The Project Gutenberg eBook ofDas lebende Lichtbild: Entwicklung, Wesen und Bedeutung des Kinematographen

The Project Gutenberg eBook ofDas lebende Lichtbild: Entwicklung, Wesen und Bedeutung des KinematographenThis ebook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this ebook or online atwww.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you will have to check the laws of the country where you are located before using this eBook.Title: Das lebende Lichtbild: Entwicklung, Wesen und Bedeutung des KinematographenAuthor: Franz Paul LiesegangRelease date: December 11, 2017 [eBook #56164]Most recently updated: October 23, 2024Language: GermanCredits: Produced by Jana Srna, Matthias Grammel, Norbert H. Langkauand the Online Distributed Proofreading Team athttp://www.pgdp.net*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LEBENDE LICHTBILD: ENTWICKLUNG, WESEN UND BEDEUTUNG DES KINEMATOGRAPHEN ***

This ebook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this ebook or online atwww.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you will have to check the laws of the country where you are located before using this eBook.

Title: Das lebende Lichtbild: Entwicklung, Wesen und Bedeutung des KinematographenAuthor: Franz Paul LiesegangRelease date: December 11, 2017 [eBook #56164]Most recently updated: October 23, 2024Language: GermanCredits: Produced by Jana Srna, Matthias Grammel, Norbert H. Langkauand the Online Distributed Proofreading Team athttp://www.pgdp.net

Title: Das lebende Lichtbild: Entwicklung, Wesen und Bedeutung des Kinematographen

Author: Franz Paul Liesegang

Author: Franz Paul Liesegang

Release date: December 11, 2017 [eBook #56164]Most recently updated: October 23, 2024

Language: German

Credits: Produced by Jana Srna, Matthias Grammel, Norbert H. Langkauand the Online Distributed Proofreading Team athttp://www.pgdp.net

*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LEBENDE LICHTBILD: ENTWICKLUNG, WESEN UND BEDEUTUNG DES KINEMATOGRAPHEN ***

tb 4Dieses Heft stellt mit den Figuren oben rechts einen Taschenkinematograph dar.Um ihn in Betrieb zu setzen, biege man die Blätter mit dem Daumen der rechten Hand zurück und lasse sie durchgleiten, sodaß sie rasch nacheinander umschlagen. Das Abblättern geht besser vonstatten, wenn man die Seiten (ohne Umschlag) mit der linken Hand oben, kurz hinter den Bildern, zusammenkneift.tb 4

tb 4Dieses Heft stellt mit den Figuren oben rechts einen Taschenkinematograph dar.Um ihn in Betrieb zu setzen, biege man die Blätter mit dem Daumen der rechten Hand zurück und lasse sie durchgleiten, sodaß sie rasch nacheinander umschlagen. Das Abblättern geht besser vonstatten, wenn man die Seiten (ohne Umschlag) mit der linken Hand oben, kurz hinter den Bildern, zusammenkneift.tb 4

tb 4Dieses Heft stellt mit den Figuren oben rechts einen Taschenkinematograph dar.Um ihn in Betrieb zu setzen, biege man die Blätter mit dem Daumen der rechten Hand zurück und lasse sie durchgleiten, sodaß sie rasch nacheinander umschlagen. Das Abblättern geht besser vonstatten, wenn man die Seiten (ohne Umschlag) mit der linken Hand oben, kurz hinter den Bildern, zusammenkneift.tb 4

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Dieses Heft stellt mit den Figuren oben rechts einen Taschenkinematograph dar.

Um ihn in Betrieb zu setzen, biege man die Blätter mit dem Daumen der rechten Hand zurück und lasse sie durchgleiten, sodaß sie rasch nacheinander umschlagen. Das Abblättern geht besser vonstatten, wenn man die Seiten (ohne Umschlag) mit der linken Hand oben, kurz hinter den Bildern, zusammenkneift.

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tbFig. 30.

tbFig. 31.

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tbFig. 32.

tbFig. 33.

tbFig. 5. Lebensrad zum Ausschneiden. Anweisung Seite8.

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Entwicklung, Wesen und Bedeutungdes Kinematographen

VonF. Paul Liesegang

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ED. LIESEGANG'S VERLAG M. EGER, LEIPZIG

1910

(Die beigefügten Zahlen bezeichnen die Seiten.)

Gelegentlich verschiedener kleinerer und größerer Vorträge, die ich über die Kinematographie hielt — auf der 80. Naturforscher-Versammlung in Cöln, in den Naturwissenschaftlichen Vereinen zu Düsseldorf und Krefeld, im Gewerbe-Verein zu Essen, auf dem 41. Verbandstag der Rheinisch-Westfälischen Bildungsvereine zu Wesel, im Künstlerverein Malkasten und in der Aula der Luisenschule zu Düsseldorf — machte ich die Beobachtung, daß in weiten Kreisen ein reges Interesse für dieses Gebiet herrscht. Und wer auch nur einmal die lebenden Lichtbilder gesehen hat und etwas Sinn für die »Natur der Dinge« besitzt, wird fragen: wie kommt die wunderbare Wirkung zustande, wer ist der Erfinder?

Der Gedanke, es möchten ihrer viele sein, die eine kurze Beantwortung dieser Frage wünschen, veranlaßte mich, den Inhalt meiner Vorträge, teilweise ergänzt, in vorliegender Schrift niederzulegen. Ich war mir dabei bewußt, daß hier die Aufgabe, den Gegenstand verständlich zu machen, ungleich schwieriger war: beim Vortrage konnte ich alles demonstrieren — ich konnte Wunderscheibe, Lebensrad, Projektionsmodell des Malteserkreuzes und Kinematograph selbst vorführen, während ich hier auf den toten Buchstaben und die flache Buchillustration angewiesen bin. Meinem Wunsche, wenigstens einiges Anschauungsmaterial beizugeben, kam nun der glückliche Umstand zu Hilfe, daß sich verschiedenes aus den Abbildungen selbst leicht herstellen läßt: der Leser braucht nur die Figuren der Tafel auszuschneiden und mit Schnur zu versehen bezw. anzuheften, dann hat er Wunderscheibe, Lebensrad und Malteserkreuz-Modell. Einen Taschenkinematograph stellt das Heft, so wie es ist, selbst dar. Außerdem ist ein kleines Stückchen Film beigefügt.

Bei dem kleinen Umfange der Schrift konnte nur ein gedrängter Überblick über das Gesamtgebiet der Kinematographie gegeben werden. Näheres über die Konstruktions-Anordnungen und über die technische Seite überhaupt findet man in meinem »Handbuch der praktischen Kinematographie«, während ich die Geschichte der Kinematographie in einer besonderen Arbeit eingehend behandele.

Um ein gutes Illustrationsmaterial zu bieten, ließ ich die Klischees mit einigen Ausnahmen als Holzschnitte neu anfertigen, und zwar zum Teil nach den Originalabbildungen oder nach besonders entworfenen Zeichnungen. Verschiedenen Verlegern und Autoren habe ich für die bereitwillig erteilte Reproduktions-Genehmigung zu danken: Herr Hofrat Professor Dr. Eder in Wien und der Verlag von Wilh. Knapp in Halle a. S. gestatteten die Wiedergabe zweier Porträts aus Eder's »Geschichte der Photographie«, die Firma Léon Gaumont in Paris und die dortige Zeitschrift L'Illustration die Reproduktion mehrerer Filmbilder, die Urban-Trading Co. in London die Einfügung eines Bildes aus ihrem Betriebe, Professor Demeny überließ mir eine Aufnahme, womit ich seine »Photographie der Sprache« illustrieren konnte.

Düsseldorf, Dezember 1909.

Der Verfasser.

tbDies Bild stellt in Verbindung mit den folgenden einen »Taschenkinematograph« dar.

tbDies Bild stellt in Verbindung mit den folgenden einen »Taschenkinematograph« dar.

Die wunderbare Wirkung der kinematographischen Lichtbilder beruht auf einer Täuschung unseres Auges. Was uns da auf der weißen Wand gezeigt wird, ist in Wirklichkeit eine große Reihe einzelner Bilder, die den Gegenstand oder die Szene in immer neuen Momenten einer Bewegung wiedergeben und die mit sehr großer Geschwindigkeit aufeinander folgen. Wenn sich nun in unserem Auge die vielen Einzelbilder zu einem einzigen lebenden Bilde zusammensetzen, so wird das bewirkt durch die »Dauer des Lichteindruckes«. Unser Auge läßt nämlich einen Eindruck, den es empfangen hat, nicht sofort wieder fahren, hält ihn vielmehr eine gewisse Zeit fest, allerdings nur den Bruchteil einer Sekunde. Infolgedessen werden sehr rasch aufeinander folgende Eindrücke ineinander verschwimmen.

tbFig. 1. Versuch zur Bestimmung der Dauer des Lichteindruckes.

Diese Eigenschaft des Auges können wir im täglichen Leben beobachten. Ihnen wird das folgende Experiment bekannt sein; sonst ist es leicht anzustellen. Wenn man im Dunkeln ein glimmendes Streichholz (also eines von der schlechten Sorte!) hinreichend rasch umherschwingt, so sieht man nicht — wie man annehmen sollte — einen sich weiter bewegenden leuchtenden Punkt, sondern einen feurigen Kreis.

Genauere Untersuchungen hierüber wurden zuerst angestellt von Ritter d'Arcy im Jahre 1765. Er schwang ein Stück glühender Kohle im Kreise herum mit zunehmender Geschwindigkeit. Nun kommt ein Moment, wo der leuchtende Kreis grade geschlossen ist. Dann wissen wir: der Lichteindruck an einer Stelle, z. B. A in Figur 1,wirkt genau so lange Zeit nach, als die Kohle für eine Umdrehung braucht. Arcy fand auf diese Weise, daß die Dauer des Lichteindrucks im Auge ungefähr1/8Sekunde beträgt.

Das erste Bildinstrument, das auf dieser Eigenschaft des Auges beruhte und das sich rühmen kann, der Urahn des Kinematographen zu sein, war die im Jahre 1825 erfundene Wunderscheibe, auch Thaumatrop genannt. Es ist eine Pappscheibe, die beiderseits eine Zeichnung hat, vorn z. B. einen Vogel und hinten einen Käfig, und die man mittels zweier daran geknüpfter Fäden in Umdrehung versetzt. Bei rascher Umdrehung sieht man dann den Vogel im Käfig sitzen. Wenn Sie die Figur 2 der vorgehefteten Tafel ausschneiden, dann haben Sie eine richtige Wunderscheibe. Sie müssen nur rechts und links, wo die Punkte sind, ein Loch stechen, zwei Fäden, je etwa 10 bis 15 cm lang, schneiden und durch jedes Loch einen solchen Faden ziehen. Die beiden Enden eines jeden Fadens werden am besten verknotet. Nun nimmt man die Fäden in die Hände und läßt sie zwischen Daumen und Zeigefinger rollen, wobei dann die Scheibe in rasche Umdrehung gerät.

tbFig. 3. Wie man beide Seiten einer Münze gleichzeitig sehen kann.

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Wie es zur Erfindung der Wunderscheibe gekommen ist, davon erzählt der englische Mathematiker Babbage ein interessantes Stück. Eines Tages fragte ihn der berühmte Gelehrte John Herschel, mit dem er zu Tisch saß, wie man es wohl fertig bringen könne, beide Seiten eines Geldstücks gleichzeitig zu sehen. Und drauf zeigte er ihm die Lösung der scherzhaft gestellten Aufgabe, indem er das Geldstück auf dem Tisch kreisen ließ: ein Experiment, das Sie leicht nachmachen können. Der Versuch läßt sich auch inder Weise anstellen, wie es Figur 3 veranschaulicht, indem man nämlich das Geldstück mittels zweier Nadeln hebt und durch Dagegenblasen in Rotation versetzt. — Babbage nun erzählte davon seinem Freunde Dr. Fitton, und dieser zeigte ihm ein paar Tage darauf ein kleines Spielzeug, das er ausgedacht und womit sich der Herschelsche Versuch vorzüglich demonstrieren ließ: es war die Wunderscheibe.

Die Wunderscheibe wurde bald ein flotter Handelsartikel und fand weite Verbreitung. So einfach und unscheinbar dies Spielzeug auch war: es war doch ein wichtiges Prinzip darin festgelegt und es gab zweifellos mancherlei Anregung. Nun lag das Problem in der Luft, eine größere Anzahl von Bildern in ähnlicher Weise zu kombinieren, und tatsächlich wurde die Lösung bald darauf, im Jahre 1832, fast gleichzeitig an zwei Stellen gefunden. Sowohl Plateau in Gent, wie Professor Stampfer in Wien, konstruierten unabhängig voneinander das Lebensrad. Der eine nannte sein Instrument »Phenakistiskop«, der andere »Stroboskop«.

tbFig. 4. Das Lebensrad.

Das Lebensrad besteht aus einer runden Pappscheibe, die nach dem Rande zu in gleichmäßigen Abständen Öffnungen besitzt; darunter sind Bilder eines und desselben Gegenstandes gezeichnet, die ihn in verschiedenen, aufeinander folgenden Momenten einer Bewegung darstellen. Die Scheibe ist, wie Fig. 4 zeigt, um eine horizontale Achse drehbar und wird derart vor einen Spiegel gehalten, daß man durch die Öffnungen hindurch im Spiegel die Bilder sieht. Bei rascher Umdrehung verschmelzen die Bilder ineinander und man gewinnt den Eindruck einer sich bewegenden Figur.

Wenn Sie das Lebensrad nicht aus der Anschauung kennen, so schneiden Sie doch die Figur 5 der Tafel längs der äußeren Kreislinie aus; dann schneiden Sie noch ringsum auf der Scheibe mit einem scharfen Messer die neun schraffierten Schlitze aus: das gibt die Schauöffnungen. (Ist Ihnen diese Arbeit zu mühselig, so wissen Sie sicher einen Jungen, der's gerne tut, um auch die hübsche Wirkung zu sehen.) Die Scheibe wird in der Mitte durchbohrt und dann, am besten mit einem Heftzwecken, die Bildseite nach außen, auf eine Holzleiste (Lineal oder dergl.) aufgesteckt, derart, daß sie durch Gegenschlagen mit dem Finger leicht drehbar ist. Nun hält man die Scheibe (möglichst senkrecht, damit sie gut läuft) vor einen Spiegel und sorgt dafür, daß die dem Spiegel zugekehrten Bilder gut beleuchtet sind. Wenn man nun die Scheibe in Umdrehung versetzt und zunächst nebenher direkt in den Spiegel blickt, so sieht man nichts von den Figuren; denn sie erscheinen bei der raschen Bewegung völlig verschwommen. Hält man aber das Auge vor die Scheibe und schaut durch die Schlitze, so gewinnt man den Eindruck einer sich bewegenden Figur. Das Auge bekommt dann nämlich durch die Schlitze rasch nacheinander immer auf einen Moment Bild um Bild zu sehen. Infolge der Trägheit der Netzhaut verschmelzen nun die Bilder ineinander, und das Resultat ist ein Bild mit Bewegung.

tbFig. 6. Andere Form des Lebensrades.

In der Folge wurden mancherlei Abänderungen von dem Instrument gemacht. Figur 6 zeigt zunächst eine Ausführung, die Stampfer schon angab. Dabei werden zwei zusammen rotierende Scheiben benutzt, eine für die Oeffnungen und die andere für die Bilder. Ein Spiegel ist hier nicht erforderlich; denn man sieht direkt durch die Schlitze gegen die Bilder.

tbFig. 7. Die Wundertrommel.

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Die größte Verbreitung fand die Form, welche als Wundertrommel bekannt ist. Es ist ein Hohlzylinder mit einem Kranz von Schlitzen; darein wird ein Papierstreifen gebracht, worauf sich die Bilder befinden (Fig. 7). Die Trommel wird in rasche Umdrehung versetzt, und wenn man nun durch die Schlitze sieht, empfängt man den Eindruck eines lebenden Bildes. Dreimal — das ist eigenartig — mußte die Wundertrommel erfunden werden, bis sie Ende der sechziger Jahre von Amerika aus zur Einführung gelangte. 1833 wurde sie von Horner unter der Bezeichnung »Daedaleum« genau beschrieben, 1860 von Desvigne und schließlich 1867 nochmals von Lincoln patentiert.

tbFig. 8. Das Mutoskop.

Ein ähnliches Schicksal erlebte eine andere Anordnung, der sogenannte »Taschenkinematograph«, der Ende der neunziger Jahre als Neuheit in den Handel kam, nachdem er bereits zweimal zuvor, 1868 und 1886, erfunden worden war. Dieses Heft stellt mit den Bildern in den Ecken oben rechts — so wie es ist — einen Taschen-Kinematograph dar. Um ihn in Betrieb zu setzen, biege man die Blätter mit dem Daumen der rechten Hand zurück und lasse sie durchgleiten, so daß sie rasch nacheinanderumschlagen. Auf demselben Prinzip beruht das in Figur 8 wiedergegebene Mutoskop, ein Apparat, den man vielfach in Bahnhöfen findet. Man muß bei diesem Instrument nach Einwurf eines Groschens eine Kurbel drehen, worauf dann die Bilder abblättern; sie werden durch eine Vergrößerungslinse betrachtet.

tbFig. 9. Erster Apparat zur Projektion stroboskopischer Bilder.

tbFig. 10. Uchatius' zweiter, verbesserter Apparat zur stroboskopischen Projektion.

Der erste, der das Lebensrad mit dem Projektionsapparat in Verbindung brachte, um »lebende« Bilder auf die Wand zu werfen und einem größeren Publikum als Lichtbilder zu zeigen, war der österreichische Offizier Franz von Uchatius. Es ist derselbe Uchatius, der den nach ihm benannten Bronzestahl erfand. Bei seinem ersten Apparat, der in Figur 9 schematisch dargestellt ist und der aus dem Jahre 1845 stammt, wurde ein aus zwei zusammen rotierenden Scheiben bestehendes Lebensrad angewandt, wovon die eine der Scheiben b mit Schlitzen versehen war, während die andere a die transparenten Bildchen trug. Ein zweiter leistungsfähigerer Apparat, den Uchatius anfangs der fünfziger Jahre konstruierte und der 1853 in Wien vorgeführt wurde, besaß eine feststehende Bildscheibe und davor einen Kranz von Objektiven: für jedes Bild a war ein Objektiv b vorgesehen (siehe Fig. 10). Lampe und Beleuchtungslinse c konnten mittels einer Kurbel hinter der Bildscheibe im Kreise umherbewegt werden, derart, daß die transparenten Bildchen der Reihe nach beleuchtet und auf die Wand projiziert wurden. Bei raschem Drehen erschienen die Lichtbilder in so schneller Folge, daß dieZuschauer den Eindruck eines einzigen lebenden Lichtbildes gewannen.

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Das Projektions-Stroboskop, das eine langsam rotierende Bildscheibe und eine rasch laufende Blendscheibe mit einem Schlitz besitzt — wie es heute noch zu Demonstrationen gebraucht wird — wurde 1871 von dem Engländer Ross angegeben, nachdem kurz zuvor die Amerikaner Brown und Heyl sinnreiche Instrumente dieser Art mit ruckweise bewegter Bildscheibe ausgeführt hatten. In den achtziger Jahren beschäftigte sich der Franzose Reynaud eifrig mit dem Problem, die Bilder des Lebensrades in vergrößertem Maßstabe auf der Projektionswand erscheinen zu lassen; bei seiner eigenartigen, mit einer Spiegeltrommel ausgerüsteten Einrichtung, die er Praxinoskop-Theater nannte, saßen die transparenten Bilder auf einer Trommel, später auf einem langen Bande.

tbFig. 11. Aufnahmen »gestellter« Bewegungsmomente für das Lebensrad.

Die Bilder, die man mit dem Lebensrade vorführte, waren zuerst naturgemäß gezeichnet. Erst in den fünfziger Jahren kam man dazu, die Photographie zur Herstellung der Bilder heranzuziehen. Die Aufgabe war für den damaligen Photographen ja auch nicht so leicht: hieß es doch, von der sich bewegenden Figur sehr rasch nacheinander eine Anzahl Momentaufnahmen zu machen. Und dazu reichten die Hilfsmittel jener Zeit keineswegs aus. Auch die Schnellfeuer-Kameras, die im folgenden Jahrzehnt von verschiedenen Seiten ausgedacht und zum Teilausgeführt wurden — Coleman Sellers, Dumont, Ducos du Hauron und Mollard machten sich besonders verdient darum — waren noch nichts nutze: die photographischen Verfahren hatten eine zu geringe Empfindlichkeit, als daß man so schnell damit hätte arbeiten können. Man mußte sich einstweilen in primitiver Weise behelfen. Wie man verfuhr, veranschaulicht Figur 11; es ist die Wiedergabe einer mir vorliegenden Bilderreihe, die aus jener Zeit stammt. Davon ist jedes einzelne Bild durch eine Zeitbelichtung gewonnen. Die Kaffee trinkende Dame mußte also neunmal eine sorgfältig vorbereitete Stellung einnehmen und jedesmal für die Belichtung stille halten. Dies Verfahren war gewiss recht umständlich und konnte unmöglich eine natürliche Wirkung abgeben.

tbFig. 12. Eadweard Muybridge.[A]

Erst dem amerikanischen Photographen Muybridge (Fig. 12) gelang es Ende der siebziger Jahre unter Aufbietung gewaltiger Hilfsmittel, richtige Reihenaufnahmen laufender Tiere zu machen. Er benutzte eine Batterie von 24 photographischen Apparaten, die in einer Reihe nebeneinander standen; parallel dazu lief die Rennbahn für das Tier. Quer über die Bahn waren, wie Figur 13 andeutet, 24 dünne Fäden gespannt, die das Tier nacheinander zerreißen mußte; zu jeder Kamera einer, und zwar war die Anordnung derart getroffen, daß stets beim Reißen eines Fadens der Momentverschluß der betreffenden Kamera losging. Auf diese Weise wurden rasch nacheinander 24 Aufnahmen von dem laufenden Tier gemacht. Eine Reihe der von Muybridge hergestellten Bilder ist auf dem Lebensrade (Fig. 5) wiedergegeben; dieselben Bilder sind zu dem Taschenkinematograph dieses Heftes benutzt. Muybridge soll zu seinen Arbeiten insgesamt über eine halbe Million photographischer Platten verarbeitet haben.

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tbFig. 13. Einrichtung von Muybridge zur Reihenphotographie.

tbFig. 14. Ottomar Anschütz.

Die Aufnahmen erregten seinerzeit großes und berechtigtes Aufsehen; doch wurden die Resultate bald überboten durch Anschütz, den Altmeister der Momentphotographie (Fig. 14). Anschütz begann 1885 nach ähnlicher Methode seine Arbeiten und nahm sich ihrer mit großer Energie an. Während Muybridge bei seinen meisten Aufnahmen nicht viel mehr als Schattenrisse erhielt, zeigten die Bilder seines deutschen Nachfolgers alle Abstufungen und Einzelheiten. Ja, die Aufnahmen, von denen Figur 15 eine Probe zeigt,waren so scharf, daß sie zur Benutzung in dem von Anschütz erfundenen Schnellseher vergrößert werden konnten.

tbFig. 15. Teil einer Reihenaufnahme von Anschütz.

tbFig. 16. Anschütz' elektr. Schnellseher.

Anschütz konstruierte zur Demonstration seiner Bilder noch ein sinnreiches Instrument, den elektrischen Schnellseher (Fig. 16). Die einzelnen Bilder, auf Glasplatten oder Zelluloid kopiert, sitzen darin auf dem Umfange einer schnell rotierenden Scheibe von großem Durchmesser. Jedesmal wenn sich ein Bild genau gegenüber dem Fensterchen befindet, durch das die Beschauer blicken, wird es momentan durch eine Geisler'sche Röhre beleuchtet.

tbFig. 17. Etienne Jules Marey.[B]

Inzwischen fand die Chronophotographie — so nannte man das Verfahren zur Herstellung von Reihenbildern — in Frankreich bedeutende Förderung durch Professor Marey (Fig. 17). Dieser interessierte sich zunächst für den Vogelflug, und da die Anordnung von Muybridge hierzu nicht geeignet erschien, ging er selbst an die Konstruktion zweckmäßiger Apparate. Zu seinem ersten Modell, der photographischen Flinte aus dem Jahre 1882, hatte er die Anregung erhalten durch Jansen's photographischen Revolver, womit dieser berühmte Astronom 1874 den Vorübergang der Venus in einer Reihe aufeinanderfolgender Momente festgelegt hatte.

tbFig. 18. Marey's photogr. Flinte.

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Die photographische Flinte und die Art ihrer Handhabung ist in Figur 18 dargestellt. Vorne im Lauf sitzt das Objektiv, hinten im Bodenstück die lichtempfindliche Platte. Wenn man auf den Hahn drückt, so bringt ein Uhrwerk die Platte in Umdrehung, doch geht die Bewegung sprungweise vor sich, derart, daß ein Stück der Platte nach dem anderen an die Belichtungsstelle kommt und dort einen Moment anhält. Die Belichtung wird durch eine gleichzeitig in Gang versetzte Verschlußscheibe geregelt. Mit diesem Apparat konnten 12 Aufnahmen in der Sekunde gemacht werden. Die Bilder waren aber nur ein Zentimeter groß und ohne Detail. Figur 19 zeigt eine Aufnahmeplatte; sie gibt den Flug einer Möve in 12 Momenten wieder.

tbFig. 19. Aufnahme mit der photogr. Flinte: fliegende Möve in 12 Momenten (etwa auf die Hälfte verkleinert).

Ermutigt, aber nicht befriedigt durch die Erfolge, arbeitete Marey mit wissenschaftlicher Gründlichkeit weitere neue Methoden aus, die ihm für seine Untersuchungen über die Bewegungserscheinungen bei Tieren und Menschen wertvolle Resultate lieferten. 1888 ging er zur Verwendung von Negativpapierbändern über, die ruckweise durch die Kamera geführt und auf die in rascher Folge eine große Zahl von Aufnahmen gemacht wurde. Damit schuf Marey als erster eine Einrichtung, die unserem heutigen kinematographischen Aufnahme-Apparat entspricht. Sein damaligesModell ist in Figur 20 dargestellt, während Figur 21 ein Stück einer damit gemachten Aufnahme zeigt.

tbFig. 20. Marey's Negativband-Kamera für Reihenaufnahmen.

Der Fortschritt war ein enormer! Während Muybridge und Anschütz, um eine Reihe von 24 Aufnahmen zu gewinnen, 24 photographische Apparate brauchten, machte Marey dasselbe mit einer einzigen Kamera. Ja, die Zahl der Bilder war hier nur begrenzt durch die Länge des Negativbandes.

tbFig. 21. Teil einer Reihenaufnahme auf Negativpapier, hergestellt mit Marey's Kamera.

Von größter Bedeutung für die Entwicklung der Kinematographie wurde die Einführung des Zelluloid-Filmbandes, die grade in jene Zeit fiel; zwar war das Material noch weit davon entfernt, so gut zu sein wie heute. Nunmehr schossen bald an allen Ecken und Enden die Konstruktionen heraus. Aber den Gebrüdern Lumière blieb es vorbehalten, die lebenden Lichtbilder populär zu machen. Das war Mitte der neunziger Jahre. An der Ausarbeitung des modernen Kinematographen sind viele Männer beteiligt; besonders verdient machten sich darum Skladanowsky und Messter in Deutschland; Demeny (Marey's Mitarbeiter, vgl. auch Fig. 53) und die Gebrüder Lumière in Frankreich; Friese Greene (der schon 1889 ins Feld trat), Birt Acres und Robert Paul in England; Edison, Jenkins, Casler und Urban in Amerika. Dem einen haben wir dies Teil zu verdanken, dem anderen jenes. Wir wollen darüber hinweggehen, sonst geraten wir zu sehr in Einzelheiten.

Die Bezeichnung »Kinematograph«, die aus griechischen Worten hergeleitet ist: Kinema = die Bewegung (Kinemata = die Bewegungen) und grapho = ich schreibe, zeichne auf, wurde durch die Gebrüder Lumière eingeführt, nachdem sie als erster Bouly in einem französischen Patente vom Jahre 1892 angewandt hatte. Von den zahlreichen anderen Namen hat sich hauptsächlich »Bioskop« (ebenfalls aus dem Griechischen: Bios = das Leben, und skopeo = ich sehe) erhalten.

Fußnoten:[A]Nach einer Abbildung aus Eder's »Geschichte der Photographie«, Verlag von Wilh. Knapp, Halle a. S.[B]Nach einer in Eder's »Geschichte der Photographie« (Verlag von Wilhelm Knapp, Halle a. S.) abgebildeten Plaquette.

[A]Nach einer Abbildung aus Eder's »Geschichte der Photographie«, Verlag von Wilh. Knapp, Halle a. S.

[A]Nach einer Abbildung aus Eder's »Geschichte der Photographie«, Verlag von Wilh. Knapp, Halle a. S.

[B]Nach einer in Eder's »Geschichte der Photographie« (Verlag von Wilhelm Knapp, Halle a. S.) abgebildeten Plaquette.

[B]Nach einer in Eder's »Geschichte der Photographie« (Verlag von Wilhelm Knapp, Halle a. S.) abgebildeten Plaquette.

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tbFig. 22. Schema einer Filmkamera.

Wie der kinematographische Aufnahmeapparat arbeitet, das können wir uns am besten klar machen, indem wir einen einfachen Kodak in die Hand nehmen. Die Anordnung ist in Figur 22 schematisch dargestellt. Auf der Rolle M sitzt ein lichtempfindliches Filmband; es ist zur Rolle N geführt, worauf es sich, wenn man die Rolle dreht, aufwickelt. O ist das Objektiv und S die Verschlußscheibe. Um eine Aufnahme zu machen, gibt man der Verschlußscheibe eine Umdrehung. Es bewegt sich dann die Öffnung T am Objektiv vorbei, läßt Licht zu und verursacht damit eine Belichtung. Nun soll ein zweites Bild gemacht werden. Dazu muß zunächst der Film durch Drehen der Rolle N um ein Stück, so groß wie das Bildchen a, weitergezogen werden. Wenn das geschehen ist, wird der Verschlußscheibe wieder eine Umdrehung gegeben. Ein drittes, viertes, fünftes Bild usw. erfordert immer wieder dieselben Handgriffe: stets wird zuerst der Film weitergezogen und dann die Verschlußscheibe gedreht.

Denken wir uns nun in die Kamera einen Mechanismus eingebaut, der diese Handgriffe selbsttätig ausführt, so haben wir den kinematographischen Aufnahmeapparat, wie er in Figur 23 dargestellt ist. Man braucht nur eine Kurbel zu drehen, dann schießt der Apparat wie ein Schnellfeuergeschütz los und macht auf das Filmband in rascher Folge eine große Anzahl von Aufnahmen. Den Mechanismus wollen wir uns nachher ansehen.

tbFig. 23. Kinematographische Aufnahme-Kamera.

Der belichtete Film wird in der Dunkelkammer auf einen Rahmen oder eine Trommel gespannt und wie der Kodakfilm entwickelt, fixiert, ausgewaschen und getrocknet. Man bekommt dann ein Band mit vielen kleinen Negativbildern. Von diesem Negativ, von dem Figur 24 ein kleines Stück in Originalgröße zeigt, gewinnt man durch Kopieren den Positivfilm, wie er in Figur 25 wiedergegeben ist. Ein Stück Positivfilm ist ferner hier angeklebt. Die Filmbänder sind an beiden Rändern in regelmäßiger Folge mit Löchern versehen, und zwar derart, daß auf jedes Bild beiderseits 4 Löcher kommen. Diese Perforation, die von Edison eingeführt wurde, muß man anwenden, damit der Mechanismus den Film genau transportieren kann.


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