VII.
Abb. 61.Habana.
Abb. 61.Habana.
Abb. 62.Die Hafeneinfahrt von Habana nebst Morro und Punta.
Abb. 62.Die Hafeneinfahrt von Habana nebst Morro und Punta.
Abb. 63.Terrassen an der Bucht von Habana.
Abb. 63.Terrassen an der Bucht von Habana.
Die Sierra de Sancti-Spiritus.Die Sierra de Trinidad.Die Thäler.
Sobald wir uns mit unserem Kastendampfer dem westlichen Ausgange der Camagueysee nähern und Jucaro sowie die Jatibonicomündung im Rücken haben, sehen wir in der südcubanischen Küstenscenerie einen abermaligen starken Wechsel eintreten. Der eintönige Mangrovesumpf wird schmaler, es springen aus demselben mehrfach höhere Landrücken und Landspitzen heraus, und im Hintergrunde tauchen in blauer Ferne hohe und malerische Berge auf. Der Seemann ist von hier ab um Landmarken nicht mehr verlegen, und befindet man sich erst auf der Höhe der Mündung des Rio Sasa, so erscheint einem das Gebirge, das daselbst an das Meer tritt, beinahe ebenso stolz und prächtig wie die Sierra Maestra. Thatsächlich soll auch die Loma de Banao, die etwa 15kmvon der Küste entfernt ist, nach Esteban Pichardo an die 1700maufsteigen, höher also als die Gran Piedra, und eine ganze Anzahl anderer Kuppen, wie die scharf geschnittene Pan de Azucar (Zuckerhut), die Loma del Infierno (Höllenberg) und die Lomas del Purial (Fegefeuerberg), mag wenigstens nahe an 1500mmessen. Durch das tiefe Agabamathal und die davor liegende Mangroveniederung erhält diese Gebirgsgruppe, die man gemeinhin Sierra de Sancti-Spiritus nennt, eine Art Abschluß. Unmittelbar westlich von dem genannten Thale erheben sich aber weitere stattliche und schön geformte Berge bis gegen 1000m— so vor allen Dingen der Pico de Potrerillo (Abb. 50), den Alexander von Humboldt auf 944mbestimmte, die Cabeza de San Juan (Johanneshaupt) und andere — und diesen Zug, der erst am Rio Arimao endigt, bezeichnet man alsSierra de Trinidad. Der Absturz dieser Gebirge zum Meere ist steil genug, wenn auch nicht so steil wie bei der Sierra Maestra, und nicht ohne die Vermittelung von niedrigeren Vorbergen (Abb. 51), die Gipfelformen sind aber beinahe durchgängig gerundete, und an die Zacken und Spitzen der östlichen Sierren fühlt man sich höchstens bei der Ostgruppe erinnert. Hier und da glänzen weiße Flecken von den Höhen herab, die der Unkundige für Firnflecken nehmen kann, die aber in Wirklichkeit nichts anderes sind als kahle Kalkstein-, Quarz- oder Glimmerschieferwände, da Schnee in dieser Gegend auch in 1700mHöhe niemals fällt. In der Hauptsache aus archäischen und paläozoischen Gesteinen zusammengesetzt, unter anderen auch Gneis, Glimmerschiefer,Quarz und krystallinischem Kalkstein, bildet das Gebirge, das den wenig volkstümlichen Gesamtnamen der Montes de Guamuhaya führt, aller Wahrscheinlichkeit den ältesten Teil der ganzen Insel, der als eine Art Horst ihre erdgeschichtlichen Schicksale seit Beginn der mesozoischen Zeit überdauert hat und der in der Vorzeit zu viel gewaltigeren Höhen emporgeragt haben muß als heute. Die südlichen Vorberge bestehen bis zu einer Höhe von 300mund vielleicht noch wesentlich höher aus Tertiärkalk, und an ihrem Fuße sind dieselben zum Teil von der niedrigen Klippenwand aus fossilen Korallen begleitet, die wir aus dem Ostteile der Insel zur Genüge kennen. Dem Ostabhange der Sierra de Sancti-Spiritus ist auch noch ein höherer tafelförmiger Unterbau charakteristisch, der als eine der bekannten oberen Terrassenstufen aufgefaßt werden kann, und das Gleiche ist auch gegen die Arimaomündung hin und darüber hinaus zu bemerken. Es hat demnach den Anschein, als ob das alte Gebirgsland auch den Ablagerungen der jüngeren Erdalter als festere Stütze gedient habe, als das Küstenland weiter östlich. Die Verwitterung und das Nagen der Abflußgewässer, die selbstredend auch hier echt tropische und überaus energische sind — man denke nur an die hohe Lösungskraft des warmen, kohlensäuregeschwängerten Wassers, — scheint den größeren Teil des tertiären Stufenbaues freilich auch hier wieder zerstört zu haben. Das sehr tief eingegrabene Agabamathal, welches das Guamuhayagebirge in genau meridionaler Richtung auf einer Strecke von 70kmquer zerschneidet, dürfte im wesentlichen ein sehr altes Erosionsthal sein, und Ähnliches ist wohl auch der Fall mit den Thälern der Sasa und des Arimao (im Oberlaufe Manicaragua genannt) die das Gebirge umgrenzen und inselartig aus seiner Umgebung herausheben, sowie mit den Seitenthälern des Agabamo und Arimao, die von der Sierra de Trinidad gegen Norden hin die Montes de la Siguanea und die Montes de Manicaragua als besondere ostwestlich verlaufende Ketten abgliedern. Die letztgenannten, ungemein zerklüfteten, höhlenreichen und dicht bewaldeten Gebirge waren jederzeit berühmte Horte der Insurgenten sowie in früheren Zeiten Hauptschlupfwinkel der entlaufenen Negersklaven und der Banditen. Wie die betreffenden Ströme an der Zerfeilung des Guamuhayagebirges arbeiten, zeigen namentlich eine große Zahl schöner Wasserfälle, unter denen wir diejenigen des Ay (rechtsseitiger Nebenfluß des Agabama) und des Hanabanilla (linksseitiger Nebenfluß des Arimao) hervorheben, sowie daneben auch verschiedene Flußschwinden (z. B. die Jibacoaschwinde). Im übrigen tragen alle die genannten Thäler, die leider sehr häufig von sehr verheerenden Überschwemmungen heimgesucht werden, im Naturzustande eine herrliche Waldvegetation, und soweit die Kultur an sie vorgedrungen ist, sind die einen (Sasa-, Agabama- und Arimaothal) durch umfangreichen Zuckerbau, die anderen aber (besonders das Manicaraguathal) durch namhaften Tabakbau ausgezeichnet. An den Gehängen gab es dazu namentlich in der Nähe von Trinidad seit langem zahlreiche „Cafetales“, und auf den Höhen blüht allenthalben die Viehzucht. Seine düsterste und kulturärmste Seite kehrt das Gebirge eigentlich dem Meere zu, denn dort schaut aus dem Guaven- und Mimosengebüsch an vielen Orten das gelbbraune, verwetterte und sonnenverbrannte Gestein heraus, und Palmenbestände erheitern den Anblick nur hier und da, besonders gegen den Fluß hin.
Trinidad. Die Berge der Cinco-Villas-Landschaft.Cienfuegos.
Das Meer hat südwestlich von dem beschriebenen Hauptgebirge der Cinco-Villas-Landschaft eine bedeutende Tiefe (5kmvon der Küste der Potrerillogegend über 1000m), so tief als das Meer südwestlich von der Laberinto-Key-Flur ist es aber bei weitem nicht, und nicht sehr fern von der Küste tauchen daraus verschiedene Bänke (Pazbank, Xaguabank) bis nahe an die Oberfläche — in beachtenswerter Weise eine unterseeische Fortsetzung des äußeren Keygürtels der Laberintoflur andeutend, und eine gewisse Verbindung zwischen dieser Flur und der weiter westlich gelegenen Flur, die wir noch zu betrachten haben werden, herstellend oder aufrecht erhaltend. Vor der Lasa- und Agabamamündung handelt es sich noch um die Camagueysee; dieselbe ist auch hier seicht und von Korallenriffen und Keys sowie durch die Anschwemmungswirkung der Ströme von Schlamm- und Sandbänken erfüllt. Die beiden Ströme sind aber für kleine Fahrzeuge über ihre Mündungsbarre hinweg schiffbar, und westlich von beiden liegen durch Landvorsprünge und Keys gut geschützte Buchten, die wenigstens mittelgroßen Schiffen (bis 3,5mtiefen) verhältnismäßig leichten Zugang gewähren: die Bucht von Tunas und die Doppelbucht von Casilda-Masio. Die kulturgeographischen Verhältnisse liegen daselbst jedenfalls ungleich günstiger als an der Südküste des Camaguey, und schon in den allerersten Zeiten der spanischen Besiedelung wurde daher von hier aus das Eindringen in die genannten reichen Thäler mit gutem Erfolge versucht, so daß Sancti-Spiritus (18000 Einw.), in einem rechten Seitenthale des Sasaflusses ebenso wie Trinidad (20000 Einw.), am Südwestabhange der nach ihm benannten Bergkette und am für Kähne schiffbaren Rio Guarabo, den ältesten Städten der Insel zuzählen und bereits 1514 gegründet worden sind. Die Entwickelung dieser beiden ersten der „Cinco Villas“ („Fünf Städte“) ist nur durch die Insurrektionskämpfe immer besonders schwer geschädigt worden, und Trinidad hat außerdem in früheren Zeiten von Seeräuber- und Boucaniereinfällen viel zu leiden gehabt. Die kleinen Hafenplätze Tunas und Casilda sind heute vor allem durch Zucker- und Holzausfuhr namhaft und sowohl durch Stromschifffahrt als auch durch Eisenbahnen ihrem Hinterlande verbunden. Weiter westlich, wo die Tiefsee unmittelbar am Gebirgsfuße liegt, greift aber eine viel schönere Meeresbucht in die Cinco-Villas-Landschaft ein, ganz ähnlich, wenn auch mit anderer nordwestlicher Hauptachsenrichtung, wie die Buchten von Santiago und Guantanamo, und der letzteren auch durch ihre gewaltige Größe sowie durch ihre Spätlingsrolle in der cubanischen Kulturgeschichte vergleichbar: die Bucht von Xagua oder Cienfuegos. Die hohen Zinnen des Siguanea- und Trinidadgebirges thronen über der Bai nur im fernen westlichen Hintergrunde, gewissermaßen nur als der prächtigste Schmuck ihres Bildes (Abb. 52), im übrigen umrahmen ihre weite Wasserfläche die bewaldeten und hier und da mit Landhäusern und Bohios besetzten Abhänge einer mäßig hohen (gegen 40m) Kalksteintafel (Abb. 53), und an der rechten Seite des Arimao sowie zu beiden Seiten des Rio Caunao und des Rio Damuji (Abb. 54) breiten sich flachwellige oder völlig ebene Niederungen von hoher Fruchtbarkeit aus, und das ganze Innere ist sowohl zu Lande als auch streckenweise in flachen Booten auf den genannten Strömen bequem erreichbar. Die Bai ist sehr tief (5 bis 10m) und sicher, ihr Eingang ist aber eng (180m) und durch Gezeitenströmungen schwierig; der letztere Umstand hat es wohl hauptsächlich verschuldet,daß sie in den Zeiten ausschließlicher Segelschiffahrt nur als Nothafen aufgesucht wurde. Seit den zwanziger Jahren des XIX. Jahrhunderts siedelten aber auch hier zahlreiche französische Pflanzer an, und durch sie sowie durch später hinzugekommene spanische und amerikanische Pflanzer hat sich das Hinterland der Bai sozusagen in ein einziges ungeheures Zuckerrohrfeld verwandelt, die Ingenios der Gegend aber sind hinsichtlich ihrer Ausstattung mit Maschinen sowie hinsichtlich ihrer Förderung die hervorragendsten von ganz Cuba geworden (Caracas von 1895 mit einer Jahresförderung von 45,6 Millionen Centnern Zucker, Constancia mit 29,5 Millionen u. s. w.). In sehr bemerkenswerter Weise ist die Gegend auch von den Verwüstungen der Revolutionskämpfe viel weniger betroffen worden, als andere Gegenden. Die Stadt Cienfuegos (30000 Einw.) aber, die als die jüngste der cubanischen „Fünf Städte“ erst im Jahre 1830 an der Ostseite der Bucht angelegt worden ist und die sich durch ihre Physiognomie mehr als jede andere in Cuba als eine Schöpfung der Neuzeit bekundet (Abb. 55und56), hat als Zucker- und Melasseausfuhrhafen sowie durch ihre sonstige Handelsblüte ihre beiden älteren Schwestern an der karibischen Seite der Cinco-Villas-Landschaft beträchtlich überflügelt. Als helfende Sammelpunkte der Erzeugnisse des Inneren sowie als Knotenpunkte von den wichtigsten Zuckerrohreisenbahnen (Abb. 57), die für die Gegend charakteristisch sind, und von denen manche Ingenios an die 50kmbesitzen, seien daneben erwähnt Rodas (2000 Einw.), zugleich an der Eisenbahn nach Cardenas und Habana und am Endpunkte der Damujischiffahrt; Camarones (2500 Einw.), am Caunao; und Palmira (2000 Einw.) sowie Cruces (1500 Einw.), an der Eisenbahn nach Santa Clara und Sagua la Grande.
Abb. 64.Hafenansicht von Habana.❏GRÖSSERES BILD
Abb. 64.Hafenansicht von Habana.
❏GRÖSSERES BILD
Der Sabana-Archipel.Die Nordküste der Cinco-Villas-Landschaft.
Die ungeheure Sumpfniederung der sogenannten Ciénaga de Zapata, die sich westlich von der Cienfuegosbucht ausbreitet, wurde von dem spanischen Kolonialregimente derselben Provinz zugerechnet, wie Cienfuegos — der Provinz Santa Clara —, vom geographischen Gesichtspunkte aus wird sie aber besser der Vuelta Arriba zugewiesen, die westlich an Las Villas grenzt. Wir wenden uns von neuem der Nordküste Cubas zu und betrachten die Cinco-Villas-Landschaft auch von dieser Seite her. Wir gewahren da vor allen Dingen, wie die lange Kette der Koralleninseln und Riffe, die bei Nuevitas beginnt, sich westwärts von dem Isthmus von Moron weiter fortsetzt, zugleich aber auch in viel kleinere Glieder auflöst und festonartig wieder und wieder an die Hauptinsel angeknüpft erscheint. Die Seichtsee, die durch die Keys von dem hier auch noch ziemlich tiefen Bahamakanale (475m) geschieden wird, setzt sich auf diese Weise aus einer ganzen Reihe von einzelnen Becken zusammen, die verschiedene Namen führen: Buenavistabai hinter dem Cayo Frances und den Cayos de Santa Maria; Caibarcenbai hinter dem verhältnismäßig großen, dreigliedrigen Cayo Fragoso; Saguabai hinter der Gruppe des kleinen Cayo Cristo; Guinesbai hinter dem Cayo Verde und Cayo Sotavento; Santa-Clara-Bai hinter dem Cayo de Cadiz und Cayo de Cinco Leguas; Cardenasbai hinter dem Cayo Cruz del Padre und der Hicacoshalbinsel, an der die ganze reichlich 400kmlange Keykette von Nordcuba ihren Abschluß endlich findet. Auch die hydrographische Aufnahme dieser Keyflur ist eine unvollständige geblieben. Es ist aber sicher, daß ein tieferes Fahrwasser als 1–3mbis zur Küste des Hauptlandes nirgends vorhanden ist, wenn auch einzelne Durchfahrten zwischen den äußeren Keys etwas tiefer sind. Kein großer Dampfer kann sich also der Landschaft der Cinco Villas hier nähern, und die Hauptströmungen des Weltverkehrs können sie von der Bahamaseite nicht so stark und unmittelbar berühren, wie von der caribischen Seite, so daß man sagen könnte, die Landschaft wende ihr kulturgeographisches Antlitz von Nordamerika ab und Mittel- sowie Südamerika zu. Ein ziemlich guter und durch einen Leuchtturm deutlich markierter Zugang zur Küste ist indes beim Cayo Frances vorhanden, und gewöhnliche Schoner sowie kleine Dampfer (von 2,7mTiefgang) können durch ihn bis Caibarien gelangen. Nicht viel ungünstiger liegen die Verhältnisse sodann auch westlich von dem Cayo Tragoso (bei der Boca de Marcos) und zu beiden Seiten des kleinen, wieder einen Leuchtturm tragenden Cristekay (bei der Canete-, Marillanes- und Serondurchfahrt), wo dieMündungen des kleinen und großen Saguaflusses von flach gehenden Fahrzeugen (bis gegen 2m) erreicht werden können und wo dergleichen Fahrzeuge auf dem letzteren Flusse sogar ein beträchtliches Stück (35km) ins Binnenland vordringen. Weiter westlich endlich läßt die Cardenasbai zwischen dem Cruz del Padre- und Piedraskey noch größere Schiffe (von 3,3mTiefgang) als die Caibarienbai zu; da wir die westliche Grenzlinie der Cinco-Villas-Landschaft nicht anders zu ziehen wissen, als quer über die isthmusartige Verschmälerung Cubas zwischen der Cienfuegosbai und der Guinesbai, bezugsweise östlich von dem Zapatasumpfe, so kommt die Cardenasbai an dieser Stelle noch nicht in Betracht. Viel besser als bei dem Camaguey ist es übrigens bei der Cinco-Villas-Landschaft um die Zugänglichkeit der Nordseite in jedem Falle bestellt, und sowohl der Küstenverkehr als auch der kleinere Hochseeverkehr hat sich daselbst in viel bedeutenderem Umfange entwickeln können.
Abb. 65.Habana und die Atares- oder Tallapiedrabucht.❏GRÖSSERES BILD
Abb. 65.Habana und die Atares- oder Tallapiedrabucht.
❏GRÖSSERES BILD
Abb. 66.In der Vorstadt von Habana.
Abb. 66.In der Vorstadt von Habana.
Zudem ist die Hauptküste der Cinco-Villas zwar auch niedrig und vorwiegend von Mangroven- und Binsensumpf eingenommen, sehr breit und mit zahlreichen Lagunen übersät ist der Sumpfgürtel aber nur an der großen Sagua, und anderweit ist er mehrfach von höherem Lande unterbrochen, ja zum Teil treten wirkliche kleine Gebirge nahe genug an das Meer, um von den Seefahrern gut gesehen und als Landmarken benutzt werden zu können; so namentlich die Tetas de Buenavista, östlich von Remedios, und die Sierra Morena, nordwestlich von Quemado de Guines. Eine kleine Strecke landein liegt aber beinahe allenthalben fruchtbare Schwarz- und Roterdeniederung, die ursprünglich teils von Savannen, teils von lichtem Walde bestanden war — auch hier öfter von Fächerpalmen („Guano blanco“ =Thrinax argentea, „Palma cana“ =Sabal umbraculiferau. s. w.) als von Königspalmen, die sich aber auch hier unter der Hand des Menschen und durch den rohen cubanischen Ochsenpflug (Abb. 58) in bedeutendem Umfange in ergiebige Zuckerrohrfelder verwandelt hat. Namentlich an der Buenavista- und Caibarien- sowie an der Guinesbai sehen wir daher eine große Zahl der erwähnten Zuckereisenbahnen und Zuckereisenbahnzüge quer durch die Niederung zur Küste streben, umdort an kleinen Verladeplätzen ihre Last an Lastenschiffe oder Küstenfahrer zur Weiterbeförderung nach Caibarien oder nach der Saguamündung oder nach irgend einem anderen weiteren Ziele abzugeben. An den Gehängen und an den Thälern der Tetas de Buenavista bei Remedios, sowie auch in denjenigen der Lomas von Quemado de Guines und der Sierra Morena ist dazu auch der Tabakbau schon seit alten Zeiten belangreich, und wo die Savanne gegenwärtig noch in dem Naturzustande verharrt, da weiden auch hier stattliche Rinderherden.
Remedios. Sagua la Grande.
In solcher Weise waren in dem nördlichen Küstenstriche der Cinco-Villas-Landschaft gute natürliche Vorbedingungen für das Aufblühen von einer ganzen Reihe ansehnlicher Märkte und Ortschaften gegeben. Der Ehrenplatz unter ihnen gebührt dem alten Juan de los Remedios (7500 Einw.), der vierten der „Cinco Villas“, deren Begründung an ursprünglicher Stelle (auf einem Key dicht an der Küste) ins Jahr 1545 zurückreicht, und die mit ihrem Hafen Caibarien (5500 Einw.) einer der hervorragendsten Zucker- und Tabakausfuhrplätze der Insel ist. Als Zuckerhafen noch bedeutender ist aber das junge, erst 1859 zur Stadt erhobene Sagua la Grande (14000 Einw.) das mit beiden Plätzen sowie auch mit Santa Clara und Habana und mit seinem Vorhafen Isabella durch Eisenbahnen verbunden ist. Von kleineren Ortschaften des Küstengebietes sind daneben noch bemerkenswert Yaguajay (1500 Einw.), südlich der Buenavistabai, Camajuani (2000 Einw.) sowie Calabazas (2000 Einw.), zwischen Remedios und Sagua, als der Mittelpunkt zahlreicher Ingenios; und Las Vueltas (1500 Einw.) westlich von Remedios sowie Quemado de Guines (1500 Einw.) westlich von Sagua, als wichtige Tabakmärkte.
Abb. 67.Bucht von Regla mit Leichterboot.
Abb. 67.Bucht von Regla mit Leichterboot.
Die Ebenen von Santa Clara.
Das Innere der Cinco-Villas-Landschaft ist auch in seinem nördlichen Teile, den wir von Caibairien aus bis gegen den oberen Agabama hin und von Sagua la Grande aus bis Santa Clara und bis an den oberen Damuji vermittelst Eisenbahn erreichen, ein Bergland. Aus der Gegend von Moron zieht die Sierra de Jatibonico, die Sierra Matahambre und die Sierra de Bamburanao gegen Nordwest, bis gegen 550maufsteigend, und in der Hauptsache Kalksteingebirge von ähnlicher Art, wie die Sierra de Cubitas und andere, auch wie diese reich an Höhlen sowie an Flußschwinden (des Rio San Agostin, des Rio Jiquibu u. s. w.) und Riesenquellen, und wohlbewährte Zufluchtsstätten der Insurgenten. Die Tetas de Buenavista, die Lomas de Sagua (Loma Malpais, Loma Mamey u. s. w.) und die Sierra Morena bilden ihre niedrigen Fortsetzungen entlang der Küstenniederung. In der Sierra de Agabama nördlich von dem Oberlaufe des mehrfach erwähnten Stromes, sowie in der Sierra de Escambrey, die die Wasserscheide zwischen dem Rio Agabama und den beiden Saguas bildet, treten ältere Gesteine mit Erzlagerstätten, Asphaltbetten u. s. w. in den Vordergrund, und es ist dadurch die Verbindung mit dem südlichen Gebirgslande gegeben. Zwischen den genannten Bergzügen und westlich davon liegen flachwellige Ebenen, die sich in der Gegend von Santa Clara ungefähr 120müber den Meeresspiegel erheben, und die hier und da einen merkwürdig zerfressenen und zerlöcherten Kalkfelsboden, meist aber einen normalen rotbraunen oder graubraunen Verwitterungsboden zeigen. Die Stromthäler der beiden Saguas sind in diese Ebene ziemlich tief eingeschnitten, und mit ihren schönen Königspalmenhainen und Bambusbüschen bilden sie die ästhetischen Glanzpunkte der Landschaft. Im übrigen neigen die Ebenen auch hier stark zu Savannenbildung, und daneben bedeckt Guaven-, Mimosen- und Palmettogebüsch weite Strecken. Von Wirtschaftszweigen sind der Tabakbau und die Viehzucht weitaus am besten entwickelt und nur nordwestlich von Santa Clara zugleich auch der Zuckerrohrbau. Mit Verkehrswegen ist das Innere der Landschaft nur in seiner Westhälfte besser ausgestattet als das Camaguey, in der Osthälfte ist das Fortkommen ganz im allgemeinen ein sehr schweres, und selbst der Camino Central dient besser zum Reiten und Lastentransport als zum Fahren. Wandelnde Futtergrashaufen, aus denen vielfach kaum die Ohren des darunter begrabenen Pferdes oder Maultieres herausschauen (Abb. 59), mit Wasserkrügen oder mit Holzkohlenkörben schwer beladene Esel u. dergl. begegnen dem Reisenden in den Ortschaften der Cinco-Villas-Landschaft noch öfter als anderswo in Cuba.
Abb. 68.Mangogarten und Landstraße bei Bejucal.
Abb. 68.Mangogarten und Landstraße bei Bejucal.
Santa Clara. Santo Domingo.
Santa Clara oder landesüblicher Villa Clara (20000 Einw.), ziemlich genau mittwegs zwischen Cienfuegos, Caibarien und der Saguamündung und in dem Quellengebiete der beiden Saguas gelegen, wurde als die zweitjüngste der „Fünf Städte“ im Jahre 1683 begründet. Seinen verhältnismäßig neuzeitlichen Charakter offenbart es namentlich durch den Mangel schöner Kirchenbauten. Als Tabakmarkt (mit 315Tabakvegas in seiner Umgebung) sowie als östlicher Endpunkt des wohlentwickelten cubanischen Eisenbahnnetzes hat es hervorragende Handelsbedeutung, und im übrigen ist es Statthaltersitz der gleichnamigen Provinz, die sich im allgemeinen mit der Cinco-Villas-Landschaft deckt. Als Mittelpunkte zahlreicher Viehzuchtgeschäfte sind daneben erwähnenswert Placetas (2000 Einw.), mit Eisenbahnverbindungen nach Caibarien und Sagua, und Cartagena (1000 Einw.) am oberen Damujiflusse, als Mittelpunkte des Tabakbaues San Diego del Valle nördlich und Manicaragua südlich von der Hauptstadt; als Mittelpunkte des Zuckerbaues sowie als Eisenbahnknotenpunkte Esperanza (1500 Einw.) und Santo Domingo (3500 Einw.). Die beiden letzten Orte (Abb. 60) sind zugleich auch durch ihre Fruchtpräservenindustrie (Guavapräserven) berühmt, die auf Cuba leicht noch eine wichtige Zukunft haben könnte. Für die Landschaft insgesamt hat Santo Domingo zudem auch noch Bedeutung als ihr hauptsächlichster Ausgangspunkt zu Lande gegen die Vuelta Arriba hin.
Abb. 69.Straße in Alt-Habana.
Abb. 69.Straße in Alt-Habana.