KopfvignetteCuba.I.
Kopfvignette
Cuba.
D
Die schönste Insel, welche Menschenaugen geschaut haben —isla la mas hermosa que ojos hayan visto— nannte Christoph Kolumbus Cuba, als er, von den landschaftlich unbedeutenden Bahamas heransegelnd, das Nordostgestade der großen Antille in der Gegend des heutigen Puerto Nipe am 28. Oktober des Jahres 1492 zum erstenmale betrat, und bei seinem lebhaften Natursinne wird der berühmte Entdecker während des ferneren Verlaufes seiner ersten Amerikafahrt nicht müde, die Reize der Insel in seinem Tagebuche wieder und wieder im einzelnen zu preisen: die prächtigen Buchten und tiefen Ströme, die dem Schiffer Zugang und Schutz gewähren, die jäh aufstrebenden Küstenberge, die an die Berge Siciliens erinnern, die in frischem Grün prangenden weiten Ebenen, die stolzen Palmen, den Duft der Blüten und Gewürze, den Vogelgesang (den er für Nachtigallenschlag hielt), und das sanft geartete blaue Meer, welches das glücklich gefundene Wunderland umflutet —siempre mansa como el rio de Sevilla. Und eine ähnlich hohe Bewunderung wie ihrer Schönheit (Abb. 1und4) zollt er dem Reichtume und den wirtschaftlichen Hilfsquellen der cubanischen Landschaft.
Schwerlich wird auch ein neuerer Reisender, der Cuba besucht und näher kennen gelernt hat, es unternehmen wollen, die Lobpreisungen des Kolumbus in irgend einem wesentlichen Stücke Lügen zu strafen. Der von ihm gehegte Glaube, als ob Cuba Marco Polos vielberufenes Cipangu (Japan) oder ein Teil des asiatischen Festlandes sei, war allerdings gleich manchem anderen Glauben des Mittelalters ein irriger, im großen Ganzen bleibt aber die kolumbische Charakteristik davon bis auf den heutigen Tag zu Recht bestehen, und was an ihr zu ändern ist, bezieht sich in jedem Falle nur auf Einzelheiten. Das durch natürliche Wogenbrecher aus Korallenkalk gebändigte und für die Regel thatsächlich flußartig ruhige Meer rings um Cuba herum hat nicht selten Momente der furchtbarsten Aufregung, in denen es Hunderte von Fahrzeugen an den Küstenklippen zerschellt — was Kolumbus in der Folge durch eigene schlimme Erfahrung noch wohl genug beurteilen lernte —, und während der Goldreichtum der Insel sich bei genauerem Zusehen als ein sehr beschränkter erwiesen hat, so finden sich Eisenerze, die Kolumbus gänzlich vermißte, auf ihr in großer Menge und von hoher Güte.
Cuba im XVI. Jahrhundert.
Anderweit in der von Kolumbus entschleierten Neuen Welt (Abb. 2und3), und vor allen Dingen auch auf der Nachbarinsel Haiti, die nicht ganz sechs Wochen später aufgefunden wurde, stießen die Spanier auf ausgiebigere Lagerstätten des edlen Metalles, während die Pracht und Zeugungskraft der tropischen Natur daselbst eine der cubanischen nahe verwandte war; und dies war der hauptsächlichste Grund, warum jene anderen Länder sich bald einer höheren Wertschätzung von ihrer Seite erfreuten, indes Cuba — oder wie Kolumbus esursprünglich nannte: Juana — auf Jahrhunderte hinaus einer verhältnismäßigen Nichtachtung und Vernachlässigung anheimfiel. Zwar wurde im Jahre 1508 Sebastian de Ocampo entsandt, die Insel zu umsegeln und näher zu erforschen, und zwar wurde 1511 durch den ehrgeizigen und rührigen Diego Velasquez die spanische Herrschaft in aller Form darauf errichtet, die an ihren Küsten begründeten Niederlassungen entwickelten sich aber nur langsam, und zur Füllung des spanischen Staatssäckels trug Cuba im Gegensatze zu Haiti sowie zu Mexico und Peru lange Zeit nur ein Geringes ein (an Geld 1515 bis 1534 260000 Pesos). Der Hauptsitz der spanischen Macht über Westindien befand sich demgemäß auch von vornherein nicht auf Cuba, sondern in Santo Domingo, auf Haiti, welch letzteres seinen Ehrennamen Hispaniola — Kleinspanien — nicht umsonst führte.
Abb. 2.Das Grabmal des Kolumbus in der Kathedralevon Habana.
Abb. 2.Das Grabmal des Kolumbus in der Kathedralevon Habana.
In einer Beziehung konnte Cuba freilich nicht verfehlen, seine kulturgeographische Bedeutung schon in den ersten Jahrzehnten der spanischen Herrschaft geltend zu machen: es diente sowohl den welthistorischen Unternehmungen eines Ferdinand von Cordova und Juan Grijalva (1518), sowie eines Ferdinand Cortez (1519) gegen Mexico und Mittelamerika, als auch denjenigen eines Ferdinand de Soto (1539) und eines Aviles de Menendez (1566) gegen Florida und das Mississippigebiet als Basis und Ausgangspunkt, und als ein Hauptschlüssel zu der Neuen Welt — „Llave del Nuevo Mundo“ — bewährte sich insbesondere die Position von Habana schon sehr frühe. Der von spanischen Ansiedlern betriebene Landbau beschränkte sich aber lange auf die Erzeugung der zu ihrem eigenen Lebensunterhalt nötigen Nährgewächse, und auch die Zucht der aus Europa eingeführten Nutztiere, die auf den tropischen Savannen ohne weiteres wohl gedieh, gestattete nur eine vergleichsweise unbeträchtliche Ausfuhr von Häuten und Fellen, sowie später von Honig und Wachs. Für die Erzeugnisse, durch welche die Insel nachmals so reich und berühmt geworden ist, gab es in den Zeiten, die unmittelbar auf ihre Entdeckung folgten, noch keinen genügenden Markt, und als die Nachfrage nach ihnen allgemach eine lebhaftere wurde, da hatten Haiti und Mexico betreffs ihres Anbaues und Absatzes vor Cuba lange Zeit einen weiten Vorsprung. Was insbesondere das cubanische Rauchkraut anbetrifft, so lernten die spanischen Ansiedler und Seefahrer den Genuß desselben allerdings von den Eingeborenen sehr rasch würdigen und von diesen wieder — entgegen allen Verboten, welche Könige, Kaiser und Sultane zur Bekämpfung derbedenklichen Neuerung erließen — die christlichen und mohammedanischen Völker der Alten Welt; der Anbau des Tabaks (Abb. 5) zu Handelszwecken begann aber auf Cuba erst gegen Ende des XVI. Jahrhunderts, und einen bedeutenderen Umfang gewann derselbe unter steten Kämpfen mit beengenden Monopolen und Regierungsmaßregeln sogar erst im Laufe des XVIII. Jahrhunderts. Die Kulturen des Zuckerrohres und des Kaffeebaumes aber, welche auf Haiti bereits in den ersten Jahrzehnten der Besiedelung in hohen Schwung kamen, wurden auf Cuba erst nach der Mitte des XVIII. Jahrhunderts nennenswert. Die cubanische Tabakausfuhr betrug um das Jahr 1700 kaum mehr als 1000 Centner jährlich, um das Jahr 1750 aber ungefähr 20000 Centner.
Urbevölkerung und Negersklaven.
Daß die dem indianischen Arawakstamme zugehörige Urbevölkerung Cubas gerade so wie diejenige Haitis weder willig noch fähig war, den Spaniern bei ihrem Kultivationswerke die rücksichtslos geforderten Frondienste zu leisten, ist bekannt, und bei ihrer Niedermetzelung im Namen der europäischen Civilisation und des christlichen Glaubens ging es sicherlich blutig genug zu, immerhin war ihre Ausrottung aber im Zusammenhange mit den angegebenen Verhältnissen eine weniger rasche und gründliche als auf Haiti, und im allgemeinen kann man sich dabei eher an die Ausrottung der neuseeländischen Maori durch die Engländer — in den vierziger Jahren des XIX. Jahrhunderts — oder oder an die Seminolenkriege der Nordamerikaner — 1835 bis 1842 — erinnert fühlen. Einige dürftige Reste der unvermischten Urbevölkerung, deren Zahl die zeitgenössischen Berichterstatter des Kolumbus offenbar weit überschätzten, fristeten ja in den östlichen Gebirgsgegenden Cubas ihr Dasein bis auf unsere Tage, und in der cubanischen Landbevölkerung, den sogenannten Guajiros, ist ein durch seinen Gesichtsschnitt und sein straffes schwarzes Haar kenntliches halbindianisches Mischungselement über die ganze Insel verbreitet, wie denn auch einer der Hauptanführer in dem eben beendigten Kampfe gegen die Spanier — General Rabi — als Sprosse einer alten indianischen Häuptlingsfamilie bezeichnet wird.
Abb. 3.Der Kolumbus-Gedächtnistempel zu Habana.
Abb. 3.Der Kolumbus-Gedächtnistempel zu Habana.
Die Einführung von Negersklaven begann auf Cuba neunzehn Jahre später als auf Haiti (1524), und bis gegen Ende des XVIII. Jahrhunderts fand dieselbe auch immer in einem viel geringeren Umfange statt als dort — ein Hauptgrund, warum Cuba nicht in dem gleichen Maße wie die Nachbarinsel von dem schwarzen Bevölkerungselemente überflutet worden ist. Die freiwillige weiße Einwanderung aus Spanien und von den Kanarischen Inseln war aber in den ersten Jahrhunderten nach der Entdeckung ebenfalls eine geringfügige, und nur als Jamaica an England verloren ging (1655), Tortuga nebst dem westlichen Teile von Haiti aber an Frankreich (1697), und als Spanien sich dadurch genötigt sah, seine kolonisatorische Kraft in Westindien mehr zu konzentrieren, da erhielt das weiße Element von jenen Nachbarinseln, sowie von dem Mutterlande her eine wesentlichere Verstärkung. Alles in allem gab es daher am Anfange des XVIII. Jahrhunderts erstungefähr ein Dutzend Ortschaften auf der Insel, und die Gesamtzahl ihrer Bewohner ist für diese Zeit auf nicht mehr als 30000 zu veranschlagen.
Anlage von Befestigungen.
Was die Entwickelung der Niederlassungen auf Cuba im übrigen zurückhielt, waren einesteils die dem ganzen westindischen Erdraume eigentümlichen verheerenden Naturereignisse — Erdbeben, Orkane, Überschwemmungen und Sturmfluten —, anderenteils, und in einem viel hervorragenderen Maßstabe, vielfach wiederholte Einfälle von Piraten und Freibeutern — der bekannten Vorhut der Engländer und Franzosen bei ihren langjährigen Kämpfen mit den Spaniern um amerikanischen Kolonialbesitz. Dies war aber auf Haiti und Jamaica auch nicht anders, und gegenüber den Angriffen der Boucaniere ebenso wie der Engländer bewährte sich Cuba in jedem Falle als ein festerer Hort der spanischen Herrschaft als diese Inseln. Vor allen Dingen erwuchsen aus jenen Kämpfen eine Anzahl der stattlichen Bollwerke, die heute Habana umgeben: die die Hafenfront der Stadt beschützende alte Fuerza, welche schon De Soto anlegte (1538), der weithin drohende Morro (Abb. 6) und das demselben gegenüber gelegene Castello de la Printa, die den Eingang in die Bai bewachen, und die unter Philipp II. aufgeführt wurden (seit 1589), und die ausgedehnte, nur in Bruchstücken erhalten gebliebene Ringmauer der Stadt, deren Bau 1655 begonnen und 1738 beendigt wurde; ebenso aber auch der malerische Morro, am Eingange in die Bucht von Santiago, der in seiner ursprünglichen Gestalt aus dem Jahre 1643 und in seiner erneuerten Gestalt, nach der Zerstörung durch die Engländer (1661), aus dem Jahre 1663 stammt.
Abb. 4.Cubanische Stromuferlandschaft.
Abb. 4.Cubanische Stromuferlandschaft.
Abb. 5.Tabakfeld und Tabakernte.
Abb. 5.Tabakfeld und Tabakernte.
Cuba im XVIII. Jahrhundert.
Der höhere wirtschaftliche und kulturelle Aufschwung Cubas und die allgemeine Würdigung der Insel als Perle und Königin der Antillen —PerlaoderReyna de las Antillas— reicht nicht weiter zurück, als in die zweite Hälfte des XVIII. Jahrhunderts, doch heißt es den Engländern wohl zu viel Ehre anthun, wenn man behauptet, den Anstoß dazu habe einzig und allein die Einnahme von Habana durch Lord Albemarle und seine Riesenflotte, sowie die nicht ganz einjährige Besetzung von Habana und Santiago durch britische Truppen (August 1762 bis März 1763) gegeben. Der zeitweilige Verlust der Insel mußte allerdings dazu beitragen, sie den spanischen Herzen teurer zu machen, für die Entwickelung ihrer Fähigkeiten und Reichtümer war es aber zweifellos bedeutsamer,daß in der zweiten Hälfte des XVIII. und bei dem Beginn des XIX. Jahrhunderts eine Veränderung der gesamten Weltlage Platz griff. In erster Linie machte das Zeitalter der Aufklärung unter Karl III. auch in Spanien seine Wirkung in kräftiger Weise geltend, und außer der Beschränkung der Inquisition und der Vertreibung der Jesuiten führte dasselbe sowohl in dem Mutterlande als auch in den Kolonien mancherlei durchgreifende Reformen hinsichtlich des Wirtschaftslebens herbei. Sodann befreite sich in den Jahren 1773 bis 1783 die Nordamerikanische Union von der englischen Bevormundung und dem englischen Joche, und es öffnete sich dadurch den Erzeugnissen Cubas in unmittelbarer Nachbarschaft ein weites und lohnendes Absatzgebiet. Unter diesen Erzeugnissen hatte der Tabak um die Mitte des XVIII. Jahrhunderts den Ruf unübertrefflicher Güte, den er bis auf den heutigen Tag genießt, fest begründet, während sich für die Kultur des Zuckerrohres und namentlich für die seit 1795 eingeführten neuen Varietäten desselben (das Otaheitirohr), weitere und weitere Roterdestrecken vorzüglich geeignet erwiesen, und auch der Kaffeebaum, der erst 1748 von Haiti nach Cuba verpflanzt wurde, fand in dem Hügellande südlich von Habana, sowie an den Gehängen der Sierra de los Organos, der Sierra de Trinidad und der Sierra Maestra Anbaustätten, die ihm wohl zusagten. Die Abtretung Floridas an England ferner (1763) hatte eine weitere Verstärkung des Einwandererzuflusses, sowie einen bedeutenden Aufschwung der Bienenzucht zur Folge, und in einem noch größeren Maßstabe bewirkte eine Verstärkung kapitalkräftiger und erfahrener Kolonisten, sowie ein höheres Aufblühen sämtlicher Zweige der Pflanzungskultur die Negerrevolution Toussaint l’Ouvertures und die damit Hand in Hand gehende Vertreibung und Ausrottung der Weißen auf Haiti (seit 1791). Endlich aber wurde Cuba in den ersten Jahrzehnten des XIX. Jahrhunderts durch den Abfall von Süd- und Mittelamerika und Mexico die überseeische Hauptbesitzung Spaniens, und die kolonisatorischen Fähigkeiten und Bestrebungen hatten sich ihm daher in einem höheren Grade zuzuwenden als irgend einem anderen Lande. Der militärische Hauptstützpunkt der Spanier in der Neuen Welt war Habana schon seit lange gewesen, und nach seiner Zurückerlangung aus der Hand der Engländer waren sie eifrig darauf bedacht, einem neuen Verluste desselben durch eine weitere Verstärkung seiner Bollwerke vorzubeugen. So entstand das Castillo del Principe auf dem die Stadt im Westen überragenden Hügel, das Altaresfort im Hintergrunde der Bai und die gewaltige Cabañafestung mit dem Fort San Diego an dem Baiausgange und der Stadt gegenüber (Abb. 7).
Abb. 6.Seeseitige Ansicht des Morro von Habana.
Abb. 6.Seeseitige Ansicht des Morro von Habana.
Freier Handel und Verkehr mit dem Mutterlande und seinen Kolonien wurde Cuba 1778 zugestanden, freier Handel und Verkehr mit aller Welt aber erst 1817, nachdem es sich in der Zeit der Napoleonischen Kämpfe ebenso, wie in der Zeit der süd- und mittelamerikanischen Befreiungskämpfe als das der spanischen Krone allezeit getreue — „siempre fidelissima“ — bewährt hatte und bereits in das Stadium seiner höchsten Blüte eingetreten war.
Um das Jahr 1775 war Haiti in seiner Entwickelung Cuba noch ein gutes Stück voraus — mit einer doppelt so großen Bevölkerungszahl, mit einer fünffach so bedeutenden Zuckerproduktion, mit einem zwanzig- oder dreißigfach ansehnlicheren Bestande an Kaffee- und Kakaobäumen, und mit einer ungleich gewaltigeren Ausdehnung seiner Indigo- und Baumwollenfelder. Die weiße Bevölkerung war aber damals auf Cuba schon reichlich dreimal so zahlreich als auf Haiti, Habana nennen die Länderbeschreiber jener Zeit (A. F. Büsching) bereits „die wichtigste Stadt, welche die Spanier in Amerika besitzen“, und während auf Haiti die gesamte materielle und geistige Kultur durch die politische Katastrophe der neunziger Jahre des XVIII. Jahrhunderts in den furchtbarsten Niedergang geriet, ja gutenteils vollständig vernichtet wurde, so machte sie auf Cuba von da ab Riesenfortschritte.
Cubas Aufschwung im XIX. Jahrhundert.
In den Jahren 1792–1817 erfolgte eine Verdoppelung der cubanischen Volkszahl von 272000 auf 553000 und in den Jahren 1818–1845 eine weitere Verdoppelung derselben auf 1112000, so daß der Aufschwung in dieser Beziehung als ein höherer und rascherer erscheint, als in den hervorragendsten Staaten der Nordamerikanischen Union, mit alleiniger Ausnahme von New York. Und im Einklange damit erschienen auch die wirtschaftlichen Leistungen der Kolonie mehr und mehr in einem sehr glänzenden Lichte. Die Tabakausfuhr stieg in dem Zeitraume von 1789–1850 von 56000 Centnern auf 360000 Centner und 94 Millionen Stück Cigarren (abgesehen von dem in diesem Artikel jederzeit stark betriebenen Schmuggelhandel), die Zuckerausfuhr wuchs von 1764 bis 1853 von 20000 auf 6,6 Millionen Centner, und die Kaffeeausfuhr war in den zwanziger und dreißiger Jahren des laufenden Jahrhunderts bedeutender als die von Java (1830–1835 500000 Centner jährlich). Die Häfen der Insel, und vor allem derjenige von Habana, belebten sich mit Tausenden von Fahrzeugen, die meisten älteren Städte gediehen zu ansehnlicher Größe und Schönheit (Abb. 8,9u.10), und zugleich gesellten sich ihnen zahlreiche neue zu, und inmitten der sich weiter und weiter ausdehnenden, mit den genannten Stapelerzeugnissen bebauten Kulturgefilde erstanden allerwärts mächtige Wirtschafts- und Fabrikgebäude (Abb. 11u.12) sowie freundliche Herrenhäuser und Quintas. Die natürlichen Savannen nebst dendurch das eingeführte Guinea- und Paragras (Panicum maximumundPanicum molle) verbesserten Kunstweiden nährten um das Jahr 1850 nahe an eine Million Rinder, und die Mahagoni- und Cedrelenschlägereien sowie die Kupfergruben der Provinz Santiago gewährten gleichfalls eine namhafte Ausbeute. Nicht so bald war in Europa und Nordamerika das Zeitalter der Eisenbahnen hereingebrochen, so machte sich Cuba auch diese bedeutsame Neuerung zu nutze, und die Linie Habana-Guines war bereits 1838 im Betriebe, während der Ausbau des heute auf der Insel vorhandenen Schienenstraßennetzes in der Hauptsache bis Anfang der sechziger Jahre bewirkt wurde. Der erste Seedampfer aus Nordamerika war aber schon im Jahre 1818 in der Bucht von Habana erschienen.
Abb. 7.Die Cabañafestung nebst der Bucht von Habana.❏GRÖSSERES BILD
Abb. 7.Die Cabañafestung nebst der Bucht von Habana.
❏GRÖSSERES BILD
Abb. 8.Die Indianerinbildsäule im Prado von Habana.
Abb. 8.Die Indianerinbildsäule im Prado von Habana.
Wirtschaftlicher Aufschwung Cubas.
Furchtbare Naturereignisse, wie die mit großen Sturmfluten einhergehenden Orkane von 1768, 1791, 1810, 1844 und 1846, die starken Erdbeben von 1755, 1766, 1826 und 1852 und die anhaltende Dürre von 1844 traten auch in dieser Zeit auf, sie vermochten aber die wirtschaftliche Blüte ebensowenig dauernd zu beeinträchtigen wie die den Küstenplätzen eigentümlichen Gelbfieberepidemien, und alles in allem gab es um die Mitte des XIX. Jahrhunderts schwerlich ein Kolonialland in der Welt, das in einem so hohen Grade wie Cuba ein Bild rühriger Thätigkeit, allgemeinen Wohlstandes und verfeinerten Lebensgenusses geboten hätte.
Die Zahl der Zuckerrohrpflanzungen belief sich im Jahre 1850 auf 1442, die Zahl der Kaffeegärten (Cafetales) auf 1618 und die Zahl der Tabakfelder (Vegas) auf 9102, dabei waren aber um jene Zeit in der Westhälfte der Insel (westlich von dem Isthmus von Moron) erst ungefähr acht Prozent und in der Osthälfte sogar nur etwas über drei Prozent von der Gesamtfläche wirkliches Kulturland, und der Weiterentwickelung des Wirtschaftslebens schienen auf diese Weise allerwärts noch ungemessene Räume offen zu stehen.
Wissenschaftliche Erforschung Cubas.
Anerkennenswert waren in der Zeit des geschilderten wirtschaftlichen Aufschwunges auch die Fortschritte, welche die wissenschaftliche Durchforschung und Kenntnis von der Insel machte. Die Aufnahmen, welche das spanische hydrographische Amt damals an den Küsten von Cuba vornahm, durften mit gutem Grunde als mustergültige gerühmt werden, und im Verein mit den im Inneren bewirkten astronomischen Ortsbestimmungen führten dieselben im Jahre 1835 zu der Veröffentlichung einer grundlegenden topographischen Übersichtskarte von der Insel.
Vor allen Dingen aber bewährte sich an der Eingangsschwelle unseres Jahrhunderts Alexander von Humboldt auch betreffs Cuba als eine Art zweiter Kolumbus, indem er an der Hand seiner 1801 und 1804 bei Habana, Guines, Batabano und Trinidad angestellten eigenen Beobachtungen seine an der Hand der besten anderweit vorliegenden Materialien in seinemEssai politique sur l’île de Cuba(Paris 1821–1824) ein erstes kritisches und umfassendes wirtschafts- und kulturgeographisches Gemälde von der Insel entwarf.[1]
Abb. 9.Vorstädtisches Matanzas(Quintas).
Abb. 9.Vorstädtisches Matanzas(Quintas).
[1]In Humboldts Fußstapfen gingen dann andere einher: ein Ramon de la Sagra mit seiner ausführlichenHistoria fisica, politica y natural(Madrid 1849), ein Felipe Poey mit seinerHistoria natural(Madrid 1851), ein Estéban Pichardo mit seinerGeografia(Habana 1854), ein José Maria de la Torre mit seinemElementos de Geografia(Habana 1856), ein José de Pezuela mit seinemDiccionario geografico(Madrid 1863) — nicht zu vergessen der mühevollen kartographischen Leistungen eines Estéban Pichardo (21 Blätter) und Francisco Coëllo. Eine von der spanischen Kolonialregierung geplante geologische Landesaufnahme (1844) scheiterte freilich an den unzureichenden Mitteln.
[1]In Humboldts Fußstapfen gingen dann andere einher: ein Ramon de la Sagra mit seiner ausführlichenHistoria fisica, politica y natural(Madrid 1849), ein Felipe Poey mit seinerHistoria natural(Madrid 1851), ein Estéban Pichardo mit seinerGeografia(Habana 1854), ein José Maria de la Torre mit seinemElementos de Geografia(Habana 1856), ein José de Pezuela mit seinemDiccionario geografico(Madrid 1863) — nicht zu vergessen der mühevollen kartographischen Leistungen eines Estéban Pichardo (21 Blätter) und Francisco Coëllo. Eine von der spanischen Kolonialregierung geplante geologische Landesaufnahme (1844) scheiterte freilich an den unzureichenden Mitteln.
[1]In Humboldts Fußstapfen gingen dann andere einher: ein Ramon de la Sagra mit seiner ausführlichenHistoria fisica, politica y natural(Madrid 1849), ein Felipe Poey mit seinerHistoria natural(Madrid 1851), ein Estéban Pichardo mit seinerGeografia(Habana 1854), ein José Maria de la Torre mit seinemElementos de Geografia(Habana 1856), ein José de Pezuela mit seinemDiccionario geografico(Madrid 1863) — nicht zu vergessen der mühevollen kartographischen Leistungen eines Estéban Pichardo (21 Blätter) und Francisco Coëllo. Eine von der spanischen Kolonialregierung geplante geologische Landesaufnahme (1844) scheiterte freilich an den unzureichenden Mitteln.