Chapter 22

„Die Kosten des Viatikums werden unter die Sektionen und Verbände nach der Mitgliederzahl verteilt, um nicht diese Last denjenigen Sektionen und Verbänden aufzulegen, die am meisten unter der Beschäftigungslosigkeit zu leiden haben.“

„Die Kosten des Viatikums werden unter die Sektionen und Verbände nach der Mitgliederzahl verteilt, um nicht diese Last denjenigen Sektionen und Verbänden aufzulegen, die am meisten unter der Beschäftigungslosigkeit zu leiden haben.“

mit 10 gegen die beiden Stimmen von Belgien und Italien abgelehnt und dagegen auf Antrag der deutschen Schweiz mit 10 Stimmen, bei zwei Enthaltungen, beschlossen wurde, freilich ein einheitliches Verbandsbuch anzunehmen, aber im übrigen in der Frage des Viatikums weitere Beschlüsse vorzubehalten. Spanien war bei den Verhandlungen nicht vertreten.

Noch größer waren die Meinungsverschiedenheiten bei dem zweiten Punkte der Tagesordnung, der sich auf dieSchaffung eines internationalen Verbandes der Buchdruckerbezog. Dabei handelte es sich in erster Linie um die prinzipielle Frage über das Verhältnis zum Sozialismus. Während der ReferentPasquelinbemerkte, daß viele, die für den Gedanken der Organisation erwärmt seien, sich von ihr aus dem Grunde zurückhielten, weil sie sich scheuten, sich einer bestimmten politischen Gruppe anzuschließen und die Ansicht vertrat, daß es erforderlich sei, daß alle Kräfte des Proletariates zur Zeit auf das wirtschaftliche Gebiet beschränkt würden, verlangten der dänische und der italienische Vertreter den Anschluß an den Sozialismus. Eine fernere Meinungsverschiedenheit betraf die Frage, ob man die anzuhebende internationale Vereinigung auf die Buchdrucker und die Schriftgießer beschränken oder auf alle Arbeiterklassen erstrecken solle. Endlich machten die Vertreter von Deutschland und Oesterreich geltend, daß die Gesetze ihrer Länder ihnen die Beteiligung weder an einem internationalen Verbande, noch auch nur an einem internationalen Bureau gestatteten.

Der Vorsitzende erklärte schließlich das Ergebnis der Erörterungen dahin zusammenfassen zu können, daß es die Meinung des Kongresses sei, zuerst die Buchdrucker national und international zu organisieren, und daß sich daraus später die Verbindung und die nachdrückliche Fühlungnahme mit den übrigen in gleicher Weise organisierten Arbeitergruppen entwickeln werde. Er stellte dann zunächst die prinzipielle Frage über die Notwendigkeit einer internationalen Organisation zur Abstimmung, die durch die Stimmen von Spanien, Italien, Oesterreich, der beiden schweizerischen Verbände, Nordamerika, England, Ungarn, Dänemark, Norwegen und Frankreich bejaht wurde, während Belgien und Deutschland sich der Abstimmung enthielten.

Man wandte sich sodann der wichtigen Frage derErrichtung einer internationalen Widerstands-(Streik-) Kassezu. Die beiden schweizerischen Gruppen hatten sich schon eingehend mit dem Plane beschäftigt und über folgenden Antrag Siebenmann (deutsche Schweiz) geeinigt:

„Der internationale Buchdruckerkongreß erkennt die Notwendigkeit der bereits in den verschiedenen Ländern bestehenden Widerstandskassen an und spricht den Wunsch aus, daß jeder Verband sofort die nötigen Schritte thue, um überall Widerstandskassen zu gründen.

Der Verband der romanischen Schweiz wird beauftragt, in Gemeinschaft mit dem Verbande der deutschen Schweiz innerhalb eines Jahres den Plan einer internationalen Widerstandskasse vorzulegen. Der nächste Kongreß wird sich über Annahme dieses Planes entscheiden.“

Der Antragsteller teilte mit, daß man eine Beitragszahlung von monatlich 10 Cent. für jedes Mitglied ins Auge gefaßt habe; das angesammelte Kapital dürfe vor Ablauf eines halben Jahres nicht angegriffen werden; der Zweck der Kasse solle nur sein, die Herabsetzung der Löhne zu bekämpfen. Den meisten Beifall fand der Plan bei den romanischen Nationen, während insbesondere der deutsche Vertreter Trapp nicht allein betonte, daß die Verhandlungen nur den Karakter eines Meinungsaustausches haben könnten und daß es jeder Organisation überlassen bleiben müsse, auf welchem Wege sie glaube, am besten das gemeinsame Ziel erreichen zu können, sondern auch bemerkte, daß die Gründung einer internationalen Widerstandskasse unmöglich sein werde, da insbesondere bei einem so geringen Beitrage jeder große Streik die Kasse erschöpfen müsse.

Bei der Abstimmung wurde der erste Satz des Antrages Siebenmann mit allen Stimmen bei einer Stimmenthaltung (Deutschland) angenommen. Für den zweiten Satz (Errichtung einer internationalen Kasse) wurden 8 Stimmen abgegeben (Italien, Belgien, beide schweizerische Verbände, England, Dänemark, Norwegen und Frankreich). Deutschland, Oesterreich, Ungarn und Spanien enthielten sich der Stimme. Ein Antrag wegen Einrichtunggenossenschaftlicher Buchdruckervereinewurde abgelehnt, dagegen ein solcher wegen Bildung gemeinschaftlicherSchiedsgerichteangenommen, ebenso ein Antrag, der sich gegen die lange Dauer der Streiks erklärte und den Gewerkschaften empfahl, keine übertriebenen Forderungen zu stellen. Alle Buchdrucker wurden für verpflichtet erklärt, den bestehenden Gewerkschaften beizutreten.

Der folgende Gegenstand betraf dieHerabsetzungderArbeitszeit. Man war im allgemeinen in dieser Forderung einig und betonte insbesondere den Wert dieses Mittels zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, doch wurde hervorgehoben, daß, um einen Ausfall am Verdienste zu vermeiden, zunächst eine Erhöhung der jetzigen Löhne durchgesetzt werden müsse. Uebereinstimmend wurde auch dieAbschaffung der Akkordarbeitund ihre Ersetzung durch Lohnarbeit empfohlen. Ebenso war man überwiegend gegen die Ueberstundenarbeit; einzig der belgische Vertreter D'Hooghe erklärte, daß er den bestimmten Auftrag habe, gegen jede Verminderung der Arbeitszeit zu stimmen. Die meisten Redner wollten auch zur Erreichung ihres Zieles den Weg dergesetzlichen Regelungeingeschlagen sehen, nur der dänische Vertreter Petersen erklärte sich gegen gesetzlichen Zwang. Trapp (Deutschland) machte geltend, daß bei der jetzigen Zusammensetzung der gesetzgeberischen Gewalten auf diesem Wege eineBesserung nicht zu erwarten sei, während die Schweizer sich von der durch den dortigen Bundesrat einzuberufenden internationalen Konferenz viel versprachen.

Bei der Abstimmung wurde zunächst der Grundsatz der Verminderung der Arbeitszeit einstimmig angenommen in folgender Fassung:

„Der Kongreß erklärt sich für die Herabsetzung der Arbeitszeit ohne Verminderung des Lohnes.“

„Der Kongreß erklärt sich für die Herabsetzung der Arbeitszeit ohne Verminderung des Lohnes.“

Auch die Dauer von 8 Stunden wurde gegen die Stimmen von Belgien und der romanischen Schweiz angenommen. Einstimmige Annahme fand ferner der Antrag Drummond (England), der die Ueberarbeit grundsätzlich verwirft und sie deshalb wenigstens auf ein möglichst geringes Maß beschränkt wissen will, mit dem Zusatze von Kralik, daß die Ueberstunden möglichst hoch bezahlt werden sollen. Ebenso einstimmig wurde der Antrag Mangeot angenommen, der die Abschaffung der Nachtarbeit der Frauen und Kinder forderte.

Eine längere Verhandlung verursachte auch dieLehrlingsfrage. Man wünschte von verschiedenen Seiten nicht allein die gesetzliche Verpflichtung des Lehrlings zur Beibringung eines Schulzeugnisses, sondern insbesondere die Festlegung eines bestimmten Zahlenverhältnisses zwischen Lehrlingen und Gehülfen. Von der Mehrzahl der Anwesenden wurde aber die Ansicht vertreten, daß diese Angelegenheiten entweder überhaupt nicht auf gesetzlichem Wege zu regeln seien oder daß mindestens diese Regelung nicht international, sondern nur in jedem Lande nach Maßgabe seiner besonderen Verhältnisse geschehen könne.

Weiter verhandelte man über diegegenseitige Krankenunterstützung reisender Gehülfen, wobei mitgeteilt wurde, daß ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis bereits zwischen Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Norwegen und der Schweiz bestehe. Man erkannte allseitig den Wunsch noch einer solchen Einrichtung als berechtigt an, berief sich aber teils auf die Geringfügigkeit der Mittel, teils darauf, daß in einzelnen Ländern eine Krankenunterstützung seitens der Gewerkschaften überhaupt nicht gewährt werde. Trotzdem wurde der Antrag Kralik (Oesterreich), den Wunsch nach der Schaffung solcher Einrichtungen auszusprechen, einstimmig angenommen.

Hubert (Belgien) beklagt sich darüber, daß in einigen Fällen in Frankreich belgische Buchdrucker schlechter behandelt seien als Franzosen und fordert Garantien hiergegen. Der Kongreß ging über den Antrag zur Tagesordnung über, indem er an die Solidarität der Arbeiter appellierte.

Einstimmig wurde ferner beschlossen, auf die Aufhebung der Bestimmung des französischen Syndikatsgesetzes hinzuwirken, nach welcher Ausländer von dem Eintritte in den Vorstand der Syndikate ausgeschlossen sind.

Den letzten Gegenstand der Verhandlungen bildete die bereits bei der Schaffung eines internationalen Verbandes gestreifte wichtige Frage nach derStellung der Gewerkschaften zur Politik. Während aber die einen die Beschäftigung mit Wirtschafts- und Sozialpolitik empfahlen, hielten andere jede Hineintragung der Politik in die Gewerkschaften für verderblich. Man vermochte sich weder über das eine noch über das andere Prinzip zu einigen, und so wurden alle hierauf bezüglichen Anträge abgelehnt. —

Dem erhaltenen Auftrage gemäß unterzogen sich die beiden schweizerischen Verbände der Vorbereitung der weiteren Maßnahmen und beriefen denzweiten internationalen Buchdruckerkongreßauf den 25. August 1892 nach Bern, wo er bis zum 28. dess. Monats tagte.

Beteiligt waren folgende Verbände:

Nordamerika war dieses Mal nicht vertreten.

Die Tagesordnung beschränkte sich auf folgende 3 Punkte:

Da die Verhandlungen ihrem Inhalte nach denen des ersten Kongresses sehr ähnlich waren, so kann deren Wiedergabe sich hier etwas kürzer gestalten.

Der wichtigste war der erste Punkt, die Gründung einesinternationalen Buchdruckerverbandes, womit die Schaffung einerinternationalen Widerstandskassezusammenhing, und da hier die Ansichten der germanischen und romanischen Nationen auseinander gingen, so wurde auf Antrag des deutschen Vertreters Döblin beschlossen, daß die Delegierten der sprachverwandten Länder in gesonderter Beratung zu der Frage Stellung nehmen sollten, um dadurch die Verhandlungen zu erleichtern. Nach deren Beendigung stellte der französische Vertreter Këufer namens der Nationen der lateinischen Sprache folgenden Antrag:

„Der internationale Buchdruckerkongreß in Bern acceptiert das Prinzip der definitiven Gründung eines internationalen Buchdruckerverbandes. Um die Thätigkeit dieser neuen Organisation durch Ernennung eines leitenden Bureaus zu sichern und um die Errichtung einer internationalen Widerstandskasse vorzubereiten, beschließt der Kongreß die Entrichtung eines monatlichen Beitrages von 5 Centimes per Mitglied.“

„Der internationale Buchdruckerkongreß in Bern acceptiert das Prinzip der definitiven Gründung eines internationalen Buchdruckerverbandes. Um die Thätigkeit dieser neuen Organisation durch Ernennung eines leitenden Bureaus zu sichern und um die Errichtung einer internationalen Widerstandskasse vorzubereiten, beschließt der Kongreß die Entrichtung eines monatlichen Beitrages von 5 Centimes per Mitglied.“

Döblin (Berlin) als Sprecher der germanischen Gruppe machte hiergegen geltend, daß es für sie eine Unmöglichkeit sei, einem internationalen Verbande mit Widerstandskasse beizutreten, da die Gesetze ihnen dies nicht gestatteten. Um dennoch etwas Positives zu schaffen, hätten die Vertreter dieser Länder sich auf folgende Anträge geeinigt:

„Die Vertreter der germanischen Gruppe erklären im Namen ihrer Verbände, daß in Lohnbewegungen nur nach vorhergegangener gemeinsamer Verständigung einzutreten ist. In Streikfällen soll eine alle Mitglieder der beteiligten Verbände gleichbelastende Steuer erhoben werden.Die genannte Gruppe ist ferner für Schaffung einer Zentralstelle, die die internationalen Beziehungen zu vermitteln hat. Die Kosten dieser Zentralstelle werden auf die einzelnen Verbände nach Maßgabe ihrer Mitglieder verteilt. In den Ländern, wo sich einer internationalen Vereinigung Schwierigkeiten entgegenstellen, geschieht die Verständigung durch nationale Sekretäre. Die Zentralstelle wird verpflichtet, alle die internationalen Interessen berührenden Angelegenheiten schnellstens den beteiligten Verbänden zur Kenntnis zu bringen. Organisationen, die dem Beschlusse des Kongresses hinsichtlich der Gewährung von Viatikum nicht nachkommen, sind von einer Beteiligung ausgeschlossen.“

„Die Vertreter der germanischen Gruppe erklären im Namen ihrer Verbände, daß in Lohnbewegungen nur nach vorhergegangener gemeinsamer Verständigung einzutreten ist. In Streikfällen soll eine alle Mitglieder der beteiligten Verbände gleichbelastende Steuer erhoben werden.

Die genannte Gruppe ist ferner für Schaffung einer Zentralstelle, die die internationalen Beziehungen zu vermitteln hat. Die Kosten dieser Zentralstelle werden auf die einzelnen Verbände nach Maßgabe ihrer Mitglieder verteilt. In den Ländern, wo sich einer internationalen Vereinigung Schwierigkeiten entgegenstellen, geschieht die Verständigung durch nationale Sekretäre. Die Zentralstelle wird verpflichtet, alle die internationalen Interessen berührenden Angelegenheiten schnellstens den beteiligten Verbänden zur Kenntnis zu bringen. Organisationen, die dem Beschlusse des Kongresses hinsichtlich der Gewährung von Viatikum nicht nachkommen, sind von einer Beteiligung ausgeschlossen.“

Die Romanen machten zu gunsten ihres Antrages geltend, daß, falls erst bei Ausbruch eines Streikes Steuern erhoben würden, möglicherweise die weniger leistungsfähigen Verbände nicht in der Lage sein könnten, ihre Verpflichtungenzu erfüllen, während die regelmäßige Ansammlung von Beiträgen ihnen weniger schwer falle. Die Gegner bestritten diese Gefahr und beriefen sich wiederholt auf das Hindernis ihrer Gesetze. Nachdem die Verhandlungen nochmals unterbrochen waren, um in einer eingesetzten Kommission eine Verständigung zu versuchen, einigte man sich endlich auf folgenden Beschluß:

„Der Kongreß beschließt die Schaffung einer Zentralstelle, die die internationalen Beziehungen zu vermitteln hat. Die Kosten dieser Zentralstelle werden auf die einzelnen Verbände nach Maßgabe ihrer Mitgliederzahl verteilt. Der Kongreß beschließt ferner, daß in Lohnbewegungen nur nach vorausgegangener gemeinsamer Verständigung einzutreten ist. In Streikfällen soll eine alle Mitglieder der beteiligten Verbände gleichbelastende Steuer erhoben werden. Die Beschaffung der Mittel zu obigem Zwecke bleibt den einzelnen Verbänden überlassen. In denjenigen Ländern, wo sich einer internationalen Vereinigung Schwierigkeiten entgegenstellen, geschieht die Verständigung durch nationale Sekretäre. Die Zentralstelle wird verpflichtet, alle die internationalen Interessen berührenden Angelegenheiten schnellstens den beteiligten Verbänden zur Kenntnis zu bringen. Organisationen, die dem Beschlusse des Kongresses hinsichtlich der Gewährung von Viatikum binnen Jahresfrist nicht nachkommen, sind von einer Beteiligung ausgeschlossen.“

„Der Kongreß beschließt die Schaffung einer Zentralstelle, die die internationalen Beziehungen zu vermitteln hat. Die Kosten dieser Zentralstelle werden auf die einzelnen Verbände nach Maßgabe ihrer Mitgliederzahl verteilt. Der Kongreß beschließt ferner, daß in Lohnbewegungen nur nach vorausgegangener gemeinsamer Verständigung einzutreten ist. In Streikfällen soll eine alle Mitglieder der beteiligten Verbände gleichbelastende Steuer erhoben werden. Die Beschaffung der Mittel zu obigem Zwecke bleibt den einzelnen Verbänden überlassen. In denjenigen Ländern, wo sich einer internationalen Vereinigung Schwierigkeiten entgegenstellen, geschieht die Verständigung durch nationale Sekretäre. Die Zentralstelle wird verpflichtet, alle die internationalen Interessen berührenden Angelegenheiten schnellstens den beteiligten Verbänden zur Kenntnis zu bringen. Organisationen, die dem Beschlusse des Kongresses hinsichtlich der Gewährung von Viatikum binnen Jahresfrist nicht nachkommen, sind von einer Beteiligung ausgeschlossen.“

Dieser Beschluß wurde einstimmig angenommen, jedoch erklärt, daß er auf London, wo bis jetzt kein Viatikum gezahlt wird, keine Anwendung finden solle. Als Sitz der Zentralstelle wurde die Schweiz gewählt. Die Kommission erhielt das Recht, eine tägliche Unterstützung bis zu täglich 2 Frs. für jedes Mitglied zu bewilligen.

Die Verhandlungen über die Frage desViatikumsboten gegenüber denjenigen des Pariser Kongresses nichts Neues. Der Bericht der eingesetzten Kommission erklärt, nicht viel Hoffnung auf Herbeiführung eines Einverständnisses zu haben, da die Ansichten in den verschiedenen Ländern zu weit auseinander gingen, und selbst die Rückerstattung der Unterstützungen, obgleich der Pariser Kongreß sie mit 10 gegen 2 Stimmen verworfen habe, werde wohl auch ferner bestehen bleiben.

Unter Ablehnung des italienischen Antrages, Viatikum nur an solche reisende Mitglieder zu zahlen, denen Arbeit zugesichert sei, wurde die Auszahlung an alle Verbandsmitglieder beschlossen. Eine Kommission wurde beauftragt, ein Statut als Ersatz der bisherigen Gegenseitigkeitsverträge auszuarbeiten.

Zu dem letzten Gegenstande der Tagesordnung,Regelung des Lehrlingswesens, wurde einstimmig folgender Beschluß gefaßt:

„In Berücksichtigung der Lage aller Berufe hält der Kongreß eine internationale Regelung des Lehrlingswesens für undurchführbar. Dagegenerblickt er der großen Lehrlingsausbeutung gegenüber ein Gegengewicht in starken Organisationen, die durch eine entsprechende Verkürzung der Arbeitszeit einen Ausgleich zu schaffen in der Lage sind. Die ganze Kraft ist daher auf Agitation sowie Aufklärung der Berufsangehörigen, einschließlich der Lehrlinge, zu legen.“

„In Berücksichtigung der Lage aller Berufe hält der Kongreß eine internationale Regelung des Lehrlingswesens für undurchführbar. Dagegenerblickt er der großen Lehrlingsausbeutung gegenüber ein Gegengewicht in starken Organisationen, die durch eine entsprechende Verkürzung der Arbeitszeit einen Ausgleich zu schaffen in der Lage sind. Die ganze Kraft ist daher auf Agitation sowie Aufklärung der Berufsangehörigen, einschließlich der Lehrlinge, zu legen.“

Der Schweizerische Typographenbund hatte ohne ausdrücklichen Auftrag, aber im Interesse der Förderung der internationalen Organisation ein besonderes Blatt, den „Internationalen Buchdruckerverband“, herausgegeben. Obgleich dessen Leistungen sehr ungünstig beurteilt wurden, wobei Döblin die Ansicht vertrat, daß internationale Organe nichts taugten, wurde doch beschlossen, daß diese Kosten sowie diejenigen der Organisation des Kongresses den verschiedenen Verbänden im Verhältnis zu ihrer Mitgliederzahl zur Last fallen sollten.

Bereits nach dem Pariser Kongreß, der den beiden Schweizer Verbänden, dem „Schweizerischen Typographenbunde“ und der „Fédération des Typographes de la Suisse romande“, den Auftrag erteilt hatte, verschiedene Fragen für den folgenden Kongreß vorzuberaten, hatten die Vorstände dieser Verbände eine aus fünf Mitgliedern bestehende besondere Kommission zur Führung der internationalen Angelegenheiten eingesetzt. Als dann der Kongreß in Bern die Schaffung einer internationalen Zentralstelle beschloß, deren Einsetzung den beiden schweizerischen Verbänden übertragen wurde, beauftragten diese die gedachte Kommission mit der Ausführung auch dieses Beschlusses. Die Kommission hatte nun zunächst ihren Auftrag in dem Sinne aufgefaßt, daß es sich um Begründung eines eigentlichen Verbandes handele und hatte am 3. April 1892 den Entwurf eines „Statuts für den internationalen Buchdruckerverband“ zur gutachtlichen Aeußerung an die einzelnen Verbände gesandt, in dem außer einer internationalen Widerstandskasse auch ein regelmäßiges Verbandsorgan vorgesehen war. Der deutsche Buchdruckerverband hatte aber hiergegen als eine Verletzung des gefaßten Beschlusses, der nicht auf Schaffung eines internationalenVerbandes, sondern nur auf Einrichtung einerZentralstellegerichtet sei, lebhaft protestiert, und um diesem Proteste Rechnung zu tragen, hatte die Kommission sich nunmehr auf ein bloßes internationalesSekretariatbeschränkt, das mit dem 10. Dezember 1893 ins Leben getreten war und seinen Sitz in Bern erhalten hatte. Das für dieses entworfene Reglement fand denn auch einstimmige Annahme. Bei der Wichtigkeit desselben soll es hier unter Auslassung einiger Nebenpunkte, sowie der Uebergangs- und Schlußbestimmungen abgedruckt werden.

Reglement für das Internationale Buchdruckersekretariat.1. Kapitel.Name, Zweck und Dauer.

Art. 1. Unter der Bezeichnung „Internationales Buchdruckersekretariat“ wird eine ständige Centralstelle geschaffen, die den Zweck hat:

Art. 2. Das internationale Sekretariat wird auf unbestimmte Zeit gegründet.

Ein internationaler Kongreß kann die Aufhebung desselben beschließen.

2. Kapitel.Organisation und Verwaltung des Sekretariates.

Art. 3. Die Verwaltung des internationalen Sekretariates wird vom internationalen Kongreß durch Stimmenmehrheit der Delegierten einem Landesverbande übertragen; eventuell können sich zwei in einem und demselben Lande bestehende Verbände in diese Verwaltung teilen.

Der Verband oder die Verbände tragen die Verantwortlichkeit für die ganze Geschäfts- und Kassagebarung des Sekretariates.

Art. 4. Das internationale Sekretariat besteht aus:

Art. 5. DieAufsichtskommissionwird vom Verband oder den Verbänden nach einem von ihnen zu bezeichnenden Modus gewählt und hat folgende Befugnisse:

Art. 6. Die Aufsichtskommission versammelt sich auf Einladung ihres Vorsitzenden ordentlicherweise einmal im Jahre.

Sie hat das Recht, jederzeit Einsicht zu nehmen in die Geschäftsführung des Sekretärs und der Finanzverwaltung.

Art. 7. Derständige Sekretärist das ausführende Organ des internationalen Sekretariates.

Er wird von der Zentralleitung oder den Zentralleitungen des mit der Geschäftsführung des internationalen Sekretariates betrauten nationalen Verbandes oder Verbände gewählt.

Art. 8. Ein von der Aufsichtskommission aufzustellendes Reglement (Vertrag) umschreibt die Thätigkeitsgebiete des Sekretärs, dessen Anstellungsverhältnis und Besoldung.

Im allgemeinen liegen ihm folgende Arbeiten ob:

3. Kapitel.Verpflichtungen der beteiligten VerbändeA.Mit Bezug auf die Verwaltung des Sekretariates.

Art. 9. Die beim internationalen Buchdruckersekretariat beteiligten Verbände sind verpflichtet:

B.In Streikfällen.

Art. 10. Lohnbewegungen, in welchen Anspruch erhoben wird auf die Unterstützung der übrigen Verbände, können nur nach erfolgter Verständigung unter denselben unternommen werden.

Durch diese Bestimmung wird das Recht auf Unterstützung nicht präjudiziert für Defensivstreiks.

Art. 11. Diese Verständigung geschieht dadurch, daß der Verband, in dem eine derartige Bewegung insceniert werden soll, an das internationale Sekretariat gelangt unter detaillierter Klarlegung der Gründe, der Zahl der in Betracht kommenden Städte, Firmen und Gehülfen, überhaupt aller Verumständigungen, welche die Schlußnahme der Verbände in dieser oder jener Weise beeinflussen könnten.

Auf dem Wege konfidentieller Mitteilung setzt das Sekretariat die übrigen Verbände in Kenntnis von der Sachlage und ersucht dieselben um umgehende Vernehmlassung.

Art. 12. Sind 2/3 der beteiligten Verbände mit der angeregten Bewegung einverstanden, so wird vom Sekretariat aus sofort eine allgemeine, sämtliche Mitglieder gleichmäßig belastende Steuer dekretiert.

Art. 13. Kommt eine gemeinsame Verständigung nach Art. 12 nicht zustande, so wird der quest. Verband ersucht, von seiner geplanten Bewegung abzustehen.

Art. 14. Kann sich derselbe hierzu nicht verstehen, so trägt er die Folgen seines Vorgehens selbst und werden seitens des Sekretariates keinerlei Aufrufe zur Unterstützung erlassen.

Art. 17. In Streikfällen kommt die Gesamtheit der beteiligten Verbände für einen täglichen Maximalbetrag von Francs 2. — auf per Streikenden. Es bleibt dem in Frage kommenden nationalen Verbande überlassen, seinen streikenden Mitgliedern aus eigenen Mitteln einen größeren Betrag auszurichten.

Art. 18. Die Bewegung (Streik) wird als beendet erklärt, wenn die Forderungen der Gehülfen von der Prinzipalität angenommen worden sind oder wenn die Aussichtslosigkeit des Kampfes vom Zentralvorstand des betreffenden Verbandes oder von der Aufsichtskommission konstatiert werden muß.

Art. 22. Oeffentliche Unterstützungsgesuche an die organisierten Buchdrucker dürfen nur vom Sekretariat aus erlassen werden.

C.Im Viatikumswesen.

Art. 23. Jeder Verband, der beim internationalen Sekretariat beteiligt ist und bei Arbeitsniederlegung in seinem Gebiet Anspruch machen will auf die Unterstützung der gesamten organisierten Buchdruckergehülfenschaft, ist verpflichtet, allen reisenden Kollegen eine Unterstützung (Viatikum) auszurichten.

Art. 24. Zum Bezuge dieses Viatikums sind berechtigt alle einem beim internationalen Buchdruckersekretariat beteiligten nationalen Verband angehörenden Setzer, Drucker, Gießer oder eine andere Partie des graphischen Gewerbes ausübenden Personen, welche im rechtmäßigen Besitz eines von einem dieser Landesverbände ausgestellten Mitgliedsbuches und Viatikumsausweises sind.

Art. 25. Die einheitliche Regelung des Viatikums wird nach den Beschlüssen des II. Internationalen Buchdruckerkongresses erfolgen.

4. Kapitel.Internationale Kongresse.

Art. 26. Internationale Kongresse können einberufen werden, wenn es das Sekretariat auf Anregung von drei nationalen Verbänden und nach Einholung der Zustimmung der Mehrheit der Verbände beschließt, oder wenn der vorhergegangene Kongreß einen bezüglichen Beschluß gefaßt hat.

Art. 27. Der internationale Kongreß hat folgende Kompetenzen und Befugnisse:

Im Dezember 1895 wurde von dem deutschen Verbande die Einberufung eines neuen Kongresses verlangt und damit begründet, daß die Organisation des internationalen Sekretariates sich als reformbedürftig erwiesen habe. Die an die vorigen Verbände gerichtete Anfrage ergab einhellige Zustimmung und mit Mehrheit wurde die Schweiz mit der Einberufung beauftragt. Die Aufsichtskommission betraute hierauf die Sektion Genf mit den erforderlichen Vorarbeiten, und so fand vom 5. bis 7. August in Genf der III.Internationale Buchdruckerkongreßstatt, auf dem folgende Verbände mit den dabei bemerkten Mitgliederzahlen vertreten waren:

Gegen Italien und Spanien hatte, da sie dem Beschlusse des Berner Kongresses wegen gleichmäßiger Behandlung einheimischer und auswärtiger Gehülfen bei Entrichtung des Viatikums Folge zu leisten sich beharrlich weigerten, das für solche Fälle vorgesehene Mittel in Anwendung gebracht werden müssen, sie des Anspruchs auf Unterstützung in Streikfällen für verlustig zu erklären. Dies hatte zur Folge gehabt, daßItaliensich gefügt und am 25. November 1895 angezeigt hatte, das Viatikum werde künftig allen reisenden Kollegen ohne Rücksicht auf Sprachkenntnisse ausgezahlt werden, so daß die Zwangsmaßregel wieder aufgehoben werden konnte.Spaniendagegen hatte im Mai 1895 seinen Rücktritt vom Sekretariate erklärt mit der Begründung, es sei ihm unmöglich, den Forderungen betreffend Zahlung des Viatikums sowie der Beiträge bei Streiks zu entsprechen.

Derfranzösische Verbandhatte auf seinem Kongresse in Marseille (7. bis 15. September 1895) die weitere Beteiligung am Sekretariate beschlossen, dieser Beschluß wurde aber in der darauf folgenden Urabstimmung mit 2687 gegen 2649 Stimmen verworfen, so daß sich das französische Zentralkomitee gezwungen sah, von der weiteren Beteiligung am Sekretariate am 31. Dezember 1896 zurückzutreten. Der französische Vertreter war deshalb auf dem Kongreß ohne Mandat anwesend.

Englandhatte sich am Sekretariate überhaupt nicht beteiligt.Belgienwar nicht vertreten.Nordamerikawar schon in Bern nicht vertreten gewesen. Dagegen hatten sichSchwedenundBulgariendem Sekretariate angeschlossen.

Der erste Gegenstand der Verhandlung des Kongresses war dasinternationale Sekretariat. Der deutsche Vertreter brachte die Gründe, die den deutschen Verband zu seinem Verlangen auf Einberufung des Kongresses bestimmt hatten, zur Geltung. Der Sekretär habe es nicht verstanden, bei den Mitgliedern der beteiligten Verbände das Interesse für das Sekretariat zu wecken, ja nicht einmal den Beweis für die Existenzberechtigung des Sekretariates erbracht, geschweige denn eine Initiative zur Förderung der Internationalität entwickelt. Der Entwurf des Statuts für einen internationalen Verband sei ein grober Verstoß gegen den Beschluß des Berner Kongresses gewesen.

Obgleich dieser Tadel auch von anderer Seite unterstützt wurde, so konnte doch am Schlusse der Verhandlungen der Vorsitzende feststellen, daß kein Verbandsich gegen die Weiterführung des Sekretariates ausgesprochen habe. Es wurde vielmehr beschlossen, daß der Sekretär neben seinem Amte kein anderes übernehmen und durch Teilnahme an den Generalversammlungen der einzelnen Verbände die Fühlung aufrecht erhalten, auch vierteljährlich Berichte versenden solle.

Ueber den Plan derinternationalen Widerstandskassefand zunächst wieder eine gesonderte Beratung der germanischen und romanischen Gruppe statt, bei der gegen die bisherigen Kongresse insofern eine Verschiebung zu Tage trat, als der österreichische Verband, der in Paris und Bern gegen den Plan gestimmt hatte, jetzt für denselben sich aussprach.

Gerade der österreichische VertreterHögerentwickelte eingehend die Gründe, aus denen die Maßregel unentbehrlich sei, wenn man an eine erfolgreiche Thätigkeit des Sekretariates denken wolle. Allerdings müßtennationaleWiderstandskassen der internationalen vorangehen; deren Stärkung sei notwendiger, als die Anhäufung von Geldern für manche der übrigen Unterstützungskassen. Redner bringt in Gemeinschaft mit dem ungarischen VertreterLippden Antrag ein, die internationale Widerstandskasse mit dem 1. Januar 1897 zu gründen.

Döblinerklärte, in der unangenehmen Lage zu sein, als einziger Vertreter der germanischen Gruppe sich im Widerspruche zu dem Antrage Höger zu befinden. Er halte die Gründung einer internationalen Widerstandskasse für gefährlich, da sie die organische Entwickelung der nationalen Widerstandskassen hemmen werde, deren Gründung namentlich die romanischen Verbände ins Auge fassen sollten. Nach der Gründung der internationalen Kasse werde sich jeder Verband darauf verlassen, aus der vollen Kasse zu schöpfen. Die Bedeutung der Kasse könne nur darin gesehen werden, nach außen, d. h. dem Unternehmertum zu imponieren, und dieser Zweck werde doch nicht erreicht werden. Die Kasse habe keinen praktischen Wert. Wolle sie nur einzelne Streiks unterstützen, so hätten die romanischen Verbände von ihr keinen Vorteil, da sie erklärt hätten, daß sie solche nicht unternehmen könnten, gewähre sie aber Unterstützung nur dann, wenn ein gewisser Prozentsatz der Mitglieder am Streike beteiligt sei, so werde der deutsche Verband von ihr keinen Vorteil haben, da bei ihm schon 5% der Mitglieder die große Zahl von 1000 Streikenden ausmachten; sollten aber endlich alle Streiks unterstützt werden, so werde die Kasse nicht genug Mittel besitzen und ein steter Streit um die Berechtigung des Streiks bestehen.

Die Vertreter aller übrigen Verbände sprachen sich für die Gründung der Kasse aus; der französische AbgeordneteKëufererklärte sogar, er sei der Ueberzeugung, daß, wenn die Kasse schon bestanden hätte, der Austritt Frankreichs nicht erfolgt sein würde, auch sei es keineswegs ausgeschlossen, daß Frankreich dem Verbande wieder beitrete. Uebrigens lägen die Verhältnisse in Frankreichabweichend von denen der meisten übrigen Länder. Die französischen Kollegen glaubten an den Staatssozialismus und hofften von ihm alles; deshalb seien sie indifferent gegenüber den Tagesfragen, welche Buchdrucker berührten. Außerdem gäbe es eine Spaltung unter den Kollegen, welche die Thätigkeit des Zentralkomitees sehr erschwere.

Nachdem der Vorsitzende darauf hingewiesen hatte, daß es wünschenswert erscheine, die Kasse auch ohne Beteiligung Deutschlands zu beschließen, da nach einer oberflächlichen Berechnung doch gegen 20000 Francs jährlich angesammelt werden könnten, wird zur Abstimmung geschritten. Unter Ablehnung des AntragesDöblinmit 11 Stimmen gegen die einzige von Deutschland, wobei Frankreich sich der Abstimmung enthielt, wurde das Prinzip der Gründung der Kasse angenommen. Das von der Aufsichtskommission ausgearbeitete Reglement erhielt nach längeren Verhandlungen folgende Fassung:

Art. I.

Die Widerstandskasse des internationalen Buchdruckersekretariats hat den Zweck, Arbeitseinstellungen, welche durch die betreffende Zentralverwaltung gut geheißen sind, oder Aussperrungen zu unterstützen.

Art. II.

Jeder internationale Verband entrichtet für jedes seiner Mitglieder einen monatlichen Beitrag von 10 Cent. in die Widerstandskasse. Anläßlich einer Arbeitseinstellung kann im Bedarfsfall durch das internationale Sekretariat ein außerordentlicher wöchentlicher Beitrag bis zur Maximalhöhe von 50 Cent. von jedem Mitgliede der beteiligten Verbände erhoben werden. Die Erhebung dieses außerordentlichen und einheitlichen Beitrages kann jedoch nur erfolgen angesichts größerer Bewegungen für Lohnerhöhungen oder Arbeitsverkürzungen oder wenn die Widerstandskasse nur noch 50000 Fr. enthält, welche Summe als unangreifbarer Reservefonds dienen soll.

Art. III.

Die Unterstützung aus der Widerstandskasse beginnt erst 14 Tage nach Ausbruch des Streiks; in besonderen Fällen (Lohnherabsetzung,Lockout) kann dieselbe jedoch sofort erfolgen.

Art. IV.

Wenn eine Arbeitseinstellung nicht vermieden werden kann oder eine Aussperrung erfolgt ist, soll die Zentralverwaltung des betreffenden Verbandes unverzüglich ihre Beschlüsse dem internationalen Sekretariate mitteilen, welches die nötigen Maßnahmen anordnen wird, um den Streikenden die Unterstützung zu sichern. Sämtliche Verbände sind hiervon zu benachrichtigen.

Art. V.

Die tägliche Unterstützung der Streikenden beträgt 1 Fr. 50 Cent.

Art. VI.

Arbeitseinstellungen von anderen Berufsverbänden dürfen aus der Widerstandskasse des internationalen Sekretariats nicht unterstützt werden.

Vor der Gesamtabstimmung erklärte der dänische VertreterPetersen, der sich bei der Abstimmung über die einzelnen Artikel, ebenso wie Deutschland, der Stimme enthalten hatte, daß er die Beteiligung an der Widerstandskasse und die Bestimmungen des Reglements nicht für genügend erachte, um eine erfolgreiche Thätigkeit derselben voraussetzen zu können, und daß er aus diesem Grunde genötigt sei, gegen das Reglement zu stimmen. So wurde das Reglement mit den 10 Stimmen der übrigen Verbände gegen diejenigen von Deutschland und Dänemark bei Enthaltung Frankreichs angenommen. Als der Vorsitzende darauf die Hoffnung aussprach, daß Deutschland, wenn es auch der Widerstandskasse nicht beitrete, doch aus derselben unterstützt werden könne, wurde hiergegen von mehreren Seiten lebhaft protestiert und darauf hingewiesen, daß, wo keine Pflichten, auch keine Rechte seien. Wenn Deutschland sich von der Allgemeinheit ausschließe und auf seine Stärke baue, so möge es späterhin zusehen, wie es sich helfen könne. Die Vergangenheit habe bewiesen, daß Deutschland, gerade so gut wie andere Verbände, bei Streiks die Hülfe sämtlicher Organisationen gebraucht habe, und im Falle des Nichtbeitritts zur Widerstandskasse könne es nur Anspruch auf freiwillige Beiträge erheben.

Am folgenden Sitzungstage wurde aber der gefaßte Beschluß in seiner Bedeutung dadurch wesentlich abgeschwächt, daß auf Antrag des italienischen Vertreters einstimmig beschlossen wurde, das Reglement der Widerstandskasse den einzelnen Verbänden zur Genehmigung zu unterbreiten. Döblin hatte den Antrag mit Freude begrüßt, weil dadurch jedem Vertreter Gelegenheit geboten sei, in seinem Verbande die nötigen Aufklärungen zu geben; auch er wollte in dieser Beziehung das Möglichste thun und die Entscheidung der berufenen Instanz herbeiführen: fördere oder diese Umfrage noch mehr ablehnende Vota zu Tage, so hoffe er, daß die Aufsichtskommission die Kasse nicht ins Leben treten lassen werde. Schon jetzt könne man die Kasse als abgelehnt betrachten, wenn die Mitgliederzahl in Betracht gezogen werde, welche die betreffenden Verbände hätten, denn Deutschland und Dänemark hätten zusammen 22450, die übrigen Verbände dagegen nur 18232 Mitglieder.

Der Kongreß beschloß, den Termin, bis zu welchem die Erklärungen der einzelnen Verbände bei der Aufsichtskommission abzugeben seien, auf den 1. Dezember 1896 festzusetzen.

Zu dem folgenden Punkte der Tagesordnung, dasViatikumbetreffend, wurden im allgemeinen die auf den beiden früheren Kongressen vertretenen widersprechenden Ansichten wiederholt und von neuem der Beschluß gefaßt, das Tagegeldsystem und die Erhöhung des Reisegeldes zu empfehlen.

Der folgende Punkt der Tagesordnung,Maßregeln gegen renitente Verbände, erledigte sich dadurch, daß der Vorsitzende mitteilte, daß gegenwärtig alle bei dem internationalen Buchdruckersekretariate beteiligte Verbände ihren Verpflichtungen nachkämen. Dagegen führte die Verhandlung zu einer scharfen Auseinandersetzung zwischenDöblinund dem schweizerischen VertreterGöcking, der die schon bei anderen Punkten hervorgetretene Spannung der Gemüter deutlich erkennen ließ. AlsDöblinsich wiederholt darauf berief, daß Deutschland in Verbindung mit Dänemark in der Frage der Widerstandskasse die Mehrzahl der Mitglieder darstelle, erklärteGöcking, daß für die Bedeutung der gefaßten Beschlüsse nicht die Zahl der Mitglieder, sondern die Zahl der Verbände maßgebend sei; andernfalls würde der internationale Verband lediglich ein Verband von Deutschlands Gnaden sein, da Deutschland über nahezu die Hälfte der Mitglieder und im Verein mit noch einem zweiten Verbande alle übrigen majorisieren könne.

Der Gegensatz zwischen den großen und den kleinen Verbänden machte sich auch ferner geltend bei dem von dem niederländischen und dem dänischen Vertreter gestellten Antrage, die Reise- und Unterhaltungskosten der Delegierten des Kongresses aus der Sekretariatskasse zu vergüten und nach dem Verhältnisse der Mitglieder auf die einzelnen Verbände umzulegen. Dieser Antrag wurde von Döblin lebhaft bekämpft. Derartige Kosten müßten von den Verbänden selbst getragen werden; andernfalls müsse auch Deutschland das Recht haben, mehrere Delegierte zu schicken. Schließlich wurde der VermittelungsantragHögerangenommen, den Delegierten von Verbänden bis zu 2000 Mitgliedern die Fahrkosten zu vergüten, während für die Unterhaltskosten die Verbände selbst aufzukommen haben. Dieser Beschluß soll aber erst dem nächsten Kongresse vorgelegt werden.

Die bereits bei dieser Verhandlung angeschnittene Frage nach dem Rechte der größeren Verbände gegenüber den kleineren hinsichtlich der Vertretung, wurde zum Austrage gebracht durch den vonDornseiffer(Luxemburg) gestellten Antrag aufproportionale Vertretung der Verbände auf den internationalen Kongressennach Maßgabe ihrer Mitgliederzahl. Gegen den Grundgedanken des Antrages wurde von keiner Seite Widerspruch erhoben, doch wollteKëufer(Frankreich), daß kein Verband mehr als 5 Stimmen haben dürfe. Dieser Vorschlag wurde aber vonDöblin,RögerundDornseifferbekämpft undschließlich mit 9 Stimmen abgelehnt. Mit derselben Stimmenzahl wurde darauf der AntragSiebenmann(Schweizerischer Typographenbund):


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