„Der Kongreß beschließt, das Stimmrecht in folgender Weise zur regeln: Jeder Verband bis auf 2000 Mitglieder hat das Recht auf eine Stimme; für je weitere 2000 Mitglieder eine Stimme mehr“,
„Der Kongreß beschließt, das Stimmrecht in folgender Weise zur regeln: Jeder Verband bis auf 2000 Mitglieder hat das Recht auf eine Stimme; für je weitere 2000 Mitglieder eine Stimme mehr“,
angenommen und der Aufsichtskommission zur Besorgung für spätere Kongresse überwiesen.
Da sich die bisherige Einrichtung, 2 Verbände mit der Bestellung des Sekretärs zu beauftragen, als unpraktisch erwiesen hatte, so beschloß man, künftig nureinenVerband damit zu betrauen. Bei der Wahl erhielt der schweizerische Typographenbund 7 und diefédération romande2 Stimmen; der erstere ist deshalb gewählt. Als Wohnort wurde Bern beibehalten.
Hinsichtlich der Zeit und des Ortes für den nächsten Kongreß wurde, nachdem die für London und Brüssel gemachten Vorschläge abgelehnt waren, auf den Antrag vonDöblinvon einer Beschlußfassung abgesehen, dagegen das Reglement, welches die Einberufung von dem Auftrage dreier Verbände abhängig macht, dahin abgeändert, daß schon der Antrag eines Verbandes genügt.
Ein Antrag vonVeraldi(Italien), das Sekretariat mit derOrganisationderFrauenzu beantragen, wurde der Aufsichtskommission zur Berichterstattung für den nächsten Kongreß überwiesen.
Dasinternationale Sekretariathat bis jetzt 3 Berichte erstattet, und zwar für 1894, 1895 und 1896[194]. Die wichtigeren Mitteilungen aus demselben sollen hier wiedergegeben werden. An dem Sekretariate waren am Schlusse des Jahres 1896 folgende Verbände beteiligt:
Im Jahre 1897 sind noch die serbischen und die kroatischen Vereine beigetreten.
Dagegen ist es dem Sekretariate nicht gelungen, die Londoner Setzergesellschaft oder den englischen Verband zum Anschlusse zu bewegen. Der englische VereinssekretärBowermannerklärte, daß er mit den Bestrebungen des Sekretariates sympathisiere, daß aber ein Anschluß der englischen Vereine erst dann erfolgen könne, wenn dieselben unter sich fest verbunden seien.
Im Juni 1895 richtete der schwedische Verband die Anfrage wegen seines Beitrittes an das Sekretariat. Dies führte jedoch zu einem Proteste der typographischen Vereinigung Kopenhagen, die verlangte, daß Schweden zunächst dem skandinavischen Reservefonds und der Reisekasse, aus denen es ausgetreten war, wieder beitreten müsse. Das Sekretariat wies diesen Anspruch zurück. Auf dem Kongresse des schwedischen Verbandes wurde dann ein Vermittelungsantrag dahin angenommen, eine Kommission einzusetzen, welche den Anschluß an den skandinavischen Verband prüfen solle, doch ist die Angelegenheit noch nicht zum Abschlusse gebracht.
Bei der Unsicherheit seiner Existenz hat das Sekretariat, abgesehen von einem Schreiben nach Südrußland, auf welches keine Antwort erfolgte, keine weiteren Versuche zur Gewinnung von Beitrittserklärungen gemacht. Dagegen wurden die Berichte und Mitteilungen auch den dem Sekretariate nicht angehörenden Verbänden und Vereinen übermittelt, um dadurch eine Verbindung herzustellen. Es ist dies auch teilweise gelungen, indem der spanische Verband sowie die beiden amerikanischen Verbände, dieInternational typographical Unionund die deutsch-amerikanische „Typographia“ dem Sekretariate ihre Vereinsorgane zur Verfügung stellen. Seitens der englischen Vereine, des schwedischen Verbandes und der russischen Vereine ist dies bisher nicht zu erlangen gewesen. Auch der französische Verband ist noch nicht wieder beigetreten; wie das Sekretariat meint, spielt dabei der Haß gegen Deutschland eine erhebliche Rolle. Doch steht der französische ebenso wie der spanische Verband mit dem Sekretariate in regelmäßiger Verbindung. Das Statut der Widerstandskasse ist nach dem Berichte des Sekretariates als gescheitert anzusehen, indem viele Verbände gar nicht dazu zu bewegen gewesen sind, es der vorbehaltenen Urabstimmung zu unterwerfen. Das Sekretariat hat dann einen anderen Plan ausgearbeitet,in dem auf feste Jahresbeiträge verzichtet und nur die Ansammlung eines festen Fonds von 30000 Frcs. vorgesehen ist, der durch einmalige Beiträge von 70 Cts. für jedes Mitglied geschaffen und in Fällen der Verminderung durch Umlagen wieder ergänzt werden soll. Eine Beschlußfassung hierüber ist noch nicht erfolgt.
Hinsichtlich der Aufsichtskommission, deren Bestellung zunächst den beiden schweizerischen Verbänden übertragen war, wurde im Interesse der Vereinfachung der Geschäftsführung und der Kostenersparnis die Aenderung getroffen, daß die Sektion Bern mit der Bestellung betraut wurde. Als dann der Genfer Kongreß die Leitung dem Typographenbunde allein übertragen hatte, übernahm das Zentralkomitee dieses Verbandes die Oberleitung, während der Aufsichtskommission mehr die Rolle eines beigeordneten Rates zu teil wurde, über dessen Thätigkeit ein genaues Reglement ausgearbeitet wurde. Zum Sekretär wurde an Stelle vonReimann, der am 30. April 1896 sein Amt niedergelegt hatte,Siebenmanngewählt, der sein Amt mit dem 5. November 1896 antrat.
Der Schweizerische Typographenbund hat angeregt, ein Verzeichnis der blockierten Druckereien anzulegen, doch ist dies bis zum Schlusse des Berichtes noch nicht gelungen, da die erforderlichen Mitteilungen von den einzelnen Verbänden nicht zu erlangen waren.
Vielfach ist das Sekretariat in Anspruch genommen bei Beschwerden eines Verbandes gegen den anderen wegen Behandlung des Viatikums. Daß gegen Italien und Spanien wegen beharrlicher Nichterfüllung ihrer Pflichten die Sperre verhängt werden mußte, ist bereits oben erwähnt. Aber auch in den übrigen Ländern ist man von einer einheitlichen Durchführung der gefaßten Beschlüsse noch weit entfernt. Der niederländische Verband führte Klage gegen den deutschen, daß seine Mitglieder in Deutschland kein Viatikum erhielten, worauf aber Deutschland erwiderte, daß es an der notwendigen Gegenseitigkeit fehle. Als dann Deutschland seinerseits den gleichen Vorwurf gegen Dänemark erhob, berief sich dieses darauf, daß nach dem Rücktritte Schwedens von der skandinavischen Kasse diese nicht mehr imstande sei, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.
Bei Behandlung der Streiks hat, wie schon in den Verhandlungen des Kongresses erwähnt wurde, die Bestimmung, daß eine Unterstützung nur unter Zustimmung von zwei Dritteln der Verbände erfolgen solle, zu großen Erschwerungen geführt. Aber auch sonst haben die Verbände bei Ausbrüchen von Streiks ihre Verpflichtungen nicht erfüllt, insbesondere solche ins Leben treten lassen, ohne sich mit dem Sekretariate überhaupt in Verbindung zu setzen, dann aber doch Unterstützung beansprucht und geltend gemacht, daß die Streiklust nicht zu bezähmen gewesen sei. So ist das Sekretariat nur zweimal in die Lage gekommen, Ausstände nach eingeholter Zustimmung der Verbände zuunterstützen, nämlich den dänischen Streik von 1895 und den italienischen von 1896. Beide sind im ganzen erfolgreich verlaufen. Bei dem dänischen Streik betrug die ausgeschriebene und aufgebrachte Summe 2520 Fr. Ein Streik des niederländischen Verbandes konnte, da die Mitteilung zur Ermöglichung der Abstimmung nicht rechtzeitig erfolgt war, nicht in formeller Weise unterstützt werden, doch wurde zu freiwilligen Unterstützungen aufgefordert, wobei insgesamt 6524 fl. zusammen kamen. Auch dieser Streik war erfolgreich. Dagegen ging ein von den ungarischen Buchdruckern im November 1895 aufgenommener Streik, bei dem es sich im wesentlichen um Erringung des Achtstundentages handelte, völlig verloren, da die eingeleitete Umfrage eine fast einstimmige Ablehnung der Unterstützung ergab, indem man geltend machte, daß die aufgestellten Forderungen unangemessen seien und es insbesondere nicht als gerechtfertigt anerkannt werden könne, in einem Lande bereits den Achtstundentag zu fordern, solange in anderen noch nicht einmal der neunstündige durchgesetzt sei. Der deutsche Verband hat, als er zur Durchführung des mit dem Prinzipalverein getroffenen Abkommens gegenüber den rheinisch-westfälischen Druckereibesitzern zum Streik schreiten mußte, erklärt, diesen aus eigenen Kräften durchführen zu wollen. Infolge davon ist der Verband von Beitragsleistung bei dem gleichzeitig durchgeführten italienischen Streik befreit.
Der internationale Sekretär hat an den Kongressen des deutschen, des französischen und des belgischen Verbandes teil genommen und insbesondere bei dem letzteren durch seinen Einfluß zu dem gefaßten Beschlusse beigetragen, daß der Verband bei dem Sekretariate verbleibt. Der gleiche Beschluß war auf dem französischen Kongresse gefaßt, ist aber, wie oben erwähnt, durch Urabstimmung verworfen.
Auf Beschluß der Aufsichtskommission hat das Sekretariat eine umfassende Lohn- und Arbeitsstatistik in Angriff genommen, doch ist derselbe noch nicht zur Ausführung gelangt.
Zu den ersten, die eine internationale Organisation anbahnten, gehören die Bergarbeiter, die auch bisher regelmäßig jährlich einen internationalen Kongreß abgehalten haben, an dem allerdings nur einige Nationen, nämlich Engländer, Franzosen, Belgier, Deutsche und Oesterreicher, beteiligt gewesen sind. Die Anregung ging von den Engländern aus, die denn auch die bisherigen Kongresse durch ihre Ueberzahl völlig beherrscht haben, obgleich sich dagegen beiden anderen Nationen eine ziemlich starke Opposition geltend gemacht hat, die auch nicht ganz ohne Einfluß auf die Entwickelung gewesen ist.
Nach einer vorbereitenden Konferenz in Köln wurde dererste internationale Bergarbeiterkongreßim Frühjahr 1890 nach Jolimont (Belgien) einberufen, wo er in den Tagen vom 20. bis 23. Mai stattfand unter einer Beteiligung von 111 Abgeordneten, nämlich 36 Engländern, 55 Belgiern, 7 Franzosen und 3 Deutschen als Vertretern von 337946 englischen, 58887 französischen und 6089 belgischen Arbeitern, während die Ziffer hinsichtlich der deutschen nicht angegeben ist. Die Hauptgegenstände der Verhandlungen bildeten neben den Berichten aus den einzelnen Ländern die Fragen des Achtstundentages, des internationalen Streiks und der Begründung einer internationalen Organisation. Hinsichtlich desAchtstundentagesherrschte Einstimmigkeit darüber, daß er anzustreben sei, dagegen gingen die Meinungen über den hierbei einzuschlagenden Weg, insbesondere darüber, ob man dabei die Hülfe der Gesetzgebung in Anspruch nehmen solle, stark auseinander, ja die Verhandlungen hierüber führten zu langwierigen Erörterungen, die damit endigten, daß ein Beschluß, der die gesetzliche Einführung des Achtstundentages für alle unter Tage beschäftigten Arbeiter fordert, mit den Stimmen der Belgier, Franzosen und Deutschen sowie 21 englischen Stimmen angenommen wurde, während 9 Engländer dagegen stimmten. Die Minderheit bestand aus den Vertretern von Durham und Northumberland.
Hinsichtlich desinternationalen Streiksging am weitesten der Antrag des englischen SozialistenKeir Hardie, der für den Fall, daß der Beschluß in betreff des Achtstundentages nicht bis zum 1. Mai des folgenden Jahres zur Ausführung gelangt sei, den europäischen Bergarbeiterstreik als das beste Mittel empfahl, um den Achtstundentag zu erlangen. Aber nicht allein dieser, sondern auch ein anderer Antrag, der sich darauf beschränkte, sich im Prinzip für den Weltstreik zu erklären, wurde schließlich zurückgezogen und mit 46 gegen 15 belgische und 2 französische Stimmen beschlossen, die Frage zunächst den Vereinen der einzelnen Länder vorzulegen und im April 1891 einen neuen Kongreß abzuhalten, um zu einer endgültigen Entscheidung zu gelangen.
Endlich wurde neben der Empfehlung nationaler Gewerkschaften die Bildung einesinternationalen Bergarbeiterverbandesbeschlossen und ein aus 2 Mitgliedern jeder Nation bestehender Ausschuß mit dem Auftrage eingesetzt, den Gedanken zur Ausführung zu bringen.
Der beschlossenezweite Kongreßwurde in den Tagen vom 31. März bis 4. April 1891 in Paris abgehalten. Vertreten waren 448636 Engländer durch 41, 141531 Deutsche durch 19, 100000 Oesterreicher durch einen, 92000Belgier durch 15 und 127000 Franzosen durch 23, zusammen also 909167 Bergarbeiter durch 99 Abgeordnete.
Während man in Jolimont, ohne daß darüber besonders verhandelt war, nach der Zahl der erschienenen Vertreter abgestimmt hatte, verlangten jetzt die Engländer, daß jeder Abgeordnete für je 1000 vertretene Mitglieder eine Stimme haben solle, während die übrigen Nationen dies auf das entschiedenste mit der Begründung bekämpften, daß bei dem Uebergewichte der Engländer diese Art der Abstimmung die alleinige Entscheidung durch die Engländer bedeuten würde und daß es erforderlich sei, die Abstimmung nach Nationen aufrecht zu halten. Dieser Antrag wurde denn auch schließlich mit den 58 kontinentalen gegen die 41 englischen Stimmen angenommen.
Hatte das Stimmverhältnis schon hinsichtlich des Kongresses so große Schwierigkeiten veranlaßt, so war es nur natürlich, daß diese Schwierigkeit sich steigerte, als es sich darum handelte, den auf dem vorigen Kongresse vorbehaltenen Punkt der Ausgestaltung einesinternationalen Verbandeszu erledigen, da hier naturgemäß das Schwergewicht gerade in der Regelung dieses Verhältnisses lag. Es gelang deshalb auch nicht, hierüber eine Verständigung zu erzielen, und es blieb nichts übrig, als von neuem einen Ausschuß mit der weiteren Beratung und Bearbeitung der Sache zu betrauen.
Bei der Frage desinternationalen Streikswiederholte sich der schon in Jolimont hervorgetretene Gegensatz zwischen der entschiedeneren und der gemäßigteren Richtung. Die erstere verlangte die Proklamierung des Generalstreiks für den 1. Mai 1891, doch gelang es den Gemäßigten, nicht allein den Beschluß der nochmaligen Einleitung von Verhandlungen mit den Regierungen der beteiligten Staaten durchzusetzen, sondern sogar eine weitere Abschwächung in doppelter Beziehung herbeizuführen, insofern einerseits der Satz gestrichen wurde, der den einzusetzenden Ausschuß ermächtigte, nach erfolglosen Verhandlungen den Anfang des Streiks festzusetzen und andererseits die Erklärung, daß zur Erlangung des Achtstundentages der Generalstreik erforderlichsei, dahin zu mildern, daß er notwendigwerden könne.
Der dritte Kongreßwurde in London vom 7. bis 10. Juni 1892 abgehalten bei einer Anwesenheit von 61 englischen, 4 deutschen, 5 französischen, eines österreichischen und 8 belgischen Vertretern.
Der einzige Punkt der Tagesordnung, an den sich aber die wesentlichsten der bisherigen Streitfragen anschlossen, war die Bildung einesinternationalen Verbandesund dessen Ausgestaltung. Der alte Gegensatz zwischen den Arbeitern von Northumberland und Durham auf der einen und allen übrigen auf der anderen Seite machte sich von neuem geltend, indem die ersteren nicht allein den gesetzlichen Achtstundentag, sondern auch die Ernennung derGrubeninspektoren durch die Arbeiter verwarfen. Noch schwieriger wurde die Sache bei der Frage, ob man den gesetzlichen Achtstundentag nicht allein für die eigentlichen Grubenarbeiter, sondern auch für die über Tage beschäftigten Arbeiter fordern solle, da hier sämtliche Engländer erklärten, nicht im Besitze von Instruktionen zu sein und deshalb erst solche einholen zu müssen. Schließlich wurde deshalb diese Forderung von den übrigen Nationen einstimmig angenommen, während die Engländer sich der Abstimmung enthielten. Man einigte sich dann dahin, daß die Frage auf dem nächsten Kongresse einer erneuten Beratung unterzogen werden solle.
Hinsichtlich des Generalstreiks wurde mit 64 gegen die 9 Stimmen der Nordengländer beschlossen, wenn die Regierungen die Gewährung des Achtstundentages verweigerten, sei genügender Grund vorhanden, einen internationalen Ausstand zu beraten.
In der Frage derAbstimmungerklärten die Deutschen und Belgier, den englischen Vorschlag, daß die Vertreter für je 1000 von ihnen vertretener Mitglieder eine Stimme haben sollen, jetzt annehmen zu wollen, so daß, da nur die Franzosen ihren Widerspruch aufrecht erhielten, dieser Abstimmungsmodus festgesetzt wurde.
DasStatut des internationalen Bergarbeiterverbandeslautete nach der endgültigen Beschlußfassung folgendermaßen:
I. Der Verband soll aus Bergarbeitern aller Nationen bestehen, die sich demselben anzuschließen wünschen.
II. Der Zweck des Verbandes ist:
III. Es soll ein Organisationskomitee gebildet werden, welches aus mindestens 2 Vertretern jeder der beteiligten Nationen zu bestehen hat und dessen Aufgabe es ist, alle den Verband betreffenden Angelegenheiten in Erwägungzu ziehen und dem internationalen Kongresse Bericht zu erstatten, sowie Vorschläge zu unterbreiten. Die Vertreter müssen ihrer Instruktion gemäß handeln.
IV. Die Beamten des Verbandes müssen zugleich Mitglieder des Organisationskomitees sein. Sie bestehen aus dem Präsidenten, dessen Stellvertreter, dem Schatzmeister und dem Generalsekretär.
V. Das Organisationskomitee wird von den Vertretern aller Nationen erwählt und von dem Kongresse bestätigt.
VI. Die Wahl der Beamten wird vom Kongresse vorgenommen. Jede Nation besitzt das Recht, zwei Kandidaten für jedes Amt vorzuschlagen und hat mindestens 4 Wochen vor dem Kongresse dieselben dem Generalsekretär namhaft zu machen.
VII. Alljährlich soll ein Kongreß an einem von der Mehrheit des Komitees oder des Kongresses zu bestimmenden Orte und zu einer von demselben festzusetzenden Zeit stattfinden.
IX. Ein außerordentlicher Kongreß soll stattfinden, wenn das Interesse einer ganzen Nation dies infolge ernster Ereignisse erfordert. Der Generalsekretär beruft dann nach Rücksprache mit dem Präsidenten, wenn das Komitee ihn dazu bevollmächtigt, baldthunlichst einen Kongreß.
X. Jede Nation kann so viele Vertreter, wie es ihr beliebt, zu dem Kongresse entsenden.
XI. Abgestimmt wird in den Komiteesitzungen nach Nationen, auf dem Kongresse nach der Zahl der Mitglieder.
XII. Alle Beamten und Personen im Dienste des Kongresses sollen von dem Verbande, dem sie angehören, honoriert werden.
XIII. Der Präsident und der Generalsekretär haben das Recht, wenn es ihnen nötig erscheint, eine Komiteesitzung anzuberaumen.
XIV. Die Kosten des Kongresses und des Komitees für Mieträume u. dgl. sind von den Kongreßmitgliedern zu berichtigen.
Das bestehende Organisationskomitee wurde in seinem Amte bestätigt und als Ort des nächsten Kongresses Brüssel bestimmt.
Hier tagte dann dervierte Kongreßin der Zeit vom 22. bis 26. Mai 1893, in dem 650000 Engländer durch 38, 92000 Franzosen durch 14, 69000 Belgier durch 9, 183000 Deutsche und 100000 Oesterreicher durch je einen Abgeordneten vertreten waren.
Der Hauptstreitpunkt war wieder diegesetzliche Regelung der Arbeitszeit, die gegen die 100000 Stimmen der Nordengländer mit 994000 angenommen wurde.
Ebenso wurde die Forderung desGeneralstreiksin der Form des vorigen Kongresses mit 974000 gegen 120000 Stimmen angenommen. Auch hinsichtlich derOberflächenarbeiterwiederholte sich die Stellungnahme des letzten Kongresses, indem bei 565000 Stimmenthaltungen mit 399000 gegen 100000 Stimmen beschlossen wurde, zwischen ihnen und den eigentlichen Grubenarbeitern keinen Unterschied zu machen. Auch der Beschluß in betreff derGrubeninspektorenwurde wiederholt und außerdem einstimmig beschlossen, die Frauenarbeit in der Bergwerksindustrie in allen Ländern zu verbieten.
Der letzte Punkt der Verhandlungen betraf die Frage derUeberproduktionim Bergbau, insbesondere die Stellungnahme zu dem Programm des belgischen BergwerksdirektorsLewy, welches davon ausgehend, daß die bestehende Ueberproduktion die Interessen der Arbeiter sowohl wie der Unternehmer schädigt, die Anpassung derselben an die Konsumtion durch internationale Regelung mit Hülfe eines internationalen Arbeiterausschusses fordert, in dem alle Nationen gleichmäßig und zwar zu ¾ durch Arbeiter und zu ¼ durch Unternehmer vertreten sein sollen. Die Arbeitszeit soll, je nach den Verhältnissen der einzelnen Länder, auf 4 oder 5 Tage beschränkt werden, jedoch bei Lohnzahlung für 5 bezw. 6 Tage. Der Gewinn aus der durch die Produktionsbeschränkung zu erwartenden Preissteigerung soll zu 75 % den Unternehmern zufließen, mit 25 % dagegen zur Steigerung des Lohnes verwandt werden. Die Belgier und die Franzosen haben sich dieses Programm angeeignet. Die Engländer führten die Ueberproduktion auf die Beschäftigung ungelernter Arbeiter in den Bergwerken und die Konkurrenz der Händler untereinander zurück und wollten alle Nationen auffordern, jedes Mittel anzuwenden, um die Kohlenförderung einzuschränken und die ungelernten Arbeiter auszuschließen. Die Deutschen bezeichneten als Grund der Ueberproduktion die Unterkonsumtion, wollten deshalb die Verkürzung der Arbeitszeit und Erhöhung der Löhne und erklärten, daß eine völlige Abhülfe erst durch die Beseitigung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung möglich sei.
Nach langen Verhandlungen überwies man die Vorberatung einer Kommission.
Derfünfte Kongreßhat dann vom 14. bis 19. Mai 1894 in Berlin stattgefunden, wobei 645000 Engländer durch 38, 100000 Franzosen durch 4, 70000 Belgier durch 3, 192000 Deutsche durch 39 und 100000 Oesterreicher durch 2 Abgeordnete vertreten waren. Obgleich der Kongreß nicht allein durchLegienin Vertretung der Generalkommission, sondern auch durchSingerim Namen der sozialdemokratischen Partei begrüßt wurde, erklärte doch der englische VorsitzendePickart, daß sie nicht in der Absicht gekommen seien, die Arbeitgeber zu bekämpfen oder als Agitatoren im eigentlichen Sinne zu wirken, noch weniger aber Klasse gegen Klasse oder gar gegen das Gesetz aufzureizen, daß sie auchnicht die Reichen um ihren Reichtum beneideten, sondern daß sie nur für den Arbeiter einen besseren Anteil an dem Reichtume verlangten. Dasselbe wurde von belgischer Seite betont. Der EngländerBurtsprach die besondere Hochachtung seiner Landsleute für den deutschen Kaiser wegen des Berliner internationalen Kongresses aus.
Die Verhandlungen über das Verbot derFrauenarbeit, dengesetzlichen Achtstundentagund die Gleichstellung derOberflächenarbeitermit den Grubenarbeitern lieferten dasselbe Ergebnis, wie auf den früheren Kongressen, mit der einzigen Ausnahme, daß bei dem letzteren Punkte 30000 Engländer mit den übrigen Nationen stimmten. Neue Gegenstände der Beratungen waren dieHaftpflicht der Unternehmerund die Frage desMinimallohnes, aber bei beiden zeigte sich der alte Gegensatz zwischen den Engländern und den übrigen Nationen. So wurde der Antrag, die Unternehmer auch ohne Rücksicht auf ihr Verschulden bei Unglücksfällen für haftbar zu erklären, und ebenso die Forderung, einen Minimallohn durch das Gesetz festzustellen, mit 645000 gegen 462000 Stimmen abgelehnt. Ueber dasSystem Lewywurde wieder eingehend verhandelt, doch fand dasselbe trotz der Befürwortung der Franzosen und Belgier wenig Anklang. Diese Verhandlungen wurden nicht zum Abschlusse gebracht, führten vielmehr zu lebhaften Streitigkeiten zwischen den Engländern auf der einen, und den übrigen Nationen auf der anderen Seite, indem man den ersteren vorwarf, daß sie den Kongreß zu tyrannisieren suchten. Außerdem machte man sich gegenseitig zum Vorwurfe, die Verhandlungen unnötig in die Länge gezogen zu haben, und schließlich reisten die Engländer ab, bevor die Beratungen beendigt waren, indem sie für die Verhandlungen des letzten Tages nur 2 Vertreter zurückließen. So konnte die Frage der Ueberproduktion und der Bergwerksinspektion nicht mehr erledigt werden, sondern man konnte nur noch die Wahl eines Vorstandes des internationalen Verbandes vornehmen.
Dersechste Kongreßwurde vom 3. bis 7. Juni 1895 in Paris abgehalten. Vertreten waren 590000 Engländer durch 32, 132000 Franzosen durch 5, 80000 Belgier durch 8 und 266300 Deutsche und Oesterreicher durch 5 Abgeordnete.
Ueber dasSystem Lewywurde lange verhandelt, schließlich aber mit den Stimmen der Engländer und Deutschen gegen die der Franzosen und Belgier beschlossen, die Frage nochmals einem Komitee zu überweisen. Die Beratung über denAchtstundentagführte insofern zu einem anderen Ergebnisse wie früher, als zum erstenmale die Mehrheit der Engländer (Miners federation) mit den kontinentalen Arbeitern dafür stimmten, denselben auch auf dieOberflächenarbeiterauszudehnen, so daß dieser Beschluß mit 872000 gegen die 96000 Stimmen der englischen national union gefaßt wurde. Hinsichtlich derFrage derHaftpflicht der Unternehmerstanden sich wieder die Ansichten der Engländer, die eine Erfolgpflicht im Falle eigenen Verschuldens des Arbeiters ausschließen und der übrigen Nationen, die diesen Unterschied nicht anerkennen wollten, gegenüber: infolge einer Wunderlichkeit der englischen Geschäftsordnung kam es zu keiner maßgebenden Entscheidung. Eine Forderung besserergesundheitlicher Einrichtung der Grubenwurde einstimmig angenommen, während der deutsche Antrag, die Kongresse künftig nur alle 2 Jahre abzuhalten, nachdem er lebhaften Widerspruch der übrigen Nationen gefunden hatte, zurückgezogen wurde.
Auf demsiebenten Kongresse, der vom 25. bis 28. Mai 1896 in Aachen abgehalten wurde, waren 400000 Mitglieder derMiners federationdurch 18, 126000 derNational uniondurch 16 und 100000 Von Süd Wales durch 3, insgesamt also 626000 Engländer durch 37 Abgeordnete, außerdem 152000 Franzosen durch 2, 85000 Belgier durch 4, 50000 Oesterreicher durch 1 und 174000 Deutsche durch 13 Abgeordnete vertreten.
Hinsichtlich desAchtstundentageswar das Ergebnis der eifrigen Debatte dasselbe, wie im Jahre zuvor, nämlich daß die gesetzliche Festlegung für Arbeiter über und unter Tage mit allen (960000) gegen die (126000) Stimmen derNational unionangenommen wurde. Dabei kam es zu einer ausgedehnten Erörterung des Verhältnisses zwischen Gewerkschaften und Sozialdemokratie. Der OesterreicherStarkbeantragte einen Beschluß, daß in Zukunft nur sozialdemokratische Kongresse zu beschicken oder sozialdemokratische Bergarbeiterkongresse einzuberufen seien, in Erwägung, daß die gewerkschaftliche Organisation auf konservativem Standpunkte nicht im Stande sei, die endgültige Befreiung der Arbeit aus den Banden des Kapitalismus zu bewerkstelligen und deshalb der Anschluß an die Sozialdemokratie erforderlich sei. Auch der deutsche VertreterMöllerstellte sich auf diesen Standpunkt, der aber von anderen Seiten, so auch von dem deutschen VertreterWerdelmannentschieden bekämpft wurde. Der Beschluß der früheren Kongresse über das gänzliche Verbot derFrauenarbeitin Bergwerken wurde einstimmig wiederholt. Hinsichtlich derEinigungsämtergingen die Ansichten auseinander, man sah deshalb von einer Beschlußfassung ab. Dagegen wurde der Antrag, einen den besonderen Verhältnissen der einzelnen Länder und der Konjunktur entsprechendenMinimallohnzu fordern, gegen die Stimmen derNational unionangenommen. Die Beratung über dasSystem Lewymußte wegen ungenügender Vorbereitung wieder von der Tagesordnung abgesetzt werden, doch wurde nicht allein ein Verbot aller Ueberstunden, soweit sie zum Zwecke der Produktionsvermehrung geschehen, sondern überhaupt die Beschränkung der Produktion nach Maßgabe des Bedürfnisses beschlossen, wobei unter allgemeiner Zustimmung der Grundsatzausgesprochen wurde, daß der Arbeitslohn den Warenpreis bestimme, und nicht umgekehrt. Ein weiterer Beschluß forderte die Schaffung vonKranken-,Pensions- undInvalidenkassenunter staatlicher Garantie, ein anderer die Anstellung vonGrubeninspektorenaus Arbeiterkreisen mit gesicherter Stellung. In Beziehung auf dieVerstaatlichung der Bergwerkebestand insofern zwischen den Deutschen und den übrigen Nationen, abgesehen von derNational union, die sie grundsätzlich verwarf, eine Meinungsverschiedenheit, als die Deutschen sie freilich grundsätzlich billigten, aber dem heutigen Staate die daraus sich ergebende Macht nicht zugestehen wollten. Schließlich wurde der Antrag auf Verstaatlichung mit 737000 gegen 126000 Stimmen angenommen, wobei die Deutschen sich der Abstimmung enthielten.
Nachdem noch der Antrag, die Arbeitgeber für alle Unfälle haftbar zu machen, soweit sie nicht eine Schuld des Arbeiters nachweisen können, einstimmig angenommen, dagegen der deutsche Antrag, die Kongresse künftig nur alle 2 Jahre stattfinden zu lassen, abgelehnt war, wurde als Sitz des nächsten Kongresses London gewählt und zugleich beschlossen, zu demselben auch die Amerikaner und die asiatischen Russen einzuladen.
Derachte Kongreßhat vom 7. bis 11. Juni 1897 in London stattgefunden bei einer Beteiligung von 68 Abgeordneten, die angeblich 1050000 Arbeiter aus England, Frankreich, Belgien und Deutschland[196]vertraten, während Oesterreich nicht vertreten war. Die Verhandlungen bewegten sich durchaus in den früheren Bahnen, nur trat der Gegensatz zwischen derminers federationund dernational unionnoch schärfer in gegenseitigen Beschuldigungen hervor. Dies gilt in erster Linie von dem Gegenstande der Tagesordnung, der die meiste Zeit in Anspruch nahm, nämlich demAchtstundentage, der, wie auf den früheren Kongressen, in Ausdehnung auch auf die Oberflächenarbeiter gegen dienational unionangenommen wurde. Dasselbe Stimmenverhältnis bestand hinsichtlich derHaftpflicht der Unternehmer, desMinimallohnes, derVerstaatlichung der Bergwerke, bei der die Deutschen sich der Stimme enthielten, und desSystems Lewy, bei dem übrigens die dasselbe verteidigenden Belgier und Franzosen sich auf eine Resolution beschränkten, die nur im allgemeinen eine internationale Einschränkung der Produktion forderte und in dieser Form angenommen wurde. Einstimmig dagegen war man bei den Beschlüssen wegen Vermehrung derGrubeninspektorendurch von Arbeitern gewählteVertrauenspersonen, wegen Erlasses eines Gesetzes über dasInvalidenwesen, der Anlegung vonPflegestationenbei den Gruben und Einführung vonBerggewerbegerichten. Endlich wurde folgender Beschluß einstimmig angenommen:
„Der Kongreß wendet sich auf das entschiedenste gegen diejenigen Unternehmer, die ihre Arbeiter entlassen, nur weil sie einer Gewerkschaft angehören. Wenn es ein grober Unfug ist, daß organisierte Arbeiter ihre unorganisierten Kameraden zwangsweise in die Organisation treiben, so ist es ein eben so grober Unfug, wenn Unternehmer Arbeiter entlassen, nur weil diese von ihrem gesetzlichen Organisationsrechte Gebrauch machen.“
„Der Kongreß wendet sich auf das entschiedenste gegen diejenigen Unternehmer, die ihre Arbeiter entlassen, nur weil sie einer Gewerkschaft angehören. Wenn es ein grober Unfug ist, daß organisierte Arbeiter ihre unorganisierten Kameraden zwangsweise in die Organisation treiben, so ist es ein eben so grober Unfug, wenn Unternehmer Arbeiter entlassen, nur weil diese von ihrem gesetzlichen Organisationsrechte Gebrauch machen.“
Derneunte Kongreß, der vom 1. bis 5. August 1898 in Wien stattfand, war von 61 Vertretern, darunter 33 aus England, 19 aus Oesterreich, 2 aus Frankreich, 3 aus Belgien und 4 aus Schweden besucht. Die englischen Abgesandten vertraten 610000, die österreichischen und belgischen je 100000; die deutschen Bergarbeiter hatten die Entsendung eines Vertreters abgelehnt und erklärt, nur alle 2 Jahre einen Kongreß beschicken zu wollen.
Die Verhandlungen waren lediglich eine Wiederholung der früheren. Die Forderung des Achtstundentages auch für die über Tage beschäftigten Arbeiter wurde gegen den Widerspruch der national union mit 813000 gegen 136000 Stimmen angenommen. Dasselbe gilt von der Forderung eines Mimimallohnes und der Nationalisierung der Bergwerke. Dagegen wurden die Beschlüsse wegen Erlasses eines Haftpflichtgesetzes, durch das die Unternehmer für alle Unfälle verantwortlich gemacht würden, unter Ausschluß der Möglichkeit, diese Verpflichtung durch Vertrag auszuschließen, ferner wegen Einführung der Alters- und Invalidenpension und wegen Anstellung von Grubeninspektoren, die von den Arbeitern zu wählen und vom Staate zu besolden sind, einstimmig angenommen. Der Antrag zu Gunsten der internationalen Regelung der Kohlenförderung (System Lewy), für den nur die Belgier eintraten, wurde mit 715000 gegen 65000 Stimmen abgelehnt. Die Verbände der einzelnen Länder sollen dem Kongresse Berichte über Löhne und Arbeitszeit einreichen.
Derzehnte Kongreßist vom 2. bis 6. Juni 1899 in Brüssel abgehalten worden. Vertreten waren 670000 englische Arbeiter durch 32, 125000 belgische durch 7, 152000 französische durch 4, 350000 deutsche durch 2 und 140000 österreichische durch 2 Abgesandte. Der Beschluß wegen des gesetzlichen Achtstundentages wurde mit allen gegen 30000 Stimmen aus Northumberland wiederholt; die Ausdehnung auf die Oberflächenarbeiter einstimmig angenommen. Die Forderung einer gesetzlichen Unfallentschädigung wurde auf die öffentlich-rechtliche Alters- und Invaliditätsversorgung ausgedehnt. Dabei wurde erwähnt, daß das englische und französische Haftpflichtgesetz befriedigend wirkeund von allen Industrie-Ländern allein Belgien ein solches nicht besitzt. Man beschloß ferner für gesetzliche Regelung des Submissionswesens einzutreten und in Streikfällen sich gegenseitig zu benachrichtigen und internationale Verhandlungen anzuknüpfen. Die Notwendigkeit einer Regelung der Produktion wurde einstimmig als grundsätzlich notwendig anerkannt die weitere Verhandlung aber dem nächsten Kongreß vorbehalten.
Derersteinternationale Eisenbahnarbeiterkongreß wurde auf Anregung des holländischen Vereins „Immer Vorwärts“ am 1. August 1893 in Zürich abgehalten. Vertreten waren 13 Vereine aus der Schweiz, Holland, Oesterreich, Italien, England und Frankreich durch 21 Abgeordnete. Aus Hamburg und Wien waren Zustimmungserklärungen eingegangen. Es wurde die Gründung eines internationalen Sekretariates beschlossen, dessen Errichtung den Holländern überwiesen wurde. Die Kosten sollen durch freiwillige Beiträge der einzelnen Länder aufgebracht werden. Dagegen wurde der von Holland und der Schweiz gestellte Antrag auf Begründung eines internationalen Ausschusses zur Förderung der Interessen der Eisenbahnarbeiter von verschiedenen Seiten unter dem Hinweise darauf bekämpft, daß zunächst nationale Verbände geschaffen werden müßten. Ein ausdrücklicher Beschluß ist nach dem Protokolle nicht gefaßt. Die von Holland angeregte Frage der Schaffung einer internationalen Widerstandskasse, die aus vierteljährlichen Beiträgen der beteiligten Verbände gespeist werden sollte, wurde von der Tagesordnung abgesetzt und dem nächsten Kongresse vorbehalten. Doch sollen Streiks, die von einem Verbande mit mindestens zwei Drittel Mehrheit beschlossen sind, von den anderen Verbänden moralisch und finanziell unterstützt werden. Eingehende Verhandlungen wurden geführt über die Frage der Arbeitszeit. Von den Schweizern war folgender Antrag gestellt:
„Der Kongreß verpflichtet die Gewerkschaften aller Länder, alle in ihrer Macht stehenden Mittel und insbesondere die Vermittelung der Arbeitervertreter in den Parlamenten zu benutzen, um zur Einführung des Achtstundentages mit einer ununterbrochenen wöchentlichen Ruhepause von 36 Stunden zu gelangen; von den 52 jährlichen Ruhetagen sollen mindestens 17 auf den Sonntag fallen. Güterzüge sollen am Sonntag nicht verkehren. Die Ausführung dieser Bestimmungen soll durch besondere Aufsichtsbeamtekontrolliert werden, die verpflichtet sind, jährlich Rechenschaftsbericht zu erstatten.“
„Der Kongreß verpflichtet die Gewerkschaften aller Länder, alle in ihrer Macht stehenden Mittel und insbesondere die Vermittelung der Arbeitervertreter in den Parlamenten zu benutzen, um zur Einführung des Achtstundentages mit einer ununterbrochenen wöchentlichen Ruhepause von 36 Stunden zu gelangen; von den 52 jährlichen Ruhetagen sollen mindestens 17 auf den Sonntag fallen. Güterzüge sollen am Sonntag nicht verkehren. Die Ausführung dieser Bestimmungen soll durch besondere Aufsichtsbeamtekontrolliert werden, die verpflichtet sind, jährlich Rechenschaftsbericht zu erstatten.“
Der Antrag wurde aber von dem Kongresse als unausführbar bekämpft und schließlich einigte man sich dahin, den Gegenstand dem nächsten Kongresse zu überweisen. Dasselbe geschah hinsichtlich der von der Schweiz beantragten Forderung eines gesetzlichen Minimallohnes. Ein holländischer Antrag, daß die Eisenbahnarbeiter jede Kriegserklärung mit einem Streik beantworten sollen, wurde von Frankreich bekämpft und schließlich zurückgezogen.
Derzweite Kongreßfand statt in Paris vom 3. bis 6. Oktober 1894. Vertreten waren Oesterreich, Frankreich, Italien, Holland und Spanien. Belgien und Deutschland hatten erklären lassen, daß ihnen eine Vereinsbildung durch das Staatseisenbahnsystem und den Druck der Behörden unmöglich gemacht sei. Amerika hatte Beteiligung in Aussicht gestellt, doch war kein Vertreter erschienen. Die Schweiz hatte auf ihrem nationalen Kongresse beschlossen, die Beteiligung auf spätere Zeit zu verschieben. Der englische Vertreter war durch den gleichzeitig tagenden englischen Kongreß verhindert.
Der Hauptgegenstand der Verhandlungen war die Schaffung einesinternationalen Ausschusses, die nach langen Verhandlungen beschlossen wurde. Derselbe führt den Titel: „Internationaler Ausschuß zum Studium der Interessen der Arbeiter in den Transportgewerben“ und hat die Aufgabe: 1. die Organisation der internationalen Kongresse zu erleichtern, 2. Auskunft zu erteilen. Die Zulassung einer Organisation zu der Teilnahme muß von einem internationalen Kongresse beschlossen werden. Die Selbständigkeit der einzelnen Verbände soll nicht beeinträchtigt werden. Sitz des Ausschusses ist jedesmal der Ort, wo der letzte Kongreß stattgefunden hat. Die Verbände dieses Landes haben die Mitglieder zu bestimmen. Jede Nation hat einen internationalen Sekretär zu ernennen, der sich mit dem Ausschusse in Verbindung setzt, ihm Auskunft erteilt und die von dem Ausschusse erhaltenen Mitteilungen den einheimischen Kollegen bekannt giebt. Falls die Kassenverhältnisse es gestatten, soll der Ausschuß einen gedruckten Bericht herausgeben. Zur Bestreitung der Ausgaben für Uebersetzungen, Briefwechsel u. s. w., sowie für Vorbereitungen zu den internationalen Kongressen soll eine Kasse geschaffen werden, an die jede beteiligte Organisation für jedes Mitglied jährlich 5 Pf. zu zahlen hat; die Unterstützung von Streiks aus der Kasse ist ausdrücklich ausgeschlossen. Die internationalen Kongresse werden von den Vertretern der Stadt berufen, in der er nach dem Beschlusse des vorangegangenen Kongresses tagen soll. Jeder Verband kann beliebig viele Vertreter entsenden, die mit einer die Zahl der Vertretenen ergebenden Vollmacht versehen sein müssen. In der Regel hat jeder Vertreter eine Stimme, doch kann jeder Vertreterdie Abstimmung noch Nationalitäten fordern; in wichtigen Fragen kann der Kongreß beschließen, daß die Abgeordneten eine der Anzahl der von ihnen Vertretenen entsprechende Anzahl von Stimmen haben.
Die übrigen Beschlüsse betrafen folgende Punkte:
Derdritte Kongreßwurde am 29. bis 31. August 1895 in Mailand abgehalten unter Beteiligung von Abgeordneten aus Oesterreich, Frankreich, Holland, der Schweiz, Italien, Spanien und Portugal. Der englische Vertreter war wieder durch den englischen Kongreß behindert, der amerikanische durch eineGefängnisstrafe. Um den Ländern, in denen dem Arbeiter die Organisation unmöglich ist, insbesondere Belgien und Deutschland, die Beteiligung zu ermöglichen, hatte das belgische Blatt: „Le Moniteur des employés“ den Antrag gestellt, aus solchen Ländern die die Arbeiterinteressen vertretende Zeitung zuzulassen; doch wurde dies abgelehnt.
Die Verhandlungen boten wenig Neues. An dem in Paris beschlossenen Reglement für den internationalen Ausschuß wurden einige unerhebliche Aenderungen vorgenommen. Der Antrag Italiens, das Verbot einer Verwendung der Beiträge zur Unterstützung von Streiks zu streichen, wurde, nachdem er von Oesterreich und Frankreich bekämpft war, zurückgezogen. Auf Antrag von Frankreich wird beschlossen, daß der internationale Ausschuß mindestens alle 3 Monate eine besondere Druckschrift versenden soll, die sich von Kampf und Propaganda völlig fern hält und lediglich statistische Angaben über die Arbeiterverhältnisse der einzelnen Länder enthält. Hinsichtlich des Minimallohnes wurde nach langer Verhandlung der Beschluß des vorigen Kongresses bestätigt und die Durchführung den einzelnen Ländern überlassen, doch sollen über die notwendigen Existenzbedingungen statistische Ziffern und Berechnungen gesammelt werden. Der Kongreß forderte die Einführung von Schiedsgerichten unter gleicher Beteiligung Von Arbeitern und Arbeitgebern, sowie die Gewährung des politischen und kommunalen Wahlrechts an die Eisenbahnarbeiter. Um die Durchführung eines Haftpflichtgesetzes für die Unternehmer zu erreichen, wurde das internationale Sekretariat beauftragt, die Gesetze der einzelnen Länder über diesen Punkt zu sammeln und dem nächsten Kongresse einen Gesetzentwurf vorzulegen. Die Beschlüsse des vorigen Kongresses wegen Anstellung von Eisenbahninspektoren, sowie wegen Nationalisierung der Transportmittel wurden wiederholt.
Der Beschluß im Jahre 1897 in Barcelona einen neuen Kongreß abzuhalten, ist wegen der Kriegsverhältnisse in Spanien nicht zur Ausführung gelangt.
Bei Gelegenheit des internationalen Arbeiterkongresses in Zürich 1893 war auch eine Konferenz der Textilarbeiter abgehalten, in der beschlossen war, die Errichtung eines internationalen Sekretariates ins Auge zu fassen und zu diesem Zwecke in Verbindung mit dem im Jahre 1896 in London abzuhaltenden internationalen Arbeiterkongreß einen Textilarbeiterkongreß abzuhalten. Im Widerspruch zu dieser Verabredung beriefen die Engländer einen solchen schon 1894nach Manchester, was zur Folge hatte, daß die Deutschen sich fern hielten; dabei spielte übrigens, wie die Aeußerungen der betreffenden Blätter bewiesen, die Abneigung gegen die als „Bourgeois“ betrachteten Engländer eine Rolle.
Der Kongreß wurde vom 24. bis 27. Juli 1894 abgehalten. Vertreten waren 15000 Engländer durch 42, 7500 Franzosen durch 4, 2500 Belgier durch 4, 15000 Amerikaner, 3000 Oesterreicher, 500 Holländer und 500 Dänen durch je einen Abgeordneten. Das absolute Uebergewicht der Engländer wurde dadurch unschädlich gemacht, daß die Abstimmung nach Nationen stattfand.
Nach eingehenden Berichten aus den einzelnen Ländern über die Lage der Textilarbeiter wurde zunächst einstimmig eine Resolution zu Gunsten des gesetzlichenAchtstundentagesangenommen. Nicht völlig so einig war man hinsichtlich des zweiten Punktes der Tagesordnung, der Mittel und Wege, um eine Erhöhung der Löhne herbeizuführen, indem hier die Mehrzahl der Engländer das Hauptgewicht auf die gewerkschaftliche Organisation und gefüllte Streikkassen legte, während die Franzosen, Holländer, Belgier die Bedeutung der politischen Thätigkeit im Sinne der Sozialdemokratie betonten. Man einigte sich schließlich zu einem Beschlusse, in dem sowohl die Notwendigkeit der Organisation betont, als auch die Erringung von Sitzen in den politischen Körperschaften empfohlen und gegen alle die Koalitionsfreiheit der Arbeiter beschränkenden Gesetze mit dem Hinweise darauf protestiert wurde, daß man durch die letzteren die Arbeiter zu ungesetzlichen Maßregeln anreize.
Hinsichtlich der Frage derinternationalen Organisationstanden sich zwei Ansichten gegenüber. Die Oesterreicher wünschten nicht allein ein Sekretariat, sondern auch einen internationalen Fonds insbesondere zur Unterstützung vonStreiks. Die Belgier verlangten außerdem eine gemeinsame Fachzeitung und regelmäßige jährliche Kongresse. Dem hielten die Engländer entgegen, daß man nicht in der Lage sei, die damit verknüpften erheblichen Kosten zu bestreiten und daß man sich zunächst auf ein bloßes Informationskomitee beschränkten müsse; auch genüge es, wenn die Kongresse alle 2 bis 3 Jahre stattfänden. Schließlich wurde ein Beschluß angenommen, in dem die Bildung eines internationalen Verbandes ins Auge gefaßt und ein vorläufiger Ausschuß zu dem Zwecke eingesetzt wurde, daß an ihn die von den einzelnen Ländern zu ernennenden Sekretäre Vorschläge hinsichtlich der Organisation einsenden sollten, aus denen für den nächsten Kongreß ein Entwurf ausgearbeitet werden soll. Dieser sollte im nächsten Jahre in Gent stattfinden.
Demgemäß ist derzweite internationale Textilarbeiterkongreßvom 4. bis 10. August 1895 in Gent abgehalten. Vertreten waren 142725 Engländer durch 24, 5600 Belgier durch 18, 7200 Franzosen durch 2, 13000 Deutsche durch 3, 20054 Oesterreicher durch 1, insgesamt also 189470 Arbeiterdurch 47 Abgeordnete. Aus Böhmen, Russisch-Polen und der Schweiz waren Zustimmungserklärungen eingegangen.
Die Frage des Achtstundentages führte dieses Mal zu heftigen Kämpfen zwischen den Deutschen und Oesterreichern auf der einen, und einem Teile der Engländer (Lancashire) auf der anderen Seite. Die letzteren erklärten, daß die englischen Fabrikbesitzer schon jetzt in schwieriger Lage seien, da sie durch die ausländische Konkurrenz bedroht würden und daß es in England nicht möglich sei, die Arbeitszeit weiter herabzusetzen, solange andere Länder noch nicht einmal so weit gegangen seien, wie England. Auf die deutsche Empfehlung der Kollektivproduktion entgegneten sie, daß der Sozialismus ein schönes Ideal sei, daß aber der Kongreß es mit praktischen Dingen zu thun habe. Die Erringung der politischen Macht würde an den bestehenden Zuständen auch nichts ändern, denn ein englisches Parlament würde, auch wenn es ausschließlich aus Arbeitern zusammengesetzt sei, dennoch den Achtstundentag ablehnen. Der englische Arbeiter brauche solche Mittel nicht, da er die politische Freiheit und kräftige gewerkschaftliche Organisationen besitze. Die Ursache für die Machtstellung der englischentrade unionssei, daß sie sich von politischen und religiösen Fragen völlig fern hielten, so daß in ihnen die Anhänger der verschiedensten Richtungen vereinigt seien. Natürlich fanden diese Ausführungen lebhaften Widerspruch, und der deutsche Vertreter beschuldigte sogar die Engländer, daß sie die Arbeiterschaft bei ihrem Emanzipationskampfe nicht unterstützen wollten. Schließlich wurde ein Beschluß angenommen, in welchem der Kongreß allen Nationen die Bildung kräftiger Gewerkschaften mit hohen Beiträgen empfiehlt, um den Achtstundentag zu verlangen; der Gegenantrag von Deutschland und Oesterreich, der die Erringung der politischen Macht forderte, wurde abgelehnt.
Ueber die übrigen Gegenstände der Tagesordnung: Abschaffung der Sonntags-, Nacht- und Ueberarbeit, Arbeiterschutz und bessere Zusammensetzung der Volksvertretungen im Interesse der Arbeiter, einigte man sich in einer Resolution, in welcher den Arbeitern empfohlen wird, sich einen Einfluß auf ihre Parlamente, insbesondere durch Wahl eigener Abgeordneten, zu verschaffen und die Aufteilung von Fabrikinspektoren zu fordern, die von den Arbeiterorganisationen zu wählen und vom Staate zu besolden sind.
Hinsichtlich der internationalen Organisation wurde folgendes beschlossen:
Derdritte Kongreßhat vom 9. bis 14. August 1897 in Roubaix (Belgien) stattgefunden. Vertreten waren 166000 Engländer durch 29, 24250 Franzosen durch 44, 24000 Deutsche durch 3, 7000 Belgier durch 5, 5000 Oesterreicher durch 1, 1200 Holländer durch 2, insgesamt also 227450 Textilarbeiter durch 84 Abgeordnete. Man beschloß, auf bessere Arbeiterschutzmaßregeln hinzuwirken, und zwar sowohl durch starke Gewerkschaften als auch mit Hülfe der Staatsgesetze. Ebenso soll Erreichung des Achtstundentages auf beiden Wegen angestrebt werden. Die Abschaffung der Kinderarbeit wurde gegen den Widerspruch der Engländer beschlossen; diese erklärten, sie nicht entbehren zu können. Hinsichtlich der Frauenarbeit erreichten die Deutschen die Streichung der Forderung einer kürzeren Arbeitszeit für Frauen als für Männer, indem sie geltend machten, daß beide Geschlechter gleiche Rechte und gleiche Pflichten haben sollten. Die Forderung der obligatorischen staatlichen Kranken-, Unfall-, Arbeitslosen- und Altersversicherung wurde gegen die Engländer, die ihre freiwilligen Kassen vorzogen, angenommen. Dagegen war man einig in dem Verlangen nach staatlichen Fabrikinspektoren, dem Verbote der Sonntagsarbeit und des Akkordsystems und der Forderung des Schutzes der Koalitionsfreiheit. Als Mittel empfahl man sowohl die gewerkschaftliche Organisation wie die Erringung politischer Macht.
Auf Antrag der Belgier wurde der Sitz des internationalen Sekretariates nach England (Sekretär Wilkinson in Acorington-Lancashire) verlegt. Die von den übrigen Nationen geforderte Kostendeckung durch Beiträge von jährlich 1 Cent. für jedes Mitglied wollten die Engländer nur bewilligen, wenn auch das Stimmrecht sich nach der Zahl der Mitglieder richten solle. Schließlich einigte man sich dahin, es bei der bisherigen Abstimmung nach Nationen zu belassen und die Kosten so zu verteilen, daß jährlich England 300, Frankreich und Deutschland je 200, Belgien 150, Oesterreich 125 und Holland 25 Frs. aufzubringen haben. Der nächste Kongreß soll 1900 in Deutschland stattfinden.
Auf demersten internationalen Metallarbeiterkongresse, der vom 4. bis 11. August 1893 in Zürich abgehalten wurde, waren Oesterreichund Frankreich durch je 2, Deutschland durch 4, Ungarn, Belgien und Nordamerika durch je einen, England durch 3 und die Schweiz durch 13 Abgeordnete vertreten.
Die Verhandlungen waren anfangs durch die Verschiedenheit der Sprachen sehr erschwert; der ganze Kongreß wurde von einem Teilnehmer als eine bloße Vorkonferenz für einen späteren eigentlichen Kongreß bezeichnet. Immerhin einigte man sich über den Hauptpunkt, die Schaffung einerinternationalen Zentralstellein folgendem Beschlusse:
I. Es wird ein internationales Auskunftsbureau errichtet.
Dessen Funktionen sind folgende:
Die Berichte, Mitteilungen u. s. w. werden in deutscher, französischer und englischer Sprache veröffentlicht.
II. Die Kosten für das internationale Auskunftsbureau werden von dem Lande geregelt, in welchem dasselbe seinen Sitz hat. Jedes halbe Jahr wird die verausgabte Summe von den beteiligten Landesorganisationen proportional erhoben.
III. Sitz des internationalen Auskunftsbureaus ist bis zum nächsten Kongresse die Schweiz.
Außerdem wurde beschlossen, daß in jedem Lande die Metallarbeiter einen Vertrauensmann zu wählen haben, dessen Aufgaben darin bestehen, daß er die internationalen Beziehungen wahrnimmt, alle 6 Monate einen schriftlichen Bericht zu erstatten und im Falle von Streiks sofort dem Bureau Mitteilung zu machen hat. Bei dem Letzteren soll ein genaues Adressenverzeichnis der Landesorganisationen, der Vertrauensmänner und der Berufsorgane angelegt werden. Die Kosten für die Vertrauensmänner hat jede Landesorganisation selbst zu tragen, dagegen sind zur Deckung der internationalen Unkosten von jedem Lande 50 Frcs. zu zahlen.
Hinsichtlich derReiseunterstützungwurde noch folgender Beschluß gefaßt:
Auf Grund dieser Beschlüsse wurde das internationale Informationsbureau in Winterthur eingerichtet, das mit den Metallarbeitern von Frankreich, Deutschland, Oesterreich, Dänemark und der Schweiz in regelmäßige Verbindung trat, während die Engländer den Anschluß abgelehnt haben. Für die Zeit vom 1. November 1894/95 liegt ein Bericht vor, der einen Ueberblick über die bisherige Thätigkeit giebt. Um gegenüber dem internationalen Zusammengehen der Arbeitgeber auch die Arbeiter fester zu verbinden, haben die Mitglieder des Bureaus gemeinsam mit dem Zentralvorstande des schweizerischen Metallarbeiterverbandes auf einer am 23. Februar 1896 in Wallisellen abgehaltenen Konferenz den Plan gefaßt, ein internationales Sekretariat einzurichten; der Sekretär soll besoldet sein und für je 3 Jahre auf den internationalen Kongressen gewählt werden.
Der II.internationale Metallarbeiterkongreßfand vom 23. bis 25. Juli 1896 in London statt unter Beteiligung von 25 Abgeordneten, von denen 13 auf England, 4 auf Deutschland und je einer auf Frankreich, Belgien, Dänemark, Italien, Schweden, Oesterreich, die Schweiz und Nordamerika entfielen. Aus dem von dem internationalen Bureau erstatteten Berichte ist zu erwähnen, daß darin über die mangelhafte Erfüllung der übernommenen Pflichten seitens der verschiedenen Verbände lebhafte Klage geführt wird; aus England und Amerika ist es überhaupt nicht möglich gewesen, die Beiträge von je 50 Frcs. einzuziehen, andere Verbände haben auf Anfragen erst nach mehrfacher Wiederholung oder gar nicht geantwortet. Zur Entschuldigung bemerkte der englische Vorsitzende, daß seine Landsleute in ganz anderer Weise als die übrigen Länder organisiert seien, nämlich nicht nach Industrien, sondern nach einzelnen Berufszweigen, so daß sie für die großen Verbände keinen Sinn hätten. Das Bureau hat seinen Sitz in Winterthur gehabt und aus 5 Mitgliedern bestanden, doch drückten diese den Wunsch aus, ihrer Stelle enthoben zu werden und das Bureau nach einem anderen Lande verlegt zu sehen. Der Kongreß gab diesem Verlangen nach, indem er den Sitz des Bureaus bis zum nächsten Kongresse nach England und zwar nach Sheffield verlegte, im übrigen wurden hinsichtlich der Organisation die Züricher Beschlüsse bestätigt.
Der Schwerpunkt der Verhandlungen lag in den sehr ausführlichen Berichten der einzelnen Länder, sodaß die gefaßten Beschlüsse zurücktreten. BeiStreikssoll der betreffende Verband genaue Berichte an das Sekretariat erstatten und dieses darauf die verbundenen Vereine in Kenntnis setzen und zu Beiträgen auffordern, die an das Bureau zu leisten und von diesem weiter zu befördern sind. Auch eine gegenseitigeReiseunterstützungsoll stattfinden, doch ist es jedem Verbande überlassen, deren Betrag zu bestimmen. Um eine Unterlage für einen Minimallohn und die Forderung des Achtstundentages zu erlangen, soll das Bureau über die durchschnittlicheLohnhöheund dieArbeitszeitErhebungen anstellen. Eininternationaler Kongreßsoll alle 2 Jahre stattfinden, wobei dessen Ort und Zeit durch Abstimmung der Verbände festgesetzt wird.
Der deutsche Metallarbeiterverband steht, wie die von dem Vorstande auf den Generalversammlungen in Altenburg, Magdeburg und Braunschweig (1893, 1895, 1897) erstatteten Berichte ersehen lassen, der internationalen Organisation sehr kühl gegenüber und hat sowohl auf dem Kongresse in London, wie bei einer vorhergegangenen von dem Bureau vorgenommenen Umfrage sich gegen Fortbestand des Informationsbureaus, mindestens aber für Ersetzung desselben durch einen einzelnen Sekretär ausgesprochen, sich aber schließlich dem Mehrheitsbeschlusse gefügt. Er geht davon aus, daß eine internationale Organisation sich auf starken nationalen Verbänden aufbauen müsse und deshalb solange keine Bedeutung habe, wie es an dieser Vorbedingung fehlt. Mit Rücksicht auf das deutsche Vereinsgesetz unterhält er keine unmittelbaren Beziehungen zu dem Bureau, sondern der Verkehr wird durch einen Vertrauensmann vermittelt.
Die internationale Organisation der Holzarbeiter ist noch in den ersten Anfängen. Schon im Anschluß an den internationalen Arbeiterkongreß in Brüssel (16. bis 22. August 1892) fand eineinternationale Holzarbeiterkonferenzstatt, deren Beschickung aber sehr schwach war. Es wurde die Begründung einesinternationalen Sekretariatesbeschlossen mit dem Auftrage, Berichte der verschiedenen Länder einzuholen und zusammenzustellen sowie den Verkehr der nationalen Organisationen unter einander zu vermitteln, endlichauch die nächste Konferenz einzuberufen. Dies geschah dann bei Gelegenheit des internationalen Arbeiterkongresses inZürich(6. bis 12. August 1893), doch mußte der Sekretär, Tischler Saas in Brüssel, berichten, daß alle seine Bemühungen absolut erfolglos gewesen seien. Die Konferenz beschloß von neuem den Sekretär mit Einholung der Berichte aus den einzelnen Ländern und deren Veröffentlichung zu beauftragen, ferner auf die Errichtung nationaler Sekretariate in allen Ländern hinzuwirken, deren Adressen dem internationalen Sekretär mitgeteilt werden sollten, und ebenso, daß von allen Streiks, die nicht aus eigener Kraft des beteiligten Landes geführt werden könnten, von den nationalen Sekretären dem internationalen Sekretariate Anzeige gemacht und von dem letzteren versucht werden solle, die Organisationen der anderen Länder zur Unterstützung aufzurufen und Zuzug fern zu halten. Endlich wurde eine Resolution gegen dieAkkordarbeitund zu Gunsten derVerkürzung der Arbeitszeitgefaßt. In einem von dem neu gewählten Sekretär Kloß-Stuttgart im Frühjahr 1896 erlassenen Rundschreiben wird aber wieder mitgeteilt, daß alle diese Beschlüsse wirkungslos geblieben, daß die Berichte der einzelnen Länder nicht eingegangen seien und daß, da auch die Anregung, eine Woche vor dem internationalen Arbeiterkongresse (27. Juli bis 1. August 1896) in Amsterdam eine Konferenz abzuhalten, keinen Erfolg gehabt habe, der Sekretär sich darauf beschränken müsse, die eingelaufenen spärlichen Berichte zusammenzustellen und es den nach London reisenden Kollegen zu überlassen, in Anschluß an den Kongreß eineSeparatkonferenzabzuhalten.
Eine solche hat denn auch in der That stattgefunden, doch sind bei derselben nur England, Deutschland, Holland und Dänemark vertreten gewesen. Man wiederholte im allgemeinen die Züricher Beschlüsse, jedoch mit der Abschwächung, daß nur der Austausch der Berichte in der Ursprache stattfinden soll. Von Errichtung einerinternationalen Widerstandskassewurde abgesehen, und zwar einmal aus dem Grunde, weil die nationalen Organisationen noch nicht genügend gefestigt seien, um einen Beitrag für eine solche Kasse zu ermöglichen, ein Sonderbeitrag aber die Mitglieder zu stark belasten würde, andererseits weil man der Ansicht war, daß die nationalen Organisationen ihre Kämpfe in erster Linie mit eigenen Mitteln führen und im Notfalle ihre Beiträge entsprechend erhöhen müßten. Dies soll allerdings nur für Angriffskämpfe gelten, dagegen sollen alle Organisationen gehalten sein bei Abwehrkämpfen, die besondere Opfer erfordern, durch freiwillige Beisteuern zu den Kosten beizutragen.
Haben wir schon bei anderen Berufen, z. B. bei den Bergleuten und den Lithographen ein starkes Uebergewicht der Engländer gesehen, so gilt dies insbesondere für die Seeleute und Hafenarbeiter, was bei der vorherrschenden Stellung Englands im Seewesen nicht überraschen kann. Der Gedanke einer internationalen Organisation wurde zuerst von den beiden englischen Vereinen der Dockarbeiter, derdockers unionund derNational union of dock labourers, die im Mai 1896 ihre Generalversammlungen hielten, angeregt, und nachdem man noch dienational sailors and firemen's unionhinzugezogen hatte, begründeten die drei Vereine am 10. Juni 1896 einen internationalen Verband, indem sie zunächst einen aus Vertretern der genannten Vereine bestehenden provisorischen Zentralausschuß einsetzten, zu dessen VorsitzendemTom Manund zu dessen SekretärBen Tilletgewählt wurde. Der Ausschuß richtete dann Schreiben an die Seeleute und Hafenarbeiter in England, Deutschland, Frankreich, Schweden, Belgien, Holland und Spanien mit der Bitte, Vorschläge zu einem Statutenentwurfe zu machen und suchte auch in Nordamerika und Australien Verbindungen anzuknüpfen. Am 14. bis 26. Februar 1897 trat dann eine Konferenz in London zusammen, an der 36 Vertreter von 14 englischen Vereinen und außerdem 5 französische, 3 deutsche und je ein Abgeordneter aus Holland, Belgien, Spanien und Rußland teilnahmen. Da man bei der großen Menge schwieriger Fragen und bei dem Mangel ausreichender Vollmachten der Vertreter zu keinem endgültigen Beschluß kommen konnte, so beschränkte man sich nach einem Meinungsaustausche darauf, einen Zentralausschuß zu ernennen und im übrigen die Erledigung der Sache einer zweiten Konferenz vorzubehalten.
Diese trat am 14. Juni 1897 in London zusammen unter einer Beteiligung von 35 Abgeordneten, die etwa 54000 Arbeiter vertraten, wovon jedoch allein 36000 auf England entfielen. Die französischen, belgischen, holländischen und spanischen Vereine hatten dieses mal aus Mangel an Geld keine Vertreter geschickt, dagegen war Schweden durch einen Abgeordneten beteiligt.
Nachdem man einstimmige Beschlüsse zu Gunsten derAchtstundenarbeitbei freiem Sonnabend Nachmittage sowie der möglichsten Verminderung derNacht- undSonntagsarbeitund endlich der Einführung einesMinimallohnesgefaßt hatte, kam man zu der schwierigen Frage desGeneralstreiks. Der Zentralausschuß hatte bisher absichtlich die Fahne dieses Schlagwortes entfaltet, um das allgemeine Interesse der beteiligten Arbeiter anzuregen, obgleich zu bezweifeln ist, ob er außer diesem taktischen Zwecke auch noch ernstere Absichten damit verfolgt hat, da der völlige Niedergang der englischen Vereine und die mehrfachen erheblichen Niederlagen den Plan eines neuen Streiks als ganz undurchführbar erscheinen lassen mußten. Außer der geringen Stärke der neuen Organisation kam noch ferner in Betracht, daß es durchaus erforderlich war, zunächst diese selbst endgültig und fest zu begründen, bevor man daran gehen konnte, sie einer Kraftprobe auszusetzen. Diese Erwägungen hatten denn auch zur Folge, daß man sich darauf beschränkte, einen Generalstreik nicht sofort zu beschließen, sondern erst auf den 1. Mai 1898 ins Auge zu fassen. Noch schwieriger wurde die Lage dadurch, daß der schwedische Vertreter die Absicht seiner Landsleute erklärte, sofort einen Streik zu beginnen und um die Unterstützung der übrigen Länder nachsuchte. Trotzdem ging man nicht weiter, als daß man sich im allgemeinen bereit erklärte, „nach Kräften“ zu helfen.
Man ging dann über zu der Beratung desOrganisationsstatutesund hatte zunächst Stellung zu nehmen zu der schwierigen Frage der Teilnehmerschaft. Während die Engländer den internationalen Verband aus den Vereinen der einzelnen Länder zusammensetzen wollten, war dies für die Deutschen mit Rücksicht auf die Vereinsgesetze nicht möglich. Der aufgeworfene Gedanke, die Mitglieder der einzelnen Länder unmittelbar Mitglieder des Gesamtverbandes werden zu lassen, fand Widerspruch, indem man befürchtete, daß dadurch ein Konkurrenzverhältnis des internationalen gegen die nationalen Verbände herbeigeführt werden könne. Eine weitere Schwierigkeit lag in der Behandlung der Zweigvereine, hinsichtlich deren die Meinungen darüber auseinander gingen, ob man ihnen unabhängig von der Zugehörigkeit des Hauptvereins den Beitritt gestatten solle. Es gelang nicht, diese Fragen zu lösen, und so beschränkte man sich darauf, die Entscheidung dem Zentralausschusse zu überlassen. Auch hinsichtlich der Beitragszahlung standen sich zwei Auffassungen gegenüber, die insofern eine grundsätzliche Verschiedenheit bedeuteten, als es sich um die Frage handelte, ob die Organisation zentralistisch oder dezentralisiert sein solle; je nachdem mußte man hohe oder niedrige Beiträge verlangen. Man einigte sich schließlich dahin, daß jeder Verein ein einmaliges Eintrittsgeld von 20 Schilling für je 1000 Mitglieder und außerdem einen vierteljährlichen Beitrag von 10 cent. für jedes Mitglied zu zahlen hat. Die oberste Instanz des Verbandes ist der jährlich abzuhaltende Kongreß, zu dem die Vereine bis 1000 Mitglieder einen Abgeordneten, von 1000–5000 einen solchen auf je 1000, von 5000–50000 einen auf je 5000 und darüber hinaus einen aufje 20000 Mitglieder stellen dürfen. Der Kongreß wählt die Beamten, insbesondere den Präsidenten, den Vicepräsidenten und den Schatzmeister, sowie den Zentralausschuß. Der letztere soll aus höchstens 10 Mitgliedern bestehen, die aus den von den Vereinen vorgeschlagenen Personen ausgewählt werden, doch soll jeder Verein nur einen Sitz haben. Dem Zentralausschusse wurden aber nur geringe Rechte eingeräumt, insbesondere hat er nicht die Befugnis, in Fällen von Streiks oder Aussperrungen Beiträge auszuschreiben, sondern muß sich auf die Aufforderung zu freiwilligen Zuschüssen beschränken. Den Generalstreik darf er nur mit Zustimmung der Mehrheit der Angehörigen der verbündeten Vereine erklären; Vereine, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, darf er aus dem Verbande ausschließen, doch findet dagegen eine Berufung an den Kongreß statt. Hinsichtlich der Kosten des Kongresses beschloß man mit 16 gegen 15 Stimmen, daß dieselben von den einzelnen Vereinen zu tragen seien, doch hatte dies zur Folge, daß bei der dann folgender Wahl zum Zentralausschusse und zu den Beamtenstellen lediglich Engländer gewählt wurden, indem die kontinentalen Vertreter erklärten, daß ihre Vereine die Kosten eigener Vertreter nicht aufbringen könnten. Andererseits erregte diese Wahl lebhaften Unwillen, da der ganze Verband sich als ein solcher von Englands Gnaden darstellt.