuerst     mit den Speeren sie an

In scharfen Schauern;     dem wehrten die Schilde.

Dann schritten zusammen sie     (zum bittern Schwertkampf),11

Hieben harmlich     die hellen Schilde,

Bis leicht ihnen     wurde das Lindenholz,

Zermalmt mit den Waffen . . . .

1.‘The rings’ of their corselets.2.Instead ofältere, for the sake of the alliteration.3.The translator here assumes (unnecessarily) that there is a gap in the text, with loss of a speech by Hildebrand.4.‘Friendless,’ i.e. separated from his kin. Hadubrand is giving reasons for thinking that his father is dead.5.‘Imperial gold’ from Constantinople.6.Hadubrand suspects treachery and poises his spear.7.Inserted by the translator for the alliteration’s sake.8.The earth-encircling sea—oceanus; here the Mediterranean.9.The supposition is that Hildebrand’s speech is missing, and that lines 47-50 form part of a reply by Hadubrand, ending with a taunt so bitter that the old warrior could not brook it even from his own son. He sees that he must fight.10.East Goths.11.A guess of the translator; the meaning of the original being quite uncertain.

1.‘The rings’ of their corselets.

2.Instead ofältere, for the sake of the alliteration.

3.The translator here assumes (unnecessarily) that there is a gap in the text, with loss of a speech by Hildebrand.

4.‘Friendless,’ i.e. separated from his kin. Hadubrand is giving reasons for thinking that his father is dead.

5.‘Imperial gold’ from Constantinople.

6.Hadubrand suspects treachery and poises his spear.

7.Inserted by the translator for the alliteration’s sake.

8.The earth-encircling sea—oceanus; here the Mediterranean.

9.The supposition is that Hildebrand’s speech is missing, and that lines 47-50 form part of a reply by Hadubrand, ending with a taunt so bitter that the old warrior could not brook it even from his own son. He sees that he must fight.

10.East Goths.

11.A guess of the translator; the meaning of the original being quite uncertain.

Two incantations that date back to pagan times, albeit the manuscript, discovered at Merseburg in 1841, is of the 10th century. The dialect is Frankish. No. 1 is for loosening a prisoner’s fetters, the other for curing the sprained leg of a horse. The translation is Bötticher’s.

1Einst sassen Idise,1sassen nieder hier und dort.Die hefteten Hafte,     die hemmten das Heer,Die klaubten     an den Kniefesseln:2Entspring den Banden,     entfleuch den Feinden!2Phol3und Wodan     ritten zu Walde.Da ward Balders Pferd     der Fuss verrenket.Da besprach ihn Sinthgunt,     (dann) Sonne, ihre Schwester;Da besprach ihn Frija,     (dann) Volla, ihre Schwester;Da besprach ihn Wodan,     wie er es wohl konnte,Sei’s Beinverrenkung,     sei’s Blutverrenkung,Sei’s Gliedverrenkung:Bein zu Beine,     Blut zu Blute,Gelenk zu Gelenken,     als ob geleimt sie seien!

Einst sassen Idise,1sassen nieder hier und dort.

Die hefteten Hafte,     die hemmten das Heer,

Die klaubten     an den Kniefesseln:2

Entspring den Banden,     entfleuch den Feinden!

Phol3und Wodan     ritten zu Walde.

Da ward Balders Pferd     der Fuss verrenket.

Da besprach ihn Sinthgunt,     (dann) Sonne, ihre Schwester;

Da besprach ihn Frija,     (dann) Volla, ihre Schwester;

Da besprach ihn Wodan,     wie er es wohl konnte,

Sei’s Beinverrenkung,     sei’s Blutverrenkung,Sei’s Gliedverrenkung:

Bein zu Beine,     Blut zu Blute,

Gelenk zu Gelenken,     als ob geleimt sie seien!

1.‘Idise’ means ‘women’; here battle-maids similar in character to the Northern valkyries.2.‘Knee-fetters’ for the sake of the alliteration; the original means simply ‘fetters.’3.Phol is probably the same as Balder.

1.‘Idise’ means ‘women’; here battle-maids similar in character to the Northern valkyries.

2.‘Knee-fetters’ for the sake of the alliteration; the original means simply ‘fetters.’

3.Phol is probably the same as Balder.

A Christian prayer in prose, preceded by nine defective verses which probably preserve old epic turns of expression. The dialect is Bavarian, the theme that of PsalmXC, 2. The manuscript dates from the year 814. Wessobrunn was the seat of a Bavarian monastery.

Das erfuhr ich unter dem Volke     als das vornehmste Wunder,Dass Erde nicht war,     noch Überhimmel,Noch Baum (noch Stein?) noch Gebirge war;Dass (Stern?) gar keiner     noch Sonne schien,Noch der Mond leuchtete,     noch das Meer so herrlich.Und als da nichts war     von Enden noch Wenden,Da war der eine     allmächtige Gott,Der Männer mildester,     und manche waren mit ihmGlorreiche Geister.     Und Gott der heilige . . . .

Das erfuhr ich unter dem Volke     als das vornehmste Wunder,

Dass Erde nicht war,     noch Überhimmel,

Noch Baum (noch Stein?) noch Gebirge war;

Dass (Stern?) gar keiner     noch Sonne schien,

Noch der Mond leuchtete,     noch das Meer so herrlich.

Und als da nichts war     von Enden noch Wenden,

Da war der eine     allmächtige Gott,

Der Männer mildester,     und manche waren mit ihm

Glorreiche Geister.     Und Gott der heilige . . . .

Allmächtiger Gott, der du Himmel und Erde geschaffen, und der du den Menschen so vieles Gute verliehen hast, gib mir in deiner Gnade rechten Glauben und guten Willen, Weisheit und Klugheit und Kraft, den Teufeln zu widerstehen und Böses zu vermeiden und deinen Willen zu wirken.

A fragment of 103 alliterating verses written in the Bavarian dialect and dating from the 9th century. The beginning and end of the poem are lost. The extant verses describe the fate of the soul after death and the terrors of the final judgment. The title, which means ‘destruction of the earth,’ was given to the fragment by Schmeller, its first editor (1832). The translation is Bötticher’s.

Lines 31-56: The battle of Elias and Antichrist and the ensuing world-fire.So hört’ ich künden     Kund’ge des Weltrechts,Dass der Antichrist wird     mit Elias streiten.1Der Würger ist gewaffnet,     Streit wird erhoben:Die Streiter so gewaltig,     so wichtig die Sache.35Elias streitet     um das ewige Leben,Will den Rechtliebenden     das Reich stärken;Dabei wird ihm helfen,     der des Himmels waltet.Der Antichrist steht     bei dem Altfeinde,Steht beim Satan;     er2wird ihn2versenken:40Auf der Walstatt     wird er wund hinsinkenUnd in dem Streite     sieglos werden.Doch glauben viele     Gottesgelehrte,Dass Elias auf der Walstatt     Wunden erwerbe.Wenn Elias’ Blut     auf die Erde dann träufelt,45So entbrennen die Berge,     kein Baum mehr stehet,Nicht einer auf Erden,     all Wasser vertrocknet,Meer verschlingt sich,     es schwelt in Lohe der Himmel,Mond fällt,     Mittelgart3brennt,Kein Stein mehr steht.     Fährt Straftag ins Land,50Fährt mit Feuer,     die Frevler zu richten:Da kann kein Verwandter     vor dem Weltbrand4helfen.Wenn der Erdflur Breite     ganz nun verbrennt,Und Feuer und Luft     ganz leer gefegt sind,Wo ist die Mark, wo der Mann     stritt mit den Magen?55Die Stätte ist verbrannt,     die Seele steht bedrängt,Nicht weiss sie, wie büssen:     so wandert sie zur Pein.Lines 73-84: The summons to the last judgment.Wenn laut erhallet     das himmlische Horn,Und sich der Richter     anschickt zur Reise,75Dann erhebt sich mit ihm     gewaltige Heerschar,Da ist alles so kampflich,     kein Mann kann ihm trotzen.So fährt er zur Richtstatt,     wo errichtet der Markstein,Da ergeht das Gericht,     das dorthin man berufen,Dann fahren die Engel     hin über die Marken,80Wecket die Toten,     weisen zum Thinge.Dann wird erstehen     vom Staube männiglich,Sich lösen von Grabes Last;     dann wird das Leben ihm kommen,Dass all seine Sache     er sagen müsse,Und nach seinen Werken     ihm werde das Urteil.

So hört’ ich künden     Kund’ge des Weltrechts,

Dass der Antichrist wird     mit Elias streiten.1

Der Würger ist gewaffnet,     Streit wird erhoben:

Die Streiter so gewaltig,     so wichtig die Sache.

Elias streitet     um das ewige Leben,

Will den Rechtliebenden     das Reich stärken;

Dabei wird ihm helfen,     der des Himmels waltet.

Der Antichrist steht     bei dem Altfeinde,

Steht beim Satan;     er2wird ihn2versenken:

Auf der Walstatt     wird er wund hinsinken

Und in dem Streite     sieglos werden.

Doch glauben viele     Gottesgelehrte,

Dass Elias auf der Walstatt     Wunden erwerbe.

Wenn Elias’ Blut     auf die Erde dann träufelt,

So entbrennen die Berge,     kein Baum mehr stehet,

Nicht einer auf Erden,     all Wasser vertrocknet,

Meer verschlingt sich,     es schwelt in Lohe der Himmel,

Mond fällt,     Mittelgart3brennt,

Kein Stein mehr steht.     Fährt Straftag ins Land,

Fährt mit Feuer,     die Frevler zu richten:

Da kann kein Verwandter     vor dem Weltbrand4helfen.

Wenn der Erdflur Breite     ganz nun verbrennt,

Und Feuer und Luft     ganz leer gefegt sind,

Wo ist die Mark, wo der Mann     stritt mit den Magen?

Die Stätte ist verbrannt,     die Seele steht bedrängt,

Nicht weiss sie, wie büssen:     so wandert sie zur Pein.

Wenn laut erhallet     das himmlische Horn,

Und sich der Richter     anschickt zur Reise,

Dann erhebt sich mit ihm     gewaltige Heerschar,

Da ist alles so kampflich,     kein Mann kann ihm trotzen.

So fährt er zur Richtstatt,     wo errichtet der Markstein,

Da ergeht das Gericht,     das dorthin man berufen,

Dann fahren die Engel     hin über die Marken,

Wecket die Toten,     weisen zum Thinge.

Dann wird erstehen     vom Staube männiglich,

Sich lösen von Grabes Last;     dann wird das Leben ihm kommen,

Dass all seine Sache     er sagen müsse,

Und nach seinen Werken     ihm werde das Urteil.

1.The idea that the last judgment would be preceded by a great battle between Elijah and Antichrist rests upon extra-biblical tradition; but see Mal. iv, 5.2.Der des Himmels waltet, wird den Satan zum Falle bringen.3.The earth; Norsemidgard.4.The original hasmuspille; whence the title.

1.The idea that the last judgment would be preceded by a great battle between Elijah and Antichrist rests upon extra-biblical tradition; but see Mal. iv, 5.

2.Der des Himmels waltet, wird den Satan zum Falle bringen.

3.The earth; Norsemidgard.

4.The original hasmuspille; whence the title.

An Old Saxon Messiad written in the first half of the 9th century (between 814 and 840) for the purpose of familiarizing the lately converted Saxons with the life of Christ. Nothing is known of the author except that he was a learned cleric who had some skill in handling the old alliterative verse, which had now nearly run its course. A few verses are lacking at the end of the poem, which breaks off, with the story nearly all told, at line 5983. The name ‘Heliand,’ Old Saxon for ‘Savior,’ was given to the poem by Schmeller, who edited it in 1830. The selections are from Edmund Behringer’sHeleand, 1898.

Lines 1189-1202: The calling of Matthew to discipleship.Da wanderte des Waltenden Sohn1190Mit den vieren vorwärts;     sich den fünften dann erkorKristus an einer Kaufstätte,     eines Königes Jünger,Einen mutigen, klugen Mann,     Mattheus geheissen,Er war beamteter     edler Männer.Er sollte zu Händen     seines Herrn hier annehmen1195Zins und Zoll.     Treue zeichnete ihn aus,Den angesehenen Adeligen;     alles zusammen verliess er,Gold und Geld,     die Gaben in Menge,Hochwerte Schätze,     und er ward unseres Herrn Dienstmann.Es erkor sich des Königs Degen     Kristus als Herrn,1200Der milderen Gemütes gab,     als der, dessen Mann er war,Ihn, der waltet über diese Welt;     wonnigere Gaben gewährt dieser,Lange währende Lebensfreude.Lines 2006-2048: The turning of water into wine at Cana.Voll Lust waren beisammen     die Landessöhne,Die Helden heiteren Herzens,     hin und her eilten Diener,Schenken mit Schalen     trugen schimmernden WeinIn Krügen und Kannen.     Gross war der Kühnen Jubel,2010Beseliget in dem Saale.     Da dort unter sich auf seinen SitzenAm fröhlichsten das Volk     sein Freudengetön erhob;Als der Wonne voll sie waren,     da gebrach es ihnen an Wein,Den Landeskindern an Lautertrank,1nichts war übrig gelassenIrgendwo in dem Hause,     was vor die Heerschar fürder2015Die Schenken trügen,     sondern die Schäffer2warenDes Lautertrankes leer.     Da war es nicht lange hernach,Dass dieses sofort erfuhr     der Frauen schönste,Kristi Mutter;     sie kam, mit ihrem Kinde zu sprechen,Mit ihrem Sohne selbst,     sie sagte ihm sogleich,2020Dass da die Wehrhaften     nicht mehr des Weines hättenFür die Gäste beim Gastmahle;     bittend begehrte sie,Dass hiefür der heilige Krist     Hilfe schüfeDen Wehrhaften zu Willen.     Da hatte hinwieder sein Wort bereitDer mächtige Gottessohn,     und zu seiner Mutter sprach er:2025“Was liegt dir und mir     an dieser Mannen Trank,An dieses Festvolkes Wein?     Warum sprichst du, Frau, hierüber so viel,Mahnst mich vor dieser Menge?     Noch sind meineZeiten nicht gekommen!”Dann hegte doch sicheres ZutraunIn ihres Herzens Tiefe     die heilige Jungfrau,2030Dass nach diesen Worten     des Waltenden Sohn,Der Heilande bester,     helfen wollte.Es trug da auf den Amtleuten     der Edelfrauen schönste,Den Schenken und Schöpfwarten,     die dort den Scharen aufwarten sollten,Nicht von Wort noch Werk     irgendwas zu unterlassen,2035Was sie der heilige Krist     heissen würdeZu leisten vor den Landessöhnen.     Leer standen dortDer Steinfässer sechse;     da gebot so stilleDer mächtige Gottessohn,     so es der Männer vieleIn Wahrheit nicht wussten,     wie er es mit seinen Worten gesprochen;2040Er hiess die Schenken da     mit schimmerndem WasserFüllen die Gefässe     und hat dies da mit seinen Fingern dortSelber gesegnet;     mit seinen HändenVerwandelt’ er Wasser in Wein.     Er liess aus den weiten GefässenSchöpfen mit einer Schale;     und zu den Schenken sprach er da,2045Hiess sie von den Gästen,     die bei dem Gastmahle waren,Dem Hehrsten     in die Hand gebenEin volles Gefäss, dem,     der über das Volk dortDem Wirte zunächst gewaltet.Lines 2235-2264: The stilling of the storm on the sea of Galilee.2235Da hiess er die anderen WehrmännerWeiter wandern;     und mit wenigen nur bestiegEinen Kahn     Kristus, der Heiland,Schlummermüde zu schlafen.     Die Segel liessen schwellenDie wetterweisen Wehrmänner,     leiteten den Wind hinein,2240Trieben auf dem Meerstrom,     bis in die Mitte kamDer Waltende mit seinen Wehrhaften.     Da begann des Wetters Gewalt,Stürme stiegen auf,     die Stromfluten wuchsen,Her schwang sich Wolkengeschwirr,     es schäumte der See,Es wütete Wind und Wogen;     die Wehrmänner bangten,2245Das Meer war wildmutig,     nicht wähnte der Männer einerLänger zu leben.     Da eilten sie, den LandeswartZu wecken mit ihren Worten     und wiesen ihm des Wetters Wut,Baten, dass ihnen hilfreich     würde Kristus, der Heiland,Wider die Wasser,     oder “wir werden hier in Weh und Angst2250Versinken in diesem See.”     Selbst erhob sichDer gute Gottessohn,     gnädig sprach er zu seinen Getreuen,Forderte sie auf bei der Wellen Aufruhr     die Angst zu besiegen:“Warum seid ihr so in Furcht?     Noch nicht ist gefestigt euer Herz,Euer Glaube zu gering;     vergehen wird kurze Zeit,2255Und stille wird werden     die Sturmflut,Wonnesam der Lüfte Wehen.”     Da sprach zu dem Winde erUnd zu dem See ebenso     und hiess sie sanfter sichBeide gebaren.     Seinem Gebote gehorchten sie,Dem Worte des Waltenden;     die Wellen wurden stille,2260Friedlich die Flut.     Da fing das Volk unter sich an,Die Wehrhaften, sich zu wundern;     manche fragten mit Worten,Was das für ein so mächtiger     unter den Männern wäre,Dass ihm so der Wind und die Woge     auf sein Wort gehorchten,Beide seinem Gebote.Lines 4858-4931: The smiting of Malchus by Simon Peter.Die weisen Männer standenIn tiefem Kummer,     Kristi Jünger,4860Vor dem Frevel der Frechheit     und zu ihrem Fürsten riefen sie:“Wäre es dein Wille,” sagten sie,     “waltender Herr,Dass durch des Speeres Spitze     wir sterben sollten,Wund durch die Waffen,     dann wäre für uns nichts so wertvoll,Als dass wir hier für unsern Herrn     hinsinken müssten,4865Erbleicht im Kampfbegier.”     Erbost wurde daDer schnelle Schwertdegen,     Simon Petrus,Mächtig wallte ihm innen sein Mut,     dass er nicht vermochte ein Wort zu sprechen;So harmvoll war ihm um das Herz,     dass man seinen Herrn daBinden wollte.     Erbost schritt er dahin,4870Der treugemute Degen,     zu treten vor seinen Fürsten,Hart vor seinen Herrn;     nicht war sein Herz in Zweifel,Nicht blöde in seiner Brust,     sondern sein Beil zog er,Das scharfe, an seiner Seite,     schlug es entgegenDem vordersten der Feinde     mit der Fäuste Kraft.4875Da ward Malchus     durch des Beiles MachtAn der rechten Seite     gerötet durch die Waffe,Das Gehör ward ihm verhauen,     an dem Haupte wurde er wund,Dass die Todeswunde     traf Kinn und Ohr,Das Bein zerbarst.     Blut sprang nach,4880Wallend aus der Wunde.     Da war schartig an seinen WangenDer vorderste der Feinde;     da schaffte das Volk Raum,Des Beiles Biss fürchtend.     Da sprach aber der Gottgeborene,Selber zu Simon Petrus,     hiess sein Schwert ihn stecken,Das scharfe, in die Scheide:     “Wenn ich gegen diese Schar,” sprach er,4885“Gegen dieser Männer Ansturm     Kampfweise wollte üben,Dann mahnte ich den erlauchten,     mächtigen Gott,Den heiligen Vater     im Himmelreiche,Dass er mir zahlreiche Engel     von oben sendete,Kampfeskundige;     ihrer Waffen Kraft würden nimmer4890Diese Männer ertragen.     Keine Macht stünde je, selbstgeeint,So fest unter den Völkern,     dass ihm das Leben gefristetWerden möchte;     aber es hat der waltende Gott,Der allmächtige Vater,     es anders geordnet,Dass wir mit Milde ertragen alles,     was uns diese Männerschar4895Bitteres bringet.     Nimmer sollen erbostWir uns wehren wider den Angriff,     weil jeder, der Waffenhass,Grimmen Gerkampf,     gerne üben will,Oft hinschwindet     durch des Schwertes Schärfe,Blutigen Todes stirbt;     durch unsere TatenSoll nichts verwüstet werden.”4900Hinschritt er da zu dem wunden Manne,Fügte mit Vorsicht     das Fleisch zusammen,Die Wunde am Haupte,     dass sofort geheilet wardDes Beiles Biss,     und es sprach der GottgeboreneZu der wütenden Wehrschar:     “Wunder dünket mich mächtig,” sprach er,4905“Wenn ihr meinem Leben     was Leides wolltet tun,Warum ihr mich nicht fasstet,     da ich unter eurem Volke stand,In dem Weihtume innen     und Worte so zahlreich,Wahrhaftige, sagte.     Da war Sonnenschein,Trauliches Tageslicht,     da wolltet ihr mir nichts tun4910Leides in diesem Lichte,     und nun leitet ihr mir eure Leute zuIn düsterer Nacht,     so man Dieben tuet,Wenn man sie fahen will,     die Frevler, die da habenVerwirket ihr Leben.”Das Wehrtum der JudenErgriff nun den Gottessohn,     das grimme Volk,4915Der Hassenden Haufe,     die Heerschar umdrängte ihnDer übermütigen Männer,     nicht achteten sie die Missetat,Hefteten mit eisenharten Banden     seine Hände zusammen,Seine Arme mit Fesseln.     Nicht war ihm so furchtbare PeinZu ertragen Not,     Todesqual4920Zu erdulden, solche Marter;     aber für die Menschheit tat er es,Weil die Erdgeborenen     er wollte erlösen,Heil entnehmen der Hölle     für das Himmelreich,Für die weite Welt des Wohlseins;     deshalb widersprach er auch nichtDem, was mit trotzigem Willen     sie ihm wollten antun.4925Da wurde darüber frech     das übermütige Volk der Juden,Die Heerschar wurde hochmütig,     weil sie Kristus den Heiligen,In leidigen Banden     hinleiten konnte,Führen in Fesseln.     Die Feinde schritten wiederVon dem Berge zu der Burg,     es ging der Gottgeborene4930Unter dem Haufen,     an den Händen gebunden,Trauernd zu Tale.

Da wanderte des Waltenden Sohn

Mit den vieren vorwärts;     sich den fünften dann erkor

Kristus an einer Kaufstätte,     eines Königes Jünger,

Einen mutigen, klugen Mann,     Mattheus geheissen,

Er war beamteter     edler Männer.

Er sollte zu Händen     seines Herrn hier annehmen

Zins und Zoll.     Treue zeichnete ihn aus,

Den angesehenen Adeligen;     alles zusammen verliess er,

Gold und Geld,     die Gaben in Menge,

Hochwerte Schätze,     und er ward unseres Herrn Dienstmann.

Es erkor sich des Königs Degen     Kristus als Herrn,

Der milderen Gemütes gab,     als der, dessen Mann er war,

Ihn, der waltet über diese Welt;     wonnigere Gaben gewährt dieser,

Lange währende Lebensfreude.

Voll Lust waren beisammen     die Landessöhne,

Die Helden heiteren Herzens,     hin und her eilten Diener,

Schenken mit Schalen     trugen schimmernden Wein

In Krügen und Kannen.     Gross war der Kühnen Jubel,

Beseliget in dem Saale.     Da dort unter sich auf seinen Sitzen

Am fröhlichsten das Volk     sein Freudengetön erhob;

Als der Wonne voll sie waren,     da gebrach es ihnen an Wein,

Den Landeskindern an Lautertrank,1nichts war übrig gelassen

Irgendwo in dem Hause,     was vor die Heerschar fürder

Die Schenken trügen,     sondern die Schäffer2waren

Des Lautertrankes leer.     Da war es nicht lange hernach,

Dass dieses sofort erfuhr     der Frauen schönste,

Kristi Mutter;     sie kam, mit ihrem Kinde zu sprechen,

Mit ihrem Sohne selbst,     sie sagte ihm sogleich,

Dass da die Wehrhaften     nicht mehr des Weines hätten

Für die Gäste beim Gastmahle;     bittend begehrte sie,

Dass hiefür der heilige Krist     Hilfe schüfe

Den Wehrhaften zu Willen.     Da hatte hinwieder sein Wort bereit

Der mächtige Gottessohn,     und zu seiner Mutter sprach er:

“Was liegt dir und mir     an dieser Mannen Trank,

An dieses Festvolkes Wein?     Warum sprichst du, Frau, hierüber so viel,

Mahnst mich vor dieser Menge?     Noch sind meine

Zeiten nicht gekommen!”

Dann hegte doch sicheres Zutraun

In ihres Herzens Tiefe     die heilige Jungfrau,

Dass nach diesen Worten     des Waltenden Sohn,

Der Heilande bester,     helfen wollte.

Es trug da auf den Amtleuten     der Edelfrauen schönste,

Den Schenken und Schöpfwarten,     die dort den Scharen aufwarten sollten,

Nicht von Wort noch Werk     irgendwas zu unterlassen,

Was sie der heilige Krist     heissen würde

Zu leisten vor den Landessöhnen.     Leer standen dort

Der Steinfässer sechse;     da gebot so stille

Der mächtige Gottessohn,     so es der Männer viele

In Wahrheit nicht wussten,     wie er es mit seinen Worten gesprochen;

Er hiess die Schenken da     mit schimmerndem Wasser

Füllen die Gefässe     und hat dies da mit seinen Fingern dort

Selber gesegnet;     mit seinen Händen

Verwandelt’ er Wasser in Wein.     Er liess aus den weiten Gefässen

Schöpfen mit einer Schale;     und zu den Schenken sprach er da,

Hiess sie von den Gästen,     die bei dem Gastmahle waren,

Dem Hehrsten     in die Hand geben

Ein volles Gefäss, dem,     der über das Volk dort

Dem Wirte zunächst gewaltet.

Da hiess er die anderen Wehrmänner

Weiter wandern;     und mit wenigen nur bestieg

Einen Kahn     Kristus, der Heiland,

Schlummermüde zu schlafen.     Die Segel liessen schwellen

Die wetterweisen Wehrmänner,     leiteten den Wind hinein,

Trieben auf dem Meerstrom,     bis in die Mitte kam

Der Waltende mit seinen Wehrhaften.     Da begann des Wetters Gewalt,

Stürme stiegen auf,     die Stromfluten wuchsen,

Her schwang sich Wolkengeschwirr,     es schäumte der See,

Es wütete Wind und Wogen;     die Wehrmänner bangten,

Das Meer war wildmutig,     nicht wähnte der Männer einer

Länger zu leben.     Da eilten sie, den Landeswart

Zu wecken mit ihren Worten     und wiesen ihm des Wetters Wut,

Baten, dass ihnen hilfreich     würde Kristus, der Heiland,

Wider die Wasser,     oder “wir werden hier in Weh und Angst

Versinken in diesem See.”     Selbst erhob sich

Der gute Gottessohn,     gnädig sprach er zu seinen Getreuen,

Forderte sie auf bei der Wellen Aufruhr     die Angst zu besiegen:

“Warum seid ihr so in Furcht?     Noch nicht ist gefestigt euer Herz,

Euer Glaube zu gering;     vergehen wird kurze Zeit,

Und stille wird werden     die Sturmflut,

Wonnesam der Lüfte Wehen.”     Da sprach zu dem Winde er

Und zu dem See ebenso     und hiess sie sanfter sich

Beide gebaren.     Seinem Gebote gehorchten sie,

Dem Worte des Waltenden;     die Wellen wurden stille,

Friedlich die Flut.     Da fing das Volk unter sich an,

Die Wehrhaften, sich zu wundern;     manche fragten mit Worten,

Was das für ein so mächtiger     unter den Männern wäre,

Dass ihm so der Wind und die Woge     auf sein Wort gehorchten,

Beide seinem Gebote.

Die weisen Männer standen

In tiefem Kummer,     Kristi Jünger,

Vor dem Frevel der Frechheit     und zu ihrem Fürsten riefen sie:

“Wäre es dein Wille,” sagten sie,     “waltender Herr,

Dass durch des Speeres Spitze     wir sterben sollten,

Wund durch die Waffen,     dann wäre für uns nichts so wertvoll,

Als dass wir hier für unsern Herrn     hinsinken müssten,

Erbleicht im Kampfbegier.”     Erbost wurde da

Der schnelle Schwertdegen,     Simon Petrus,

Mächtig wallte ihm innen sein Mut,     dass er nicht vermochte ein Wort zu sprechen;

So harmvoll war ihm um das Herz,     dass man seinen Herrn da

Binden wollte.     Erbost schritt er dahin,

Der treugemute Degen,     zu treten vor seinen Fürsten,

Hart vor seinen Herrn;     nicht war sein Herz in Zweifel,

Nicht blöde in seiner Brust,     sondern sein Beil zog er,

Das scharfe, an seiner Seite,     schlug es entgegen

Dem vordersten der Feinde     mit der Fäuste Kraft.

Da ward Malchus     durch des Beiles Macht

An der rechten Seite     gerötet durch die Waffe,

Das Gehör ward ihm verhauen,     an dem Haupte wurde er wund,

Dass die Todeswunde     traf Kinn und Ohr,

Das Bein zerbarst.     Blut sprang nach,

Wallend aus der Wunde.     Da war schartig an seinen Wangen

Der vorderste der Feinde;     da schaffte das Volk Raum,

Des Beiles Biss fürchtend.     Da sprach aber der Gottgeborene,

Selber zu Simon Petrus,     hiess sein Schwert ihn stecken,

Das scharfe, in die Scheide:     “Wenn ich gegen diese Schar,” sprach er,

“Gegen dieser Männer Ansturm     Kampfweise wollte üben,

Dann mahnte ich den erlauchten,     mächtigen Gott,

Den heiligen Vater     im Himmelreiche,

Dass er mir zahlreiche Engel     von oben sendete,

Kampfeskundige;     ihrer Waffen Kraft würden nimmer

Diese Männer ertragen.     Keine Macht stünde je, selbstgeeint,

So fest unter den Völkern,     dass ihm das Leben gefristet

Werden möchte;     aber es hat der waltende Gott,

Der allmächtige Vater,     es anders geordnet,

Dass wir mit Milde ertragen alles,     was uns diese Männerschar

Bitteres bringet.     Nimmer sollen erbost

Wir uns wehren wider den Angriff,     weil jeder, der Waffenhass,

Grimmen Gerkampf,     gerne üben will,

Oft hinschwindet     durch des Schwertes Schärfe,

Blutigen Todes stirbt;     durch unsere Taten

Soll nichts verwüstet werden.”

Hinschritt er da zu dem wunden Manne,

Fügte mit Vorsicht     das Fleisch zusammen,

Die Wunde am Haupte,     dass sofort geheilet ward

Des Beiles Biss,     und es sprach der Gottgeborene

Zu der wütenden Wehrschar:     “Wunder dünket mich mächtig,” sprach er,

“Wenn ihr meinem Leben     was Leides wolltet tun,

Warum ihr mich nicht fasstet,     da ich unter eurem Volke stand,

In dem Weihtume innen     und Worte so zahlreich,

Wahrhaftige, sagte.     Da war Sonnenschein,

Trauliches Tageslicht,     da wolltet ihr mir nichts tun

Leides in diesem Lichte,     und nun leitet ihr mir eure Leute zu

In düsterer Nacht,     so man Dieben tuet,

Wenn man sie fahen will,     die Frevler, die da haben

Verwirket ihr Leben.”

Das Wehrtum der Juden

Ergriff nun den Gottessohn,     das grimme Volk,

Der Hassenden Haufe,     die Heerschar umdrängte ihn

Der übermütigen Männer,     nicht achteten sie die Missetat,

Hefteten mit eisenharten Banden     seine Hände zusammen,

Seine Arme mit Fesseln.     Nicht war ihm so furchtbare Pein

Zu ertragen Not,     Todesqual

Zu erdulden, solche Marter;     aber für die Menschheit tat er es,

Weil die Erdgeborenen     er wollte erlösen,

Heil entnehmen der Hölle     für das Himmelreich,

Für die weite Welt des Wohlseins;     deshalb widersprach er auch nicht

Dem, was mit trotzigem Willen     sie ihm wollten antun.

Da wurde darüber frech     das übermütige Volk der Juden,

Die Heerschar wurde hochmütig,     weil sie Kristus den Heiligen,

In leidigen Banden     hinleiten konnte,

Führen in Fesseln.     Die Feinde schritten wieder

Von dem Berge zu der Burg,     es ging der Gottgeborene

Unter dem Haufen,     an den Händen gebunden,

Trauernd zu Tale.

1.M.H.G.lûtertranc, a sort of spiced claret.2.The ‘vessels’ from which wine was poured into the cups.

1.M.H.G.lûtertranc, a sort of spiced claret.

2.The ‘vessels’ from which wine was poured into the cups.

A fragment, or rather several fragments, of a poetic version of Genesis, contemporary with theHeliandand possibly by the same author. They were discovered at the Vatican Library in 1894 and comprise in all 337 lines. The translation is by Vetter,Die neuentdeckte deutsche Bibeldichtung, 1895.

Lines 27-79; The punishment of Cain.Er wandelte zur Wohnung,     gewirkt war die Sünde,Die bittre am Bruder;     er liess ihn am Boden liegenIn einem tiefen Tale     betäubt im Blute,30Des Lebens ledig;     zur Lagerstatt hatteDen Sand der Geselle.     Da sprach Gott selbst jenen an,Der Waltende, mit seinen Worten—     ihm wallte sein HerzUnmilde dem Mörder—     er fragte ihn, wo er den Mann hätte,Den blutjungen Bruder.     Der Böse drauf sprach—35Er hatte mit seinen Händen     grosse HarmtatFrevelnd gewirkt;     die Welt war so sehrMit Sünden besudelt:—     “Zu sorgen nicht brauch’ ich,Zu wachen, wohin er wandle,     noch wies mich Gott an,Dass ich sein hätte     irgend zu hüten,40Zu warten in der Welt.”     Er wähnte fürwahr,Dass er verhehlen könne     seinem HerrenDie Untat und bergen.     Ihm gab Antwort unser Herr:“Ein Werk vollführtest du,     des fürder dein HerzMag trauern dein Lebtag,     das du tatst mit deinen Händen;45Des Bruders Mörder bist du;     nun liegt er blutig da,Von Wunden weggerafft,     der doch kein einig Werk dir,Kein schlechtes, beschloss;     aber erschlagen hast du ihn,Hast getan ihm den Tod;     zur Erde trieft sein Blut;Die Säfte entsickern ihm,     die Seele entwandelt,50Der Geist, wehklagend,     nach Gottes Willen.Es schreit das Blut zum Schöpfer     und sagt, wer die Schandtat getan,Das Meinwerk in diesem Mittelkreis;     nicht mag ein Mann freveln,Mehr unter den Menschen     in der MännerweltMit bittren Bosheitswerken,     als du an deinem Bruder hast55Untat geübt.”     Da ängstete sichKain nach des Herrn Worten;     er bekannte wohl zu wissen,Nie möge vor dem Allmächtigen     ein Mann, solang die Welt steht,Eine Tat vertuschen:     “So muss ich darob nun betrübten SinnBergen in meiner Brust,     dass ich meinen Bruder schlug60Durch meiner Hände Kraft.     Nun weiss ich, dass ich muss unter deinem Hasse lebenFürder, unter deiner Feindschaft,     da ich diesen Frevel getan.Nun mich meine Schandtat     schwerer dünkt,Die Missetat mächtiger     als die Milde deines Herzens:So bin ich des nicht würdig,     allwaltender Gott,65Dass du die schreckliche     Schuld mir vergebest,Von dem Frevel mich befreiest.     Der Frommheit und TreueVergass mein Herz gegen deine Heiligkeit;     nun weiss ich, dass ich keinen Tag mehr leben kann;Erschlagen wird mich,     wer auf meinem Weg mich findet,Austilgen ob meiner Untat.”     Da gab ihm Antwort selber70Des Himmels Herrscher:     “Hier sollst du fürderNoch leben in diesem Lande.     So leid du allen bist,So befleckt mit Freveln,     doch will ich dir Frieden schaffen,Ein Zeichen an dir setzen,     dass du sicher magstWeilen in dieser Welt,     ob du des auch nicht würdig seist:75Flüchtig doch sollst du friedlos     für und fürLeben in diesem Lande,     solang du dieses Licht schaust;Verfluchen sollen dich die Frommen,     du sollst nicht fürder vor deines Herrn Antlitz treten,Noch Worte mit ihm wechseln;     wallend wirdDie Strafe für den Bruder     dich brennen in der Hölle.”

Er wandelte zur Wohnung,     gewirkt war die Sünde,

Die bittre am Bruder;     er liess ihn am Boden liegen

In einem tiefen Tale     betäubt im Blute,

Des Lebens ledig;     zur Lagerstatt hatte

Den Sand der Geselle.     Da sprach Gott selbst jenen an,

Der Waltende, mit seinen Worten—     ihm wallte sein Herz

Unmilde dem Mörder—     er fragte ihn, wo er den Mann hätte,

Den blutjungen Bruder.     Der Böse drauf sprach—

Er hatte mit seinen Händen     grosse Harmtat

Frevelnd gewirkt;     die Welt war so sehr

Mit Sünden besudelt:—     “Zu sorgen nicht brauch’ ich,

Zu wachen, wohin er wandle,     noch wies mich Gott an,

Dass ich sein hätte     irgend zu hüten,

Zu warten in der Welt.”     Er wähnte fürwahr,

Dass er verhehlen könne     seinem Herren

Die Untat und bergen.     Ihm gab Antwort unser Herr:

“Ein Werk vollführtest du,     des fürder dein Herz

Mag trauern dein Lebtag,     das du tatst mit deinen Händen;

Des Bruders Mörder bist du;     nun liegt er blutig da,

Von Wunden weggerafft,     der doch kein einig Werk dir,

Kein schlechtes, beschloss;     aber erschlagen hast du ihn,

Hast getan ihm den Tod;     zur Erde trieft sein Blut;

Die Säfte entsickern ihm,     die Seele entwandelt,

Der Geist, wehklagend,     nach Gottes Willen.

Es schreit das Blut zum Schöpfer     und sagt, wer die Schandtat getan,

Das Meinwerk in diesem Mittelkreis;     nicht mag ein Mann freveln,

Mehr unter den Menschen     in der Männerwelt

Mit bittren Bosheitswerken,     als du an deinem Bruder hast

Untat geübt.”     Da ängstete sich

Kain nach des Herrn Worten;     er bekannte wohl zu wissen,

Nie möge vor dem Allmächtigen     ein Mann, solang die Welt steht,

Eine Tat vertuschen:     “So muss ich darob nun betrübten Sinn

Bergen in meiner Brust,     dass ich meinen Bruder schlug

Durch meiner Hände Kraft.     Nun weiss ich, dass ich muss unter deinem Hasse leben

Fürder, unter deiner Feindschaft,     da ich diesen Frevel getan.

Nun mich meine Schandtat     schwerer dünkt,

Die Missetat mächtiger     als die Milde deines Herzens:

So bin ich des nicht würdig,     allwaltender Gott,

Dass du die schreckliche     Schuld mir vergebest,

Von dem Frevel mich befreiest.     Der Frommheit und Treue

Vergass mein Herz gegen deine Heiligkeit;     nun weiss ich, dass ich keinen Tag mehr leben kann;

Erschlagen wird mich,     wer auf meinem Weg mich findet,

Austilgen ob meiner Untat.”     Da gab ihm Antwort selber

Des Himmels Herrscher:     “Hier sollst du fürder

Noch leben in diesem Lande.     So leid du allen bist,

So befleckt mit Freveln,     doch will ich dir Frieden schaffen,

Ein Zeichen an dir setzen,     dass du sicher magst

Weilen in dieser Welt,     ob du des auch nicht würdig seist:

Flüchtig doch sollst du friedlos     für und für

Leben in diesem Lande,     solang du dieses Licht schaust;

Verfluchen sollen dich die Frommen,     du sollst nicht fürder vor deines Herrn Antlitz treten,

Noch Worte mit ihm wechseln;     wallend wird

Die Strafe für den Bruder     dich brennen in der Hölle.”

A Messiad written in the dialect of the southern Rhenish Franks and comprising some 15,000 lines in five books. It was completed after years of toil about 870. Its author, a monk of Weissenburg in Alsatia, is the earliest German author whose name is known and the first to employ rime or assonance in place of alliteration. The selections are from the translation in Bötticher and Kinzel’sDenkmäler, II, 3, in which the crude assonances of the pioneer are replaced by regular modern rimes.

Book I, section 1, lines 1-34: Otfried tells why he wrote in German.Es hat viel Leute schon gegeben,     die waren stark in dem Bestreben,Durch Bücherschreiben zu bereiten     sich gut Gerücht für alle Zeiten;Und darauf auch gerichtet war     ihr starkes Sehnen immerdar,Dass man in Büchern es erzählte,     wie ihnen Tatenlust nicht fehlte.5Dazu verlangte ihre Ehre,     dass auch ihr Scharfsinn sichtbar wäre,So wie der Anmut schöne Feinheit     in ihres Dichtens klarer Reinheit.Sie haben alles, wie’s sich schickt,     sorgsam und kunstvoll ausgedrückt,Und haben’s gut herausgefunden—     zwar dunkel scheint’s, doch wohl verbunden—Wodurch es dann auch dazu kam,     dass jedermann sie gern vernahm,10Und wer daran Gefallen fand,     des Witz sich übte und Verstand.Wie leicht wohl könnte man dafür     gar vieler Leute Namen hierAufzählen und besonders nennen,     von denen wir die Bücher kennen.Griechen und Römer, hochberühmt,     die machen’s, wie es sich geziemt,Und haben’s also hergestellt,     wie es dir immer wohlgefällt.15Sie machen’s nach dem rechten Mass     und schlecht und recht ohn’ Unterlass;So muss es denn ein Ganzes sein,     grad’ so, als wär’s aus Elfenbein.Wenn man die Taten so erzählt,     die Lust zum Leben keinem fehlt.Und willst du dich zur Dichtung kehren,     so wirst du deine Einsicht mehren.So wohl der Prosa schlichtes Wesen     wirst mit Genuss du immer lesen,20Als auch des Metrums feine Zier     ist eine reine Freude dir.Sie machen es mit vieler Süsse     und messen gut der Verse Füsse,Ob kurz, ob lang sie müssen sein,     auf dass es würde glatt und fein.Auch darauf stets ihr Trachten geht,     dass jede Silbe sicher steht,Und dass ein jeder Vers so klingt,     wie jeder Versfuss es bedingt.25Sie zählen mit Genauigkeit     die Läng’ und Kürze jeder Zeit,Und sichre Grenzen sind gezogen,     wonach das Silbenmass gewogen.Auch säubern sie’s mit rechter Reinheit     und auch mit ausgesuchter Feinheit,So wie ein Mann mit Fleiss und Treu’     die Körner sondert von der Spreu.Ja, selbst den heil’gen Büchern geben     sie eine Versform rein und eben,30Kein Fehler findet sich darin,     so liest du es mit frohem Sinn.—Nun, da so viele es betreiben,     dass sie in eigner Zunge schreiben,Und da sie eifrig danach streben,     sich selber rühmend zu erheben,Wie sollten da die Franken zagen,     auch selber den Versuch zu wagen,Dass sie’s mit Eifer dahin bringen,     auf Fränkisch Gottes Lob zu singen?35Zwar ist der Sprache nicht bekannt     der Regeln festgefügtes Band,Doch fehlt der grade Ausdruck nicht,     noch auch die Einfalt schön und schlicht.I, 1, lines 59-90: The same theme continued; Otfried praises the Franks.Sie sind genau so unverzagt,     wie man es von den Römern sagt.60Auch darf man nicht zu sagen wagen,     dass kühnern Mut die Griechen tragen.Ganz ebenso ist es bewandt     mit ihrem Wissen und Verstand.Sie sind voll Mut und Tapferkeit     an jedem Ort, zu jeder Zeit,Viel Macht und Ansehn haben sie,     und Kühnheit fehlet ihnen nie.Zum Schwerte greifen sie verwegen,     das ist die Art der wackern Degen.65Vollauf versehn und wohl im Stande,     so wohnen sie in reichem Lande.Von alters her ihr Gut sich mehrt,     derhalben sind sie hochgeehrt.Gar schön und fruchtbar ist ihr Land;     wem wäre dies nicht wohlbekannt?Es gibt dort vielerlei Gewinnst—     es ist nicht eigenes Verdienst—Dort kann man Erz und Kupfer haben,     das zum Gebrauche wird gegraben.70Und denket nur, wie wunderbar!     Eissteine1gibt es dort sogar.Und von Metallen man noch füge     dazu das Silber zur Genüge;Auch lesen sie daselbst im Land     Gold, das sie finden in dem Sand.Es ist ihr Sinnen fest und stet,     das immer nur aufs Gute geht,Und ist zum Nutzen hingewandt,     so wie sie’s lehret ihr Verstand.75Sie sind zu jeder Zeit bereit,     zu schützen sich vor Feindes Neid;Der mag nichts gegen diese wagen,     zu Boden wird er stets geschlagen.Kein Volk gibt’s, das ihr Land berührt,     das ihre Gegenwart nicht spürt;Sie dienen ihnen notgedrungen,     von ihrer Tüchtigkeit bezwungen.Sie haben alles Volk besiegt,     wo nicht die See dazwischen liegt.80Nach Gottes Willen und Gedanken     hat jedermann Furcht vor den Franken,Da nirgendwo ein Volk wohl lebt,     das da nach Kampf mit jenen strebt.Den Feinden haben sie mit Waffen     Beweise oft genug geschaffenUnd haben gründlich sie belehrt     nicht mit dem Wort, nein, mit dem Schwert,Mit Speeren scharf und spitz geschliffen,     deshalb hat alle Furcht ergriffen.85Kein Volk gibt’s, das nicht deutlich wüsste:     trägt es nach Frankenkrieg Gelüste,Dann sinken sie dahin geschwind,     wenn’s Meder auch und Perser sind!Ich las dereinst in einem Buch     und weiss es drum genau genug:Ganz eng verwandt sind mit einander     das Frankenvolk und Alexander,Der aller Welt ein Schrecknis war,     die er besiegte ganz und gar,90Die er darnieder zwang und band     mit seiner allgewalt’gen Hand.I, 17, lines 9-62: The Magi and the star of Bethlehem.Da kamen Leute in das Land     von Osten, denen war bekannt10Der Sonne und der Sterne Lauf;     denn all ihr Sinnen ging darauf.Nun fragten diese nach dem Kind     bei der Gelegenheit geschwindUnd kündeten zugleich die Märe,     dass dieses Kind der König wäre,Und forschten eifrig immerfort     nach dieses Knaben HeimatortMit stetem Bitten und mit Fragen,     man möcht’ es ihnen doch ja sagen15Und auch die Wegfahrt zeigen an,     auf der zum Kind man kommen kann.Nun sprachen sie auch von dem Zeichen,     das seltsam war und ohnegleichen,Dass hier von einer Jungfrau zart     jemals ein Mensch geboren ward,Und dass ein Zeichen schön und klar     im Himmelsraum erschienen war.Sie sagten, dass sie hoch und fern     plötzlich erblickten einen Stern,20Und machten ruchbar laut und frei,     dass dies der Stern des Herren sei:“Sein Stern sich uns gezeiget hat,     wenn wir auch irrten2in der Stadt,Wir sind gekommen anzubeten,     dass seine Gnade wir anflehten.So ist uns denn im Osten fern     daheim erschienen dieser Stern.Lebt nun wohl einer hier im Land,     dem davon etwas ist bekannt?25So viel wir Sterne auch gezählt,     der hat bis jetzt uns stets gefehlt;Derhalben glauben alle wir,     ein neuer König zeigt sich hier.Das haben Greise uns gelehrt     zu Hause, klug und hochgeehrt;Nun bitten wir euch vorzutragen,     was eure Bücher davon sagen.”Als nun zum König selbst sofort     die Kunde drang von diesem Wort,30Ward durch die Nachricht er sogleich     von Angst erfüllt und schreckensbleich,Und auch so mancher andre Mann     daraus viel Traurigkeit gewann.Die hörten ungern und mit Schmerzen,     was uns mit Freude füllt die Herzen.Die weisen Schriftgelehrten dort     versammelten sich dann sofortUnd forschten, wo auf dieser Erde     wohl Christ der Herr geboren werde,35Und wandten sich in diesen Tagen     auch an die Priester mit den Fragen.Doch mocht’ er arm sein oder reich,     stets lautete die Antwort gleich.Sie nannten ihm sogleich die Stadt,     wie’s früher schon bezeuget hatVom alten Bunde manch Prophet,     so wie es aufgeschrieben steht.Als es ihm so ward offenbar,     wo Christ der Herr geboren war,40Ersann er schnell und fürchterlich     nun eine grosse Bosheit sich.Er liess die Weisen zu sich kommen     von denen ihr durch mich vernommen,Die fing er heimlich an zu fragen     und ohne andern es zu sagenUnd forschte dann mit Emsigkeit     nach dieses Sternes AnkunftszeitUnd bat sie selber zu ergründen,     wo wohl das Kindlein sei zu finden:45“Vergesst nicht, mir zu offenbaren     den Weg, den dieser Stern wird fahren,Und reiset dann an jenen Ort     und fraget nach dem Kindlein dort.Wenn ihr dort angekommen seid,     dann forscht nach ihm mit EmsigkeitUnd tut es schleunig mir zu wissen,     der Arbeit seid nur recht beflissen;Ich bete ihn dann selber an,     dazu riet mir gar mancher Mann,50Auf dass ich selber danach strebe,     dass ich dem Kind Geschenke gebe.”Wie kläglich jener Mann da log     und gegen Recht und Wahrheit trog!Er wünschte, dass der Heiland stürbe,     dass unser Segen so verdürbe!Als sie gehört des Königs Wort     und nach dem Ziele eilten fort,Da zeigte ihnen sich von fern     sogleich der wunderbare Stern!55Wie waren sie da hochentzückt,     als sie ihn alsobald erblickt!Erfreut versäumten sie es nicht,     ihn zu behalten im Gesicht,Er führte sie auch dorthin klar,     wo Gottes Kind zu finden war.Und da, wo ging des Sternes Bogen,     sind sie ihm willig nachgezogen;Da haben sie das Haus gesehn     und nicht gezögert hinzugehn.60Da fanden sie denn auch geschwind     die Mutter mit dem guten KindUnd fielen eilig vor ihm nieder,     die guten Männer, treu und bieder;Sie beteten das Kindlein an     und baten es um Gnade dann.I, 18, lines 1-34: Symbolical meaning of the return of the Magi.Daran ermahnt uns diese Reise,     dass auch wir selbst in gleicher WeiseMit Eifer dafür Sorge tragen,     das Land der Heimat zu erfragen.Doch ist dies, glaub’ ich, nicht bekannt:     das Paradies wird es genannt.Hoch rühmen ich es kann und muss,     doch fehlet mir der Rede Fluss.5Und wenn auch jedes meiner Glieder     Rede und Sprache gäbe wieder,So hätt’ ich’s niemals unternommen,     mit seinem Lob zu End’ zu kommen.Doch siehst du’s nicht mit eignen Augen,     was können meine Worte taugen?Und selbst dann wird sehr viel dran fehlen,     dass du es könntest her erzählen.Dort gibt es Leben ohne Tod,     Licht ohne Finsternis und Not,10Dazu der Engel schöne Schar     und sel’ge Minne immerdar.Das haben selbst wir aufgegeben,     des müssen wir in Trauer leben,Und innen muss uns heimatwärts     sich klagend sehnen unser Herz.Sind wir doch selbst herausgegangen,     in unserm Übermut befangen,Denn uns verlockte leis’ und stille     des Herzens eigner böser Wille.15Wir haben Schuld auf uns geladen,     das ist jetzt klar zu unserm Schaden.Nun weinen wir im fremden Land,     von Gott verstossen und verbannt.Ja, unbenutzt liegt und verloren     das Erbgut, das für uns erkoren.Nichts nützt uns dieses grosse Gut,     das macht nur unser Übermut.So wird denn, ach! von uns entbehrt     das Schöne, das uns war beschert,20Wir müssen bittre Zeiten dulden     von nun an nur durch unsre Schulden.Viel Leid ist uns und Not bekannt     mit Schmerzen hier in diesem Land,Voll Wunden sind wir und voll Pein     um unsre Missetat allein,Viel Elend und Mühseligkeit,     das ist hier stets für uns bereit.Zur Heimat können wir nicht reisen,     wir jammervollen, armen Waisen.25O weh, du fremdes Schreckensland,     wie hab’ ich dich als hart erkannt!Ach, wie so schwer ertrag’ ich dich,     das sage ich dir sicherlich!Nur Müh’ und Not wird dem gegeben,     der nicht kann in der Heimat leben.Ich hab’s erfahren ja an mir,     nichts Liebes fand ich je an dir.Ich fand an dir kein ander Gut     als Jammer und betrübten Mut,30Ein tief verwundet, wehes Herz     und mannigfaches Leid und Schmerz!Doch kommt uns einmal in den Sinn,     dass uns verlangt zur Heimat hin,Und hat sich unser Herz gewandt     voll Sehnsucht nach dem Vaterland,Dann fahren wir, wie jene Mannen,     auf andrer Strasse gleich von dannen,Auf dem Weg, welcher führt allein     in unser Vaterland hinein.

Es hat viel Leute schon gegeben,     die waren stark in dem Bestreben,

Durch Bücherschreiben zu bereiten     sich gut Gerücht für alle Zeiten;

Und darauf auch gerichtet war     ihr starkes Sehnen immerdar,

Dass man in Büchern es erzählte,     wie ihnen Tatenlust nicht fehlte.

Dazu verlangte ihre Ehre,     dass auch ihr Scharfsinn sichtbar wäre,

So wie der Anmut schöne Feinheit     in ihres Dichtens klarer Reinheit.

Sie haben alles, wie’s sich schickt,     sorgsam und kunstvoll ausgedrückt,

Und haben’s gut herausgefunden—     zwar dunkel scheint’s, doch wohl verbunden—

Wodurch es dann auch dazu kam,     dass jedermann sie gern vernahm,

Und wer daran Gefallen fand,     des Witz sich übte und Verstand.

Wie leicht wohl könnte man dafür     gar vieler Leute Namen hier

Aufzählen und besonders nennen,     von denen wir die Bücher kennen.

Griechen und Römer, hochberühmt,     die machen’s, wie es sich geziemt,

Und haben’s also hergestellt,     wie es dir immer wohlgefällt.

Sie machen’s nach dem rechten Mass     und schlecht und recht ohn’ Unterlass;

So muss es denn ein Ganzes sein,     grad’ so, als wär’s aus Elfenbein.

Wenn man die Taten so erzählt,     die Lust zum Leben keinem fehlt.

Und willst du dich zur Dichtung kehren,     so wirst du deine Einsicht mehren.

So wohl der Prosa schlichtes Wesen     wirst mit Genuss du immer lesen,

Als auch des Metrums feine Zier     ist eine reine Freude dir.

Sie machen es mit vieler Süsse     und messen gut der Verse Füsse,

Ob kurz, ob lang sie müssen sein,     auf dass es würde glatt und fein.

Auch darauf stets ihr Trachten geht,     dass jede Silbe sicher steht,

Und dass ein jeder Vers so klingt,     wie jeder Versfuss es bedingt.

Sie zählen mit Genauigkeit     die Läng’ und Kürze jeder Zeit,

Und sichre Grenzen sind gezogen,     wonach das Silbenmass gewogen.

Auch säubern sie’s mit rechter Reinheit     und auch mit ausgesuchter Feinheit,

So wie ein Mann mit Fleiss und Treu’     die Körner sondert von der Spreu.

Ja, selbst den heil’gen Büchern geben     sie eine Versform rein und eben,

Kein Fehler findet sich darin,     so liest du es mit frohem Sinn.—

Nun, da so viele es betreiben,     dass sie in eigner Zunge schreiben,

Und da sie eifrig danach streben,     sich selber rühmend zu erheben,

Wie sollten da die Franken zagen,     auch selber den Versuch zu wagen,

Dass sie’s mit Eifer dahin bringen,     auf Fränkisch Gottes Lob zu singen?

Zwar ist der Sprache nicht bekannt     der Regeln festgefügtes Band,

Doch fehlt der grade Ausdruck nicht,     noch auch die Einfalt schön und schlicht.

Sie sind genau so unverzagt,     wie man es von den Römern sagt.

Auch darf man nicht zu sagen wagen,     dass kühnern Mut die Griechen tragen.

Ganz ebenso ist es bewandt     mit ihrem Wissen und Verstand.

Sie sind voll Mut und Tapferkeit     an jedem Ort, zu jeder Zeit,

Viel Macht und Ansehn haben sie,     und Kühnheit fehlet ihnen nie.

Zum Schwerte greifen sie verwegen,     das ist die Art der wackern Degen.

Vollauf versehn und wohl im Stande,     so wohnen sie in reichem Lande.

Von alters her ihr Gut sich mehrt,     derhalben sind sie hochgeehrt.

Gar schön und fruchtbar ist ihr Land;     wem wäre dies nicht wohlbekannt?

Es gibt dort vielerlei Gewinnst—     es ist nicht eigenes Verdienst—

Dort kann man Erz und Kupfer haben,     das zum Gebrauche wird gegraben.

Und denket nur, wie wunderbar!     Eissteine1gibt es dort sogar.

Und von Metallen man noch füge     dazu das Silber zur Genüge;

Auch lesen sie daselbst im Land     Gold, das sie finden in dem Sand.

Es ist ihr Sinnen fest und stet,     das immer nur aufs Gute geht,

Und ist zum Nutzen hingewandt,     so wie sie’s lehret ihr Verstand.

Sie sind zu jeder Zeit bereit,     zu schützen sich vor Feindes Neid;

Der mag nichts gegen diese wagen,     zu Boden wird er stets geschlagen.

Kein Volk gibt’s, das ihr Land berührt,     das ihre Gegenwart nicht spürt;

Sie dienen ihnen notgedrungen,     von ihrer Tüchtigkeit bezwungen.

Sie haben alles Volk besiegt,     wo nicht die See dazwischen liegt.

Nach Gottes Willen und Gedanken     hat jedermann Furcht vor den Franken,

Da nirgendwo ein Volk wohl lebt,     das da nach Kampf mit jenen strebt.

Den Feinden haben sie mit Waffen     Beweise oft genug geschaffen

Und haben gründlich sie belehrt     nicht mit dem Wort, nein, mit dem Schwert,

Mit Speeren scharf und spitz geschliffen,     deshalb hat alle Furcht ergriffen.

Kein Volk gibt’s, das nicht deutlich wüsste:     trägt es nach Frankenkrieg Gelüste,

Dann sinken sie dahin geschwind,     wenn’s Meder auch und Perser sind!

Ich las dereinst in einem Buch     und weiss es drum genau genug:

Ganz eng verwandt sind mit einander     das Frankenvolk und Alexander,

Der aller Welt ein Schrecknis war,     die er besiegte ganz und gar,

Die er darnieder zwang und band     mit seiner allgewalt’gen Hand.

Da kamen Leute in das Land     von Osten, denen war bekannt

Der Sonne und der Sterne Lauf;     denn all ihr Sinnen ging darauf.

Nun fragten diese nach dem Kind     bei der Gelegenheit geschwind

Und kündeten zugleich die Märe,     dass dieses Kind der König wäre,

Und forschten eifrig immerfort     nach dieses Knaben Heimatort

Mit stetem Bitten und mit Fragen,     man möcht’ es ihnen doch ja sagen

Und auch die Wegfahrt zeigen an,     auf der zum Kind man kommen kann.

Nun sprachen sie auch von dem Zeichen,     das seltsam war und ohnegleichen,

Dass hier von einer Jungfrau zart     jemals ein Mensch geboren ward,

Und dass ein Zeichen schön und klar     im Himmelsraum erschienen war.

Sie sagten, dass sie hoch und fern     plötzlich erblickten einen Stern,

Und machten ruchbar laut und frei,     dass dies der Stern des Herren sei:

“Sein Stern sich uns gezeiget hat,     wenn wir auch irrten2in der Stadt,

Wir sind gekommen anzubeten,     dass seine Gnade wir anflehten.

So ist uns denn im Osten fern     daheim erschienen dieser Stern.

Lebt nun wohl einer hier im Land,     dem davon etwas ist bekannt?

So viel wir Sterne auch gezählt,     der hat bis jetzt uns stets gefehlt;

Derhalben glauben alle wir,     ein neuer König zeigt sich hier.

Das haben Greise uns gelehrt     zu Hause, klug und hochgeehrt;

Nun bitten wir euch vorzutragen,     was eure Bücher davon sagen.”

Als nun zum König selbst sofort     die Kunde drang von diesem Wort,

Ward durch die Nachricht er sogleich     von Angst erfüllt und schreckensbleich,

Und auch so mancher andre Mann     daraus viel Traurigkeit gewann.

Die hörten ungern und mit Schmerzen,     was uns mit Freude füllt die Herzen.

Die weisen Schriftgelehrten dort     versammelten sich dann sofort

Und forschten, wo auf dieser Erde     wohl Christ der Herr geboren werde,

Und wandten sich in diesen Tagen     auch an die Priester mit den Fragen.

Doch mocht’ er arm sein oder reich,     stets lautete die Antwort gleich.

Sie nannten ihm sogleich die Stadt,     wie’s früher schon bezeuget hat

Vom alten Bunde manch Prophet,     so wie es aufgeschrieben steht.

Als es ihm so ward offenbar,     wo Christ der Herr geboren war,

Ersann er schnell und fürchterlich     nun eine grosse Bosheit sich.

Er liess die Weisen zu sich kommen     von denen ihr durch mich vernommen,

Die fing er heimlich an zu fragen     und ohne andern es zu sagen

Und forschte dann mit Emsigkeit     nach dieses Sternes Ankunftszeit

Und bat sie selber zu ergründen,     wo wohl das Kindlein sei zu finden:

“Vergesst nicht, mir zu offenbaren     den Weg, den dieser Stern wird fahren,

Und reiset dann an jenen Ort     und fraget nach dem Kindlein dort.

Wenn ihr dort angekommen seid,     dann forscht nach ihm mit Emsigkeit

Und tut es schleunig mir zu wissen,     der Arbeit seid nur recht beflissen;

Ich bete ihn dann selber an,     dazu riet mir gar mancher Mann,

Auf dass ich selber danach strebe,     dass ich dem Kind Geschenke gebe.”

Wie kläglich jener Mann da log     und gegen Recht und Wahrheit trog!

Er wünschte, dass der Heiland stürbe,     dass unser Segen so verdürbe!

Als sie gehört des Königs Wort     und nach dem Ziele eilten fort,

Da zeigte ihnen sich von fern     sogleich der wunderbare Stern!

Wie waren sie da hochentzückt,     als sie ihn alsobald erblickt!

Erfreut versäumten sie es nicht,     ihn zu behalten im Gesicht,

Er führte sie auch dorthin klar,     wo Gottes Kind zu finden war.

Und da, wo ging des Sternes Bogen,     sind sie ihm willig nachgezogen;

Da haben sie das Haus gesehn     und nicht gezögert hinzugehn.

Da fanden sie denn auch geschwind     die Mutter mit dem guten Kind

Und fielen eilig vor ihm nieder,     die guten Männer, treu und bieder;

Sie beteten das Kindlein an     und baten es um Gnade dann.

Daran ermahnt uns diese Reise,     dass auch wir selbst in gleicher Weise

Mit Eifer dafür Sorge tragen,     das Land der Heimat zu erfragen.

Doch ist dies, glaub’ ich, nicht bekannt:     das Paradies wird es genannt.

Hoch rühmen ich es kann und muss,     doch fehlet mir der Rede Fluss.

Und wenn auch jedes meiner Glieder     Rede und Sprache gäbe wieder,

So hätt’ ich’s niemals unternommen,     mit seinem Lob zu End’ zu kommen.

Doch siehst du’s nicht mit eignen Augen,     was können meine Worte taugen?

Und selbst dann wird sehr viel dran fehlen,     dass du es könntest her erzählen.

Dort gibt es Leben ohne Tod,     Licht ohne Finsternis und Not,

Dazu der Engel schöne Schar     und sel’ge Minne immerdar.

Das haben selbst wir aufgegeben,     des müssen wir in Trauer leben,

Und innen muss uns heimatwärts     sich klagend sehnen unser Herz.

Sind wir doch selbst herausgegangen,     in unserm Übermut befangen,

Denn uns verlockte leis’ und stille     des Herzens eigner böser Wille.

Wir haben Schuld auf uns geladen,     das ist jetzt klar zu unserm Schaden.

Nun weinen wir im fremden Land,     von Gott verstossen und verbannt.

Ja, unbenutzt liegt und verloren     das Erbgut, das für uns erkoren.

Nichts nützt uns dieses grosse Gut,     das macht nur unser Übermut.

So wird denn, ach! von uns entbehrt     das Schöne, das uns war beschert,

Wir müssen bittre Zeiten dulden     von nun an nur durch unsre Schulden.

Viel Leid ist uns und Not bekannt     mit Schmerzen hier in diesem Land,

Voll Wunden sind wir und voll Pein     um unsre Missetat allein,

Viel Elend und Mühseligkeit,     das ist hier stets für uns bereit.

Zur Heimat können wir nicht reisen,     wir jammervollen, armen Waisen.

O weh, du fremdes Schreckensland,     wie hab’ ich dich als hart erkannt!

Ach, wie so schwer ertrag’ ich dich,     das sage ich dir sicherlich!

Nur Müh’ und Not wird dem gegeben,     der nicht kann in der Heimat leben.

Ich hab’s erfahren ja an mir,     nichts Liebes fand ich je an dir.

Ich fand an dir kein ander Gut     als Jammer und betrübten Mut,

Ein tief verwundet, wehes Herz     und mannigfaches Leid und Schmerz!

Doch kommt uns einmal in den Sinn,     dass uns verlangt zur Heimat hin,

Und hat sich unser Herz gewandt     voll Sehnsucht nach dem Vaterland,

Dann fahren wir, wie jene Mannen,     auf andrer Strasse gleich von dannen,

Auf dem Weg, welcher führt allein     in unser Vaterland hinein.


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