VI

Freut eu—ich des Lebens, weil no—och das Lä—ämpchen glüht —Pflücke—et die Rose, eh’ sie—ie verblüht — —

Freut eu—ich des Lebens, weil no—och das Lä—ämpchen glüht —

Pflücke—et die Rose, eh’ sie—ie verblüht — —

Hoho! Bravo! Bis — bis!

Und wieder sang meine kleine Flöte:

Freut eu—ich des Lebens . . .

Freut eu—ich des Lebens . . .

Der Dudelsack winselte und die Holzschuhe stampften.

Da war auch die schwarze Jeanette wieder. Sie stand mit einem jungen Fischer und sah zu uns her.

„Da ist sie wieder!“ sagte Yann verächtlich.

Wirklich, sie schämte sich nicht im geringsten.

Ich tanzte immerfort mit Rosseherre.

„Tanzt nur, tanzt nur!“ schrie Yann. Nun, wir tanzten. Wir wurden gequetscht und getreten, aber es war schön. Rosseherres kleine Brust atmete erregt. Ihr Gesicht war rot vom Cidre. So oft ich sie an mich zog, sah sie zu mir empor und lachte mich an. Martina zupfte mich am Arm und sagte: Hallo! Aber ich beachtete sie gar nicht. Es gab hier einige Mädchen, die mir großes Entgegenkommen zeigten, aber was waren sie gegen Rosseherre? Sie hatten alle dicke Bäuche, als ob sie guter Hoffnung wären, Rosseherre dagegen, ha!

„Vielleicht werde ich dir einmal einen meiner Ringe schenken, Rosseherre,“ sagte ich ihr ins Ohr. Wie hübsch ihre kleine weiße Haube war, und ihr Mieder war mit einem halben Hundert farbiger Nadeln zugesteckt.

Plötzlich aber tanzte etwas durch die Luft, tanzte und tanzte mir mitten auf die Stirn. Ein Weinglas. Ich bekam einen kleinen Riß in die Haut und blutete. Ich richtete mich auf. Im Falle es auf der InselSitte sein sollte mit Gläsern zu werfen, diese Sitte machte ich nicht mit, nein, merci!

„Wer hat geworfen?“ schrie ich. Rosseherre zupfte mich am Arm und ich verstand.

Es war Yann. Er lachte, und in seinen hellblauen Kinderäuglein sah ich gerade den letzten Funken Zorn erlöschen.

Deine letzte Stunde ist gekommen, kleiner Kapitän. Alle Kalenderheiligen können dich nicht mehr retten!

„Hehe!“ lachte Yann und wand sich. „Du wirst doch nicht! Hehehe, ihr sollt endlich aufhören zu tanzen.“

„Er blutet ja,“ sagte Rosseherre und reichte mir das kleine Tuch, das ich ihr geschenkt hatte.

Das beruhigte mich augenblicklich. Yann genoß ja mildernde Umstände, das Leben sollte ihm noch einmal geschenkt sein. Meine gute Stimmung kehrte zurück, denn war es nicht rührend, da stand Rosseherre mit dem Tuch in der Hand. Meine Seele, über die eben ein Taifun dahinwirbelte, lag spiegelglatt da. Ich lachte. Ja, man muß lachen über ein Rindvieh deines Kalibers, Yann! Ich bedauerte ihn sogar ein wenig. Er hatte zwei kolossale strategische Fehler gemacht. Erstens hatte er mir durch den voreilig abgefeuerten Schuß seine Stellung verraten, und zweitens hatte er Rosseherre gezeigt, daß er eifersüchtig war. Und das war der schlimmere Fehler.

Yann stand auf und legte die Hand feierlich aufs Herz. Seine treuen Kinderaugen standen voller Tränen. „Ich wollte ja nur ein wenig werfen, ein wenig, mein Freund.“

Ich reichte ihm die Hand. Auch ich hatte Tränen in den Augen. Wir umarmten und küßten uns wie es sich gehört, und somit war die Sache erledigt.

Rosseherre aber stand stumm da und ihre niedrige Stirn war in tausend kleine Falten gekräuselt, wie das Meer, wenn es zu wehen anfängt.

Ich wusch die Schramme mit Cidre aus und bestellte Wein. „Wir wollen Dampf aufsetzen! Rosseherre lache!“

Rosseherre lächelte.

Nun war alles in Ordnung.

Es schien mir nur recht und billig, daß ich mich für Kedrils Einladung revanchierte, indem ich etwas ganz Außerordentliches zur Erhöhung des Festes beisteuerte. Infolgedessen gab ich einen Cakewalk zum besten. Ich hämmerte mit den Absätzen darauf los — hang it all —

Da was no ha’r on de top of his haidDe place whar de ha’r ought to grow!An he had no teef fo’ to eat de hoe-cakeSo he had to let de hoe-cake go!Hang up de fiddle ad de bo-oo-ow —

Da was no ha’r on de top of his haid

De place whar de ha’r ought to grow!

An he had no teef fo’ to eat de hoe-cake

So he had to let de hoe-cake go!

Hang up de fiddle ad de bo-oo-ow —

O-oo-ooh! Hahaha! Was war das für ein Erfolg!

Poupoul umkreiste mich kläffend, er fürchtete um meinen Verstand.

Take down de shovel and de hoe —

Take down de shovel and de hoe —

Kedril dankte mir gerührt. Dann stotterte er, daß Madame Chikel nichts auf Borg gäbe, und ich suchte meine Franken zusammen. Keinen Dank, Kedril, wegen Aufgabe des Geschäfts wird das Lager verschleudert.

Eine neue, glänzendere Epoche des Festes begann. Rosseherre aber tanzte nicht mehr mit mir.

Es ist jammerschade, daß Kedrils Hochzeitsfest, das so glänzend und in großem Stil verlief, mit einer kläglichen Dissonanz endete: Chikel, das Lazarett, geladen mit Wut über sein freiwilliges Martyrium, fing wegen nichts Streit an. Die Hochzeitsgesellschaft knäulte sich zu einer unheilvollen Wolke zusammen, aber da fegte Madame Chikel wie ein Sturmwind hinter der Bar vor. Das Blut stieg ihr in den Kopf, sie bekam ihren Anfall von Raserei und warf uns alle zur Türe hinaus. Die Papageien erwachten bei dem Lärm und schrien aus vollen Lungen: Dieb, Lump, Dieb, Dieb —

So endete Kedrils Ehrentag.

Ich lachte noch auf dem Heimweg. Ich bellte vor Lachen, denn ich war vollkommen heiser. Hoho, wie wir alle zur Türe hinausflogen und über die Heide rollten! Kedril rollte mit einer Flasche, die er hoch hielt. Yann, Yann, wo bist du so plötzlich hingekommen? Das war nicht das langweilige, vorsichtige Europa, das waren Leute aus der Steinzeit, die alles auf Leben und Tod taten!

So sehr erschütterte mich das Lachen, daß es mir unmöglich war mich aufzurichten. Ich kroch aufallen vieren dahin und da ich dazu bellte, hielt mich Poupoul für seinesgleichen. Er tanzte wie närrisch vor mir herum und zuweilen leckte er mir das Gesicht ab. Ich drehte bei und lauschte. Dahinten gröhlte das Dorf. Es kühlte nur langsam ab. Die Nacht war schwarz wie ein Kohlenbergwerk; Creach stand mitten darin wie ein glühendes Gespenst, das Feuer durch alle Knochen spie.

Da hielt Poupoul an. Er stellte sich auf die Hinterfüße und legte mir die Pfoten auf die Schultern und kläffte. Ich umarmte und küßte ihn: „Poupoul, Seele, nun da wir beide Hunde sind!“

Und Poupoul leckte mit seiner saugenden Zunge mein Gesicht von unten bis oben ab. Aber er ging nicht weiter. Da bemerkte ich, daß wir vor einem Abgrund abgestoppt hatten: das war die Schlucht, die sie Poupons Schlucht nannten.

Meine Stirn wurde eisigkalt. Ich schwang die Zunge zwischen den Zähnen und dachte angestrengt nach. Lange. Ja! Weshalb sollte ich eigentlich auf allen vieren kriechen? Das war es. Ich stand auf. Aber da entglitt die Insel unter meinen Füßen wie eine Drehscheibe und ich verwandelte mich wieder in einen Vierfüßler. Dagegen war nichts zu tun. Ich hatte die Durchschlagskraft von Chikels Getränken unterschätzt, das war alles. Im übrigen, gingen nichtmeine Vorfahren ebenfalls auf allen vieren, als sie noch der Einfachheit halber Haare trugen? Vielleicht würde es mir bei einiger Propaganda gelingen, diese Art von Fortbewegung wieder in Mode zu bringen? Die Menschen waren ja für jede Neuheit zu haben. Wie? En route, Poupoul!

Als ich den Mönch passierte, der dastand und den Sauriern predigte, erfaßte mich eine seelische Erschütterung. Ich sagte: „Ich nahe mich in Ehrfurcht, auf den Knien, Hochwürdiger.“ Aber der Mönch holte mit dem Arm aus und schmetterte mich zu Boden. Lange lag ich leblos und Poupoul stellte verzweifelte Wiederbelebungsversuche an.

Wie lange brauchten wir, Poupoul, bis wir nach Hause kamen? Aber schließlich lag ich auf dem Bett. Da kam einer von den Sauriern auf der Heide herein, ergriff das Bett mit dem Rüssel und schleuderte es hoch in die Luft. Es tanzte und wirbelte herab zur Erde, wo es krachend aufschlug. Ich erwachte. Aber da sauste ein brennendroter Komet heran und zerplatzte vor meinem Gesicht. Hehehe! Zweitausend Grillen saßen in meinem Kopf und schrillten: gib mir doch, gib mir doch — da zog mich die Melodie langsam im Kreise und ich schlief ein.

Doch ich fand keine Ruhe. Mein Blut kochte. Der Schweiß rann in Strömen über mein Gesicht.Ich stand auf. Die Türe war offen. Es war kühl, ja bei Gott, das war eine Nacht wie ein kühles Leintuch. Ich ging hinaus und fühlte wie mein Kopf kühl und klar wurde. Das Mondlicht lag auf der Heide, dick wie Schnee, und zwischen den Gräsern schwebten zarte, silberne Lichtgespinste, die zerflossen, wenn man weiter ging. Ich stieg hinab zum Meer.

Es lag wie flüssiges Silber, bebte und flimmerte, in der Nähe aber war es schwarz und glatt wie Pech. Es atmete verstohlen wie ein Dieb im Versteck und bei jedem verstohlenen Atemzug ringelte sich eine silberne Schlange im Sand. Meine Sohlen glühten, ich watete hinein und meine Füße wühlten in gleißendem Silber. Das Silber stieg mir bis an die Brust, an das Kinn — ah, nun berührte es meine Lider, es schlug über mir zusammen. Nun war es dunkel um mich her, ich aber gleißte von oben bis unten. Wie ein schimmerndes Gespenst bewegte ich mich im schwarzen Meer. Silberne Perlen stiegen unter meinen Sohlen auf. Ich nieste, und ich nieste Silber, einen Sprühregen feiner silberner Tropfen, die rasch in die Höhe stiegen. Ich blickte nach oben. Dort lag das Silber wie eine dicke Schicht. All die schweren Silberkugeln, die meine Schritte aufrührten, tanzten blitzschnell in die Höhe und vereinigten sich mit ihr.

„Das ist das Mondlicht auf dem Meere,“ sagteich und ging weiter. Wie wunderbar ging es sich doch auf dem Grund des Meeres!

War vorhin Lärm gewesen? Nein. Aber doch war es jetzt tausendmal stiller. Solch eine Stille! Ich blieb stehen und lauschte. Diese Stille ergriff mich. Da stand ich auf dem Grund des Meeres, den Kopf geneigt, und lauschte und war glücklich. „Das ist das Nirwana!“ sagte ich und nickte. „Da sind wir nun —“

Lächelnd ging ich weiter. Es ging über endlose Dünen, Sand, Sand, mein Fuß sank ein. Das Meer war schwarzgrün wie die Urwälder, in die keine Sonne dringt. Dann durchwanderte ich einen Wald hoher geisterhafter Eisblumen. Wie bleiche Flammen standen sie und rührten sich nicht. Plötzlich aber schwankten sie, teilten sich und ich sah zwei große runde Fenster vor mir glänzen. Etwas mahlte, und nun sah ich, daß die großen runden Fenster die Augen eines Ungetüms von einem Fisch waren, der mich neugierig anstarrte und die Kiefer hin- und herschob. Hehe! Ich schnippte mit den Fingern. Das Ungetüm spreizte seine Rückenflosse, manöverierte und zog sich zurück.

Der Wald der Eisblumen war zu Ende und ich stand wieder vor einer endlosen Sandebene.

Ich suchte etwas. Was, im Namen Gottes, suchte ich doch? Da stieß ich an etwas Hartes. Es war eine kleine Schiffskanone, die im Sande lag. Sie wardick mit Grünspan bedeckt, ich pickte daran, siehe da, ganze Stücke ließen sich abbrechen. Ich ging weiter. Was suchte ich doch hier? Ich schüttelte den Kopf, ich wußte es nicht. Im Sande lag ein kleiner toter Fisch. Ich sah ihn lange an. Geheimnisvoll lag er da und sein weißer Bauch schien mir zu sagen, daß er lange auf mich gewartet habe, zu lange. Ich grub ein kleines Loch, bettete den Fisch hinein, wie es sich gehört, und schüttete Sand darüber. Oben auf das kleine Grab legte ich eine Muschel. Alles mußte seine Ordnung haben.

Dann ging ich wieder. Unruhe ergriff mich. Ich blickte um mich, ich sah in die Höhe. Ringsum war das dunkle unendliche Meer. Und plötzlich packte mich eine fürchterliche Angst, weil ich hier unten im großen Meer irrte, klein wie ein Sandkorn, und nicht wußte, warum. Ich fing an zu laufen. Das Grauen jagte mich. Die Hände ausgestreckt, mit vor Entsetzen wehenden Haaren stürzte ich durchs Meer dahin und schrie.

Plötzlich aber hielt ich inne und staunte und wurde ganz ruhig im Herzen: vor mir lag ein Wrack, grünlichgrau wie das Meer selbst.

Es war ein haushohes altes Kauffahrteischiff, bauchig, mit einer Flucht viereckiger Luken, plumpen Verdeckbauten und zersplitterten Maststumpen. Vonoben bis unten war es mit einer schleimigen Lehmschicht überzogen und grüne Moosbärte hingen überall herab. Neugierig ging ich um das Wrack herum. Am Bug war eine verstümmelte Holzfigur, am Heck stand der Name: Maria A. D. 1730.

Da sah ich oben eine graue Gestalt, die sich über die Reling beugte, und mich anrief: „Hallo, bist du hier, alter Leichenschänder?“ Und der Mann lachte.

Am Lachen erkannte ich ihn. Es war Kerhuel, ein Fischer, der vor einigen Wochen mit zwei anderen ertrunken war.

„Ah, Kerhuel, du bist es!“

„Komm an Bord! Hast du Tabak bei dir? Hier ist die Leiter, Achtung!“ Eine Strickleiter hüpfte herab.

Ich geriet in große Erregung. „Ich habe Tabak, Kerhuel!“ rief ich und stieg rasch an der schleimigen Wand des Wracks empor.

„Vorwärts!“ schrie Kerhuel, dessen Augen unnatürlich hell waren. „Alle sind hier, Leman, Bec, eine tolle Wirtschaft. Rosseherre wartet schon lange auf dich!“

Rosseherre! Ach, ich war ja ausgezogen um Rosseherre zu suchen! Wie dumm — nun fiel es mir ein. Du wirst Rosseherre suchen, sagte ich zu mir, als ich ins Meer stieg.

„Hallo!“ heulte Kerhuel, die Hände am Mund.„Patron! Ein Neuer ist gekommen! Hallo, Rosseherre, der Hochzeiter ist da!“ Von allen Seiten tauchten verwilderte Köpfe aus den Luken.

Ich sah eine Pyramide von grauen Haaren vor mir. Das war der Patron. Sein Haupthaar, seine Brauen, sein Bart hingen wie Moos bis aufs Deck herab. Sein Schnauzbart flatterte, sein Bart wehte, er hatte die Lippen schon lange wieder geschlossen, als ich verstand, was er sagte: „Willkommen auf dem Meeresgrund!“

Hundert Hände streckten sich mir zum Gruße entgegen, hundert neugierige Gesichter, leuchtend von kindlicher Freude, umdrängten mich. Sie alle hatten helle weitgeöffnete Augen und die Haare hingen ihnen wie nasser Tang über die fahlen Gesichter. „Willkommen auf dem Meeresgrund!“

Ich erkannte Leman, wie immer hatte er den kurzen Stumpen einer Gipspfeife im Mund, Bec mit der Hasenscharte — hallo! Zwei Fischer, Vater und Sohn, die ich nie gesehen hatte, schüttelten mir derb die Hand.

„Das ist Rosseherres Vater und das hier ist dein Schwager, umarme sie!“ rief Kerhuel.

„Rosseherre ist hier!“ sagten die zwei und küßten mich auf beide Wangen.

Hier war ich gut aufgehoben, ich fühlte mich zuHause. Da spürte ich einen kleinen Schlag auf der Schulter und drehte mich augenblicklich um. Das war Rosseherre! Sie sah mich an und lachte wie jemand, der sich versteckt hatte und den man endlich aufstöberte.

„Hast du den Weg doch gefunden?“ fragte sie. „Wo sind die Ringe?“

Ich antwortete ihr nicht. Ich war gelaufen durch Tangwälder, Wüsten und über Wurzelberge und nun war sie da. Ich stieß einen wilden Schrei aus, ergriff sie und hob sie hoch über den Kopf empor. Dann begann ich zu laufen. Ich rannte die schmale Treppe hinauf aufs Achterdeck, um die Taubündel herum, hinunter, an der Reling entlang, hinauf aufs Vorderdeck. Ich lief wie ein Teufel, und hinter mir her tobte die wilde Jagd. Rosseherre hielt sich an meinen Haaren fest und stieß einen durchdringenden jauchzenden Schrei aus. Ich sprang mit ihr in eine Luke hinein, kletterte blitzschnell die steilen Stufen hinab und eilte durch einen schmalen Gang. Ein Schwarm aufgescheuchter winziger Fische schoß vor uns her. Die wilde Jagd hinter uns heulte, daß es brauste. Ich rannte mit Rosseherre auf den Armen durch ein Labyrinth von Gängen und Gemächern und endlich fing ich mich in einem großen Raum am Heck. Es gab keinen Ausweg mehr. Die wilde Jagd brach tobend herein. Ich keuchte.

„Hochzeit, Hochzeit!“ schrien sie und schwangen die Mützen, indem sie uns umringten.

„Wollt ihr nicht ein wenig Platz machen!“ sagte ich lachend und wischte den Schweiß vom Gesicht.

Nein, das wollten sie nicht. „Reißt ihnen die Kleider vom Leib, ho! ho!“ Sie heulten und drängten näher. Kopf an Kopf standen sie, hundert neugierige fahle Gesichter mit nassen. Haaren und hellen Glasaugen. Sie wollten alles sehen —

Ich erwachte beim kläglichen Blöken eines Hammels. Die Türe stand offen und die Sonne schien herein. Sie leckte schon nach meinem schwarzen Kamin, es war nach Mittag. Ich sprang auf, Poupoul kam herein um beim Lever gegenwärtig zu sein. Ich schämte mich ein wenig vor ihm und blinzelte ihn scheu an. Aber seine Hochachtung und Zuneigung hatte nicht im geringsten gelitten. Dann ging ich hinunter zum Meer und schwamm, bis ich eiskalt bis in die Knochen wurde. Nun war ich frisch und guter Dinge. Ich hatte heute nacht eines der tiefsten Bohrlöcher meiner Existenz erreicht — nun würde es gesetzmäßig in die Höhe gehen, immer höher, Gott weiß wohin.

Der Tag war herrlich und entfachte Mut.

Das Meer war spiegelglatt und blau wie Seide. Der Himmel war vollkommen wolkenlos und von wunderbar tiefblauer Färbung. Er flimmerte und da und dort war er durchsichtig wie Kristall: dort sausten die Windströme. Über die Insel aber hauchte nur eine kaum fühlbare Brise. Sie streifte das Meer und breitete einen großen stahlblauen Fächer darauf aus, der sich bald öffnete, bald schloß. Ein Schwarm von kleinen leuchtenden Segeln stand draußen. Alldie Fischer, die gestern betrunken vor dem Grandhotel rollten, waren bei der Arbeit. Es wurde Abend, der Himmel färbte sich grünlich. Das Meer wurde rot wie Wein und die leise Brise hauchte und tupfte das Meer mit fransigen metallgrünen Flecken, die wanderten.

Die kleinen Segel glitten heimwärts durch die Bai und waren bleich.

Ich ging hinunter zum Hafen und stieg in Kedrils Boot. Als es dunkelte, zogen wir das Segel auf. Unmerklich glitten wir dahin, lautlos wie ein großer Vogel, und erst nach einer Stunde hatten wir die große Bai hinter uns. Die Mondsichel gleißte. Alle großen Sterne funkelten am Himmel, die kleinen waren nicht zu sehen. Es waren tausend Stockwerke des Raums über uns. Die Mondsichel schwebte tief unten im Meer und die großen Sterne blitzten aus der Tiefe. Es waren tausend Stockwerke unter uns. Zwischen Oben und Unten war eine dünne Glasscheibe und darauf glitten wir dahin.

Die große Stille der Nacht machte uns still und jeder hing seinen Gedanken nach. Am Horizont im Süden sprühte ein Stern, halb im Meer, wie ein schwimmendes Feuer. Er sandte knisternde Strahlen nach mir — er sprach mit mir. Ihr Wesen, die ihr euch an diesem Feuer wärmt, wie nennt ihr dieseSonne? Hala? Wandelte ich einst unter Halas Strahlen oder ist es mir bestimmt auf meiner großen Reise dort vorüber zu kommen?

Du großer Geist über den Wassern: Laß mich einst unter Hala wandeln, laß meine Seele in den Bisonochsen fahren oder den Brüllaffen, einerlei — laß sie nicht sterben —

Kedril nieste. Kedril, Unreiner, weshalb niesest du zu unrechter Zeit und vermischst deinen Unrat mit dem Weihrauch, den ich dem großen Geiste emporsende?

Wir lagen und warteten auf die „Lady of Ireland“ aus Queenstown. Creach in der Ferne schwang seine Lichtwindmühle durch die Nacht und alle sieben Sekunden blendete uns sein Feuer zweimal nacheinander. Dann schien es, als wären wir hundert Schritte entfernt und blickten mitten in die gleißende Linse und erblindeten.

Das Meer pochte am Boot und das Spiegelbild der Mondsichel verzerrte sich und manchmal brach es in Stücke und Splitter. Die großen Sterne gleißten in der Tiefe wie faustgroße Brillanten, und zuweilen lösten sie sich in ein Geflimmer zitternder Funken auf, die sofort wieder zusammenschmolzen. Ich sah in das schwarze glänzende Pech hinein, durch mein mattes Spiegelbild hindurch; zuweilen wölbte es sich lautlos,als atme es. Feindselig und schaurig sah das Meer in der Tiefe aus — man glitt hinab, ohne Laut, tiefer und tiefer, es war dunkel und weich und immer noch fühlten die Füße keinen Grund . . . Plötzlich fiel mir der Traum von heute nacht ein: da drunten feierte ich Hochzeit mit Rosseherre —. Ich lachte leise.

„Siehst du das Licht?“ fragte Kedril.

Ich machte die Augen scharf. Ein rötliches Pünktchen flimmerte am Horizont, hundertfach feiner als der verglimmende Docht einer Kerze in einem dunkeln Raum.

„Verteufelt scharfe Augen hast du, Pilot!“

Die „Lady of Ireland“ rauschte heran. Ohne Laut. Das Deng-deng der Glocke auf der Brücke klang klar durch die Stille. Ein paar Schatten beugten sich herab. Kedril ging an Bord.

Wir wechselten einige Worte mit den Schatten da droben. Eigentümlich klingen menschliche Stimmen in der Nacht auf dem Meer! Wie Gespenster waren wir.

Alles traf so ein, wie ich es vorausgesehen hatte. An einem trüben Nachmittag trappelte es vor meiner Türe wie wenn ein junges Pferd vorbeigaloppierte, und als ich öffnete, sah ich ein Mädchen mit einer weißen Haube in der Heide stehen. Sie führte zwei schwarze Hammel am Strick. Ich sah bis hierher ihre Zähne, sie lachte. Der Wind flatterte in ihren Rücken, es schien, als werde sie zu mir hergeweht.

„Hier wohnst du?“ rief sie zu mir herüber und der Wind verwehte ihre Stimme, daß sie fadendünn und fern klang.

„Ja, hier, hast du es nicht gewußt? Wohin gehst du?“

Rosseherre drehte sich und lachte. „Ich bringe meine Hammel nach Hause.“

„Was sagst du?“

„Meine Hammel bringe ich nach Hause!“

Ich ging näher.

„Wie ist es dir ergangen seit Kedrils Hochzeit? Nichts Neues?“ Wir gingen Seite an Seite und kämpften uns gegen den Wind.

Rosseherre sah mich durch das Gitter ihrer wehenden gelben Haare an und lachte. „Yann hat mich vor Zorn geschüttelt. Weil ich mit dir tanzte.“

„Yann? Er sagte doch selbst, daß du mit mir tanzen sollst?“

„Aber weil dusomit mir getanzt hast.“

„So? Wie sollte ich denn sonst mit dir tanzen? Man tanzt immersomit einem Mädchen.“

Das sah Rosseherre ein. „Yann ist immer bei schlechter Laune,“ fuhr sie plappernd fort. „Er will, daß wir heiraten. Aber Jean Louis gibt nicht die Einwilligung dazu und ohne das geht es nicht. Ich bin noch zu jung, sagt Großvater.“

„Dir eilt es wohl nicht so sehr?“

Rosseherre schüttelte den Kopf. „O, nein! Wenn ich ihn einmal geheiratet habe, so wird er anfangen zu trinken und mich schlagen, das tun sie alle.“

„Nein. Yann hat ein gutes Herz.“

Rosseherre nickte. „Sein Herz ist gut, ja. Aber er ist ein Seemann, trotzdem.“

Rosseherre erzählte tausend Kleinigkeiten, die ich alle mit Vergnügen anhörte. Ihre hohe kindliche Stimme schwang auf und ab und der Wind verwehte sie. Die ganze Rosseherre flatterte wie eine Fahne. Bei jedem Schritt schlüpften ihre kleinen runden Fersen aus den Holzschuhen. Ihre Augen waren zusammengezogenund scharf gegen den Wind gerichtet, wie die Augen einer Möwe. Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper, wenn ihr die eiskalten Regentropfen ins Gesicht schlugen.

Wie die Erde so braun bist du, Rosseherre, deine Haare sind gelb wie die Heideblumen und sonst bist du gemacht aus Wind und Regen und Salz!

Wir gingen auf und ab über die öde Heide. Da und dort lagen verwitterte Steinblöcke und Haufen von aufgeschichtetem Tang. Nichts war zu hören als das klägliche Blöken der frierenden Hammel, die hier und da angepflöckt waren, und der schrille Schrei einer Möwe irgendwo. Eine hungrige schwarze Kuh stand am Wege und muhte melancholisch, als wir vorbeikamen. Sie war nicht größer als ein Kalb, eine Zwergin von einer Kuh. Keine der wenigen Kühe auf der Insel war größer. Auch die Tiere taten hier nur, was unbedingt nötig war; die Hühner legten winzige Taubeneier. Am Boden zitterten kleine kurzstielige Blumen. Der Wind ließ sie nicht in die Höhe wachsen. Da sie die Nordwinde fürchteten, so hatten sie sich nur an den südlichen Rändern der Erdwälle angesiedelt. Hier lagen sie auf dem Gesicht und froren. So oft wir aus einer Mulde herauskamen, sahen wir das düster rauchende Meer und die schäumenden Klippen. DerNorden der Insel war in eine Nebelbank eingehüllt, die langsam näherkroch.

Rosseherre wußte nichts mehr, und nun erzählte ich ihr alles, was mir da drunten auf dem Meeresgrund passiert war. Ich flocht eine Menge haarsträubender Abenteuer mit Haifischen und Polypen ein um ihrer Phantasie entgegenzukommen.

Plötzlich blieb Rosseherre, stehen und sah mich erschrocken an. Ihre Augen waren grün wie der Schaum im Meer. „Du hast Vater und Bruder gesehen?“ unterbrach sie mich.

„Ich träumte das ja nur, Rosseherre.“

Rosseherres Blick flackerte und sie wurde rot. „Sie sind beide ertrunken,“ sagte sie leise. Und sie deutete über die Heide und ihre Stirn zerknitterte sich feindselig. „Da draußen!“ Eine Weile erschien sie mir merkwürdig und um vieles älter, dann aber schüttelte sie den Kopf und ging weiter. „Und was sagten sie?“

„Rosseherre ist hier. Sonst nichts.“

Rosseherre lächelte.

„Sonst sagten sie nichts?“

„Nein.“

Und ich erzählte, daß sie alle im Kreise standen und heulten, und was ich mit ihr tat. Da sah mich Rosseherre mit großen, verwunderten, lachenden Augen an und brach in ein lautes, kindliches Gelächter aus.

„Solch ein Traum — hahaha! — wie kann ein Mensch nur so etwas träumen.“

„Ja, was sagst du dazu, Rosseherre?“ rief ich aus und lachte ebenfalls und legte den Arm um ihr Mieder. „Ist das nicht eine närrische Sache gewesen?“

Rosseherre sah sich um und suchte zu entschlüpfen. „Wenn es jemand sieht!“

„Was tut es?“

Sie sah mich erstaunt an. „Yann wird dich töten?“

„Haha!“ Ich lachte. „Was tut es?“ Ich war ganz trunken von ihrer Nähe. Durch das Mieder fühlte ich die Wärme ihres Körpers und ihre kleinen zarten Rippen. Ihre Haare wehten mir ins Gesicht. Auf ihrer braunen Wange lag ein Regentropfen und fing zu rieseln an. Gerade auf diesen rieselnden Regentropfen küßte ich sie. Ihre Wange war kalt wie Eis.

„O, wie böse du bist!“ rief Rosseherre aus, rot im Gesicht.

„Was soll ich tun, da du mir gefällst, Rosseherre?“

Sie lachte und kämpfte sich tapfer durch den Wind vorwärts.

„Du hast auch Jeanette geküßt.“

„Jeanette? Die schwarze Jeanette?“

„Ja, sie hat es erzählt. Und man sagt, daß duMartina besuchst und einmal hat man dich nachts in Stiff gesehen, vor dem Hause der Witwe Bec —“

Da hatte ich es. Mein Leumund war nicht der beste.

„Hahaha, Rosseherre, Rosseherre, was die Leute doch alles zusammenlügen! Sonst hat man nichts gesagt, wie?“

Die Nebelbank war dicht vor uns. Sie kroch auf gekräuselten Rädern von Rauch über die Heide. Im Augenblick waren wir eingehüllt. Der Strick in Rosseherres Hand wurde unsichtbar und die kleinen Hammel trippelten grau und verwaschen hinter uns her. Rauch klebte in ihrer Wolle.

Plötzlich erschütterte ein furchtbarer Ton die Luft und wir erbebten. Es klang, als ob ein haushoher eherner Stier brüllte. Sein Atem riß ein Loch in den Raum, eine Röhre, durch die das Brüllen wie eine große grollende Kugel hinaus übers Meer rollte, ferne, immer ferner. Dann erhob der eherne Stier aufs neue sein Gebrüll und der Boden zitterte.

„Nun sieht uns niemand mehr, Rosseherre!“ sagte ich und küßte ihre eisige Wange, und ihre feuchten Haare kamen mir zwischen die Lippen.

Rosseherre sträubte sich nicht mehr. Aber sie lachte, als fände sie es lächerlich, daß ich sie küßte.

„Wenn dir meine Ringe gefallen, Rosseherre,“sagte ich, „so sollst du sie haben. Komme zu mir, dann bringe ich sie dir heraus, du brauchst nicht ins Haus zu treten.“

„Weshalb aber willst du mir die Ringe schenken?“ fragte Rosseherre.

„Weil du die Schönste der Insel bist!“

„Hahaha!“

„Wirst du kommen?“

Rosseherre sah mich an. „Weshalb soll ich denn nicht kommen?“ sagte sie verwundert. „Aber du darfst dich nicht mehr mit Jeanette abgeben, hörst du? Ich hasse sie. Und Yann darf es nicht wissen!“

„Nie wird Yann etwas erfahren.“

„Nun, adieu!“ Rosseherre lief. Doch nach ein paar Schritten blieb sie wieder stehen. „Dis-donc!“ rief sie durch den Nebel. „Kannst du mir zwei Sou leihen?“

Ich lieh ihr zwei Sou. —

Die ganze Nacht hindurch brüllte das Nebelhorn von Creach. Alle drei Minuten erschütterte sein Gebrüll zweimal nacheinander mein Haus. Und in den Pausen war es so beängstigend still, als lausche alles, das Meer, die Klippen. Und auch da draußen auf den Schiffen lauschten sie; sie neigten sich über die Brücke, machten die Ohren scharf und zählten die Minuten ab und ihre Herzen klopften.

Ich saß vor meinem kleinen Feuer, rauchte die Pfeife und dachte daran, was ich Rosseherre sagen würde, wenn sie käme.

„Höre Rosseherre, kleine süße Madonna,“ wollte ich sagen, „nimm Platz, ich habe all die Zeit auf dich gewartet und mein Herz ist voller Freude dich zu sehen“ —

Ich lauschte. Ein Dampfer tutete. Ganz fern. Er tutete ängstlich und eingeschüchtert, als ob er sich vorsichtig Schritt um Schritt vorwärts taste. Der Nebel quoll wie Rauch durch die Ritzen der Türe. Ich legte Holz aufs Feuer.

„Das ist ja alles Unsinn!“ sagte ich laut. „Ich werde ganz anders mit ihr reden. So, wie man mit einem Fischermädchen spricht, basta!“

Als sie aber kam, sagte ich gar nichts. „Ah, da bist du ja!“

„Ja, da bin ich,“ antwortete sie und zeigte die Zähne.

„Willst du nicht hereinkommen?“

Sie lugte neugierig durch die Türe.

„Nein, ach nein. Die Sonne scheint so schön!“

Da saß nun Rosseherre, die kleine Blume der Insel, auf dem Stein vor meiner Türe und arbeitete an einem dicken weißen Strumpf. Die Holzschuhe hingen an ihren Zehen, zuweilen strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie plapperte und ihr frischer, sechzehnjähriger Mund stand nicht einen Augenblick still.

Ich rauchte und sah ihren flinken braunen Händen mit den hellen Fingernägeln zu, und den Stricknadeln, die gegeneinanderschlugen wie ein Bündel von Masten verankerter Fischerboote bei unruhiger See.

Ein paar Schritte entfernt standen die beiden Hammel Rosseherres, schwarz wie Teufel. Der Wind spielte in ihrer Wolle. Stundenlang konnten sie ohne sich zu bewegen uns Wundertiere wie hypnotisiert anstarren und die helle Angst und Ehrfurchtblendete aus ihren schwarzgeschlitzten Bernsteinaugen. Zuweilen schnupperten sie mit ihren sanften süffisanten Kamelsschnauzen und wichen scheu zurück, denn sie fürchteten sich vor allem, dem Wind, den Insekten und selbst vor Dingen, die wir Menschen nicht sehen. Wenn Poupoul sich nur streckte oder gähnte, so rannten sie rasend vor Schrecken um ihren Pflock herum. Gewiß erschien er ihnen wie ein schrecklicher, haushoher Bär, der sie mit Haut und Haar verschlingen konnte, ohne im geringsten satt zu sein. Dann standen sie wieder auf ihren dünnen eleganten Beinchen, auf den Zehen sozusagen, und sahen uns ängstlich und neugierig an.

Auf dem Meere zog ein Dampfer. Winzige Flaggen kletterten an seinen Tauen in die Höhe, er sprach mit unserem Semaphor. Ich machte die Augen scharf und spähte hinaus: da ruderte ein Fischer verzweifelt in seinem kleinen Kahn um nicht zerschmettert zu werden. Nein, es war eine schwarze Klippe, nichts sonst, immer wieder konnte ich mich täuschen. Die Wogen wanderten vorüber, endlos, immer andere, immer die gleichen. Aus dem Meer hob sich eine weiße Tatze und schlug nach den Klippen.

Es war warm, die Insekten summten. In den letzten Tagen waren vor Sturmvilla kleine Blumen aufgeblüht, die ich noch nirgends gesehen hatte. Siesahen aus wie winzige gedrehte Wachskerzen, rundherum liefen kleine Blüten, wächserne Glöckchen. Wir hatten es gut hier, und wie herrlich blau der Rauch meiner Pfeife war!

Rosseherre schwang ihre Holzschuhe an den Zehen und sang halblaut. Es klang wie das feine Weinen des Windes und zuweilen wie das Piepen der kleinen Vögel, die auf der Insel lebten und nur leise und schüchtern sangen, als sei es nicht der Mühe wert.

„Willst du mir nicht sagen, was du singst, Rosseherre?“

Rosseherre dachte lange nach, dann sang sie halblaut und rasch Strophe um Strophe, erst Bretonisch und dann Französisch. Sie zögerte: „O, das kann man nicht auf französisch sagen, es hört sich wie nichts an.“

„Was ist es?“

„Es ist ein Fischermädchen, das ins Kloster nach Quimper kommt. Der Fischer besucht sie und klopft ans Fenster. Mach auf, mach auf! sagt er, blick heraus. Du brauchst nur die Hand zu öffnen und ich lege einen Apfel und eine Birne hinein.“

Sie wußte ein kleines trauriges Lied, das sie oft sang, und ich vergaß es nicht wieder. Es braucht nur ein leiser Wind zu wehen und ich höre dieses Lied in den Ohren. Denn das Lied und der Wind, das ist ein und dasselbe. Ein Mädchen will einenFischer heiraten, aber die Frauen sagen: Tu es nicht. Nichts als Kummer wirst du haben, Kind, dann stirbt er und du bist allein. — Vielleicht nicht, sagt sie und nimmt ihn. Der Fischer zieht fort nach St. Pierre zum Stockfischfang, auf viele Monate. Nun kommt eine Nacht, eijo, wie wild und dunkel sie ist! Plötzlich pocht es ans Fenster der Fischerfrau. Mach auf, ich bin’s, dein geliebter Mann. Sie öffnet das Fenster. Da steht er und auf der Hand trägt er sein Herz. Sie schreit und klagt und läuft zu den. Nachbarn: Mein geliebter Mann ist tot.

„Ist er auch wirklich tot gewesen, glaubst du?“

Rosseherre sah mich mit erstaunten Augen an. Sie antwortete gar nicht.

Am besten aber gefiel mir das Lied, das die Fischerfrauen ihren Kindern singen.

Sobald Rosseherre es begann, mußte ich lächeln.

Rosseherre sang:

Die Fischerfrau kocht den Brei und spricht: „Ach, könnt ich doch wissen, wo mein guter Mann ist. Ein Jahr lang hab ich nichts von ihm gehört.“ — Der Gnom sitzt im Kamin und äfft ihr nach —

Aber Rosseherre sagte ja nicht „Gnom“, sie sagte Lutin und das klang ganz anders. Lutin, Lutin. Und die Stimme des Lutin sang sie ganz hoch und quiekend:

Der Lutin sitzt im Kamin und äfft ihr nach: „Ach,könnt ich doch wissen, wo mein guter Mann ist. Ein Jahr lang habe ich nichts gehört von ihm.“

Die Fischerfrau seufzt und spricht: „Ach, guter Mann, komm und hilf mir doch.“

Der Lutin äfft ihr nach: „Ach, guter Mann, komm und hilf mir doch.“

Die Fischerfrau spricht: „Ach, guter Mann, der Lutin sitzt im Kamin und äfft mir nach.“

Der Lutin äfft ihr nach: „Ach, guter Mann, der Lutin sitzt im Kamin und äfft mir nach.“

Die Fischerfrau spricht: „Lutin, Lutin, ich habe keine Furcht vor dir.“

Der Lutin äfft ihr nach: „Lutin, Lutin, ich habe keine Furcht vor dir.“

Die Fischerfrau spricht: „Ach, guter Mann, hilf mir doch, der Lutin hat mir einen schwarzen Stein in den Brei geworfen!“

Der Lutin äfft ihr nach: „Ach, guter Mann, hilf mir doch, der Lutin hat mir einen schwarzen Stein in den Brei geworfen!“

Schrill und spottend klang hier Rosseherres Stimme. Ich lachte.

„Ich möchte das kleine Lied bretonisch haben,“ sagte ich, „willst du es mir aufschreiben?“

„Ja.“

„Komm herein.“

Rosseherre sah mich mit heiteren vielsagenden Augen an. Sie schüttelte das gelbe Haar. „Nein? Rosseherre, was du doch denkst!“ Ich brachte ihr ein Stück Papier und sie beugte sich darüber und kritzelte: Rosse—herre.

„Aber das Lied?“

Rosseherre lachte. Sie konnte nicht schreiben.

Der Abend kam und Rosseherre pflöckte die Hammel ab.

Dann nahm sie den Strickstrumpf unter den Arm und lief. „Kenavo!“

„Kenavo!“

Die Bänder ihrer weißen Haube flatterten. Rasch und lieblich wie die Maus im Felde bist du, Rosseherre — — —

An vielen Nachmittagen kam Rosseherre mit ihren Hammeln nach Sturmvilla. Yann war draußen auf dem Meer.

Und sie erzählte von den Lutins, die früher an die Fenster der Fischer klopften, in der Nacht, und schrien: märri, märri! Wie eine Katze miaute Rosseherre. Ja, und ein Lutin zerriß einen Brunnenstein, mitten durch riß er ihn, weil er in Wut kam. Sie lockten die Fischer auch in die Grotten am Meer, sie sagten: Komm, komm mit in die Grotte, Gold, Gold, ganze Haufen Gold will ich dir geben. Dann aber kam die Flut und die Fischer ertranken elend.

Ob sie je einen Lutin gesehen habe?

Rosseherre schüttelte den Kopf. „Nein,“ sagte sie und blickte mit offenem Mund zum Himmel empor. „Einmal, glaube ich, habe ich Lutins gesehen, drei Stück, die nebeneinander hockten und mir Gesichter schnitten. Aber ich muß mich wohl versehen haben. Denn es gibt keine Lutins mehr. Die Priester sind gekommen und haben Weihwasser über die Felsen gesprengt, da sind die Lutins aufs Meer hinausgefahren, ganze Schwärme. Nur einen Geist gibt es noch auf der Insel, das ist Poupon, der Mörder.“

„Poupon, der Mörder?“

Rosseherre nickte. „Ja,“ sagte sie ernsthaft, „er haust in der tiefen Schlucht, du gehst jeden Tag vorüber. Wenn das Meer wild ist, so kannst du ihn heulen hören. Hüte dich vor ihm!“

„Hüte dich?“

„Ja. Niemand geht hier vorüber. Denn Poupon hat einen bösen Charakter. Schon viele hat er hinuntergerissen. Alle machen einen Bogen. Poupon, ja, er war ein Fischer und hatte eine junge Frau. Einmal fuhr er nach der großen Erde hinüber und da kamen große Stürme und er mußte drei Wochen warten. Dann kam er zurück. Und ein Lutin setzte sich auf sein Ohr und sagte immerfort: Es war einer hier. Seine Frau setzte die Fischsuppe auf den Tisch und klopfte ihm auf die Backe, aber er stieß sie zurück und sagte: Wer war hier? Sie sagte: Keiner! und weinte.

Poupon aber wurde immer wütender; und nichts ist schrecklicher als ein Fischer, der eifersüchtig ist. Frau! sagte er, wenn es so abgeht, so werde ich sagen: Frau, ich verzeihe dir. Aber wenn es nicht so abgeht, so werde ich sagen: Schmutzige Kuh! und werde dich töten. Sie sollte aber ein Kind bekommen und Poupon erstach sie. Er kam mit einem blutigen Messer ins Dorf und tanzte vor den Häusern, unddie Leute fürchteten sich. Dann, ja, dann lief er über die Heide nach Stiff, wo die Klippen so hoch sind wie zwei Kirchtürme, und stürzte sich hinab. Aber das Meer wollte ihn nicht und warf ihn zurück. Da rannte er rund um die Insel und schrie so furchtbar, daß alle es hörten und die Türen aufmachten. Er stürzte sich dort in der Schlucht ins Meer, aber das Meer nahm ihn nicht. Seitdem haust er in der Schlucht. Und sobald der Sturm kommt, stürzt er sich ins Meer und heult lauter als der Sturm, aber das Meer nimmt ihn nicht. Er kann nicht sterben.“

Nun wußte ich auch, weshalb Rosseherre stets einen großen Bogen beschrieb, sobald sie sich Poupons Schlucht näherte.

„Weshalb kann er aber nicht sterben?“ fragte ich und stellte mich dumm.

Rosseherre brach in das heiterste Lachen aus. „Weil die Frau unschuldig war! Der Lutin hatte ihn belogen. Traue nie einem Lutin, das sind schlechte Wesen.“ —

Ich ging ins Dorf und ließ mir all die Herrlichkeiten an Schultertüchern vorlegen, die Noel besaß. Ich wählte ein blauseidenes Tuch mit grellroten Rosen in den Ecken. In Noels Laden traf ich mit Martina zusammen. Sie rief mich später vor Noels Haus an, ich wollte vorübergehen.

„Du bist so lange nicht gekommen?“ sagte sie, und ich sah, daß sie trotz alle dem schöne schwarze Augen hatte.

Ich blickte an ihr vorbei, hinaus aufs Meer.

„Ich komme auch nicht wieder!“ entgegnete ich.

Martina sprach kein Wort darauf, sie sah mich verwundert an und ging.

Haha, welche Freude Rosseherre haben wird, wenn ich ihr das Schultertuch zeige! Und ihre Freude war groß. „Das ist für mich?“ sagte sie und deutete auf ihr Herz. „O nein, o nein?“

Ich hatte ein kleines Messer. Das gefiel Rosseherre und sie bekam es. Mein Bleistift gefiel ihr, eine alte Kupfermünze, ein Taschentuch. Alles hatte Wert für sie und sie bekam es. Rosseherres Gesicht war verdunkelt von einem tiefen, alten Kummer. Sie war Noel zehn Sou schuldig und er gab nichts mehr, bevor sie bezahlte. Und Rosseherre zeigte mir ihr kleines Lederbeutelchen, es waren nur drei Sou darin. Ob ich ihr vielleicht zehn Sou leihen könne? Und nun war Rosseherre fröhlich, so leicht fühlte sie sich, daß sie, immerfort ihre blitzenden Zähne zeigte.

„Rosseherre,“ sagte ich, „willst du nicht jetzt die Ringe haben, die ich dir versprach?“

Sie lächelte und schüttelte den Kopf.

„Nein?“

„Nein. Denn wenn ich sie habe, so wird niemand auf der Insel glauben, daß du sie mir so geschenkt hast.“

„Aber du brauchst sie ja nicht zu zeigen.“

„Was habe ich von Ringen, die niemand sieht?“

„Und Rosseherre —?“

Rosseherre lachte. Sie war ein Kind.

Ich aber fühlte, daß ich keine Macht über sie hatte. Durch nichts konnte ich Eindruck auf sie machen. Ich war wohl braun wie ein Fischer und meine Stimme war so rauh wie die eines Matrosen. Zuweilen sagte sie auch, daß ich wilde Augen habe. Ich hob den Stein, auf dem sie saß, ein wenig in die Höhe um ihr zu zeigen, daß ich Kraft hatte. Ich warf mich in die Brust und sagte, daß es mir Vergnügen machen würde, mit einem Schock Teufel um eines ihrer blonden Haare zu kämpfen. Nichts half.

Rosseherre, was soll ich tun, soll ich Feuer speien und Felsblöcke ins Meer schleudern wie der selige Polyphem? Hehe, Rosseherre, oder soll ich dir zeigen, daß ich stärker bin als du —

Es wehte, wirre Stimmen und hohles Geschrei waren in der Luft. Das Meer warf sich unruhig hin und her und toste. Die Gischtsäulen stiegen senkrecht an den Klippen empor und der Wind schleuderte sie zischend gegen das Gestein.

Ich sah Rosseherre über die Heide kommen, aber plötzlich verschwand sie und erst nach einer Weile entdeckte ich ihre weiße Haube draußen zwischen den Klippen.

Sie saß untätig auf einem Stein und starrte ins Meer hinaus.

„Guten Tag, Rosseherre!“

Sie antwortete nicht.

„Willst du nicht zu mir kommen?“

Rosseherre zog die Stirn in tausend kleine Falten, dann sah sie mich an. Ihre Augen sahen matt und krank aus. Ich verstand, was sie sagen wollte, und ließ sie allein.

Einmal sah ich, daß Rosseherre den Kopf in die Hände nahm und ihn wiegte wie jemand, der weint. Der Wind flötete in den Felsen und peitschte das graue Meer. Sie saß im fegenden Regen.

Ich ging näher. Sie weinte nicht, sie sang mit einer hohen traurigen Stimme und wiegte den Kopf dazu.

Ich rief sie an. Sie wandte den Kopf. Ihre Wangen schienen eingefallen zu sein, sie sah gealtert aus. Ihre Augen waren ganz verändert und der Blick so fremd, als erkenne sie mich nicht.

„Weshalb sitzt du denn im Regen, Rosseherre?“

Sie bewegte die Lippen und lächelte, ein leises, krankes Lächeln. Sie sagte nichts.

Ich ging. Ich fing an zu verstehen, daß etwas nicht in Ordnung sein müsse mit ihr.

Sie saß da draußen im Regen bis es dunkelte. Später ging ich hinaus um nach ihr zu sehen. Sie war gegangen, einen andern Weg.

Es ist noch Nacht. Alles ist leer, die Götter schlafen, die Tiere und Menschen, ich allein bin wach. Wie ein Geist wandere ich im düstern Morgengrauen. Stille. Nur mein Schritt pocht, wie ein dumpfer Hammer klopft es unter dem Boden. Eine lautlose Brise schleicht dahin, gesättigt vom starkriechenden Nachtschweiß des Meeres. Die Gestirne der Insel leuchten noch, übernächtig erscheinen sie. Der Mond von Stiff zuckt fahl auf und ab, weiß, weiß, rot, Creach schwingt seine bleichen Strahlenbündel atemlos im Kreise. Im Osten birst die Nacht und der Morgen dampft durch den Spalt wie blutnasses Fleisch. Ein Schauern geht über das Meer, als fröstle es. Creachs Lichthiebe fliegen wie dünne Schleier dahin, die fahlen Farben der Insel tauchen auf, das Meer färbt sich. Creach erlischt. Stiff im Norden glüht noch einmal rot, dann kommt sein Licht nicht wieder.

Weit draußen schrillt eine Möwe. Ein Schrei antwortet ihr und plötzlich erhebt sich auf den Klippen ein wirrer, feilender Lärm. Dieses gierige Schreien von Raubvogelschnäbeln begrüßt zur gleichen Stunde das Licht von Tausenden von kahlen Riffen in den Meeren.

Im Dunst des Hafens bewegten sich die Fischer wie plumpe, tappende Gespenster. Ein riesiges Segel stieg in die Höhe und zog in den Nebel hinein. Ich begrüßte Jean Louis, den „Meerkönig“, und schweigsam bereiteten wir die Fahrt vor. Wir schöpften Wasser aus, ordneten Leinen, Köder, Segel. Die Brandung donnerte. Die Welle spritzte, das Boot rieb sich knirschend am Kai. Ein Ruder polterte, Ketten klirrten, eine laute Stimme schalt drinnen im Nebel. Jemand fluchte. Es roch nach faulem Wasser und Fischen. Dann klapperten wir den Steig hinauf zu Chikel um rasch zu frühstücken. Jean Louis goß sich einen Schoppen eau de vie in die Kehle und damit war er fertig. Auf dem Meere aß er dann den ganzen Tag nichts als ein Stück Brot und am Abend trank er wieder einen Schoppen Schnaps, dann schlief er. So lebten sie.

Wir fuhren. Ein paar schattenhafte Segel zogen vor uns im Dunst. Das eisige Wasser rauchte. Über die klumpigen, niedrigen Wolken hauchte Glut und auf einmal rückten sie in die Höhe und waren leicht und schwebend. Die Sichel des Mondes wurde dünn und durchsichtig, die letzten Sterne zuckten flimmernd und plötzlich waren sie verschwunden. Das Meer färbte sich dunkelblau im Schatten der Klippen, die wie blaßrote Korallen blühten. Milchige Nebelstreifenglitten über die Insel. Sie verhüllten den Leuchtturm von Creach, und als er wieder auftauchte, blitzte sein gläserner Kopf von roten Feuerchen. Plötzlich wurde das Meer weit und licht und die Segel draußen leuchteten wie pures Gold.

Der Wind erfaßte unser Segel und das Boot legte sich zur Seite. Wir begegneten der ersten Welle von Charakter, das Boot stieg in die Höhe und glitt hinab. Das war der erste Gruß des großen Meeres! Von da draußen —

Ich machte es mir bequem im Boot und zündete eine Zigarette an. Jean Louis rauchte trocken; er riß das Papier von der Zigarette und steckte den Tabak in den Mund.

„Ein schöner Morgen, Jean Louis!“

„Hü-hü-hü!“

Der Meerkönig war nichts als ein winziges Bündel aus einer schmierigen, flachen Mütze und schmutzigen Holzpantinen. Unter der Mütze hingen ein paar dünne, weiße Haarsträhnen hervor, und ich sah nur selten sein faustgroßes, rosiges, ewig lächelndes Gesicht. Seine Jacke war von allen Seiten eingeschrumpft und die Hosen reichten nur bis zum Schienbein. Die blaue Leinwand war gebleicht, schneeweiß auf Schultern und Schenkeln, und auch die vielen Flicken waren schon längst wieder gebleicht. Die Ärmel waren miteiner Kruste bedeckt und glitzerten von Fischschuppen. Er wischte Nase und Messer daran ab. Jean Louis hatte Hände aus Holz vom ewigen Rudern und er konnte die Finger nicht mehr biegen. Seine Äuglein waren gebleicht wie sein Kittel, und doch sah er wie ein Fernrohr. Die Holzschuhe hatte er mit Stroh ausgestopft und wo das Stroh den Schmutzpanzer durchstochen hatte, klebten große Tropfen von schwarzem, trockenem Blut.

Der Meerkönig war der tapferste Mann der Insel, du kannst fragen, wen du willst. Er hatte vierzehn Menschen das Leben gerettet und so und so oft selbst Schiffbruch gelitten. In seiner Jugend hatte er wiederholt die Welt umsegelt, aber davon wußte er nichts mehr. Er war jetzt „süben-hund-sübzüg Jahre“ alt und im nächsten Sommer wurde er „acht-hund-sübzig Jahre“. Der Meerkönig war der gefürchtetste Dieb der Insel. In Nacht und Nebel fuhr er hinaus, wo die Fischer die Langustenreusen verankert hatten. Diese Körbe zog er in die Höhe, obschon sie so schwer waren, daß ein starker Mann zu tun hatte. Er nahm die Langusten heraus, ließ die Reusen wieder hinab ins Meer und legte die Langusten in seine Körbe. Wenn nun die Fischer am nächsten Tag hinausfuhren, so zeigte es sich, daß alle Langusten ausgerechnet in Jean Louis’ Reusen marschiert waren —hü-hü-hü —! O, sie hatten ihn schon dabei erwischt —

Wir überquerten den Strom. Das Boot pendelte und das Spritzwasser klatschte gegen unser Segel. Das Meer sauste und weiße Gischtbomben schlugen über die Klippen ein.

„Tas Möhr gefällt mir heute nücht!“ heulte Jean Louis.

Ich lachte vor mich hin. „Desto besser!“ sagte ich und begann, Jean Louis’ Beispiel folgend, die Leine bereit zu machen.

— — — — — — — —

Eine knappe Meile von der Insel entfernt gab es eine Kette von halbversteckten Klippen und Riffen, gegen die der Strom tobte. An dieser Kette von Riffen zogen wir entlang, hin und her, und fischten.

Die Wogen waren hier rasch und zornig, sie waren schwarzgrün und mit einer Schicht wie von Öl und Ruß überzogen. Der helle Köder stieg in sie hinab wie ein kleines grünes Licht. Das Licht sank und sank, wurde düster, und endlich erlosch es und nichts blieb als dieses bebende, dahinsausende Hügelfeld dunkler, schleimiger Wogen. Wir legten die Leine über den Finger und fühlten im Beben der Schnur den gewaltigen Hub der großen Schlagader,die Millionen Tonnen Wasser vom Golf von Mexiko bis hinauf zu den Lofoten pumpt.

Drunten in der Finsternis aber — ja, Gott gebe es, denn wir galoppierten nicht zum Vergnügen hier an den Klippen entlang — da waren sie. Ich lauschte durch die Leine hundert Meter tief ins Meer hinab — still! Ja, sie waren da! Sie schossen hinter dem fliegenden Licht her, beglotzten es von allen Seiten, ihre Rückenflossen spreizten sich vor Begierde, ihre Leiber schwollen auf, ihre Schnurrbärte bebten, sie stießen mit den stumpfen Schnauzen gegen den Köder, zerrten —. Aber noch war der rechte Augenblick nicht gekommen. Der Fisch ist argwöhnisch. Ich zog etwas an der Leine, um seine Gier zu reizen, ließ nach, machte ihn sicher und — zog an. Es war geschehen! Meine Arme wirbelten, ich lag über dem Bootsrand und arbeitete fieberhaft. Ich hatte gut hundert Arme Leine einzuhaspeln und mußte rasch sein, denn der Fisch läßt nichts unversucht. Wie ein Hund riß er an der Leine, er schmiß sich gegen den Haken, zerrte, aber ich gab nicht nach. Die Bleistückchen erschienen: und da war er. Er glotzte mich mit aufgerissenen wütenden Augen an, schüttelte sich vor Schmerz und Entsetzen und peitschte mit dem Schwanz. Ich packte ihn um den Leib, hakte die Angel aus und warf ihn ins Boot. Einen Augenblicklag er erschrocken da, dann warf er sich verzweifelt am Boden hin und her.

Und wieder stieg das kleine Licht in die Dunkelheit hinab.

Im Hafen hatte ich ein paar Krabben gekauft, für den Fall, daß die Fische wenig Lust zum Anbeißen zeigen sollten. Der Meerkönig war nicht zufrieden und so entschloß er sich, die Krabben zu opfern. Er riß ihnen die Scheren aus und schrie sie wütend an, da sie sich wehrten. „Ho! Ho! — seht doch an, diese miserable Kreatur, will sich nicht einmal die Scheren ausreißen lassen, hö!“ Er zerstampfte Scheren und Krabben und warf den Schleim als Lockspeise ins Meer.

Ich befestigte ein großes Stück am Haken. Wie ein geröstetes Huhn, das urplötzlich in die Nacht eines Gefängnisses hinabtanzt, mußte den Fischen dieser Braten vorkommen.

Es ging. Die Fische verloren den Kopf und rannten in die Angeln. Triefend naß kamen sie herauf, die Mäuler verzerrt, und starrten mit entsetzten Augen in die grausame Helle und die Gesichter dieser rasenden Teufel, denen es Vergnügen machte sie aus ihrer dunkeln, rauschenden Heimat zu reißen. Sie wurden ins Boot geworfen, das mit Blut und Schuppen besudelt war, und hier mochten sie sterben.Sie schlugen um sich, ihre glänzenden, silberweißen Leiber verfärbten sich, ein gelber Hauch lief daran entlang, sie bekamen Flecken. Ihre Flanken flogen, die roten Kiemen spreizten sich und entblößten das blutrote Fleisch, ihre goldenen Augen weiteten sich im Todeskampf. Endlich machten sie eine letzte Anstrengung, sie bogen sich wie eine Klinge und schnellten in die Höhe. Dann bekamen sie einen Fußtritt von Jean Louis und nun lagen sie still. Aber noch nach einer Stunde konnte Leben in ihnen sein.

Die Sonne stieg höher und wir fischten mechanisch und schweigsam. Das Boot schwang auf und ab und flog dahin. Ich arbeitete ernst und hingegeben. Mit großer Sorgfalt schnitt ich den Köder aus den Muscheln, die an flache Chinesenhüte kleinsten Formats erinnerten. Viele trugen Büschelchen von Moos und Tang und sahen aus wie verwegene Damenhüte der letzten Mode. Und ich lachte vor mich hin, denn allerlei Abenteuer zogen durch meinen Sinn. Ich kassierte hier außen beim Rauschen des Meeres noch einmal all die leuchtenden Blicke ein, die mich da und dort getroffen, und atmete nochmals die Wohlgerüche, mit denen die Frauen uns locken wie die Blumen die Bienen. So wie der Dichter sagt — aber da ging ein elektrischer Schlag durch die Leine und ich spürte einen Stoß im Herzen: der Fisch . . .

Alle zehn Minuten wechselte der Meerkönig das Segel, um zu wenden. Dann mußte ich mich ganz flach machen und doch riß mir das Segel jedesmal die Kopfhaut ab. Die Wogen rauschten mit einförmigem Zischen und Sausen vorüber und immerzu nagelte und schabte es am Boot. Zuweilen brauste eine rasche Woge daher, schleuderte das Boot in die Höhe und überschüttete uns mit Spritzwasser, und ich sah die Woge dahinfahren zwischen den andern, die in Unordnung gerieten. Wiederum, da zischte es und ein großer marmorierter Kreis, der knisterte und kochte, erschien: die Sohle der Woge hatte eine verborgene Klippe getroffen. Der Kreis aus weißem und grünem Marmor flog rasch weiter, kletterte über die Rücken der Wogen und noch in weiter Ferne behielt er seine Form. Die Möwen strichen mit dem Bauch über die Wogen dahin, jeder Bewegung, jeder Laune der Woge haarscharf und blitzschnell folgend, auf und ab, und schrien. Ihre Fittiche schwirrten und ihre spitzen Hakenschnäbel rissen die Luft auf. Ihnen gehörte das Meer und sie kümmerten sich nicht um die Fischer. Sie stürzten sich in den Gischt der Klippen, schlugen mit den Flügeln, als ob sie sich niederlassen wollten, stiegen senkrecht in die Höhe, wenn die Woge nach ihnen sprang, und schossen kopfüber herab, wenn die Woge vorbei war. Und dasWasser tropfte glitzernd aus ihren Schwingen. Das Meer sang und brauste einförmig; Eine Stunde verging und es war still. Dann zog ein Trupp Meerschwalben vorüber — döi — döi — gullugullugullu döi — und schon waren sie weit weg. Wie ein Faden zogen sie in der Ferne.

Ich zündete die Pfeife an. Ich kniete nieder, preßte die Knie gegen die Bootsrippen und den Kopf gegen die Wand, und nun hatte ich Festigkeit genug um ein Streichholz anzureiben.

— — — — — — — —

Vor ein paar Minuten hatte ich einen Peitschenhieb von Spritzwasser übers Gesicht erhalten, kalt wie Eis, jetzt aber bekam ich eine Schaufel Wasser in die Ärmel und dieses Wasser war lauwarm. Der Strom hatte gewechselt. Zuweilen führte er ins offene Meer hinaus, zuweilen auf die Insel, nur der Meerkönig kannte seine Geheimnisse. Die Wogen waren vorher glatt gewesen, nun waren sie mit einem Ringelpanzer bedeckt, da der Wind gegen die Strömung blies. Die versteckten Klippen, an denen wir entlang zogen, gebärdeten sich wilder. Unaufhörlich stieg der Gischt an ihnen in die Höhe wie explodierende Bomben, wehende Schleier flogen auf, die in der Sonne glitzerten und zerstoben. Man hörte dumpfe Kanonenschüsse, die mit jeder Minute stärker wurden, je höher die Flut stieg.

Jean Louis sah das Wasser an und schüttelte den Kopf.

Der Himmel bewölkte sich und die Sonne verschwand hinter einer porzellanweißen Wolke. Das Meer nahm ein düsteres und feindseliges Aussehen an. Dunkel und schwer wälzte es sich heran, und wo das Licht der weißen Wolke auffiel, rollte es wie eine Masse dicker weißer Ölfarbe dahin. Der Mast knarrte und bog sich, und die Risse in unserem Scheuerlappen von Segel wurden breit und klaffend. Wir segelten mit sechs Knoten Geschwindigkeit und das Boot federte. Es schoß bebend hinab in die viele hundert Meter langen Täler, überschnitt pendelnd die Wogen, und wenn wir oben waren, so kam es mir vor, als säße ich auf dem Dachrand eines einstöckigen Hauses und blickte hinab. Dann sah ich die keuchenden Riffe, die die Atemzüge dieser großen Lunge maßen. Das Riff entblößte sich tief hinab, die Woge saugte, gurgelte. Dann stürzte sie sich gierig in die Höhe und eine Gischtsäule stieg senkrecht über das Riff empor. Einen Augenblick lang stand sie still, dann drehte sie sich langsam, wie ein Baum aus Brillanten, und fiel in sich zusammen. Das Riff war ein Sturz von hundert schäumenden Kaskaden. Und schon tauchte das rostrote Riff wieder bebend empor, wie der Kopf eines Schwimmers, dernoch vom Wasser trieft und schon in der Sonne glänzt. Manchmal sah ich auch von meiner Aussicht aus bis zum Horizont, nur einen Moment, dann tauchten wir wieder hinab.

Oft segelte der Meerkönig, ohne aufzusehen, haarscharf an die Klippen heran, aber ich hielt den Mund, denn ich wußte, er würde im letzten Augenblick das Boot herumwerfen. Der Meerkönig bewegte sich in dieser Wüstenei von Wasser so sicher wie jemand in seinem Zimmer. Er kannte hier jeden Fleck und brauchte nicht aufzusehen. Er hatte seine Punkte; sobald der und der Felsen in der Ferne zwischen dem und jenem Riff erschien, so hieß es beizudrehen. Er kannte auch die verborgenen Felsen und wenn er sagte, hier unten ist der men glas so war es sicher, daß einen Moment später die Woge den Felsen traf und das Meer weithin marmorierte. Er wußte noch mehr. Er wußte, wo in dieser und jener Stunde, bei dieser und jener Strömung die Fische sich aufhielten, wohin sie wanderten, sobald der Strom wechselte. Er wußte, welche Geschwindigkeit das Boot haben mußte, damit diese und jene Art Fische anbiß, er wußte, wann die Fische zu erwarten seien und wann sie verschwanden.

Oft mußte ich lachen, wenn ich ihn ansah. Da hockte das winzige Bündel, gleichmütig wie vor demKamin und rollte mechanisch hin und her, während ich mich festhalten mußte um nicht hinausgeschleudert zu werden. Er kaute, blies den Schnauzbart, und versah die Angel andächtig mit dem Köder. Es sah aus, als nähe er. Den alten Köder nahm er mit den Zähnen vom Haken und spie ihn ins Meer. Er empfing den schweren Fisch mit täppischem Lachen, den kleinen aber überhäufte er mit Schmähworten. Er fing einen winzigen Fisch, nicht größer als eine Hand, der den Köder vollständig abgefressen hatte; da wurde er purpurrot vor Zorn und schleuderte ihn so heftig ins Boot, daß das Fischlein das Maul aufriß und augenblicklich still und steif lag.

Zuweilen kauerte der Meerkönig im Boot nieder und nahm eine Konservenbüchse zur Hand. „Ent—schul—düge, mein Freund!“ heulte er. „Wür sünd auf tem Möhr!“

Eine unnötige Höflichkeit! In dieser Badewanne, die mit der gesamten Ausrüstung fünfundsechzig Franken kostete, konnte man keinen Komfort haben wie in einem Hotel.

Auf der Insel läutete es Mittag. Lockend und lieblich klang es zu uns heraus. Wir aßen ein Stück Brot und tranken aus der Wasserflasche, die Leine um den Finger gewickelt. Und wieder fischten wir. Wir versahen die Haken schweigsam mit dem Köder, rissen den Fisch ins Boot, fluchten halblaut, wennsich die Leine verwirrte. Das Boot zitterte und schwang auf und ab. Oft hing der Meerkönig über mir, als wolle er herabstürzen auf mich, im nächsten Augenblick aber war seine Kappe tief unten und ich stand senkrecht gegen die Bank. Ich war naß bis auf die Haut, das Wasser war mir in den Nacken und die Ärmel gestürzt. Meine Haare waren zerweicht und die Augen klebten zusammen und brannten. Mein Gesicht war ausgetrocknet und heiß vom Salz, das sich wie feiner Flugsand in alle Poren fraß und die Haut steif und bewegungslos machte. Meine Hände zitterten vor Erschöpfung, und der Wind stach mich unaufhörlich wie eine eisige, spitze Nadel ins Ohr. Mein Herz aber rauschte und sauste und war voll ungestümer Wildheit wie das Meer um mich her.

Ja, ihr zu Hause, bleibt ruhig in euren Polstersesseln sitzen und lispelt kluge und feine Worte über das Leben und werdet schwindsüchtig. Laßt mir das Leben, das dumm und einfach ist, und ich will euch die Worte schenken.

Ein Segel mit einem Anker darauf zog hinter den schwingenden Linien der Wogen vorüber. Es stieg empor, pendelte, verschwand vollständig, um erst nach langer Zeit an entfernter Stelle wieder aufzutauchen. Im Nu war es verschwunden.

„Es ist Zeit!“ heulte Jean Louis. „Wir müssen gehen. Der Pilot fährt nach Hause!“

„Eine Angel wollen wir noch auslegen, Meerkönig“

Aber da kam eine große Woge und wir machten uns schleunigst davon.

— — — — — — — —

Diese Woge war die größte und schönste, die ich hier außen sah. Schon von weitem sah ich sie herankommen. Sie riß sich ihre Bahn durch all die wandernden Schaumkämme, ihr Gischt flog vor ihr einher und sie brauste und zischte wie eine Schnellzugslokomotive. So groß und ungestüm war sie, daß sie sich inmitten der andern Wogen ausnahm wie die rasende Wildsau unter den Frischlingen. Dann prallte die ungeheure Wassermasse gegen die Klippen, sie bebte zornig von oben bis unten, schwoll an und bäumte sich auf. Sie wurde lang wie fünf Häuser und hoch wie ein zweistöckiges Haus und die Wogen ringsum sahen winzig aus. Sie war schwarzgrün, aber als sie anschwoll, wurde sie grün wie Flaschenglas. Darüber bebte eine Kuppe von Türkis und auf dieser Kuppe saß ein Schmelz von gelbem Bernstein, von der Sonne durchleuchtet, und darüber ein Diadem aus schneeweißem Schaum, über der ganzen Woge aber schwebte ein breiter Schleier von Dunst,eine Wand von Dunst, in der die Farben des Regenbogens schillerten. So stand sie. Wir waren zehn Schritte von ihr entfernt und ich betrachtete erstaunt und erschreckt dieses wilde schöne Tier, das das Meer geboren hatte. Nun aber — kam sieherab!

„Hallo! Jean Louis!“

Der Meerkönig war gerade dabei das Segel zu wechseln. Er hatte es losgebunden und hielt die Leine in der Hand. Da erblickte er die Woge, die bebte und funkelte und sich vornüber neigte, getigert mit weißen Gischtstreifen, die fächerförmig herunterschossen. Er lachte idiotisch: hü-hü-hü, und hielt die Leine des Segels mit beiden Händen fest, wie die Zügel eines Pferdes, das durchgehen will. Er stemmte die Holzschuhe gegen die Bank und sein Gesicht verzerrte sich vor verzweifelter Anstrengung. Das Segel spannte sich zum Zerplatzen infolge des ungeheuren Luftdrucks, der vor der stürzenden Wassermasse herfegte.

Die Woge donnerte und brüllte, das Boot flog in die Höhe, erst langsam, dann mit jähem Ruck, und der Meerkönig verschwand in einem Schneegestöber. Hühühü! Ein dicker Wasserstrahl fuhr wie eine Rakete zischend über das Boot empor. Ich blickte durch den Riß eines grünen Fensters weit übers Meer, bis zum Horizont: dort zog in allerRuhe ein Dampfer mit zwei braunen Kaminen und qualmte. Er fuhr gegen Südwesten. Habana, St. Thomas, Para, Rio Janeiro, Valparaiso? Glückliche Reise! Da bekam ich einen Hieb über die Augen.

Wir schöpften das Wasser aus. Vorwärts! Fort! Der Meerkönig sah totenbleich aus und ich fühlte plötzlich genau die Stelle, wo mein Herz sitzt: denn es war stillgestanden.

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Nun blieb uns nur noch übrig den Strom zu durchqueren, der den Eintritt der Bai durchschnitt. Zur Zeit der Ebbe war es nicht leicht, zur Zeit der Flut für ein kleines Boot unmöglich. Es kam vor, daß man fünf Minuten zu spät kam und dann drei, vier Stunden warten mußte, bis sich die Wut des Stromes gelegt hatte. Einmal fuhr ein Kutter vom Hafen heraus, prächtiger Wind, aber gerade mitten im Strom hörte der Wind auf und der Kutter wurde in die Klippen getrieben und zerschellte. Die Mannschaft wurde zerfetzt, so daß man sie nur noch an den Kleidern erkennen konnte; einem Matrosen fehlte der Kopf.

Wie ein Heer von kolossalen Walfischen, das auf der Flucht war, schoß der Strom dahin. Wir ritten darüber hinweg und fuhren in die Bai ein. Ich saß am Steuer, denn das war meine Arbeit.

„Diaul, Diaul!“ heulte der Meerkönig. „Ich habe hier außen schon zwei Boote verloren. Einmal kam ich mit den Trümmern ans Land, einmal saß ich vierundzwanzig Stunden auf einer Klippe bis sie mich holten. Abermals gerettet, mein Freund, wir müssen eine Kerze stiften. Eine Zehnsou-Kerze!“

Er lachte und nahm die schmierige Kappe ab. Da kam sein bleicher Schädel zum Vorschein. War das ein Mensch? Sein Schädel war bis zur Größe eines Straußeneis eingeschrumpft. Drei dünne Haarsträhnen klebten an der Glatze. Das Gesicht war eine Käferlarve, die Nase eingesunken, das Salz hatte die Augen ringsum zerfressen, so daß sie wie Wunden aussahen.


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