Chapter 20

1.Tunkins Nest, the edible birds’-nests of Tonkin, as a type of imported luxury.2.Scheinbarer=glänzender.3.Errinnt=geht auf.4.Schwirrend=klirrend, ‘clanking,’ or possibly with reference to the ‘whizzing’ of iron missiles.LXVI. EWALD VON KLEISTA Prussian soldier-poet (1715-1759) who fell at the battle of Kunersdorf. His temperament and the circumstances of his early life disposed him to melancholy; so that he readily came under the spell of Haller, Thomson, and the other poets who extolled nature and the simple life as a refuge from the badness of civilization. His best known production is the fragment calledSpring(1749), in which fine passages of personal feeling are interwoven with detailed descriptions that are sometimes a little tedious. The text follows Muncker’s edition in Kürschner’sNationalliteratur, Vol. 45.1Das Landleben.O Freund,1wie selig ist der Mann zu preisen,Dem kein Getümmel, dem kein schwirrend Eisen,Kein Schiff, das Beute, Mast und Bahn verlieret,Den Schlaf entführet!5Der nicht die Ruhe darf in Berge senken,Der fern von Purpur, fern von Wechselbänken,In eignen Schatten, durch den West gekühlet,Sein Leben fühlet.Er lacht der Schlösser, von Geschütz bewachet,10Verhöhnt den Kummer, der an Höfen lachet,Verhöhnt des Geizes in verschlossnen MaurenTörichtes Trauren.Sobald Aurora, wenn der Himmel grauet,Dem Meer entsteigend, lieblich abwärts schauet,15Flieht er sein Lager, ohn’ verzärtelt Schmücken,Mit gleichen Blicken.Er lobt den Schöpfer, hört ihm Lerchen singen,Die durch die Lüfte sich dem Aug entschwingen,Hört ihm vom Zephyr, lispelnd auf den Höhen,20Ein Loblied wehen.Er schaut auf Rosen Tau wie Demant blitzen;Schaut über Wolken von der Berge Spitzen,Wie schön die Ebne, die sich blau verlieret,Flora gezieret.25Bald zeigt sich fliehend auf des Meeres RückenEin Schiff von weitem den nachfliehnden Blicken,Das sie erst lange gleichsam an sich bindetUnd dann verschwindet.Bald sieht er abwärts, voller Glanz und Prangen,30Noch einen Himmel in den Fluten hangen,Noch eine Sonne Amphitritens GrenzenGrundaus durchglänzen.Er geht in Wälder, wo an Schilf und SträuchenIm krummen Ufer Silberbäche schleichen,35Wo Blüten duften, wo der NachtigallenLustlieder schallen.Jetzt propft er Bäume, leitet Wassergräben,Schaut Bienen schwärmen, führt an Wänden Reben;Jetzt tränkt er Pflanzen, zieht von Rosenstöcken40Schattende Hecken.Eilt dann zur Hütten, (da kein Laster thronet,Die Ruh’ und Wollust unsichtbar bewohnet,)Weil seine Doris, die nur Liebreiz schminket,Ihm freundlich winket.45Kein Knecht der Krankheit mischt für ihn Gerichte;Unschuld und Freude würzt ihm Milch und Früchte.Kein bang Gewissen zeigt ihm Schwert und StrafeIm süssen Schlafe.Freund, lass uns Golddurst, Stolz und Schlösser hassen,50Und Kleinigkeiten Fürsten überlassen!Mein Lange2ruft uns, komm zum Sitz der FreudenIn seine Weiden!2From ‘Spring’: Lines 31-97Ihr, deren zweifelhaft Leben gleich trüben Tagen des WintersOhn’ Licht und Freude verfliesst, die ihr in Höhlen des ElendsDie finstern Stunden verzeufzt, betrachtet die Jugend des Jahres!Dreht jetzt die Augen umher, lasst tausend farbichte Scenen35Die schwarzen Bilder verfärben! Es mag die niedrige Ruhmsucht,Die schwache Rachgier, der Geiz und seufzender Blutdurst sich härmen;Ihr seid zur Freude geschaffen, der Schmerz schimpft Tugend und Unschuld.Saugt Lust und Anmut in euch! Schaut her, sie gleitet im LuftkreisUnd grünt und rieselt im Thal. Und ihr, ihr Bilder des Frühlings,40Ihr blühenden Schönen, flieht jetzt den atemraubenden AushauchVon güldnen Kerkern der Städte! Kommt, kommt in winkende Felder!Kommt, überlasset dem Zephyr die kleinen Wellen der Locken,Seht euch in Seen und Bächen, gleich jungen Blumen des Ufers!Pflückt Morgentulpen voll Tau, und ziert den wallenden Busen!45Hier, wo das hohe Gebirge, bekleidet mit Sträuchen und Tannen,Zur Hälfte den bläulichen Strom, sich drüber neigend, beschattet,Will ich ins Grüne mich setzen auf seinen Gipfel und um michThal und Gefilde beschauen. O, welch ein frohes GewühleBelebt das streifichte Land! Wie lieblich lächelt die Anmut50Aus Wald und Büschen hervor! Ein Zaun von blühenden DornenUmschliesst und rötet ringsum die sich verlierende Weite,Vom niedrigen Himmel gedrückt. Von bunten Mohnblumen laufen,Mit grünem Weizen versetzt, sich schmälernde Beete ins Ferne,Durchkreuzt von blühendem Flachs. Feldrosen-Hecken und Schlehstrauch,55In Blüten gleichsam gehüllt, umkränzen die Spiegel der TeicheUnd sehn sich drinnen. Zur Seite blitzt aus dem grünlichen MeereEin Meer voll güldner Strahlen durch Phöbus’ glänzenden Anblick.Es schimmert sein gelbes Gestade von Muscheln und farbichten Steinen,Und Lieb’ und Freude durchtaumelt in kleiner Fische Geschwadern60Und in den Riesen des Wassers die unabsehliche Fläche.Auf fernen Wiesen am See stehn majestätische Rosse;Sie werfen den Nacken empor und fliehn und wiehern vor Wollust,Dass Hain und Felsen erschallt. Gefleckte Kühe durchwaten,Geführt vom ernsthaften Stier, des Meierhofs büschichte Sümpfe,65Der finstre Linden durchsieht. Ein Gang von Espen und UlmenFührt zu ihm, welchen ein Bach durchblinkt, in Binsen sich windend,Von Reihern und Schwänen bewohnt. Gebirge, die Brüste der Reben,Stehn fröhlich um ihn herum; sie ragen über den Buchwald,Des Hügels Krone, davon ein Teil im Sonnenschein lächelt70Und glänzt, der andere trau’rt im Flor vom Schatten der Wolken.Die Lerche steigt in die Luft, sieht unter sich Klippen und Thäler;Entzückung tönet aus ihr. Der Klang des wirbelnden LiedesErgetzt den ackernden Landmann. Er horcht eine Weile; dann lehnt erSich auf den gleitenden Pflug, zieht braune Felsen ins Erdreich.75Der Sämann schreitet gemessen, giesst gleichsam trockenen RegenVon Samen hinter ihm her. —O, dass der mühsame LandwirtFür sich den Segen nur streute! Dass ihn die Weinstöcke tränktenUnd in den Wiesen für ihn nur bunte Wogen sich wältzten!Allein der frässige Krieg, vom zähnebleckenden Hunger80Und wilden Scharen begleitet, verheert oft Arbeit und Hoffnung.Er stürmet rasend einher, zertritt die nährenden Halmen,Reisst Stab und Reben zu Boden, entzündet Dörfer und WälderFür sich zum flammenden Lustspiel. Wie wenn der Rachen des ÄtnaMit ängstlich-wildem Geschrei, dass Meer und Klippen es hören,85Die Gegend um sich herum, vom untern Donner zerrüttet,Mit Schrecken und Tod überspeit und einer flammenden Sündflut.Ihr, denen zwanglose Völker das Steuer der Herrschaft vertrauen,Führt ihr durch Flammen und Blut sie zur Glückseligkeit Hafen?Was wünscht ihr, Väter der Menschen, noch mehrere Kinder? Ist’s wenig,90Viel Millionen beglücken? Erfordert’s wenige Mühe?O mehrt derjenigen Heil, die eure Fittiche suchen.Deckt sie gleich brütenden Adlern, verwandelt die Schwerter in Sicheln,Lasst güldne Wogen im Meer, fürs Land, durch Schiffahrt sich türmen,Erhebt die Weisheit im Kittel und trocknet die Zähren der Tugend!95Wohin verführt mich der Schmerz? Weicht, weicht, ihr traurigen Bilder!Komm, Muse, lass uns die Wohnung und häusliche Wirtschaft des LandmannsUnd Viehsucht und Gärte betrachten!1.The verses were addressed to Karl Wilhelm Ramier.2.Lange; Samuel Gotthold Lange, a friend of Kleist’s.LXVII. FRIEDRICH VON HAGEDORNA pleasing and popular, but not profound, North German poet of the Gottschedian era (1708-1754). He lived in Hamburg, where he held a comfortable position in a commercial house. His writings consist of songs, odes, fables, epigrams, poetic tales, etc., which reflect an easy-going temperament and commend thecarpe diemphilosophy of Horace. The text of the selections follows Kürschner’sNationalliteratur, Vol. 45.1An die Dichtkunst.Gespielin meiner Nebenstunden,Bei der ein Teil der Zeit verschwunden,Die mir, nicht andern, zugehört:O Dichtkunst, die das Leben lindert!5Wie manchen Gram hast du vermindert,Wie manche Fröhlichkeit vermehrt!Die Kraft der Helden TrefflichkeitenMit tapfern Worten auszubreiten,Verdankt Homer und Maro dir.10Die Fähigkeit, von hohen DingenDen Ewigkeiten vorzusingen,Verliehst du ihnen und nicht mir.Die Lust, vom Wahn mich zu entfernen,Und deinem Flaccus abzulernen,15Wie man durch echten Witz gefällt;Die Lust, den Alten nachzustreben,Ist mir im Zorn von dir gegeben,Wenn nicht mein Wunsch das Ziel erhält.Zu eitel ist das Lob der Freunde:20Uns drohen in der Nachwelt Feinde,Die finden unsre Grösse klein.Den itzt an Liedern reichen ZeitenEmpfehl’ ich diese Kleinigkeiten:Sie wollen nicht unsterblich sein.2Die verliebte Verzweiflung.Gewiss, der ist beklagenswerth,Den seine Göttin nicht erhört,Dem alle Seufzer nichts erwerben.Er muss fast immer schlaflos sein5Und weinen, girren, winseln, schrein,Sich martern und dann sterben.“Grausame Laura,” rief Pedrill,“Grausame, die mein Unglück, will,Für dich muss ich noch heut erblassen.”10Stracks rennet er in vollem LaufBis an des Hauses Dach hinaufUnd guckt dort in die Gassen.Bald, als er Essen sah und roch,Befragt’ er sich: “Wie! leb’ ich noch?”15Und zog ein Messer aus der Scheiden.“O Liebe,” sagt er, “deiner WutWeih’ ich den Mordstahl und mein Blut,”—Und fing an Brot zu schneiden.Nach glücklich eingenomm’nem Mahl20Erwägt er seine LiebesqualUnd will nunmehr durch Gift erbleichen.Er öffnet eine Flasche WeinUnd lässt, des Giftes voll zu sein,Sich noch die zweite reichen.25Hernach verflucht er sein GeschickUnd holet Schemel, Nagel, Strick,Und schwört, nun soll die That geschehen.Doch ach! was kann betrübter sein?Der Strick ist schwach, der Nagel klein,30Der Schemel will nicht stehen.Er wählt noch eine TodesartUnd denkt: “Wer sich ersticht, der spartUnd darf für Gift und Strick nicht sorgen.”Drauf gähnt er, seufzet, eilt zur Ruh,35Kriecht in sein Bett und deckt sich zuUnd schläft bis an den Morgen.3An die Freude.Freude, Göttin edler Herzen,Höre mich!Lass die Lieder, die hier schallen,Dich vergrössern, dir gefallen;5Was hier tönet, tönt durch dich.Muntre Schwester süsser Liebe!Himmelskind!Kraft der Seelen! Halbes Leben!Ach! was kann das Glück uns geben,10Wenn man dich nicht auch gewinnt?Stumme Hüter toter SchätzeSind nur reich.Dem, der keinen Schatz bewachet,Sinnreich scherzt und singt und lachet,15Ist kein karger König gleich.Gieb den Kennern, die dich ehren,Neuen Mut,Neuen Scherz den regen Zungen,Neue Fertigkeit den Jungen,20Und den Alten neues Blut.Du erheiterst, holde Freude!Die Vernunft.Flieh auf ewig die GesichterAller finstern Splitterrichter25Und die ganze Heuchlerzunft.4Das Hühnchen und der Diamant.Ein verhungert Hühnchen fandEinen feinen DiamantUnd verscharrt ihn in den Sand.“Möchte doch, mich zu erfreun,”Sprach es, “dieser schöne SteinNur ein Weizenkörnchen sein!”Unglückselger Überfluss,Wo der nötigste GenussUnsern Schätzen fehlen muss!5Johann, der Seifensieder.Johann, der muntre Seifensieder,Erlernte viele schöne Lieder,Und sang, mit unbesorgtem Sinn,Vom Morgen bis zum Abend hin.5Sein Tagwerk konnt’ ihm Nahrung bringen;Und wann er ass, so musst’ er singen,Und wann er sang, so war’s mit Lust;Aus vollem Hals und freier Brust.Beim Morgenbrot, beim Abendessen,10Blieb Ton und Triller unvergessen;Der schallte recht, und seine KraftDurchdrang die halbe Nachbarschaft.Man horcht, man fragt: Wer singt schon wieder?Wer ist’s? Der muntre Seifensieder.15Im Lesen war er anfangs schwach;Er las nichts als den Almanach,Doch lernt’ er auch nach Jahren beten,Die Ordnung nicht zu übertreten,Und schlief, dem Nachbar gleich zu sein,20Oft singend, öftrer lesend, ein.Er schien fast glücklicher zu preisenAls die berufnen sieben Weisen,Als manches Haupt gelehrter Welt,Das sich schon für den achten hält.25Es wohnte diesem in der NäheEin Sprössling eigennütz’ ger Ehe,Der, stolz und steif und bürgerlich,Im Schmausen keinem Fürsten wich:Ein Garkoch richtender Verwandten,30Der Schwäger, Vettern, Nichten, Tanten,Der stets zu halben Nächten frass,Und seiner Wechsel oft vergass.Kaum hatte mit den MorgenstundenSein erster Schlaf sich eingefunden,35So liess ihm den Genuss der RuhDer nahe Sänger nimmer zu.“Zum Henker! lärmst du dort schon wieder,Vermaledeiter Seifensieder?Ach wäre doch, zu meinem Heil,40Der Schlaf hier, wie die Austern feil!”Den Sänger, den er früh vernommen,Lässt er an einem Morgen kommenUnd spricht: “Mein lustiger Johann!Wie geht es Euch? Wie fangt Ihrs an?45Es rühmt ein jeder Eure Ware:Sagt, wie viel bringt sie Euch im Jahre?”“Im Jahre, Herr? Mir fällt nicht bei,Wie gross im Jahr mein Vorteil sei.So rechn’ ich nicht; ein Tag bescheret,50Was der, so auf ihn kömmt, verzehret,Dies folgt im Jahr (ich weiss die Zahl)Dreihundertfünfundsechzigmal.”“Ganz recht; doch könnt Ihr mir’s nicht sagen,Was pflegt ein Tag wohl einzutragen?”55“Mein Herr, Ihr forschet allzusehr:Der eine wenig, mancher mehr,So wie’s dann fällt! Mich zwingt zur KlageNichts als die vielen Feiertage;Und wer sie alle rot gefärbt,60Der hatte wohl, wie Ihr, geerbt,Dem war die Arbeit sehr zuwider;Das war gewiss kein Seifensieder.”Dies schien den Reichen zu erfreun.“Hans,” spricht er, “du sollst glücklich sein.65Jetzt bist du nur ein schlechter Prahler.Da hast du barefunfzigThaler;Nur unterlasse den Gesang!Das Geld hat einen bessern Klang.”Er dankt und schleicht mit scheuchem Blicke,70Mit mehr als diebscher Furcht zurücke.Er herzt den Beutel, den er hält,Und zählt und wägt und schwenkt das Geld,Das Geld, den Ursprung seiner Freude,Und seiner Augen neue Weide.75Es wird mit stummer Lust beschautUnd einem Kasten anvertraut,Den Band’ und starke Schlösser hüten,Beim Einbruch Dieben Trotz zu bieten,Den auch der karge Thor bei Nacht80Aus banger Vorsicht selbst bewacht.Sobald sich nur der Haushund reget,Sobald der Kater sich beweget,Durchsucht er alles, bis er glaubt,Dass ihn kein frecher Dieb beraubt,85Bis, oft gestossen, oft geschmissen,Sich endlich beide packen müssen:Sein Mops, der keine Kunst vergassUnd wedelnd bei dem Kessel sass;Sein Hinz, der Liebling junger Katzen,90So glatt von Fell, so weich von Tatzen,Er lernt zuletzt, je mehr er spart,Wie oft sich Sorg’ und Reichtum paart,Und manches Zärtlings dunkle FreudenIhn ewig von der Freiheit scheiden,95Die nur in reine Seelen strahlt,Und deren Glück kein Gold bezahlt.Dem Nachbar, den er stets gewecket,Bis der das Geld ihm zugestecket,Dem stellt er bald, aus Lust zur Ruh,100Den vollen Beutel wieder zuUnd spricht: “Herr, lehrt mich bessre SachenAls, statt des Singens, Geld bewachen.Nehmt immer Euren Beutel hin.Und lasst mir meinen frohen Sinn.105Fahrt fort, mich heimlich zu beneiden;Ich tausche nicht mit Euren Freuden.Der Himmel hat mich recht geliebt,Der mir die Stimme wiedergiebt.Was ich gewesen, werd’ ich wieder:110Johann, der muntre Seifensieder.”LXVIII. CHRISTIAN FÜRCHTEGOTT GELLERTAn eminent fabulist and moralist of Saxon stock (1715-1769). Like Gottsched, he spent the best years of his life in the service of the University of Leipzig. HisFables and Tales(1746-1748) were reprinted in numberless editions, made their publisher rich, and remained for several decades the popular ideal of pleasant and edifying literature. Gellert was also a pioneer (theSwedisch Countess, 1747) in the field of moral family fiction after the manner of Richardson. The Selections follow Kürschner’sNationalliteratur, Vol. 43.1Die Nachtigall und die Lerche.Die Nachtigall sang einst mit vieler Kunst,Ihr Lied erwarb der ganzen Gegend Gunst;Die Blätter in den Gipfeln schwiegenUnd fühlten ein geheim Vergnügen.5Der Vögel Chor vergass der RuhUnd hörte Philomelen zu.Aurora selbst verzog am Horizonte,Weil sie die Sängerin nicht g’nug bewundern konnte;Denn auch die Götter rührt der Schall10Der angenehmen Nachtigall,Und ihr, der Göttin, ihr zu Ehren,Liess Philomele sich noch zweimal schöner hören.Sie schweigt darauf. Die Lerche naht sich ihrUnd spricht: “Du singst viel reizender als wir,15Dir wird mit Recht der Vorzug zugesprochen;Doch eins gefällt uns nicht an dir,Du singst das ganze Jahr nicht mehr als wenig Wochen.”Doch Philomele lacht und spricht:“Dein bittrer Vorwurf kränkt mich nicht20Und wird mir ewig Ehre bringen.Ich singe kurze Zeit. Warum? Um schön zu singen.Ich folg’ im Singen der Natur;So lange sie gebeut, so lange sing’ ich nur.Sobald sie nicht gebeut, so hör’ ich auf zu singen;25Denn die Natur lässt sich nicht zwingen.”O Dichter, denkt an Philomelen,Singt nicht, so lang ihr singen wollt.Natur und Geist, die euch beseelen,Sind euch nur wenig Jahre hold.30Soll euer Witz die Welt entzücken,So singt, so lang ihr feurig seid,Und öffnet euch mit MeisterstückenDen Eingang in die Ewigkeit.Singt geistreich der Natur zu Ehren;35Und scheint euch die nicht mehr geneigt,So eilt, um rühmlich aufzuhören,Eh’ ihr zu spät mit Schande schweigt.Wer, sprecht ihr, will den Dichter zwingen?Er bindet sich an keine Zeit.40So fahrt denn fort, noch alt zu singen,Und singt euch um die Ewigkeit.2Das Land der Hinkenden.Vor Zeiten gab’s ein kleines Land,Worin man keinen Menschen fand,Der nicht gestottert, wenn er red’te,Nicht, wenn er ging, gehinket hätte;5Denn beides hielt man für galant.Ein fremder sah den Übelstand;Hier, dacht’ er, wird man dich im Gehn bewundern müssen,Und ging einher mit steifen Füssen.Er ging, ein jeder sah ihn an,10Und alle lachten, die ihn sahn,Und jeder blieb vor Lachen stehenUnd schrie: “Lehrt doch den Fremden gehen!”Der Fremde hielt’s für seine Pflicht,Den Vorwurf von sich abzulehnen.15“Ihr,” rief er, “hinkt; ich aber nicht:Den Gang müsst ihr euch abgewöhnen!”Der Lärmen wird noch mehr vermehrt,Da man den Fremden sprechen hört.Er stammelt nicht; genug zur Schande!20Man spottet sein im ganzen Lande.Gewohnheit macht den Fehler schön,Den wir von Jugend auf gesehn.Vergebens wird’s ein Kluger wagenUnd, dass wir töricht sind, uns sagen.25Wir selber halten ihn dafür,Bloss, weil er klüger ist als wir.3Das Gespenst.Ein Hauswirt, wie man mir erzählt,Ward lange Zeit durch ein Gespenst gequält.Er liess, des Geists sich zu erwehren,Sich heimlich das Verbannen lehren;5Doch kraftlos blieb der Zauberspruch.Der Geist entsetzte sich vor keinen CharakterenUnd gab, in einem weissen Tuch,Ihm alle Nächte den Besuch.Ein Dichter zog in dieses Haus.10Der Wirt, der bei der Nacht nicht gern allein gewesen,Bat sich des Dichters Zuspruch ausUnd liess sich seine Verse lesen.Der Dichter las ein frostig Trauerspiel,Das, wo nicht seinem Wirt, doch ihm sehr wohl gefiel.15Der Geist, den nur der Wirt, doch nicht der Dichter sah,Erschien und hörte zu; es fing ihn an zu schauern.Er konnt es länger nicht als einen Auftritt dauern,Denn, eh’ der andre kam, so war er nicht mehr da.Der Wirt, von Hoffnung eingenommen,20Liess gleich die andre Nacht den Dichter wiederkommen.Der Dichter las, der Geist erschien,Doch ohne lange zu verziehn.“Gut,” sprach der Wirt bei sich, “dich will ich bald verjagen,Kannst du die Verse nicht vertragen.”25Die dritte Nacht blieb unser Wirt allein.Sobald es zwölfe schlug, liess das Gespenst sich blicken;“Johann!” fing drauf der Wirt gewaltig an zu schrein,“Der Dichter (lauft geschwind!) soll von der Güte seinUnd mir sein Trauerspiel auf eine Stunde schicken.”30Der Geist erschrak und winkte mit der Hand,Der Diener sollte ja nicht gehen;Und kurz, der weisse Geist verschwandUnd liess sich niemals wieder sehen.Ein jeder, der dies Wunder liest,35Zieh’ sich daraus die gute Lehre,Dass kein Gedicht so elend ist,Das nicht zu etwas nützlich wäre.Und wenn sich ein Gespenst vor schlechten Versen scheut,So kann uns dies zum grossen Tröste dienen,40Gesetzt, dass sie zu unsrer ZeitAuch legionenweis erschienen:So wird, um sich von allen zu befrein,An Versen doch kein Mangel sein.4Der unsterbliche Autor.Ein Autor schrieb sehr viele BändeUnd ward das Wunder, seiner Zeit;Der Journalisten gütge HändeVerehrten ihm die Ewigkeit5Er sah, vor seinem sanften Ende,Fast alle Werke seiner HändeDas sechste Mal schon aufgelegtUnd sich mit tiefgelehrtem BlickeIn einer spanischen Perücke10Vor jedes Titelblatt geprägt.Er blieb vor Widersprechern sicherUnd schrieb bis an den Tag, da ihn der Tod entseelt;Und das Verzeichnis seiner Bücher,Die kleinen Schriften mitgezählt,15Nahm an dem Lebenslauf alleinDrei Bogen und drei Seiten ein.Man las nach dieses Mannes TodeDie Schriften mit Bedachtsamkeit;Und seht, das Wunder seiner Zeit20Kam in zehn Jahren aus der Mode,Und seine göttliche MethodeHiess eine bange Trockenheit.Der Mann war bloss berühmt gewesen,Weil Stümper ihn gelobt, eh’ Kenner ihn gelesen.25Berühmt zu werden ist nicht schwer,Man darf nur viel für kleine Geister schreiben;Doch bei der Nachwelt gross zu bleiben,Dazu gehört noch etwas mehrAls, seicht an Geist, in strenger Lehrart schreiben.LXIX. JOHANN WILHELM LUDWIG GLEIMA North German poet (1719-1803) who is best known for hisSongs of a Prussian Grenadier, commemorating the victories of Frederick the Great in the Seven Years’ War. His earlier work is mostly in the light anacreontic vein, which was somewhat overworked in the decade preceding the war. The fashion was really set by Gleim, though the spirit of it is found in Hagedorn. The selections follow Kürschner’sNationalliteratur, Vol. 45.1An Leukon.Rosen pflücke, Rosen blühn,Morgen ist nicht heut!Keine Stunde lass entfliehn,Flüchtig ist die Zeit!Trinke, küsse! Sieh, es istHeut Gelegenheit!Weisst du, wo du morgen bist?Flüchtig ist die Zeit.Aufschub einer guten TatHat schon oft gereut!Hurtig leben ist mein Rat,Flüchtig ist die Zeit!2Trinklied.Brüder, trinkt: es trinkt die Sonne,Und sie hat schon tausend StrömeOhne Bruder ausgetrunken!Brüder trinkt: es trinkt die Erde;Seht, sie durstet, seht, wie durstigTrinkt sie diese Regentropfen!Seht, dort um den Vater BacchusStehn die Reben frisch am Berge;Denn es hat das Nass der WolkenIhren heissen Durst gelöschet.Brüder, seht, das Nass der RebenWartet in den vollen Gläsern:Wollt ihr euren Durst nicht löschen?3Vorzüge in der Klugheit.Herr Euler misst der Welten Grösse;O welch ein Tor ist das!Ich bin doch klüger, denn ich messeDie Eimer Wein auf meinem Fass.5Wolff zählt die Kräfte seiner Seele;O welch ein Tor ist das!Ich bin doch klüger, denn ich zähleDie Tropfen Wein im Deckelglas.Herr Meier macht nur immer Schlüsse;10Wie töricht ist auch das!Ich klügerer, ich trink’ und küsse,Ich küss’ und trink’ ohn’ Unterlass.Herr Haller sucht Gras, Kraut und BäumeAuf mancher rauhen Bahn;15Ich klügerer, ich suche Reime,So wie er sonsten auch gethan.Herr Bodmer führt gelehrte Kriege;O warum führt er sie?Denn durch noch tausend seiner Siege20Bezwingt er doch die Dummheit nie.Es mögen ihn die Enkel preisenUnd sagen: So ein MannIst doch jetzund nicht aufzuweisen;Was gehen mir die Enkel an?4Bei Eröffnung des Feldzuges 1756.Krieg ist mein Lied! Weil alle WeltKrieg will, so sei es Krieg!Berlin sei Sparta! Preussens HeldGekrönt mit Ruhm und Sieg!5Gern will ich seine Taten tun,Die Leier in der Hand,Wenn meine blut’gen Waffen ruhnUnd hangen an der Wand.Auch stimm’ich hohen Schlachtgesang10Mit seinen Helden anBei Pauken- und Trompetenklang,Im Lärm von Ross und Mann;Und streit’, ein tapfrer Grenadier,Von Friedrichs Mut erfüllt.15Was acht’ ich es, wenn über mirKanonendonner brüllt?Ein Held fall’ ich; noch sterbend drohtMein Säbel in der Hand.Unsterblich macht der Helden Tod,20Der Tod fürs Vaterland!Auch kömmt man aus der Welt davonGeschwinder wie der Blitz;Und wer ihn stirbt, bekommt zum LohnIm Himmel hohen Sitz!25Wenn aber ich als solch ein HeldDir, Mars, nicht sterben soll,Nicht glänzen soll im Sternenzelt:So leb’ ich dem Apoll.So werd’ aus Friedrichs Grenadier,30Dem Schutz, der Ruhm des Staats;So lern’ er deutscher Sprache ZierUnd werde sein Horaz!Dann singe Gott und Friederich,Nichts Kleiners, stolzes Lied!35Dem Adler gleich erhebe dich,Der in die Sonne sieht!5Siegeslied nach der Schlacht bei Prag,den 6. Mai, 1757.Viktoria! mit uns ist Gott,Der stolze Feind liegt da!Er liegt, gerecht ist unser Gott,Er liegt, Viktoria!5Zwar unser Vater ist nicht mehr,Jedoch er starb ein HeldUnd sieht nun unser SiegesheerVom hohen Sternenzelt.Er ging voran, der edle Greis,10Voll Gott und Vaterland.Sein alter Kopf war kaum so weissAls tapfer seine Hand.Mit jugendlicher HeldenkraftErgriff er eine Fahn’,15Hielt sie empor an ihrem SchaftDass wir sie alle sahn;Und sagte: “Kinder, Berg hinan,Auf Schanzen und Geschütz!”Wir folgten alle, Mann vor Mann,20Geschwinder wie der Blitz.Ach! aber unser Vater fiel,Die Fahne sank auf ihn,Ha! welch glorreiches Lebensziel,Glückseliger Schwerin!25Dein Friederich hat dich beweint,Indem er uns gebot;Wir aber stürzten in den Feind,Zu rächen deinen Tod.Du, Heinrich, warest ein Soldat,30Du fochtest königlich!Wir sahen alle, Tat vor Tat,Du junger Löw’, auf dich!Der Pommer und der Märker strittMit rechtem Christenmut.35Rot ward sein Schwert, auf jeden SchrittFloss dick Pandurenblut.Aus sieben Schanzen jagten wirDie Mützen von dem Bär.Da, Friedrich, ging dein Grenadier40Auf Leichen hoch einher;Dacht’, in dem mörderischen KampfGott, Vaterland und dich,Sah, tief in schwarzem Rauch und Dampf,Dich seinen Friederich;45Und zitterte, ward feuerrotIm kriegrischen Gesicht(Er zitterte vor deinem TodVor seinem aber nicht);Verachtete die Kugelsaat,50Der Stücke Donnerton,Stritt wütender, tat Heldentat,Bis deine Feinde flohn.Nun dankt er Gott für seine Macht,Und singt: Viktoria!55Und alles Blut aus dieser SchlachtFliesst nach Theresia.Und weigert sie auf diesen Tag,Den Frieden vorzuziehn,So stürme, Friedrich, erst ihr Prag,60Und dann führ uns nach Wien!LXX. FRIEDRICH GOTTLIEB KLOPSTOCK1724-1803. By his profound seriousness and the fervor of his utterance, Klopstock turned German poetry into new channels. Impatient of rime, which he regarded as an ignoble modern jingle, and averse to the shallowVerstandespoesieof the reigning Saxon school, he conceived of poetry as the intense expression of sublimated feeling. His most famous work is theMessiah, a long religious epic in hexameters. In hisOdes, composed in the rimeless meters of the Greek and Roman lyrists, he made large use of mythologic names and conceptions which he erroneously supposed to be old German. We hear of ancient bards inhabiting the German forests, singing ‘lawless songs’ of intenseemotion, and deriving their inspiration from ethnic tradition and from the elemental feelings of love and friendship. In his so-calledBardietehe used the dramatic form for this same idealization of the ancient Germans. Although now little read, Klopstock exerted a great influence in dignifying the poet’s calling and strengthening the national self-respect and self-reliance of literary Germany.1From the ‘Messiah’: First Song, lines 1-137.Sing, unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung,Die der Messias auf Erden in seiner Menschheit vollendet,Und durch die er Adams Geschlecht zu der Liebe der Gottheit,Leidend, getötet, und verherrlichet, wieder erhöht hat.5Also geschah des Ewigen Wille. Vergebens erhub sichSatan gegen den göttlichen Sohn; umsonst stand JudaGegen ihn auf; er tat’s und vollbrachte die grosse Versöhnung.Aber, o Tat, die allein der Allbarmherzige kennet,Darf aus dunkler Ferne sich auch dir nahn die Dichtkunst?10Weihe sie, Geist Schöpfer, vor dem ich hier still anbete,Führe sie mir, als deine Nachahmerin, voller Entzückung,Voll unsterblicher Kraft, in verklärter Schönheit entgegen.Rüste mit deinem Feuer sie, du, der die Tiefen der GottheitSchaut, und den Menschen aus Staube gemacht zum Tempel sich heiligt!15Rein sei das Herz! So darf ich, obwohl mit der bebenden StimmeEines Sterblichen, doch den Gottversöhner besingen,Und die furchtbare Bahn, mit verziehnem Straucheln, durchlaufen.Menschen, wenn ihr die Hoheit kennt, die ihr damals empfinget,Da der Schöpfer der Welt Versöhner wurde, so höret20Meinen Gesang, und ihr vor allen, ihr wenigen Edlen,Teure, herzliche Freunde des liebenswürdigen Mittlers,Ihr mit dem kommenden Weltgerichte vertrauliche Seelen,Hört mich, und singt den ewigen Sohn durch ein göttliches Leben.Nah an der heiligen Stadt, die sich jetzt durch Blindheit entweihte,125Und die Krone der hohen Erwählung unwissend hinwegwarf,Sonst die Stadt der Herrlichkeit Gottes, der heiligen VäterPflegerin, jetzt ein Altar des Bluts vergossen von Mördern;Hier war’s, wo der Messias von einem Volke sich losriss,Das zwar jetzt ihn verehrte, doch nicht mit jener Empfindung,30Die untadelhaft bleibt vor dem schauenden Auge der Gottheit.Jesus verbarg sich diesen Entweihten. Zwar lagen hier PalmenVom begleitenden Volk; zwar klang dort ihr lautes Hosanna;Aber umsonst. Sie kannten ihn nicht, den König sie nennten,Und den Gesegneten Gottes zu sehn, war ihr Auge zu dunkel.35Gott kam selbst von dem Himmel herab. Die gewaltige Stimme:Sieh, ich hab’ ihn verklärt, und will ihn von neuem verklären!War die Verkündigerin der gegenwärtigen Gottheit.Aber sie waren, Gott zu verstehn, zu niedrige Sünder.Unterdes nahte sich Jesus dem Vater, der wegen des Volkes,40Dem die Stimme geschah, mit Zorn zu dem Himmel hinaufstieg.Denn noch einmal wollte der Sohn des Bundes Entschliessung,Seine Menschen zu retten, dem Vater feierlich kund tun.Gegen die östliche Seite Jerusalems liegt ein Gebirge,Welches auf seinem Gipfel schon oft den göttlichen Mittler,45Wie in das Heilige Gottes, verbarg, wenn er einsame NächteUnter des Vaters Anschaun ernst in Gebeten durchwachte.Jesus ging nach diesem Gebirg. Der fromme Johannes,Er nur folgt’ ihm dahin bis an die Gräber der Seher,Wie sein göttlicher Freund, die Nacht in Gebete zu bleiben.50Und der Mittler erhub sich von dort zu dem Gipfel des Berges.Da umgab von dem hohen Moria ihn Schimmer der Opfer,Die den ewigen Vater noch jetzt in Bilde versöhnten.Ringsum nahmen ihn Palmen in’s Kühle. Gelindere Lüfte,Gleich dem Säuseln2der Gegenwart Gottes, umflossen sein Antlitz55Und der Seraph, der Jesus zum Dienst auf der Erde gesandt war,Gabriel, nennen die Himmlischen ihn, stand feirend am EingangZwoer umdufteter Cedern, und dachte dem Heile der Menschen,Und dem Triumphe der Ewigkeit nach, als jetzt der ErlöserSeinem Vater entgegen vor ihm in Stillem vorbeiging.60Gabriel wusste, dass nun die Zeit der Erlösung herankam.Diese Betrachtung entzückt’ ihn, er sprach mit leiserer Stimme:Willst du die Nacht, o Göttlicher, hier in Gebete durchwachen?Oder verlangt dein ermüdeter Leib nach seiner Erquickung?Soll ich zu deinem unsterblichen Haupt ein Lager bereiten?65Siehe, schon streckt der Sprössling der Ceder den grünenden Arm aus,Und die weiche Staude des Balsams. Am Grabe der SeherWächst dort unten ruhiges Moos in der kühlenden Erde.Soll ich davon, o Göttlicher, dir ein Lager bereiten?Ach, wie bist du, Erlöser, ermüdet! Wie viel erträgst du70Hier auf der Erd’, aus inniger Liebe zu Adams Geschlechte!Gabriel sagt’s. Der Mittler belohnt ihn mit segnenden Blicken,Steht voll Ernst auf der Höhe des Bergs am näheren Himmel.Dort war Gott. Dort betet’ er. Unter ihm tönte die Erde,Und ein wandelndes3Jauchzen durchdrang die Pforten des Abgrunds,475Als sie von ihm tief unten die mächtige Stimme vernahmen.Denn sie war es nicht mehr des Fluches Stimme, die StimmeAngekündet in Sturm, und in donnerndem Wetter gesprochen,Welche die Erde vernahm. Sie hörte des Segnenden Rede,Der mit unsterblicher Schöne sie einst zu verneuen beschlossen.80Ringsum lagen die Hügel in lieblicher Abenddämmerung,Gleich als blühten sie wieder, nach Edens Bilde geschaffen.Jesus redete. Er, und der Vater durchschauten den InhaltGränzlos: diess nur vermag des Menschen Stimme zu sagen:Göttlicher Vater, die Tage des Heils, und des ewigen Bundes85Nahen sich mir, die Tage zu grösseren Werken erkoren,Als die Schöpfung, die du mit deinem Sohne vollbrachtest.Sie verklären sich mir so schön und herrlich, als damals,Da wir der Zeiten Reih’ durchschauten, die Tage der Zukunft,Durch mein göttliches Schaun, bezeichnet, und glänzender sahen.90Dir nur ist es bekannt, mit was vor Einmut wir damals,Du, mein Vater, und ich und der Geist die Erlösung beschlossen.In der Stille der Ewigkeit, einsam und ohne Geschöpfe,Waren wir bei einander. Voll unsrer göttlichen Liebe,Sahen wir auf die Menschen, die noch nicht waren, herunter.95Edens selige Kinder, ach unsre Geschöpfe, wie elendWaren sie, sonst unsterblich, nun Staub und entstellt von der Sünde!Vater, ich sah ihr Elend, du meine Tränen. Da sprachst du:Lasset der Gottheit Bild in dem Menschen von neuem uns schaffen!Also beschlossen wir unser Geheimnis, das Blut der Versöhnung,100Und die Schöpfung der Menschen verneut zu dem ewigen Bilde!Hier erkor ich mich selbst, die göttliche Tat zu vollenden.Ewiger Vater, das weisst du, das wissen die Himmel, wie innigMich seit diesem Entschluss nach meiner Erniedrung verlangte!Erde, wie oft warst du, in deiner niedrigen Ferne,105Mein erwähltes, geliebteres Augenmerk! Und o Kanan,Heiliges Land, wie oft hing unverwendet mein AugeAn dem Hügel, den ich von des Bundes Blute schon voll sah!Und wie bebt mir mein Herz von süssen, wallenden Freuden,Dass ich so lange schon Mensch bin, dass schon so viele Gerechte110Sich mir sammeln, und nun bald alle Geschlechte der MenschenMir sich heiligen werden! Hier lieg’ ich, göttlicher Vater,Noch nach deinem Bilde geschmückt mit den Zügen der Menschheit,Betend vor dir: bald aber, ach bald wird dein tötend Gericht michBlutig entstellen, und unter den Staub der Toten begraben.115Schon, o Richter der Welt, schon hör’ ich fern dich, und einsamKommen und unerbittlich in deinen Himmeln dahergehn.Schon durchdringt mich ein Schauer dem ganzen GeistergeschlechteUnempfindbar, und wenn du sie auch mit dem Zorne der GottheitTötetest, unempfindbar! Ich seh’ den nächtlichen Garten120Schon vor mir liegen, sinke vor dir in niedrigen Staub hin,Lieg’, und bet’, und winde mich, Vater, in Todesschweisse.Siehe, da bin ich, mein Vater. Ich will des Allmächtigen Zürnen,Deine Gerichte will ich mit tiefem Gehorsam ertragen.Du bist ewig! Kein endlicher Geist hat das Zürnen der Gottheit,125Keiner je, den Unendlichen tötend mit ewigem Tode,Ganz gedacht, und keiner empfunden. Gott nur vermochteGott zu versöhnen. Erhebe dich, Richter der Welt! Hier bin ich!Töte mich, nimm mein ewiges Opfer zu deiner Versöhnung.Noch bin ich frei, noch kann ich dich bitten; so tut sich der Himmel130Mit Myriaden von Seraphim auf, und führet mich jauchzend,Vater, zurück in Triumph zu deinem erhabenen Trone!Aber ich will leiden, was keine Seraphim fassen,Was kein denkender Cherub in tiefen Betrachtungen einsieht;Ich will leiden, den furchtbarsten Tod ich Ewiger leiden.135Weiter sagt’ er, und sprach: Ich hebe gen Himmel mein Haupt auf,Meine Hand in die Wolken, und schwöre bei dir und mir selber,Der ich Gott bin, wie du: Ich will die Menschen erlösen.

1.Tunkins Nest, the edible birds’-nests of Tonkin, as a type of imported luxury.2.Scheinbarer=glänzender.3.Errinnt=geht auf.4.Schwirrend=klirrend, ‘clanking,’ or possibly with reference to the ‘whizzing’ of iron missiles.

1.Tunkins Nest, the edible birds’-nests of Tonkin, as a type of imported luxury.

2.Scheinbarer=glänzender.

3.Errinnt=geht auf.

4.Schwirrend=klirrend, ‘clanking,’ or possibly with reference to the ‘whizzing’ of iron missiles.

A Prussian soldier-poet (1715-1759) who fell at the battle of Kunersdorf. His temperament and the circumstances of his early life disposed him to melancholy; so that he readily came under the spell of Haller, Thomson, and the other poets who extolled nature and the simple life as a refuge from the badness of civilization. His best known production is the fragment calledSpring(1749), in which fine passages of personal feeling are interwoven with detailed descriptions that are sometimes a little tedious. The text follows Muncker’s edition in Kürschner’sNationalliteratur, Vol. 45.

O Freund,1wie selig ist der Mann zu preisen,

Dem kein Getümmel, dem kein schwirrend Eisen,

Kein Schiff, das Beute, Mast und Bahn verlieret,

Den Schlaf entführet!

Der nicht die Ruhe darf in Berge senken,

Der fern von Purpur, fern von Wechselbänken,

In eignen Schatten, durch den West gekühlet,

Sein Leben fühlet.

Er lacht der Schlösser, von Geschütz bewachet,

Verhöhnt den Kummer, der an Höfen lachet,

Verhöhnt des Geizes in verschlossnen Mauren

Törichtes Trauren.

Sobald Aurora, wenn der Himmel grauet,

Dem Meer entsteigend, lieblich abwärts schauet,

Flieht er sein Lager, ohn’ verzärtelt Schmücken,

Mit gleichen Blicken.

Er lobt den Schöpfer, hört ihm Lerchen singen,

Die durch die Lüfte sich dem Aug entschwingen,

Hört ihm vom Zephyr, lispelnd auf den Höhen,

Ein Loblied wehen.

Er schaut auf Rosen Tau wie Demant blitzen;

Schaut über Wolken von der Berge Spitzen,

Wie schön die Ebne, die sich blau verlieret,

Flora gezieret.

Bald zeigt sich fliehend auf des Meeres Rücken

Ein Schiff von weitem den nachfliehnden Blicken,

Das sie erst lange gleichsam an sich bindet

Und dann verschwindet.

Bald sieht er abwärts, voller Glanz und Prangen,

Noch einen Himmel in den Fluten hangen,

Noch eine Sonne Amphitritens Grenzen

Grundaus durchglänzen.

Er geht in Wälder, wo an Schilf und Sträuchen

Im krummen Ufer Silberbäche schleichen,

Wo Blüten duften, wo der Nachtigallen

Lustlieder schallen.

Jetzt propft er Bäume, leitet Wassergräben,

Schaut Bienen schwärmen, führt an Wänden Reben;

Jetzt tränkt er Pflanzen, zieht von Rosenstöcken

Schattende Hecken.

Eilt dann zur Hütten, (da kein Laster thronet,

Die Ruh’ und Wollust unsichtbar bewohnet,)

Weil seine Doris, die nur Liebreiz schminket,

Ihm freundlich winket.

Kein Knecht der Krankheit mischt für ihn Gerichte;

Unschuld und Freude würzt ihm Milch und Früchte.

Kein bang Gewissen zeigt ihm Schwert und Strafe

Im süssen Schlafe.

Freund, lass uns Golddurst, Stolz und Schlösser hassen,

Und Kleinigkeiten Fürsten überlassen!

Mein Lange2ruft uns, komm zum Sitz der Freuden

In seine Weiden!

Ihr, deren zweifelhaft Leben gleich trüben Tagen des WintersOhn’ Licht und Freude verfliesst, die ihr in Höhlen des ElendsDie finstern Stunden verzeufzt, betrachtet die Jugend des Jahres!Dreht jetzt die Augen umher, lasst tausend farbichte Scenen35Die schwarzen Bilder verfärben! Es mag die niedrige Ruhmsucht,Die schwache Rachgier, der Geiz und seufzender Blutdurst sich härmen;Ihr seid zur Freude geschaffen, der Schmerz schimpft Tugend und Unschuld.Saugt Lust und Anmut in euch! Schaut her, sie gleitet im LuftkreisUnd grünt und rieselt im Thal. Und ihr, ihr Bilder des Frühlings,40Ihr blühenden Schönen, flieht jetzt den atemraubenden AushauchVon güldnen Kerkern der Städte! Kommt, kommt in winkende Felder!Kommt, überlasset dem Zephyr die kleinen Wellen der Locken,Seht euch in Seen und Bächen, gleich jungen Blumen des Ufers!Pflückt Morgentulpen voll Tau, und ziert den wallenden Busen!45Hier, wo das hohe Gebirge, bekleidet mit Sträuchen und Tannen,Zur Hälfte den bläulichen Strom, sich drüber neigend, beschattet,Will ich ins Grüne mich setzen auf seinen Gipfel und um michThal und Gefilde beschauen. O, welch ein frohes GewühleBelebt das streifichte Land! Wie lieblich lächelt die Anmut50Aus Wald und Büschen hervor! Ein Zaun von blühenden DornenUmschliesst und rötet ringsum die sich verlierende Weite,Vom niedrigen Himmel gedrückt. Von bunten Mohnblumen laufen,Mit grünem Weizen versetzt, sich schmälernde Beete ins Ferne,Durchkreuzt von blühendem Flachs. Feldrosen-Hecken und Schlehstrauch,55In Blüten gleichsam gehüllt, umkränzen die Spiegel der TeicheUnd sehn sich drinnen. Zur Seite blitzt aus dem grünlichen MeereEin Meer voll güldner Strahlen durch Phöbus’ glänzenden Anblick.Es schimmert sein gelbes Gestade von Muscheln und farbichten Steinen,Und Lieb’ und Freude durchtaumelt in kleiner Fische Geschwadern60Und in den Riesen des Wassers die unabsehliche Fläche.Auf fernen Wiesen am See stehn majestätische Rosse;Sie werfen den Nacken empor und fliehn und wiehern vor Wollust,Dass Hain und Felsen erschallt. Gefleckte Kühe durchwaten,Geführt vom ernsthaften Stier, des Meierhofs büschichte Sümpfe,65Der finstre Linden durchsieht. Ein Gang von Espen und UlmenFührt zu ihm, welchen ein Bach durchblinkt, in Binsen sich windend,Von Reihern und Schwänen bewohnt. Gebirge, die Brüste der Reben,Stehn fröhlich um ihn herum; sie ragen über den Buchwald,Des Hügels Krone, davon ein Teil im Sonnenschein lächelt70Und glänzt, der andere trau’rt im Flor vom Schatten der Wolken.Die Lerche steigt in die Luft, sieht unter sich Klippen und Thäler;Entzückung tönet aus ihr. Der Klang des wirbelnden LiedesErgetzt den ackernden Landmann. Er horcht eine Weile; dann lehnt erSich auf den gleitenden Pflug, zieht braune Felsen ins Erdreich.75Der Sämann schreitet gemessen, giesst gleichsam trockenen RegenVon Samen hinter ihm her. —O, dass der mühsame LandwirtFür sich den Segen nur streute! Dass ihn die Weinstöcke tränktenUnd in den Wiesen für ihn nur bunte Wogen sich wältzten!Allein der frässige Krieg, vom zähnebleckenden Hunger80Und wilden Scharen begleitet, verheert oft Arbeit und Hoffnung.Er stürmet rasend einher, zertritt die nährenden Halmen,Reisst Stab und Reben zu Boden, entzündet Dörfer und WälderFür sich zum flammenden Lustspiel. Wie wenn der Rachen des ÄtnaMit ängstlich-wildem Geschrei, dass Meer und Klippen es hören,85Die Gegend um sich herum, vom untern Donner zerrüttet,Mit Schrecken und Tod überspeit und einer flammenden Sündflut.Ihr, denen zwanglose Völker das Steuer der Herrschaft vertrauen,Führt ihr durch Flammen und Blut sie zur Glückseligkeit Hafen?Was wünscht ihr, Väter der Menschen, noch mehrere Kinder? Ist’s wenig,90Viel Millionen beglücken? Erfordert’s wenige Mühe?O mehrt derjenigen Heil, die eure Fittiche suchen.Deckt sie gleich brütenden Adlern, verwandelt die Schwerter in Sicheln,Lasst güldne Wogen im Meer, fürs Land, durch Schiffahrt sich türmen,Erhebt die Weisheit im Kittel und trocknet die Zähren der Tugend!95Wohin verführt mich der Schmerz? Weicht, weicht, ihr traurigen Bilder!Komm, Muse, lass uns die Wohnung und häusliche Wirtschaft des LandmannsUnd Viehsucht und Gärte betrachten!

Ihr, deren zweifelhaft Leben gleich trüben Tagen des Winters

Ohn’ Licht und Freude verfliesst, die ihr in Höhlen des Elends

Die finstern Stunden verzeufzt, betrachtet die Jugend des Jahres!

Dreht jetzt die Augen umher, lasst tausend farbichte Scenen

Die schwarzen Bilder verfärben! Es mag die niedrige Ruhmsucht,

Die schwache Rachgier, der Geiz und seufzender Blutdurst sich härmen;

Ihr seid zur Freude geschaffen, der Schmerz schimpft Tugend und Unschuld.

Saugt Lust und Anmut in euch! Schaut her, sie gleitet im Luftkreis

Und grünt und rieselt im Thal. Und ihr, ihr Bilder des Frühlings,

Ihr blühenden Schönen, flieht jetzt den atemraubenden Aushauch

Von güldnen Kerkern der Städte! Kommt, kommt in winkende Felder!

Kommt, überlasset dem Zephyr die kleinen Wellen der Locken,

Seht euch in Seen und Bächen, gleich jungen Blumen des Ufers!

Pflückt Morgentulpen voll Tau, und ziert den wallenden Busen!

Hier, wo das hohe Gebirge, bekleidet mit Sträuchen und Tannen,

Zur Hälfte den bläulichen Strom, sich drüber neigend, beschattet,

Will ich ins Grüne mich setzen auf seinen Gipfel und um mich

Thal und Gefilde beschauen. O, welch ein frohes Gewühle

Belebt das streifichte Land! Wie lieblich lächelt die Anmut

Aus Wald und Büschen hervor! Ein Zaun von blühenden Dornen

Umschliesst und rötet ringsum die sich verlierende Weite,

Vom niedrigen Himmel gedrückt. Von bunten Mohnblumen laufen,

Mit grünem Weizen versetzt, sich schmälernde Beete ins Ferne,

Durchkreuzt von blühendem Flachs. Feldrosen-Hecken und Schlehstrauch,

In Blüten gleichsam gehüllt, umkränzen die Spiegel der Teiche

Und sehn sich drinnen. Zur Seite blitzt aus dem grünlichen Meere

Ein Meer voll güldner Strahlen durch Phöbus’ glänzenden Anblick.

Es schimmert sein gelbes Gestade von Muscheln und farbichten Steinen,

Und Lieb’ und Freude durchtaumelt in kleiner Fische Geschwadern

Und in den Riesen des Wassers die unabsehliche Fläche.

Auf fernen Wiesen am See stehn majestätische Rosse;

Sie werfen den Nacken empor und fliehn und wiehern vor Wollust,

Dass Hain und Felsen erschallt. Gefleckte Kühe durchwaten,

Geführt vom ernsthaften Stier, des Meierhofs büschichte Sümpfe,

Der finstre Linden durchsieht. Ein Gang von Espen und Ulmen

Führt zu ihm, welchen ein Bach durchblinkt, in Binsen sich windend,

Von Reihern und Schwänen bewohnt. Gebirge, die Brüste der Reben,

Stehn fröhlich um ihn herum; sie ragen über den Buchwald,

Des Hügels Krone, davon ein Teil im Sonnenschein lächelt

Und glänzt, der andere trau’rt im Flor vom Schatten der Wolken.

Die Lerche steigt in die Luft, sieht unter sich Klippen und Thäler;

Entzückung tönet aus ihr. Der Klang des wirbelnden Liedes

Ergetzt den ackernden Landmann. Er horcht eine Weile; dann lehnt er

Sich auf den gleitenden Pflug, zieht braune Felsen ins Erdreich.

Der Sämann schreitet gemessen, giesst gleichsam trockenen Regen

Von Samen hinter ihm her. —O, dass der mühsame Landwirt

Für sich den Segen nur streute! Dass ihn die Weinstöcke tränkten

Und in den Wiesen für ihn nur bunte Wogen sich wältzten!

Allein der frässige Krieg, vom zähnebleckenden Hunger

Und wilden Scharen begleitet, verheert oft Arbeit und Hoffnung.

Er stürmet rasend einher, zertritt die nährenden Halmen,

Reisst Stab und Reben zu Boden, entzündet Dörfer und Wälder

Für sich zum flammenden Lustspiel. Wie wenn der Rachen des Ätna

Mit ängstlich-wildem Geschrei, dass Meer und Klippen es hören,

Die Gegend um sich herum, vom untern Donner zerrüttet,

Mit Schrecken und Tod überspeit und einer flammenden Sündflut.

Ihr, denen zwanglose Völker das Steuer der Herrschaft vertrauen,

Führt ihr durch Flammen und Blut sie zur Glückseligkeit Hafen?

Was wünscht ihr, Väter der Menschen, noch mehrere Kinder? Ist’s wenig,

Viel Millionen beglücken? Erfordert’s wenige Mühe?

O mehrt derjenigen Heil, die eure Fittiche suchen.

Deckt sie gleich brütenden Adlern, verwandelt die Schwerter in Sicheln,

Lasst güldne Wogen im Meer, fürs Land, durch Schiffahrt sich türmen,

Erhebt die Weisheit im Kittel und trocknet die Zähren der Tugend!

Wohin verführt mich der Schmerz? Weicht, weicht, ihr traurigen Bilder!

Komm, Muse, lass uns die Wohnung und häusliche Wirtschaft des Landmanns

Und Viehsucht und Gärte betrachten!

1.The verses were addressed to Karl Wilhelm Ramier.2.Lange; Samuel Gotthold Lange, a friend of Kleist’s.

1.The verses were addressed to Karl Wilhelm Ramier.

2.Lange; Samuel Gotthold Lange, a friend of Kleist’s.

A pleasing and popular, but not profound, North German poet of the Gottschedian era (1708-1754). He lived in Hamburg, where he held a comfortable position in a commercial house. His writings consist of songs, odes, fables, epigrams, poetic tales, etc., which reflect an easy-going temperament and commend thecarpe diemphilosophy of Horace. The text of the selections follows Kürschner’sNationalliteratur, Vol. 45.

Gespielin meiner Nebenstunden,

Bei der ein Teil der Zeit verschwunden,

Die mir, nicht andern, zugehört:

O Dichtkunst, die das Leben lindert!

Wie manchen Gram hast du vermindert,

Wie manche Fröhlichkeit vermehrt!

Die Kraft der Helden Trefflichkeiten

Mit tapfern Worten auszubreiten,

Verdankt Homer und Maro dir.

Die Fähigkeit, von hohen Dingen

Den Ewigkeiten vorzusingen,

Verliehst du ihnen und nicht mir.

Die Lust, vom Wahn mich zu entfernen,

Und deinem Flaccus abzulernen,

Wie man durch echten Witz gefällt;

Die Lust, den Alten nachzustreben,

Ist mir im Zorn von dir gegeben,

Wenn nicht mein Wunsch das Ziel erhält.

Zu eitel ist das Lob der Freunde:

Uns drohen in der Nachwelt Feinde,

Die finden unsre Grösse klein.

Den itzt an Liedern reichen Zeiten

Empfehl’ ich diese Kleinigkeiten:

Sie wollen nicht unsterblich sein.

Gewiss, der ist beklagenswerth,

Den seine Göttin nicht erhört,

Dem alle Seufzer nichts erwerben.

Er muss fast immer schlaflos sein

Und weinen, girren, winseln, schrein,

Sich martern und dann sterben.

“Grausame Laura,” rief Pedrill,

“Grausame, die mein Unglück, will,

Für dich muss ich noch heut erblassen.”

Stracks rennet er in vollem Lauf

Bis an des Hauses Dach hinauf

Und guckt dort in die Gassen.

Bald, als er Essen sah und roch,

Befragt’ er sich: “Wie! leb’ ich noch?”

Und zog ein Messer aus der Scheiden.

“O Liebe,” sagt er, “deiner Wut

Weih’ ich den Mordstahl und mein Blut,”—

Und fing an Brot zu schneiden.

Nach glücklich eingenomm’nem Mahl

Erwägt er seine Liebesqual

Und will nunmehr durch Gift erbleichen.

Er öffnet eine Flasche Wein

Und lässt, des Giftes voll zu sein,

Sich noch die zweite reichen.

Hernach verflucht er sein Geschick

Und holet Schemel, Nagel, Strick,

Und schwört, nun soll die That geschehen.

Doch ach! was kann betrübter sein?

Der Strick ist schwach, der Nagel klein,

Der Schemel will nicht stehen.

Er wählt noch eine Todesart

Und denkt: “Wer sich ersticht, der spart

Und darf für Gift und Strick nicht sorgen.”

Drauf gähnt er, seufzet, eilt zur Ruh,

Kriecht in sein Bett und deckt sich zu

Und schläft bis an den Morgen.

Freude, Göttin edler Herzen,

Höre mich!

Lass die Lieder, die hier schallen,

Dich vergrössern, dir gefallen;

Was hier tönet, tönt durch dich.

Muntre Schwester süsser Liebe!

Himmelskind!

Kraft der Seelen! Halbes Leben!

Ach! was kann das Glück uns geben,

Wenn man dich nicht auch gewinnt?

Stumme Hüter toter Schätze

Sind nur reich.

Dem, der keinen Schatz bewachet,

Sinnreich scherzt und singt und lachet,

Ist kein karger König gleich.

Gieb den Kennern, die dich ehren,

Neuen Mut,

Neuen Scherz den regen Zungen,

Neue Fertigkeit den Jungen,

Und den Alten neues Blut.

Du erheiterst, holde Freude!

Die Vernunft.

Flieh auf ewig die Gesichter

Aller finstern Splitterrichter

Und die ganze Heuchlerzunft.

Ein verhungert Hühnchen fand

Einen feinen Diamant

Und verscharrt ihn in den Sand.

“Möchte doch, mich zu erfreun,”

Sprach es, “dieser schöne Stein

Nur ein Weizenkörnchen sein!”

Unglückselger Überfluss,

Wo der nötigste Genuss

Unsern Schätzen fehlen muss!

Johann, der muntre Seifensieder,

Erlernte viele schöne Lieder,

Und sang, mit unbesorgtem Sinn,

Vom Morgen bis zum Abend hin.

Sein Tagwerk konnt’ ihm Nahrung bringen;

Und wann er ass, so musst’ er singen,

Und wann er sang, so war’s mit Lust;

Aus vollem Hals und freier Brust.

Beim Morgenbrot, beim Abendessen,

Blieb Ton und Triller unvergessen;

Der schallte recht, und seine Kraft

Durchdrang die halbe Nachbarschaft.

Man horcht, man fragt: Wer singt schon wieder?

Wer ist’s? Der muntre Seifensieder.

Im Lesen war er anfangs schwach;

Er las nichts als den Almanach,

Doch lernt’ er auch nach Jahren beten,

Die Ordnung nicht zu übertreten,

Und schlief, dem Nachbar gleich zu sein,

Oft singend, öftrer lesend, ein.

Er schien fast glücklicher zu preisen

Als die berufnen sieben Weisen,

Als manches Haupt gelehrter Welt,

Das sich schon für den achten hält.

Es wohnte diesem in der Nähe

Ein Sprössling eigennütz’ ger Ehe,

Der, stolz und steif und bürgerlich,

Im Schmausen keinem Fürsten wich:

Ein Garkoch richtender Verwandten,

Der Schwäger, Vettern, Nichten, Tanten,

Der stets zu halben Nächten frass,

Und seiner Wechsel oft vergass.

Kaum hatte mit den Morgenstunden

Sein erster Schlaf sich eingefunden,

So liess ihm den Genuss der Ruh

Der nahe Sänger nimmer zu.

“Zum Henker! lärmst du dort schon wieder,

Vermaledeiter Seifensieder?

Ach wäre doch, zu meinem Heil,

Der Schlaf hier, wie die Austern feil!”

Den Sänger, den er früh vernommen,

Lässt er an einem Morgen kommen

Und spricht: “Mein lustiger Johann!

Wie geht es Euch? Wie fangt Ihrs an?

Es rühmt ein jeder Eure Ware:

Sagt, wie viel bringt sie Euch im Jahre?”

“Im Jahre, Herr? Mir fällt nicht bei,

Wie gross im Jahr mein Vorteil sei.

So rechn’ ich nicht; ein Tag bescheret,

Was der, so auf ihn kömmt, verzehret,

Dies folgt im Jahr (ich weiss die Zahl)

Dreihundertfünfundsechzigmal.”

“Ganz recht; doch könnt Ihr mir’s nicht sagen,

Was pflegt ein Tag wohl einzutragen?”

“Mein Herr, Ihr forschet allzusehr:

Der eine wenig, mancher mehr,

So wie’s dann fällt! Mich zwingt zur Klage

Nichts als die vielen Feiertage;

Und wer sie alle rot gefärbt,

Der hatte wohl, wie Ihr, geerbt,

Dem war die Arbeit sehr zuwider;

Das war gewiss kein Seifensieder.”

Dies schien den Reichen zu erfreun.

“Hans,” spricht er, “du sollst glücklich sein.

Jetzt bist du nur ein schlechter Prahler.

Da hast du barefunfzigThaler;

Nur unterlasse den Gesang!

Das Geld hat einen bessern Klang.”

Er dankt und schleicht mit scheuchem Blicke,

Mit mehr als diebscher Furcht zurücke.

Er herzt den Beutel, den er hält,

Und zählt und wägt und schwenkt das Geld,

Das Geld, den Ursprung seiner Freude,

Und seiner Augen neue Weide.

Es wird mit stummer Lust beschaut

Und einem Kasten anvertraut,

Den Band’ und starke Schlösser hüten,

Beim Einbruch Dieben Trotz zu bieten,

Den auch der karge Thor bei Nacht

Aus banger Vorsicht selbst bewacht.

Sobald sich nur der Haushund reget,

Sobald der Kater sich beweget,

Durchsucht er alles, bis er glaubt,

Dass ihn kein frecher Dieb beraubt,

Bis, oft gestossen, oft geschmissen,

Sich endlich beide packen müssen:

Sein Mops, der keine Kunst vergass

Und wedelnd bei dem Kessel sass;

Sein Hinz, der Liebling junger Katzen,

So glatt von Fell, so weich von Tatzen,

Er lernt zuletzt, je mehr er spart,

Wie oft sich Sorg’ und Reichtum paart,

Und manches Zärtlings dunkle Freuden

Ihn ewig von der Freiheit scheiden,

Die nur in reine Seelen strahlt,

Und deren Glück kein Gold bezahlt.

Dem Nachbar, den er stets gewecket,

Bis der das Geld ihm zugestecket,

Dem stellt er bald, aus Lust zur Ruh,

Den vollen Beutel wieder zu

Und spricht: “Herr, lehrt mich bessre Sachen

Als, statt des Singens, Geld bewachen.

Nehmt immer Euren Beutel hin.

Und lasst mir meinen frohen Sinn.

Fahrt fort, mich heimlich zu beneiden;

Ich tausche nicht mit Euren Freuden.

Der Himmel hat mich recht geliebt,

Der mir die Stimme wiedergiebt.

Was ich gewesen, werd’ ich wieder:

Johann, der muntre Seifensieder.”

An eminent fabulist and moralist of Saxon stock (1715-1769). Like Gottsched, he spent the best years of his life in the service of the University of Leipzig. HisFables and Tales(1746-1748) were reprinted in numberless editions, made their publisher rich, and remained for several decades the popular ideal of pleasant and edifying literature. Gellert was also a pioneer (theSwedisch Countess, 1747) in the field of moral family fiction after the manner of Richardson. The Selections follow Kürschner’sNationalliteratur, Vol. 43.

Die Nachtigall sang einst mit vieler Kunst,

Ihr Lied erwarb der ganzen Gegend Gunst;

Die Blätter in den Gipfeln schwiegen

Und fühlten ein geheim Vergnügen.

Der Vögel Chor vergass der Ruh

Und hörte Philomelen zu.

Aurora selbst verzog am Horizonte,

Weil sie die Sängerin nicht g’nug bewundern konnte;

Denn auch die Götter rührt der Schall

Der angenehmen Nachtigall,

Und ihr, der Göttin, ihr zu Ehren,

Liess Philomele sich noch zweimal schöner hören.

Sie schweigt darauf. Die Lerche naht sich ihr

Und spricht: “Du singst viel reizender als wir,

Dir wird mit Recht der Vorzug zugesprochen;

Doch eins gefällt uns nicht an dir,

Du singst das ganze Jahr nicht mehr als wenig Wochen.”

Doch Philomele lacht und spricht:

“Dein bittrer Vorwurf kränkt mich nicht

Und wird mir ewig Ehre bringen.

Ich singe kurze Zeit. Warum? Um schön zu singen.

Ich folg’ im Singen der Natur;

So lange sie gebeut, so lange sing’ ich nur.

Sobald sie nicht gebeut, so hör’ ich auf zu singen;

Denn die Natur lässt sich nicht zwingen.”

O Dichter, denkt an Philomelen,

Singt nicht, so lang ihr singen wollt.

Natur und Geist, die euch beseelen,

Sind euch nur wenig Jahre hold.

Soll euer Witz die Welt entzücken,

So singt, so lang ihr feurig seid,

Und öffnet euch mit Meisterstücken

Den Eingang in die Ewigkeit.

Singt geistreich der Natur zu Ehren;

Und scheint euch die nicht mehr geneigt,

So eilt, um rühmlich aufzuhören,

Eh’ ihr zu spät mit Schande schweigt.

Wer, sprecht ihr, will den Dichter zwingen?

Er bindet sich an keine Zeit.

So fahrt denn fort, noch alt zu singen,

Und singt euch um die Ewigkeit.

Vor Zeiten gab’s ein kleines Land,

Worin man keinen Menschen fand,

Der nicht gestottert, wenn er red’te,

Nicht, wenn er ging, gehinket hätte;

Denn beides hielt man für galant.

Ein fremder sah den Übelstand;

Hier, dacht’ er, wird man dich im Gehn bewundern müssen,

Und ging einher mit steifen Füssen.

Er ging, ein jeder sah ihn an,

Und alle lachten, die ihn sahn,

Und jeder blieb vor Lachen stehen

Und schrie: “Lehrt doch den Fremden gehen!”

Der Fremde hielt’s für seine Pflicht,

Den Vorwurf von sich abzulehnen.

“Ihr,” rief er, “hinkt; ich aber nicht:

Den Gang müsst ihr euch abgewöhnen!”

Der Lärmen wird noch mehr vermehrt,

Da man den Fremden sprechen hört.

Er stammelt nicht; genug zur Schande!

Man spottet sein im ganzen Lande.

Gewohnheit macht den Fehler schön,

Den wir von Jugend auf gesehn.

Vergebens wird’s ein Kluger wagen

Und, dass wir töricht sind, uns sagen.

Wir selber halten ihn dafür,

Bloss, weil er klüger ist als wir.

Ein Hauswirt, wie man mir erzählt,

Ward lange Zeit durch ein Gespenst gequält.

Er liess, des Geists sich zu erwehren,

Sich heimlich das Verbannen lehren;

Doch kraftlos blieb der Zauberspruch.

Der Geist entsetzte sich vor keinen Charakteren

Und gab, in einem weissen Tuch,

Ihm alle Nächte den Besuch.

Ein Dichter zog in dieses Haus.

Der Wirt, der bei der Nacht nicht gern allein gewesen,

Bat sich des Dichters Zuspruch aus

Und liess sich seine Verse lesen.

Der Dichter las ein frostig Trauerspiel,

Das, wo nicht seinem Wirt, doch ihm sehr wohl gefiel.

Der Geist, den nur der Wirt, doch nicht der Dichter sah,

Erschien und hörte zu; es fing ihn an zu schauern.

Er konnt es länger nicht als einen Auftritt dauern,

Denn, eh’ der andre kam, so war er nicht mehr da.

Der Wirt, von Hoffnung eingenommen,

Liess gleich die andre Nacht den Dichter wiederkommen.

Der Dichter las, der Geist erschien,

Doch ohne lange zu verziehn.

“Gut,” sprach der Wirt bei sich, “dich will ich bald verjagen,

Kannst du die Verse nicht vertragen.”

Die dritte Nacht blieb unser Wirt allein.

Sobald es zwölfe schlug, liess das Gespenst sich blicken;

“Johann!” fing drauf der Wirt gewaltig an zu schrein,

“Der Dichter (lauft geschwind!) soll von der Güte sein

Und mir sein Trauerspiel auf eine Stunde schicken.”

Der Geist erschrak und winkte mit der Hand,

Der Diener sollte ja nicht gehen;

Und kurz, der weisse Geist verschwand

Und liess sich niemals wieder sehen.

Ein jeder, der dies Wunder liest,

Zieh’ sich daraus die gute Lehre,

Dass kein Gedicht so elend ist,

Das nicht zu etwas nützlich wäre.

Und wenn sich ein Gespenst vor schlechten Versen scheut,

So kann uns dies zum grossen Tröste dienen,

Gesetzt, dass sie zu unsrer Zeit

Auch legionenweis erschienen:

So wird, um sich von allen zu befrein,

An Versen doch kein Mangel sein.

Ein Autor schrieb sehr viele Bände

Und ward das Wunder, seiner Zeit;

Der Journalisten gütge Hände

Verehrten ihm die Ewigkeit

Er sah, vor seinem sanften Ende,

Fast alle Werke seiner Hände

Das sechste Mal schon aufgelegt

Und sich mit tiefgelehrtem Blicke

In einer spanischen Perücke

Vor jedes Titelblatt geprägt.

Er blieb vor Widersprechern sicher

Und schrieb bis an den Tag, da ihn der Tod entseelt;

Und das Verzeichnis seiner Bücher,

Die kleinen Schriften mitgezählt,

Nahm an dem Lebenslauf allein

Drei Bogen und drei Seiten ein.

Man las nach dieses Mannes Tode

Die Schriften mit Bedachtsamkeit;

Und seht, das Wunder seiner Zeit

Kam in zehn Jahren aus der Mode,

Und seine göttliche Methode

Hiess eine bange Trockenheit.

Der Mann war bloss berühmt gewesen,

Weil Stümper ihn gelobt, eh’ Kenner ihn gelesen.

Berühmt zu werden ist nicht schwer,

Man darf nur viel für kleine Geister schreiben;

Doch bei der Nachwelt gross zu bleiben,

Dazu gehört noch etwas mehr

Als, seicht an Geist, in strenger Lehrart schreiben.

A North German poet (1719-1803) who is best known for hisSongs of a Prussian Grenadier, commemorating the victories of Frederick the Great in the Seven Years’ War. His earlier work is mostly in the light anacreontic vein, which was somewhat overworked in the decade preceding the war. The fashion was really set by Gleim, though the spirit of it is found in Hagedorn. The selections follow Kürschner’sNationalliteratur, Vol. 45.

Rosen pflücke, Rosen blühn,

Morgen ist nicht heut!

Keine Stunde lass entfliehn,

Flüchtig ist die Zeit!

Trinke, küsse! Sieh, es ist

Heut Gelegenheit!

Weisst du, wo du morgen bist?

Flüchtig ist die Zeit.

Aufschub einer guten Tat

Hat schon oft gereut!

Hurtig leben ist mein Rat,

Flüchtig ist die Zeit!

Brüder, trinkt: es trinkt die Sonne,

Und sie hat schon tausend Ströme

Ohne Bruder ausgetrunken!

Brüder trinkt: es trinkt die Erde;

Seht, sie durstet, seht, wie durstig

Trinkt sie diese Regentropfen!

Seht, dort um den Vater Bacchus

Stehn die Reben frisch am Berge;

Denn es hat das Nass der Wolken

Ihren heissen Durst gelöschet.

Brüder, seht, das Nass der Reben

Wartet in den vollen Gläsern:

Wollt ihr euren Durst nicht löschen?

Herr Euler misst der Welten Grösse;

O welch ein Tor ist das!

Ich bin doch klüger, denn ich messe

Die Eimer Wein auf meinem Fass.

Wolff zählt die Kräfte seiner Seele;

O welch ein Tor ist das!

Ich bin doch klüger, denn ich zähle

Die Tropfen Wein im Deckelglas.

Herr Meier macht nur immer Schlüsse;

Wie töricht ist auch das!

Ich klügerer, ich trink’ und küsse,

Ich küss’ und trink’ ohn’ Unterlass.

Herr Haller sucht Gras, Kraut und Bäume

Auf mancher rauhen Bahn;

Ich klügerer, ich suche Reime,

So wie er sonsten auch gethan.

Herr Bodmer führt gelehrte Kriege;

O warum führt er sie?

Denn durch noch tausend seiner Siege

Bezwingt er doch die Dummheit nie.

Es mögen ihn die Enkel preisen

Und sagen: So ein Mann

Ist doch jetzund nicht aufzuweisen;

Was gehen mir die Enkel an?

Krieg ist mein Lied! Weil alle Welt

Krieg will, so sei es Krieg!

Berlin sei Sparta! Preussens Held

Gekrönt mit Ruhm und Sieg!

Gern will ich seine Taten tun,

Die Leier in der Hand,

Wenn meine blut’gen Waffen ruhn

Und hangen an der Wand.

Auch stimm’ich hohen Schlachtgesang

Mit seinen Helden an

Bei Pauken- und Trompetenklang,

Im Lärm von Ross und Mann;

Und streit’, ein tapfrer Grenadier,

Von Friedrichs Mut erfüllt.

Was acht’ ich es, wenn über mir

Kanonendonner brüllt?

Ein Held fall’ ich; noch sterbend droht

Mein Säbel in der Hand.

Unsterblich macht der Helden Tod,

Der Tod fürs Vaterland!

Auch kömmt man aus der Welt davon

Geschwinder wie der Blitz;

Und wer ihn stirbt, bekommt zum Lohn

Im Himmel hohen Sitz!

Wenn aber ich als solch ein Held

Dir, Mars, nicht sterben soll,

Nicht glänzen soll im Sternenzelt:

So leb’ ich dem Apoll.

So werd’ aus Friedrichs Grenadier,

Dem Schutz, der Ruhm des Staats;

So lern’ er deutscher Sprache Zier

Und werde sein Horaz!

Dann singe Gott und Friederich,

Nichts Kleiners, stolzes Lied!

Dem Adler gleich erhebe dich,

Der in die Sonne sieht!

Viktoria! mit uns ist Gott,

Der stolze Feind liegt da!

Er liegt, gerecht ist unser Gott,

Er liegt, Viktoria!

Zwar unser Vater ist nicht mehr,

Jedoch er starb ein Held

Und sieht nun unser Siegesheer

Vom hohen Sternenzelt.

Er ging voran, der edle Greis,

Voll Gott und Vaterland.

Sein alter Kopf war kaum so weiss

Als tapfer seine Hand.

Mit jugendlicher Heldenkraft

Ergriff er eine Fahn’,

Hielt sie empor an ihrem Schaft

Dass wir sie alle sahn;

Und sagte: “Kinder, Berg hinan,

Auf Schanzen und Geschütz!”

Wir folgten alle, Mann vor Mann,

Geschwinder wie der Blitz.

Ach! aber unser Vater fiel,

Die Fahne sank auf ihn,

Ha! welch glorreiches Lebensziel,

Glückseliger Schwerin!

Dein Friederich hat dich beweint,

Indem er uns gebot;

Wir aber stürzten in den Feind,

Zu rächen deinen Tod.

Du, Heinrich, warest ein Soldat,

Du fochtest königlich!

Wir sahen alle, Tat vor Tat,

Du junger Löw’, auf dich!

Der Pommer und der Märker stritt

Mit rechtem Christenmut.

Rot ward sein Schwert, auf jeden Schritt

Floss dick Pandurenblut.

Aus sieben Schanzen jagten wir

Die Mützen von dem Bär.

Da, Friedrich, ging dein Grenadier

Auf Leichen hoch einher;

Dacht’, in dem mörderischen Kampf

Gott, Vaterland und dich,

Sah, tief in schwarzem Rauch und Dampf,

Dich seinen Friederich;

Und zitterte, ward feuerrot

Im kriegrischen Gesicht

(Er zitterte vor deinem Tod

Vor seinem aber nicht);

Verachtete die Kugelsaat,

Der Stücke Donnerton,

Stritt wütender, tat Heldentat,

Bis deine Feinde flohn.

Nun dankt er Gott für seine Macht,

Und singt: Viktoria!

Und alles Blut aus dieser Schlacht

Fliesst nach Theresia.

Und weigert sie auf diesen Tag,

Den Frieden vorzuziehn,

So stürme, Friedrich, erst ihr Prag,

Und dann führ uns nach Wien!

1724-1803. By his profound seriousness and the fervor of his utterance, Klopstock turned German poetry into new channels. Impatient of rime, which he regarded as an ignoble modern jingle, and averse to the shallowVerstandespoesieof the reigning Saxon school, he conceived of poetry as the intense expression of sublimated feeling. His most famous work is theMessiah, a long religious epic in hexameters. In hisOdes, composed in the rimeless meters of the Greek and Roman lyrists, he made large use of mythologic names and conceptions which he erroneously supposed to be old German. We hear of ancient bards inhabiting the German forests, singing ‘lawless songs’ of intenseemotion, and deriving their inspiration from ethnic tradition and from the elemental feelings of love and friendship. In his so-calledBardietehe used the dramatic form for this same idealization of the ancient Germans. Although now little read, Klopstock exerted a great influence in dignifying the poet’s calling and strengthening the national self-respect and self-reliance of literary Germany.

1From the ‘Messiah’: First Song, lines 1-137.Sing, unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung,Die der Messias auf Erden in seiner Menschheit vollendet,Und durch die er Adams Geschlecht zu der Liebe der Gottheit,Leidend, getötet, und verherrlichet, wieder erhöht hat.5Also geschah des Ewigen Wille. Vergebens erhub sichSatan gegen den göttlichen Sohn; umsonst stand JudaGegen ihn auf; er tat’s und vollbrachte die grosse Versöhnung.Aber, o Tat, die allein der Allbarmherzige kennet,Darf aus dunkler Ferne sich auch dir nahn die Dichtkunst?10Weihe sie, Geist Schöpfer, vor dem ich hier still anbete,Führe sie mir, als deine Nachahmerin, voller Entzückung,Voll unsterblicher Kraft, in verklärter Schönheit entgegen.Rüste mit deinem Feuer sie, du, der die Tiefen der GottheitSchaut, und den Menschen aus Staube gemacht zum Tempel sich heiligt!15Rein sei das Herz! So darf ich, obwohl mit der bebenden StimmeEines Sterblichen, doch den Gottversöhner besingen,Und die furchtbare Bahn, mit verziehnem Straucheln, durchlaufen.Menschen, wenn ihr die Hoheit kennt, die ihr damals empfinget,Da der Schöpfer der Welt Versöhner wurde, so höret20Meinen Gesang, und ihr vor allen, ihr wenigen Edlen,Teure, herzliche Freunde des liebenswürdigen Mittlers,Ihr mit dem kommenden Weltgerichte vertrauliche Seelen,Hört mich, und singt den ewigen Sohn durch ein göttliches Leben.Nah an der heiligen Stadt, die sich jetzt durch Blindheit entweihte,125Und die Krone der hohen Erwählung unwissend hinwegwarf,Sonst die Stadt der Herrlichkeit Gottes, der heiligen VäterPflegerin, jetzt ein Altar des Bluts vergossen von Mördern;Hier war’s, wo der Messias von einem Volke sich losriss,Das zwar jetzt ihn verehrte, doch nicht mit jener Empfindung,30Die untadelhaft bleibt vor dem schauenden Auge der Gottheit.Jesus verbarg sich diesen Entweihten. Zwar lagen hier PalmenVom begleitenden Volk; zwar klang dort ihr lautes Hosanna;Aber umsonst. Sie kannten ihn nicht, den König sie nennten,Und den Gesegneten Gottes zu sehn, war ihr Auge zu dunkel.35Gott kam selbst von dem Himmel herab. Die gewaltige Stimme:Sieh, ich hab’ ihn verklärt, und will ihn von neuem verklären!War die Verkündigerin der gegenwärtigen Gottheit.Aber sie waren, Gott zu verstehn, zu niedrige Sünder.Unterdes nahte sich Jesus dem Vater, der wegen des Volkes,40Dem die Stimme geschah, mit Zorn zu dem Himmel hinaufstieg.Denn noch einmal wollte der Sohn des Bundes Entschliessung,Seine Menschen zu retten, dem Vater feierlich kund tun.Gegen die östliche Seite Jerusalems liegt ein Gebirge,Welches auf seinem Gipfel schon oft den göttlichen Mittler,45Wie in das Heilige Gottes, verbarg, wenn er einsame NächteUnter des Vaters Anschaun ernst in Gebeten durchwachte.Jesus ging nach diesem Gebirg. Der fromme Johannes,Er nur folgt’ ihm dahin bis an die Gräber der Seher,Wie sein göttlicher Freund, die Nacht in Gebete zu bleiben.50Und der Mittler erhub sich von dort zu dem Gipfel des Berges.Da umgab von dem hohen Moria ihn Schimmer der Opfer,Die den ewigen Vater noch jetzt in Bilde versöhnten.Ringsum nahmen ihn Palmen in’s Kühle. Gelindere Lüfte,Gleich dem Säuseln2der Gegenwart Gottes, umflossen sein Antlitz55Und der Seraph, der Jesus zum Dienst auf der Erde gesandt war,Gabriel, nennen die Himmlischen ihn, stand feirend am EingangZwoer umdufteter Cedern, und dachte dem Heile der Menschen,Und dem Triumphe der Ewigkeit nach, als jetzt der ErlöserSeinem Vater entgegen vor ihm in Stillem vorbeiging.60Gabriel wusste, dass nun die Zeit der Erlösung herankam.Diese Betrachtung entzückt’ ihn, er sprach mit leiserer Stimme:Willst du die Nacht, o Göttlicher, hier in Gebete durchwachen?Oder verlangt dein ermüdeter Leib nach seiner Erquickung?Soll ich zu deinem unsterblichen Haupt ein Lager bereiten?65Siehe, schon streckt der Sprössling der Ceder den grünenden Arm aus,Und die weiche Staude des Balsams. Am Grabe der SeherWächst dort unten ruhiges Moos in der kühlenden Erde.Soll ich davon, o Göttlicher, dir ein Lager bereiten?Ach, wie bist du, Erlöser, ermüdet! Wie viel erträgst du70Hier auf der Erd’, aus inniger Liebe zu Adams Geschlechte!Gabriel sagt’s. Der Mittler belohnt ihn mit segnenden Blicken,Steht voll Ernst auf der Höhe des Bergs am näheren Himmel.Dort war Gott. Dort betet’ er. Unter ihm tönte die Erde,Und ein wandelndes3Jauchzen durchdrang die Pforten des Abgrunds,475Als sie von ihm tief unten die mächtige Stimme vernahmen.Denn sie war es nicht mehr des Fluches Stimme, die StimmeAngekündet in Sturm, und in donnerndem Wetter gesprochen,Welche die Erde vernahm. Sie hörte des Segnenden Rede,Der mit unsterblicher Schöne sie einst zu verneuen beschlossen.80Ringsum lagen die Hügel in lieblicher Abenddämmerung,Gleich als blühten sie wieder, nach Edens Bilde geschaffen.Jesus redete. Er, und der Vater durchschauten den InhaltGränzlos: diess nur vermag des Menschen Stimme zu sagen:Göttlicher Vater, die Tage des Heils, und des ewigen Bundes85Nahen sich mir, die Tage zu grösseren Werken erkoren,Als die Schöpfung, die du mit deinem Sohne vollbrachtest.Sie verklären sich mir so schön und herrlich, als damals,Da wir der Zeiten Reih’ durchschauten, die Tage der Zukunft,Durch mein göttliches Schaun, bezeichnet, und glänzender sahen.90Dir nur ist es bekannt, mit was vor Einmut wir damals,Du, mein Vater, und ich und der Geist die Erlösung beschlossen.In der Stille der Ewigkeit, einsam und ohne Geschöpfe,Waren wir bei einander. Voll unsrer göttlichen Liebe,Sahen wir auf die Menschen, die noch nicht waren, herunter.95Edens selige Kinder, ach unsre Geschöpfe, wie elendWaren sie, sonst unsterblich, nun Staub und entstellt von der Sünde!Vater, ich sah ihr Elend, du meine Tränen. Da sprachst du:Lasset der Gottheit Bild in dem Menschen von neuem uns schaffen!Also beschlossen wir unser Geheimnis, das Blut der Versöhnung,100Und die Schöpfung der Menschen verneut zu dem ewigen Bilde!Hier erkor ich mich selbst, die göttliche Tat zu vollenden.Ewiger Vater, das weisst du, das wissen die Himmel, wie innigMich seit diesem Entschluss nach meiner Erniedrung verlangte!Erde, wie oft warst du, in deiner niedrigen Ferne,105Mein erwähltes, geliebteres Augenmerk! Und o Kanan,Heiliges Land, wie oft hing unverwendet mein AugeAn dem Hügel, den ich von des Bundes Blute schon voll sah!Und wie bebt mir mein Herz von süssen, wallenden Freuden,Dass ich so lange schon Mensch bin, dass schon so viele Gerechte110Sich mir sammeln, und nun bald alle Geschlechte der MenschenMir sich heiligen werden! Hier lieg’ ich, göttlicher Vater,Noch nach deinem Bilde geschmückt mit den Zügen der Menschheit,Betend vor dir: bald aber, ach bald wird dein tötend Gericht michBlutig entstellen, und unter den Staub der Toten begraben.115Schon, o Richter der Welt, schon hör’ ich fern dich, und einsamKommen und unerbittlich in deinen Himmeln dahergehn.Schon durchdringt mich ein Schauer dem ganzen GeistergeschlechteUnempfindbar, und wenn du sie auch mit dem Zorne der GottheitTötetest, unempfindbar! Ich seh’ den nächtlichen Garten120Schon vor mir liegen, sinke vor dir in niedrigen Staub hin,Lieg’, und bet’, und winde mich, Vater, in Todesschweisse.Siehe, da bin ich, mein Vater. Ich will des Allmächtigen Zürnen,Deine Gerichte will ich mit tiefem Gehorsam ertragen.Du bist ewig! Kein endlicher Geist hat das Zürnen der Gottheit,125Keiner je, den Unendlichen tötend mit ewigem Tode,Ganz gedacht, und keiner empfunden. Gott nur vermochteGott zu versöhnen. Erhebe dich, Richter der Welt! Hier bin ich!Töte mich, nimm mein ewiges Opfer zu deiner Versöhnung.Noch bin ich frei, noch kann ich dich bitten; so tut sich der Himmel130Mit Myriaden von Seraphim auf, und führet mich jauchzend,Vater, zurück in Triumph zu deinem erhabenen Trone!Aber ich will leiden, was keine Seraphim fassen,Was kein denkender Cherub in tiefen Betrachtungen einsieht;Ich will leiden, den furchtbarsten Tod ich Ewiger leiden.135Weiter sagt’ er, und sprach: Ich hebe gen Himmel mein Haupt auf,Meine Hand in die Wolken, und schwöre bei dir und mir selber,Der ich Gott bin, wie du: Ich will die Menschen erlösen.

Sing, unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung,

Die der Messias auf Erden in seiner Menschheit vollendet,

Und durch die er Adams Geschlecht zu der Liebe der Gottheit,

Leidend, getötet, und verherrlichet, wieder erhöht hat.

Also geschah des Ewigen Wille. Vergebens erhub sich

Satan gegen den göttlichen Sohn; umsonst stand Juda

Gegen ihn auf; er tat’s und vollbrachte die grosse Versöhnung.

Aber, o Tat, die allein der Allbarmherzige kennet,

Darf aus dunkler Ferne sich auch dir nahn die Dichtkunst?

Weihe sie, Geist Schöpfer, vor dem ich hier still anbete,

Führe sie mir, als deine Nachahmerin, voller Entzückung,

Voll unsterblicher Kraft, in verklärter Schönheit entgegen.

Rüste mit deinem Feuer sie, du, der die Tiefen der Gottheit

Schaut, und den Menschen aus Staube gemacht zum Tempel sich heiligt!

Rein sei das Herz! So darf ich, obwohl mit der bebenden Stimme

Eines Sterblichen, doch den Gottversöhner besingen,

Und die furchtbare Bahn, mit verziehnem Straucheln, durchlaufen.

Menschen, wenn ihr die Hoheit kennt, die ihr damals empfinget,

Da der Schöpfer der Welt Versöhner wurde, so höret

Meinen Gesang, und ihr vor allen, ihr wenigen Edlen,

Teure, herzliche Freunde des liebenswürdigen Mittlers,

Ihr mit dem kommenden Weltgerichte vertrauliche Seelen,

Hört mich, und singt den ewigen Sohn durch ein göttliches Leben.

Nah an der heiligen Stadt, die sich jetzt durch Blindheit entweihte,1

Und die Krone der hohen Erwählung unwissend hinwegwarf,

Sonst die Stadt der Herrlichkeit Gottes, der heiligen Väter

Pflegerin, jetzt ein Altar des Bluts vergossen von Mördern;

Hier war’s, wo der Messias von einem Volke sich losriss,

Das zwar jetzt ihn verehrte, doch nicht mit jener Empfindung,

Die untadelhaft bleibt vor dem schauenden Auge der Gottheit.

Jesus verbarg sich diesen Entweihten. Zwar lagen hier Palmen

Vom begleitenden Volk; zwar klang dort ihr lautes Hosanna;

Aber umsonst. Sie kannten ihn nicht, den König sie nennten,

Und den Gesegneten Gottes zu sehn, war ihr Auge zu dunkel.

Gott kam selbst von dem Himmel herab. Die gewaltige Stimme:

Sieh, ich hab’ ihn verklärt, und will ihn von neuem verklären!

War die Verkündigerin der gegenwärtigen Gottheit.

Aber sie waren, Gott zu verstehn, zu niedrige Sünder.

Unterdes nahte sich Jesus dem Vater, der wegen des Volkes,

Dem die Stimme geschah, mit Zorn zu dem Himmel hinaufstieg.

Denn noch einmal wollte der Sohn des Bundes Entschliessung,

Seine Menschen zu retten, dem Vater feierlich kund tun.

Gegen die östliche Seite Jerusalems liegt ein Gebirge,

Welches auf seinem Gipfel schon oft den göttlichen Mittler,

Wie in das Heilige Gottes, verbarg, wenn er einsame Nächte

Unter des Vaters Anschaun ernst in Gebeten durchwachte.

Jesus ging nach diesem Gebirg. Der fromme Johannes,

Er nur folgt’ ihm dahin bis an die Gräber der Seher,

Wie sein göttlicher Freund, die Nacht in Gebete zu bleiben.

Und der Mittler erhub sich von dort zu dem Gipfel des Berges.

Da umgab von dem hohen Moria ihn Schimmer der Opfer,

Die den ewigen Vater noch jetzt in Bilde versöhnten.

Ringsum nahmen ihn Palmen in’s Kühle. Gelindere Lüfte,

Gleich dem Säuseln2der Gegenwart Gottes, umflossen sein Antlitz

Und der Seraph, der Jesus zum Dienst auf der Erde gesandt war,

Gabriel, nennen die Himmlischen ihn, stand feirend am Eingang

Zwoer umdufteter Cedern, und dachte dem Heile der Menschen,

Und dem Triumphe der Ewigkeit nach, als jetzt der Erlöser

Seinem Vater entgegen vor ihm in Stillem vorbeiging.

Gabriel wusste, dass nun die Zeit der Erlösung herankam.

Diese Betrachtung entzückt’ ihn, er sprach mit leiserer Stimme:

Willst du die Nacht, o Göttlicher, hier in Gebete durchwachen?

Oder verlangt dein ermüdeter Leib nach seiner Erquickung?

Soll ich zu deinem unsterblichen Haupt ein Lager bereiten?

Siehe, schon streckt der Sprössling der Ceder den grünenden Arm aus,

Und die weiche Staude des Balsams. Am Grabe der Seher

Wächst dort unten ruhiges Moos in der kühlenden Erde.

Soll ich davon, o Göttlicher, dir ein Lager bereiten?

Ach, wie bist du, Erlöser, ermüdet! Wie viel erträgst du

Hier auf der Erd’, aus inniger Liebe zu Adams Geschlechte!

Gabriel sagt’s. Der Mittler belohnt ihn mit segnenden Blicken,

Steht voll Ernst auf der Höhe des Bergs am näheren Himmel.

Dort war Gott. Dort betet’ er. Unter ihm tönte die Erde,

Und ein wandelndes3Jauchzen durchdrang die Pforten des Abgrunds,4

Als sie von ihm tief unten die mächtige Stimme vernahmen.

Denn sie war es nicht mehr des Fluches Stimme, die Stimme

Angekündet in Sturm, und in donnerndem Wetter gesprochen,

Welche die Erde vernahm. Sie hörte des Segnenden Rede,

Der mit unsterblicher Schöne sie einst zu verneuen beschlossen.

Ringsum lagen die Hügel in lieblicher Abenddämmerung,

Gleich als blühten sie wieder, nach Edens Bilde geschaffen.

Jesus redete. Er, und der Vater durchschauten den Inhalt

Gränzlos: diess nur vermag des Menschen Stimme zu sagen:

Göttlicher Vater, die Tage des Heils, und des ewigen Bundes

Nahen sich mir, die Tage zu grösseren Werken erkoren,

Als die Schöpfung, die du mit deinem Sohne vollbrachtest.

Sie verklären sich mir so schön und herrlich, als damals,

Da wir der Zeiten Reih’ durchschauten, die Tage der Zukunft,

Durch mein göttliches Schaun, bezeichnet, und glänzender sahen.

Dir nur ist es bekannt, mit was vor Einmut wir damals,

Du, mein Vater, und ich und der Geist die Erlösung beschlossen.

In der Stille der Ewigkeit, einsam und ohne Geschöpfe,

Waren wir bei einander. Voll unsrer göttlichen Liebe,

Sahen wir auf die Menschen, die noch nicht waren, herunter.

Edens selige Kinder, ach unsre Geschöpfe, wie elend

Waren sie, sonst unsterblich, nun Staub und entstellt von der Sünde!

Vater, ich sah ihr Elend, du meine Tränen. Da sprachst du:

Lasset der Gottheit Bild in dem Menschen von neuem uns schaffen!

Also beschlossen wir unser Geheimnis, das Blut der Versöhnung,

Und die Schöpfung der Menschen verneut zu dem ewigen Bilde!

Hier erkor ich mich selbst, die göttliche Tat zu vollenden.

Ewiger Vater, das weisst du, das wissen die Himmel, wie innig

Mich seit diesem Entschluss nach meiner Erniedrung verlangte!

Erde, wie oft warst du, in deiner niedrigen Ferne,

Mein erwähltes, geliebteres Augenmerk! Und o Kanan,

Heiliges Land, wie oft hing unverwendet mein Auge

An dem Hügel, den ich von des Bundes Blute schon voll sah!

Und wie bebt mir mein Herz von süssen, wallenden Freuden,

Dass ich so lange schon Mensch bin, dass schon so viele Gerechte

Sich mir sammeln, und nun bald alle Geschlechte der Menschen

Mir sich heiligen werden! Hier lieg’ ich, göttlicher Vater,

Noch nach deinem Bilde geschmückt mit den Zügen der Menschheit,

Betend vor dir: bald aber, ach bald wird dein tötend Gericht mich

Blutig entstellen, und unter den Staub der Toten begraben.

Schon, o Richter der Welt, schon hör’ ich fern dich, und einsam

Kommen und unerbittlich in deinen Himmeln dahergehn.

Schon durchdringt mich ein Schauer dem ganzen Geistergeschlechte

Unempfindbar, und wenn du sie auch mit dem Zorne der Gottheit

Tötetest, unempfindbar! Ich seh’ den nächtlichen Garten

Schon vor mir liegen, sinke vor dir in niedrigen Staub hin,

Lieg’, und bet’, und winde mich, Vater, in Todesschweisse.

Siehe, da bin ich, mein Vater. Ich will des Allmächtigen Zürnen,

Deine Gerichte will ich mit tiefem Gehorsam ertragen.

Du bist ewig! Kein endlicher Geist hat das Zürnen der Gottheit,

Keiner je, den Unendlichen tötend mit ewigem Tode,

Ganz gedacht, und keiner empfunden. Gott nur vermochte

Gott zu versöhnen. Erhebe dich, Richter der Welt! Hier bin ich!

Töte mich, nimm mein ewiges Opfer zu deiner Versöhnung.

Noch bin ich frei, noch kann ich dich bitten; so tut sich der Himmel

Mit Myriaden von Seraphim auf, und führet mich jauchzend,

Vater, zurück in Triumph zu deinem erhabenen Trone!

Aber ich will leiden, was keine Seraphim fassen,

Was kein denkender Cherub in tiefen Betrachtungen einsieht;

Ich will leiden, den furchtbarsten Tod ich Ewiger leiden.

Weiter sagt’ er, und sprach: Ich hebe gen Himmel mein Haupt auf,

Meine Hand in die Wolken, und schwöre bei dir und mir selber,

Der ich Gott bin, wie du: Ich will die Menschen erlösen.


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