Uebrigens beweisen gerade die Verhältnisse im Brauereigewerbe, daß eine beiderseitige Organisation nicht im geringsten ein Hindernis bildet für ein gutes Verhältnis beider Teile. In Berlin bestand schon seit 1890 ein gemeinschaftlicher Arbeitsnachweis unter Leitung eines aus einer gleichen Anzahl von Vertretern beider Teile gebildeten Kuratoriums. Bei Beginn des großen Boykotts am 15. Mai 1894 wurde derselbe aufgelöst, aber als am 24. Dezember 1894 Friede geschlossen wurde, setzte man den gemeinsamen Arbeitsnachweis sofort wieder in Kraft, indem man gegen früher, wo über den Vorsitz nichts bestimmt war, die Verbesserung einführte, daß man einen unparteiischen Vorsitzenden (Dr.Freund) an die Spitze stellte. Seitdem ist das anfangs auf beiden Seiten vorhandene Mißtrauen so völlig geschwunden, daß bei der am 15. Januar 1899 abgehaltenen öffentlichen Versammlung des Braugewerbes einstimmig die Fortdauer beschlossen wurde.
1.
In der Textilindustrie ist von besonderem Interesse derVerein zur Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Tuchfabrikanten zu Cottbus, und da die dortigen Erfahrungen als typisch anzusehen sind, so mögen sie hier etwas ausführlicher wiedergegeben werden[255].
Bis 1890 war das Verhältnis zwischen Unternehmern und Arbeitern ein durchaus friedliches, aber Anfang 1890 brach in einer Fabrik, die sogar infolge der bei ihr eingeführten Kammgarnfabrikation höhere als die Durchschnittslöhne zahlte, der erste Streik aus. Die Fabrikanten führten dies zurück auf Einflüsse zugewanderter sächsischer und österreichischer Weber und die sozialdemokratische Agitation; ein Führer der letzteren soll sogar in einer Versammlung geäußert haben, ein allgemeiner Streik habe keine Aussicht, es müsse vielmehr eine Fabrik nach der anderen abgeschlachtet werden. Diese Aeußerung verursachte große Aufregung unter den Fabrikanten, und es fanden eine Reihe von Versammlungen derselben statt, die aber anfangs kein greifbares Ergebnis haben zu wollen schienen; insbesondere scheute man sich vor der Einräumung eines durch Wechselhinterlegung gesicherten Zwangsrechtes gegen die Mitglieder. Endlich aber siegte die entschiedenere Richtung, und am 18. Januar 1890 wurde ein Statut vereinbart, das in der That eine strenge Disciplin sicherte. Dessen Hauptinhalt ist folgender:
Zweck des Vereines ist, ungerechtfertigten Maßnahmen der in den beteiligten Tuchfabriken beschäftigten Arbeiter, namentlich unberechtigten Arbeitseinstellungen im ganzen oder in einzelnen Fabriken, entgegenzutreten, andererseits aber auch Streitigkeiten zwischen einzelnen Fabrikanten und ihren Arbeitern, welche zu Arbeitseinstellungen führen könnten, nach Möglichkeit abzuhelfen. Die leitende Kommission besteht aus 12 Personen, von denen je 4 seitens der nach der Größe ihres Betriebes in 3 Klassen abgestuften Vereinsmitglieder, der 13. aber, der kein Tuchfabrikant sein darf, von der Kommission selbst gewählt wird. Die Kommission entscheidet in allen Fällen mit einer Mehrheit von mindestens 8 Stimmen; „wird eine solche nicht erreicht, so gilt die den Arbeitern günstigste Meinung als maßgebend.“ Mit derselben Mehrheit kann auch in besonders wichtigen Fällen die Einberufung des ganzen Vereins beschlossen werden, der dann nach den 3 Klassen abstimmt. Die Kommission hat nicht allein auf Antrag eines Vereinsmitgliedes einzugreifen, sondern auch die Arbeiter haben das Recht, Beschwerden, die zu einer Arbeitseinstellung führen könnten,bei ihr vorzubringen und ihre Entscheidung anzurufen. In beiden Fällen hat die Kommission eine fachgemäße Prüfung vorzunehmen, Mängel, die sich dabei herausstellen, zu beseitigen und insbesondere den berechtigten Klagen der Arbeiter abzuhelfen. Dabei hat sie das Recht, zur Klarstellung des Sachverhaltes die Bücher des beteiligten Fabrikanten einzusehen. Die Kommission tritt mit den Arbeitern in unmittelbare Verbindung. Wollen sich diese der getroffenen Entscheidung nicht fügen, so ist die Kommission berechtigt, „die Einstellung des maschinellen Betriebes der Fabriken sämtlicher Vereinsmitglieder zu beschließen,“ d. h. also, eineGeneralaussperrunganzuordnen. Persönlich beteiligte Kommissionsmitglieder sind von der Mitwirkung ausgeschlossen. Zur Sicherstellung der Folgeleistung, zu der jedes Vereinsmitglied sich verpflichtet, ist für jeden von ihm beschäftigten Webstuhl ein Wechselaccept über 300 Mk. zu hinterlegen, und die Kommission hat das Recht, falls sie einen Ungehorsam feststellt, die Inkurssetzung zu beschließen. Der eingegangene Betrag wird zu gemeinnützigen Zwecken verwendet, die von der Kommission zu bestimmen sind. Der Beitritt zu dem Verein ist für ein Jahr bindend, sofern nicht bis zum 1. Oktober Kündigung erfolgt.
Da fast sämtliche Fabrikanten dem Verein beitraten, so verfügte derselbe über eine bedeutende Macht, und der erste Erfolg war, daß die Arbeiter den Streik sofort bedingungslos aufgaben, ohne daß die Kommission in Thätigkeit hätte zu treten brauchen. Auch in der nächsten Zeit kamen keine Streitigkeiten vor, und erst im Mai 1895 hatte die Kommission zum erstenmal Gelegenheit, in einen Streik, der in der größten Fabrik ausgebrochen war, einzugreifen. Sie gelangte damals nach Einsicht der Lohnlisten und längeren Verhandlungen mit Arbeitern zu dem Ergebnisse, den betreffenden Fabrikanten zu weitgehenderer Nachgiebigkeit gegen die Arbeiterforderungen und insbesondere zur Wiederaufnahme aller Streikenden ohne Unterschied zu veranlassen. Umgekehrt war der Erfolg im folgenden Jahre. Am 15. Februar 1896 brachen in mehreren Fabriken Streiks aus, aber die zum Einschreiten aufgeforderte Kommission gelangte nach einigen Versuchen, eine Einigung herbeizuführen, zu der Ansicht, daß es auf einen allgemeinen Streik abgesehen sei. So entschloß sie sich, von dem statutengemäßen Gewaltmittel Gebrauch zu machen, und ordnete an, daß am 21. Februar alle Vereinsmitglieder ihren sämtlichen Arbeitern zum 7. März zu kündigen hätten. Die so eingeleitete Aussperrung dauerte 6 Wochen und konnte nur gegen heftigen Widerstand aufrecht erhalten werden, aber schließlich siegte die Beharrlichkeit, und am 20. April wurde die Arbeit ohne wesentliche Zugeständnisse wieder aufgenommen, nur 50 Agitatoren wurden von der ferneren Beschäftigung ausgeschlossen. So energisch man hier vorgegangen war, so hatte man sich doch nicht auf den vielfach beliebten Standpunkt gestellt, daßnur die beteiligten Arbeiter selbst zu Verhandlungen legitimiert seien, sondern die Kommission hatte in ausgedehnter Weise auch mit andern Personen, die ihre Vermittelung anboten, ja sogar mit sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten verhandelt. Eine andere interessante Erscheinung dieses Streiks ist, daß nach Angabe der Fabrikanten die Arbeiter das Ziel gehabt haben sollen, den Verein der ersteren zu sprengen; im allgemeinen pflegt der Versuch, die gegnerische Organisation zu zerstören, nur von seiten der Unternehmer auszugehen.
Der Verein hat auch in der seitdem verflossenen Zeit eine erfolgreiche Wirksamkeit entfaltet, insbesondere hat man eine sehr wichtige Maßregel beschlossen, nämlich sowohlMindestlöhnewieHöchstlöhneaufzustellen, die für jedes Vereinsmitglied verbindlich sind. Dieselben werden allerdings den Arbeitern nicht mitgeteilt, lassen auch einen gewissen Spielraum, aber ihre Ueber- oder Unterschreitung wird mit Verlust des Schutzes des Vereins bestraft. Das Gleiche gilt hinsichtlich einer von der Kommission für alle beteiligten Fabriken eingeführten gemeinsamen Arbeitsordnung, in der unter Beseitigung der früher vielfach üblichen, wesentlich längeren Arbeitszeit diese auf täglich 11 Stunden festgesetzt ist. Gegen die Feier des 1. Mai ist man mit sofortiger Entlassung eingeschritten.
2.
Kann der Verein in Cottbus bereits auf eine ereignisreiche Thätigkeit zurücksehen, so befindet sich dagegen derFabrikantenverein zu Aachen-Burtscheidnoch mitten in einer Entwickelung, deren Abschluß bis jetzt nicht abzusehen ist. Derselbe ist im Jahre 1889 gegründet, indem ihm 65 von den dort vorhandenen 73 Fabrikanten beitraten. Nach seinem Statut vom 16. November 1889 bezweckt er im allgemeinen „die Förderung gemeinsamer Interessen“, hat aber von Anfang an neben anderen Dingen, wie Bekämpfung der Fabrikdiebstähle, Abwehr der auf Wollzoll hinauslaufenden agrarischen Forderungen, Erstrebung einheitlicher Verkaufsbedingungen, Stellungnahme gegen staatliche Belastung der Unternehmerschaft und Herbeiführung günstiger Zollverträge auch die Verhütung ungesetzlicher Arbeitsunterbrechungen durch die Arbeiter zum Gegenstande seiner Thätigkeit gemacht.
Nach dem mir vorliegenden Berichte[256]ist auch hier das bis zu den 60er Jahren sehr patriarchalische Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitern durch fremde Weber aus der Pfalz und Sachsen gestört, die insbesondere unter den jungen Leuten Anhang fanden. Allmählich wurde diese Richtung gegen ihr erstes Auftreten etwas gemäßigter und hat mehrfach in Gemeinschaft mit denchristlich-sozialen Vereinen Streiks durchgeführt. Das Ergebnis ist stets da, wo es sich um Lohnerhöhungen handelte, der Sieg der Arbeiter gewesen, nur Streiks, die sich um andere Dinge drehten und zu Kraftproben gebraucht wurden, gingen verloren. Die Arbeitgeber haben hierbei wenig Solidaritätsgefühl bewiesen, so daß regelmäßig derjenige, gegen den sich der Streik richtete, in der Gefahr stand, nicht allein seine Kunden, sondern auch seine eingeschulten Arbeiter an seine Konkurrenten zu verlieren, ja man kam zu der Erkenntnis, daß selbst für den Fabrikationsort die Gefahr entstand, den Betrieb zu Gunsten anderer Orte zu verlieren. Da die Löhne in Sachsen um 2–300 Mk. niedriger sind als in Aachen, so ist die Lage schwierig, und da es bis jetzt nicht gelungen ist, die Arbeitgeber zu einem so kräftigen Mittel, wie die in Cottbus zugelassene gemeinsame Schließung der Betriebe, zu bestimmen, so sahen die Beteiligten sorgenvoll in die Zukunft. In neuester Zeit ist der Vorschlag einerAusstandsversicherunggemacht, bei der aus gemeinsamen Beiträgen die von einem Streik betroffenen Fabrikanten Schadensersatz erhalten sollen, unter der Voraussetzung, daß der Vorstand ihren Widerstand gegen die Arbeiterforderungen als berechtigt anerkennt und die mit den Arbeitern einzuleitenden Verhandlungen keinen Erfolg haben. Nur hat man bei allen diesen Einrichtungen den Hauptpunkt übersehen, nämlich dahin zu wirken, daß diese Verschiedenheit der Löhne und ihr Einfluß auf die Produktionskosten allmählich beseitigt wird, wie es nur durch eine das ganze Gewerbe umfassende Organisation von Arbeitern und Arbeitgebern geschehen kann.
3.
Dem Beispiele der Tuchfabrikanten in Cottbus sind dieRiemenfabrikanten in Barmengefolgt[257]. Es bestehen dort etwa 120 Riemendrehereien mit etwa 1400 Riementischen und 4000 Gesellen. Schon früher, insbesondere 1890, hatten größere Streiks stattgefunden, bei denen es sich um die Herabsetzung der Arbeitszeit von 11 auf 10 Stunden und Abschaffung der Akkordarbeit handelte. Damals hatten die Fabrikanten durch die bloße Androhung einer allgemeinen Betriebssperre das Scheitern des Streiks herbeigeführt. Im Frühjahre 1893 wiederholte sich der Streik und führte dieses Mal zu der Bildung einer festen Vereinigung der Arbeitgeber, indem am 25. Mai 1893 der „Verein der Riemendrehereibesitzer und Fabrikanten von Flechtartikeln in Barmen-Elberfeld und Umgegend“ gegründet wurde.
Nach dem Statute bezweckt der Verein „die Verhütung und Bekämpfung von Arbeiterausständen in den Betrieben der Mitglieder und deren gegenseitigeUnterstützung während der Dauer solcher Ausstände“. Die Mitglieder haben für jeden Riementisch 12 Mk. einzuzahlen; sobald der Fonds unter diesen Betrag sinkt, ist er wieder zu ergänzen. Jedes Mitglied hat einen bei ihm ausbrechenden Streik beim Vorstande anzumelden und erhält dann auf dessen Beschluß nach Ablauf einer Wartezeit von einer Woche wöchentlich für jeden Tisch bezw. Arbeitstag 2 Mk. Entschädigung. Der Beschluß des Vorstandes ist von einer Prüfung „der Lage des Streiks“ abhängig, doch ist nicht bestimmt, welche Voraussetzungen für die Bewilligung oder Verweigerung der Entschädigung maßgebend sind. „Dauert der Streik bei einem oder mehreren Mitgliedern länger als 5 Wochen, so muß dieallgemeine Betriebssperrebei allen Mitgliedern ohne vorherigen Generalversammlungsbeschluß eintreten, es sei denn, daß die vom Streik Betroffenen auf die Verhängung der Sperre verzichten. Dieselbe kann aber auch durch den Beschluß einer außerordentlichen Generalversammlung verhängt werden und muß dann nach 14 Tagen eintreten.“ „Während der Betriebssperre müssen die Riementische sämtlicher Mitglieder, soweit dieselben nicht von letzteren selbst bedient werden können, stillgesetzt werden. Meister dürfen beschäftigt werden, allen übrigen Arbeitern und Arbeiterinnen dagegen ist während der Dauer der Sperre der Zutritt zur Fabrik zu untersagen.“ Jedes Mitglied ist zur Durchführung der Beschlüsse verpflichtet und hat zur Sicherung eine Vertragsstrafe von 1000 Mk. für jeden Tisch in Wechseln zu hinterlegen.
Der Vorstand des Vereins besteht aus 3 Fabrikanten und 3 Riemendrehereibesitzern; ein siebentes Mitglied mit beratender Stimme wird von der Handelskammer in der Person ihres Sekretärs entsandt.
Die Gründung des Vereins hatte zur Folge, daß nicht allein der damalige Streik, nachdem lediglich die Sperre angedroht war, binnen kurzem erfolglos erlosch, sondern daß auch seitdem ein weiterer Streik nicht stattgefunden hat.
4.
Einen wesentlich anderen Karakter hat der„Wupperthaler Riemendreher-Verband“. Bezweckte derjenige in Barmen-Elberfeld den Schutz gegenüber den Arbeitern, so will der Wupperthaler Verband statt dessen die Interessen der Riemendrehereibesitzer, die im wesentlichen Hausindustrielle sind, gegen die Fabrikanten schützen, von denen die ersteren ihre Aufträge erhalten. Nach dem Statut ist der Zweck des Verbandes, »die Interessen des Gewerbes in allen Teilen wahrzunehmen, insbesondere das Herabdrücken der Lohnpreise zu verhindern und der Ueberproduktion vorzubeugen. Die Mitgliedschaft steht jedem Riemendrehereibesitzer offen, der einen unbescholtenen Namen hat. Die Wirksamkeitdes Verbandes läuft auf ein kollektives Verhandeln hinaus, indem die Vereinbarungen mit den Fabrikanten mit bindender Kraft für jedes Mitglied seitens des Verbandes getroffen werden. Die Durchführung wird durch Hinterlegung von Wechseln in Höhe von 100 Mk. für jeden Riementisch gesichert. Ursprünglich hatte der Verband, der im April 1890 mit 69 Mitgliedern gegründet wurde, sich sogar das Ziel gesteckt, den Zusammenschluß des ganzen Gewerbes durch den Grundsatz der Ausschließlichkeit[258]zu erzwingen, indem wenigstens für den Hauptbetriebszweig, die Herstellung glatter Litzen, den Mitgliedern verboten war, für Fabrikanten zu arbeiten, welche Riemendreher beschäftigen, die nicht zum Verbande gehören, doch ist diese Bestimmung in der Generalversammlung am 3. März 1892 wieder aufgehoben.
Am 6. November 1890 hat sich für Hamburg, Altona, Ottensen und Umgegend einVerein der Zigarrenfabrikantengebildet zum Zweck gemeinschaftlicher Abwehr von unbilligen Forderungen seitens der Arbeiterorganisationen. Die Mitglieder garantieren sich gegenseitig gegenüber Eingriffen, welche von Arbeitervereinigungen versucht werden sollten, die Aufrechterhaltung ihrer geschäftlichen Einrichtungen, die Bewahrung ihres Hausrechts, die Freiheit ihrer Dispositionen, sowie Schutz ihrer sonstigen etwa ungerecht angegriffenen Interessen. Die Einrichtung von Institutionen, welche eine friedliche Beilegung von Konflikten anstreben, sind in erster Linie ins Auge gefaßt, aber falls friedliche Mittel nicht anwendbar erscheinen, sind energische Maßregeln zu ergreifen. Es wurde der Grundsatz aufgestellt, daß Arbeiter, welche Fachvereinen nicht angehören, zu schützen sind. Andererseits soll die Freiheit der Arbeiter, Vereinigungen anzugehören, nicht prinzipiell angetastet werden; darauf bezügliche Forderungen dürfen eventuell nur vorübergehend gestellt werden. Jedes Mitglied hat bei Zuwiderhandlung gegen Vereinsbeschlüsse eine Konventionalstrafe von 5000 Mk. verwirkt und eine Sicherheit in dieser Höhe zu hinterlegen. Der jährliche Beitrag beläuft sich auf 150 Mk., alle Mitglieder haben gleiches Stimmrecht.
Die Baugewerke nähern sich durch ihren Umfang der Großindustrie und haben deshalb, obgleich sie handwerksmäßig betrieben werden, doch im wesentlichen deren Verhältnisse. Ist es hiernach verständlich, daß auch der Gegensatz zwischen Arbeitern und Arbeitgebern sich hier in gleicher Weise, wie in der Industrie, geltend machte, so hat derselbe thatsächlich schon einen besonders hohen Grad erreicht und Arbeitsstreitigkeiten, insbesondere Streiks und Aussperrungen, sind in den Baugewerken eine sehr häufige Erscheinung. Naturgemäß hat sich deshalb hier auch in größerem Umfange die Organisation der Arbeitgeber entwickelt, ja es ist in neuester Zeit mit Erfolg versucht, dieselbe über ganz Deutschland zu erstrecken und einen einheitlichen Verband zu schaffen. Im folgenden sollen zunächst die bestehenden Einzelorganisationen, soweit mir das Material zugänglich war, vorangestellt und dann die bisherigen Schritte zur Schaffung eines Gesamtverbandes mitgeteilt werden.
A.Oertliche Vereine[260].
1.
DerArbeitgeberbund für das Maurer- und Zimmerergewerbe von Berlin und den Vorortenverfolgt noch seinen Statuten den Zweck, „auf gewerblichem Gebiete, namentlich bei Festsetzung der Lohn- und Arbeitsbedingungen mit den Arbeitnehmern, sich gegenseitig mit Rat und Hülfe zur Seite zu stehen, die Forderungen der Arbeitnehmer zu prüfen und im Falle der Berechtigung zur allseitigen Anerkennung zu bringen, unberechtigten Forderungen aber in wirksamer Weise entgegenzutreten“. Treten an ein Mitglied Forderungen heran, die zu einer Bausperre oder zu einem Ausstande Veranlassung geben können, so ist unverzüglich dem Vorstande Mitteilung zu machen. Erkennt dieser die Forderung als berechtigt an, so ist dem Mitgliede die Regelung der Angelegenheit mit seinen Arbeitern anheimzugeben, wobei der Vorstand die Vermittlerthätigkeit übernehmen kann. Entgegengesetztenfalls tritt der Verein mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln für das Mitglied ein. Diese Mittel könnenneben anderen Vorkehrungen, deren Kosten aus dem Vereinsvermögen zu bestreiten sind, insbesondere auch darin bestehen, daß die Entlassung sämtlicher auf den Bauplätzen der Vereinsmitglieder beschäftigten Maurer und Zimmerleute angeordnet wird. Jedes Mitglied, welches einem solchen Beschlusse zuwiderhandelt, verwirkt eine Strafe im zehnfachen Betrage seines Jahresbeitrages. Dieser ist gleich 20% der im letzten Jahre gezahlten anrechnungsfähigen Löhne, mindestens aber 10 Mk. Nach der Höhe der Beiträge ist auch das Stimmrecht abgestuft, und zwar von 1 bis 6 Stimmen. Der Verein steht grundsätzlich auf dem Standpunkte, seine Unterstützung nicht zu gewähren, wenn nicht in dem Bauvertrage die Streikklausel d. h. eine Bestimmung aufgenommen ist, daß im Falle eines Streiks die Ablieferungsfrist sich um die Dauer des Streiks verlängert.
Der Verein beschränkt sich aber nicht auf die Regelung ausgebrochener Streitigkeiten, sondern will zugleich auf Gleichmäßigkeit der Arbeitsbedingungen hinwirken. Deshalb hat die regelmäßige jährliche Generalversammlung den ortsüblichen Höchstbetrag der Zeitlöhne zu bestimmen, die für das nächste Jahr von den Vereinsmitgliedern an Maurer und Zimmerleute gezahlt werden dürfen; auch zur Festsetzung der übrigen Arbeitsbedingungen ist die Generalversammlung befugt; und die Mitglieder sind bei Vermeidung der bereits erwähnten Vertragsstrafe zu deren Innehaltung verpflichtet. Dem Verein sind bis jetzt von 1200 Baugewerktreibenden nur etwa 250 beigetreten.
2.
Bund der vereinigten Arbeitgeber der Maurer, Zimmerer und Bauarbeiter in Brandenburg a. H.Derselbe erstrebt: 1) Schutz seiner Mitglieder gegen Uebergriffe, von welcher Seite sie auch kommen mögen. 2) Solidarität der Arbeitgeber bei etwa eintretenden unberechtigten Arbeitseinstellungen, Sperren und Verrufserklärungen. 3) Möglichst einheitliches Handeln in allen Fragen, welche für das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern von grundsätzlicher Bedeutung sind. 4) Vereinigung mit anderen Verbänden, welche gleiche oder ähnliche Zwecke verfolgen. 5) Vertretung von Rechtsstreitigkeiten, die ein allgemeines Interesse für Bauarbeitgeber haben. Beitrittsberechtigt ist jeder unbescholtene Arbeitgeber der Maurer, Zimmerer und Bauarbeiter in Brandenburg a. H. und Umgegend. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Der jährliche Beitrag ist 10 Mk. Die Mitglieder haben den von der Generalversammlung mit zwei Drittel aller zum Bunde gehörigen Firmen gefaßten Beschlüssen unweigerlich Folge zu leisten.
Von ausbrechenden Streiks hat der Betroffene sofort den Vorstand zu benachrichtigen, der sogleich einen Bundesbeschluß herbeizuführen hat; bis dahin dürfen die Mitglieder keine Ausständigen beschäftigen. Auf Grund eines nachgenauer Untersuchung zu erstattenden Berichts des Vorstandes hat die Generalversammlung endgültig Beschluß zu fassen. Bei Nichterfüllung der satzungsgemäßen Verpflichtungen kann Ausschluß aus dem Bunde erfolgen.
3.
Verein bremischer Baugewerksmeister.Derselbe bezweckt einerseits „Wahrung und Förderung der Interessen des bremischen Baugewerkmeisterstandes im allgemeinen“ und will andererseits „die gemeinsamen Forderungen der Arbeiter derjenigen Gewerbe, welche dem Verein angehören, prüfen und im Falle der Berechtigung zu allseitiger Anerkennung bringen, unberechtigte Forderungen aber mit dem ganzen Gewichte der Vereinigung zurückweisen“. Mitglied können alle rechtschaffenen Baugewerksmeister, sowie hierbei interessierte Geschäfte und Industrielle werden. Neben dem Eintrittsgelde und dem jährlichen ordentlichen Beitrage von je 3 Mk. ist jedes Mitglied verpflichtet, im Bedarfsfalle einen seinen Verhältnissen entsprechenden außerordentlichen Beitrag zu zahlen, der vom Vorstande festgesetzt wird.
Werden in einem dem Vereine angehörigen Gewerbe Forderungen der Arbeitnehmer, die zu einer Werkstattsperre, einem partiellen oder allgemeinen Streik Veranlassung geben können, gestellt, so ist sofort dem Vorstande des Vereins Mitteilung zu machen. Dieser hat gemeinschaftlich mit der dazu berufenen Kommission dieselben vorzuprüfen auch schleunigst eine Generalversammlung zu berufen und derselben zu berichten.
Erkennen der Vorstand und die Kommission und später die Generalversammlung die Forderung der Arbeitnehmer als berechtigte an, so ist dem betreffenden Gewerbe eine Regelung mit seinen Arbeitern in Gemeinschaft mit der Kommission aufzugeben und zu überlassen; sind die Forderungen unberechtigte, so tritt der Verein voll und ganz für das betroffene Gewerbe ein und kann dafür eventuell auch die außerordentlichen Beiträge benutzen.
Wird ein Streik von seiten der Arbeitnehmer eines oder mehrerer Gewerbe angekündigt, oder ist derselbe bereits ausgebrochen, so kann die sofort zu berufende Generalversammlung auf Antrag des Vorstandes und der dazu berufenen Kommission eine teilweise Entlassung der Arbeiter, aber auch eine Schließung sämtlicher Bauplätze und Werkstätten seiner Mitglieder innerhalb acht Tagen bis zur Beendigung des Streiks beschließen. Ungesetzliche Forderungen, Drohungen der Arbeiter sind auf Kosten des Vereins gerichtlich zu verfolgen.
Auf Beschluß der Generalversammlung hin können einzelne Gewerbe oder Gewerbetreibende (Mitglieder) auf bestimmte Zeit von der Befolgung dieses Beschlusses vorläufig entbunden werden; dieselben müssen auf ihren Antragdavon entbunden werden, wenn mehr als die Hälfte der von dem betreffenden Gewerbe beschäftigten Arbeitern von Nichtvereinsmitgliedern beschäftigt werden.
Jedes Vereinsmitglied hat Arbeiter, die nachweislich durch Geldbeiträge Streikende unterstützen, sofort zu entlassen.
Um unnötige Härten zu vermeiden, kann tüchtigen Arbeitern, die nachweislich sich von allen Streikbewegungen fern halten und solche auch nicht mit Geldbeiträgen unterstützen, auf Antrag ihres Arbeitgebers durch Beschluß der Kommission das Weiterarbeiten zu den früheren Arbeitsbedingungen gestattet werden; doch hat der Arbeiter auf einem vom Verein zu liefernden gedruckten Formulare eine dahingehende Erklärung an den Verein schriftlich abzugeben.
Kein Vereinsmitglied darf Arbeitern, die infolge eines Streiks von einem anderen Vereinsmitgliede entlassen sind, innerhalb acht Wochen nach Beendigung des Streiks Beschäftigung geben ohne Bewilligung des letzteren.
Um den Verein zu stärken, hat jedes Vereinsmitglied thunlichst nur mit und für Vereinsmitglieder arbeiten zu lassen.
Bis zur Aufhebung der verhängten Sperre oder wenn in einem Gewerbe ein Streik ausbricht, dürfen die Mitglieder während dieser Zeit keine Aufträge bei Nichtmitgliedern ausführen lassen. Wer die statutenmäßigen Verpflichtungen verletzt oder einem gefaßten Beschlusse zuwiderhandelt, kann in eine Strafe bis zu 100 Mk. im Einzelfalle genommen werden.
4.
Verband der Baumeister und Bauunternehmer in Dresdenzum Schutze gegen Streiks und agitatorische Bestrebungen der Arbeitnehmer.
Arbeitnehmer, und zwar Maurer, Zimmerleute und Arbeiter, welche sich als wühlerisch erweisen, oder durch Worte, oder durch ihr Verhalten die übrigen Arbeiter gegen Verbandsmitglieder aufreizen, sind in eine Liste (Liste der von Verbandsmitgliedern nicht zu beschäftigenden Leute) einzutragen und dürfen von keinem anderen Verbandsmitgliede wieder in Arbeit genommen werden.
Die Namen solcher Arbeitnehmer sind dem Komitee unverzüglich anzuzeigen, von denselben aber eventuell nach Feststellung der Frage, ob die Anzeige begründet war, in die Liste einzutragen und sofort brieflich sämtlichen Verbandsmitgliedern mitzuteilen.
Keines der Verbandsmitglieder darf seinen Arbeitnehmern bei einer an die Verbandskasse zu zahlenden Konventionalstrafe von 1000 Mk. für jeden Kontraventionsfall mehr als die durch den Verband jeweilig festgestellten Maximallöhne gewähren.
Als Maximallohn wird bis auf weiteren Beschluß der Verbandsversammlung je nach der Güte der Arbeit festgesetzt:
Bei partiellen Streiks ist dem betroffenen Verbandsmitgliede von den übrigen die notwendigste Aushülfe durch Zuweisung eigener Arbeiter zu gewähren. Die Bestimmung erfolgt durch das Komitee. Ueber Streitigkeiten unter den Mitgliedern hinsichtlich der Satzungen entscheidet das Komitee als Schiedsgericht. Die Kosten der Verwaltung werden nach Verhältnis der gezahlten Löhne getragen. Die Vereinsmitglieder verpflichten sich, in den von ihnen abzuschließenden Verträgen möglichst den Auftraggebern gegenüber sich auszubedingen, daß sowohl bei Streiks der Arbeiter als bei den vom Verbande beschlossenen Aussperrungen die vereinbarten Konventionalstrafen während dieser Zeit nicht verfallen.
Wenn die Arbeiter sich weigern, so sind sie binnen drei Tagen zu entlassen und nicht eher wieder zu beschäftigen, als bis der Streik beendigt ist. Bei besonders dringlichen Arbeiten kann von dem Komitee eine Ausnahme bewilligt werden. Ebenso sind Poliere, Lehrlinge, von auswärts herangezogene Arbeiter und solche Leute ausgenommen, die mindestens 5 Jahre ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber in Arbeit gestanden und sich niemals an agitatorischen Bestrebungen beteiligt haben. Uebertretungen dieser Vorschriften werden mit 300 Mk. bestraft. Die Verbandsmitglieder verpflichten sich, ihre Arbeiter nur unter beiderseitigem Ausschluß der Kündigung anzunehmen.
5.
Freie Vereinigung der Baugeschäftsinhaber in Greiz.Jedes Mitglied ist verpflichtet: 1. an der elfstündigen Arbeitszeit festzuhalten; 2. keinen höheren Stundenlohn an Maurer- und Zimmergesellen zu zahlen, als von der Vereinigung beschlossen ist; 3. keinen Gesellen einzustellen, der nicht im Besitze eines Entlassungsscheines seines früheren Arbeitgebers ist, falls dieser der Vereinigung angehört; 4. solche Gesellen, die von der hiesigen „Vereinigung“ oder von einer anderen, dem Arbeitgeberverbande der beiden Fürstentümer Reuß und der Kreishauptmannschaft Zwickau angehörenden Korporation als Streiker, Streikführer oder Agitatoren bezeichnet werden, nicht einzustellen und auf ergangene Benachrichtigung sofort zu entlassen bezw. ihnen zu kündigen; 5. von einer bei ihm eingetretenen Arbeitseinstellung innerhalb 24 Stunden unter Namhaftmachung der streikenden Gesellen dem Vorstande der „Vereinigung“ Anzeige zu machen und bekannte „Aufwiegler“ unter seinen Gesellen dem Vorstand als solche zu bezeichnen.
Der Vorstand hat über die Entlassung oder Weiterbeschäftigung derselben Beschluß zu fassen.
Wenn über die Bauten eines Mitgliedes der „Vereinigung“ die sogenannte Sperre von den Gesellen verhängt werden sollte, so sind sämtliche übrigen Mitglieder gleichen Gewerbes durch Abgabe von Leuten zur Unterstützung verpflichtet.
Diese Verpflichtung trifft zunächst alle diejenigen, welche mehr als 8 Gesellen des betreffenden Gewerbes beschäftigen und zwar im Verhältnis zur Gesamtzahl ihrer Gesellen, sofern sich nicht Mitglieder freiwillig zur Abgabe von Gesellen bereit erklären.
Nimmt die Sperre bezw. der Ausstand einen solchen Umfang an, daß eine ausreichende gegenseitige Unterstützung nicht mehr möglich, so hat die Generalversammlung der „Vereinigung“ darüber zu entscheiden, ob sämtliche Gesellen zu entlassen sind bezw. ihnen zu kündigen ist.
Diese Aufkündigung hat jedoch zu erfolgen, sobald die Hälfte der bei der „Vereinigung“ beschäftigten Gesellen in den Ausstand eingetreten ist, sofern nicht durch Dreiviertel-Mehrheitsbeschluß der Generalversammlung eine weitere Hinausschiebung dieses Zeitpunktes bestimmt wird.
Verstöße gegen die Verbandspflichten haben die sofortige Präsentation des hinterlegten Sichtwechsels zur Folge. Ob eine Uebertretung oder ein Verstoß vorliegt, darüber entscheidet nach vorausgegangener Untersuchung der Vorstand endgültig und zwar mit einfacher Stimmenmehrheit.
6.
Arbeitgeberverband des Maurer- und Zimmerergewerbes in Magdeburg.Der Verband bezweckt die Herbeiführung dauernd friedlicher Verhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern durch Berücksichtigung berechtigter und Abwehr unberechtigter Forderungen und ungesetzlicher Uebergriffe, insbesondere Streiks der Arbeitnehmer und ihrer Vereinigungen.
Alle anderen Zwecke sind ausgeschlossen.
Als Mittel zur Erreichung des Verbandszweckes sollen dienen:
Mitglieder des Verbandes können sämtliche in Magdeburg ansässige Inhaber von Maurer- und Zimmerergeschäften werden, welche die Satzungen durch ihre Unterschrift für sich als bindend anerkennen.
Die Mitglieder haben für je 10000 Mk. Löhne eine Stimme und haben die Kosten nach dem Verhältnis der Löhne zu tragen, insbesondere 2 ‰ in den eingerichteten Fonds zu zahlen. Zur Sicherheit für bedingungslose Durchführungder gefaßten Beschlüsse hat jedes Mitglied 3% der anrechnungsfähigen Löhne, mindestens jedoch 500 Mk. in Sichtwechseln oder in mündelsicheren Papieren zu hinterlegen und anzuerkennen, daß unter Ausschluß des Rechtsweges diese Sicherheit dem Verbande zu Eigentum verfallen ist, sofern in der Verbandsversammlung mit Dreiviertel-Mehrheit ein Verstoß gegen die Satzungen festgestellt ist.
7.
Verband der Arbeitgeber des Baugewerbes in München.Der am 26. Juli 1898 gegründete Verband bezweckt, auf gewerblichem Gebiete, namentlich bei Festsetzung der Löhne und Arbeitsbedingungen mit den Arbeitern, sich gegenseitig mit Rat und Hülfe zur Seite zu stehen, die Forderungen der Arbeiter zu prüfen und im Falle der Berechtigung zu allseitiger Anerkennung zu bringen, unberechtigten Forderungen aber und aus solchen entstehenden Streiks der Arbeiter in wirksamer Weise entgegenzutreten. Der Verband beschränkt sich zunächst auf München und 30 Kilometer Umgebung, beabsichtigt aber möglichste Ausdehnung über ganz Bayern durch Anschluß an gleiche Verbände und will mit ähnlichen Vereinigungen innerhalb des Deutschen Reiches einen Bund der Arbeitgeberverbände ins Leben rufen. Die Mitgliedschaft steht offen allen selbstständigen Arbeitgebern des Baugewerbes. Die Beiträge belaufen sich auf 50 Pf. für je 1000 Mk. Löhne. Ueberschüsse sollen zu einem Reservefonds bis zur Höhe von 100000 Mk. angesammelt werden. Innerhalb des Verbandes bestehen besondere Gruppen: 1. der Architekten, Bau- und Maurermeister, 2. der Dachdecker und Blitzableitersetzer, 3. der Glaser, 4. der Hafner, 5. der Installateure und Brunnenmacher, 6. der Maler, 7. der Pflasterer, 8. der Schlosser und Eisenbahnkonstrukteure, 9. der Schreiner und Parkettbodenfabrikanten, 10. der Spängler und Kupferschmiede, 11. der Steinmetzen, 12. der Stuckateure und Bildhauer, 13. der Zimmermeister. Diese Gruppen versammeln sich selbständig und sind im Vorstande nach einem festgesetzten Maßstabe vertreten. Das Stimmrecht der Mitglieder ist bis zur Höchstzahl von 12 nach den Löhnen abgestuft.
Bei Streitigkeiten der Verbandsmitglieder mit ihren Arbeitern sollen zunächst der Ausschuß und die Verbandsgruppen zu vermitteln suchen. Eilige Maßnahmen darf dabei der Ausschuß selbst treffen, dagegen kann die Sperrung aller Betriebe einer Gruppe nur mit Zweidrittel-Mehrheit der Gruppenversammlung beschlossen werden. Ausnahmsweise kann Arbeitern, die sich nachweislich von allen Streikbewegungen fern gehalten haben und solche auch nicht mit Geld unterstützen, das Weiterarbeiten gestattet werden. Arbeiter aus Orten, wo zur Zeit gestreikt wird, dürfen nicht eingestellt werden. Die Liste derstreikenden Arbeiter ist vom Verbandsbureau allen Verbandsmitgliedern zuzusenden. Diese dürfen keine der aufgeführten Arbeiter beschäftigen. Kein Verbandsmitglied darf eigenmächtig mit den streikenden Arbeitern unterhandeln. Machen Streitigkeiten mit den Arbeitern die vorübergehende Unterstützung von Verbandsmitgliedern erforderlich, so wird sie vom Vorstande aus Verbandsmitteln gewährt. Von den Mitgliedern wird erwartet, daß sie die übrigen Mitglieder, insbesondere Notleidende, durch Uebertragung von Arbeiten unterstützten und die Uebertragung von Arbeiten an Nichtmitglieder möglichst vermeiden. In Lieferungsverträgen muß die Streikklausel aufgenommen werden. Strafen setzt der Verbandsvorstand fest. Jedes Mitglied hat eine Sicherheit in Höhe von 50 Mk. für jede ihm zustehende Stimme zu hinterlegen.
8.Verband süddeutscher Baugewerksmeister.
Derselbe ist eine Vereinigung von Maurermeistern, Zimmermeistern und Steinhauermeistern und wurde begründet am 5. Mai 1898.
Zweck des Verbands ist, die Arbeitgeber im Baugeschäft zu einer Organisation zur Wahrung ihrer Interessen gegenüber der organisierten Arbeiterschaft zu vereinigen und mittelst dieser Organisation
Organe des Vereins sind der Ausschuß und der Vorsitzende, auf dessen Namen das Vereinsvermögen zu belegen ist. Das Stimmrecht der Mitglieder in der Generalversammlung bestimmt sich nach der Zahl der beschäftigten Arbeiter bis zur Höchstzahl von 7. Für jede Stimme ist ein Jahresbeitragvon 5 Mk. zu zahlen, ebenso sind danach außerordentliche, durch Beschluß des Ausschusses anzufordernde Mittel umzulegen.
Die Mitglieder des Verbandes unterwerfen sich hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Beschlüssen der Generalversammlung und des Ausschusses.
Insbesondere ist zur Herabsetzung der Arbeitszeit unter die bestehende Norm von 10 Stunden kein Mitglied von sich aus befugt, vielmehr den Verbandsbeschlüssen unterworfen. Dasselbe gilt von etwaigen Abweichungen von der gegenwärtig bestehenden Zeiteinteilung, Vesperpausen &c. Dagegen bleibt bis auf weiteres eine Herabsetzung oder Erhöhung der Arbeitslöhne dem Einzelnen überlassen.
Die Vertretung der Interessen der Verbandsmitglieder vor der Oeffentlichkeit ist Sache des Ausschusses, und es verpflichten sich die Mitglieder, in dieser Hinsicht keinerlei öffentliche Kundgebung, insbesondere in der Tagespresse &c, ohne Ermächtigung des Vorsitzenden des Ausschusses und keinesfalls gegen dessen Beschluß vorzunehmen.
Die Mitglieder verpflichten sich, Unterhandlungen mit der organisierten Arbeiterschaft, d. h. abgesehen von den eigenen Arbeitern, über Arbeitsbedingungen u. dergl. ausschließlich durch Vermittlung des Ausschusses zu führen.
Wenn in dem Geschäft eines Mitglieds zwischen diesem bezw. seinen Vertretern und Beamten und seinen Arbeitern Differenzen irgend welcher Art entstehen, welche geeignet sind, zu einem Ausstand, Platzstreik, Boykott, Sperre oder etwas derartigem zu führen, so hat das betreffende Mitglied, wenn es nicht von sich aus die Differenzen durch Abbestellung etwaiger Mißstände zu erledigen vermag, die Pflicht, die Ansprüche der Arbeiter nicht von sich aus abzulehnen, sondern dem Vereinsausschuß zur Untersuchung und Beschlußfassung vorzulegen und sich dessen Ausspruch zu unterwerfen.
Wird in einem Verbandsgeschäfte von seiten der Arbeiter ein Ausstand oder eine Sperre angedroht oder erklärt, so ist dem Vorsitzenden des Ausschusses sofort Mitteilung zu machen. Dieser soll alsdann baldigst eine Untersuchung einleiten, welche klarstellt, ob und inwieweit den Arbeitgeber ein Verschulden trifft.
Falls der Ausschuß beschließt, daß der Arbeitgeber den Forderungen der Arbeiter ganz oder teilweise nachgeben soll, so ist das Nähere hierüber festzusetzen und der Arbeitgeber verpflichtet, diesen Beschluß durchzuführen und die beschlossene Bewilligung der gestellten Forderungen der Arbeiter durch Anschlag oder sonstwie zur Kenntnis der letzteren zu bringen. — Erklärt der Ausschuß den Streik für nicht berechtigt, so hat der Vorsitzende das Verzeichnis der beteiligten Arbeitnehmer sofort sämtlichen Vereinsmitgliedern mitzuteilen.
Nach erfolgter Mitteilung darf kein Vereinsmitglied einen streikenden Arbeiter in seinem Betriebe beschäftigen.
Der Ausschuß hat das Recht, die in dem notleidenden Betriebe vorliegenden Aufträge auf die übrigen Betriebe, wenn angängig, zu verteilen.
In solchen Fällen hat das von dem Streik betroffene Verbandsmitglied die ihm aushilfsweise gelieferten Arbeiten mit einem Betrage zu bezahlen, welcher nach der Schätzung des Ausschusses dem durchschnittlichen Selbstkostenpreise entspricht. Den Aufschlag auf die Selbstkosten, welcher dem die Arbeit liefernden Geschäfte zu zahlen ist, deckt der Verband.
Sollten die Arbeiter derjenigen Firma, welcher die Ausführung der Arbeit übertragen worden ist, sich weigern, die Arbeit auszuführen, so sind dieselben zu entlassen.
Zur Sicherung der Vertragspflichten hat jedes Mitglied nach der beschäftigten Arbeiterzahl Wechsel bis zur Höhe von 5000 Mk. zu hinterlegen, die durch Beschluß des Ausschusses für verfallen erklärt werden können. Der Ausschuß ist auch befugt, nach seinem Ermessen aus dem Verbandsvermögen an solche Mitglieder, die durch Arbeitseinstellungen geschädigt sind, Unterstützungen zu bewilligen.
9.Freie Vereinigung der Maurer- und Zimmermeister in Stettin.
In Stettin hatten schon mehrfach die Arbeiter des Baugewerbes dadurch Lohnerhöhungen erzwungen, daß sie über einzelne Geschäfte die Sperre verhängten. Um sich hiergegen zu schützen, traten die Maurer- und Zimmermeister am 24. April 1897 zu einer freien Vereinigung zusammen unter dem Namen „Arbeitsnachweis für Maurer und Zimmerer in Stettin und Umgegend.“ Nach den Statuten sind die Mitglieder verpflichtet, nur solche Gesellen in Arbeit zu nehmen, welche sich, sofern sie bereits in Stettin in Arbeit waren, im Besitz eines ordnungsmäßigen Entlassungsscheines befinden, oder, falls sie von auswärts kommen, eine Meldekarte des Arbeitsnachweises haben. Mitglieder, die hiergegen verstoßen, werden aus der Vereinigung ausgeschlossen. Der Arbeitsnachweis soll die Mitglieder auch über ungebührliche Maßnahmen der Arbeitnehmer sofort unterrichten, ist aber auch befugt, falls ein Entlassungsschein zu Unrecht verweigert ist, eine Meldekarte auszustellen. Zur Mitgliedschaft sind alle Baugeschäfte in Stettin und Umgegend berechtigt. Stimmrecht und Beitrag richtet sich nach der Höhe der im Vorjahre bezahlten Löhne.
Schon im Herbst 1897 bot sich durch einen von den Bauarbeitern wegen Lohnerhöhung begonnenen und von den Maurern unterstützten Streik Gelegenheit, die beiderseitigen Kräfte zu erproben. Der „Arbeitsnachweis,“ dem sich45 Meister angeschlossen hatten, beantwortete den Streik durch Entlassung sämtlicher Bauarbeiter und Maurer. Nachdem der Kampf vom 25. Oktober bis 21. November 1897 gedauert hatte, wurde an letzterem Tage eine Uebereinkunft getroffen, nach welcher die Arbeit am folgenden Tage wieder aufgenommen werden sollte. Die Maurer erkannten den Arbeitsnachweis sowie die Entlassungsscheine an, sofern sie nicht als Mittel zur Maßregelung benutzt werden, und verpflichteten sich, keinerlei Maßregelungen solcher Gesellen zu dulden, die während der Arbeitseinstellung weiter gearbeitet hatten. Auf der anderen Seite verpflichteten sich die Arbeitgeber, keine Maßregelungen gegen Mitglieder der Gesellenvereinigung eintreten zu lassen und erkannten diese letzteren an. Statuten und Mitgliederverzeichnis sollen gegenseitig ausgetauscht werden. In einer gemeinschaftlichen Sitzung sollten dann Kommissionen beider Teile sich über die Lohn- und Arbeitsbedingungen für das nächste Jahr verständigen und Einrichtungen treffen, um etwa auftauchende Streitigkeiten gütlich beizulegen. Eine gleichartige Vereinbarung wurde mit den Zimmergesellen getroffen.
B.Der deutsche Arbeitgeberbund für das Baugewerbe.
Seitens des Verbandes deutscher Baugewerksmeister ist schon früh die Anregung zum allgemeinen Ausbau von Arbeitgebervereinen gegeben, insbesondere war schon auf dem 1890 in Bremen abgehaltenen Verbandstage eine Kommission eingesetzt mit dem Auftrage, ein Normalstatut auszuarbeiten. Da aber die erzielten Erfolge den Hoffnungen nicht völlig entsprachen, glaubte man eine kräftigere Anregung dadurch zu erzielen, daß man alle bestehenden Vereine zu einem gemeinsamen Bunde zusammenfaßte. Demgemäß wurde auf dem am 6. September 1898 in Breslau abgehaltenen Verbandstage der Beschluß gefaßt, die sofortige Gründung eines ganz Deutschland umfassenden Arbeitgeberverbandes für das Baugewerbe in die Hand zu nehmen, und der geschäftsführende Ausschuß mit den erforderlichen Schritten beauftragt, auch daneben noch eine besondere Kommission aus 18 Mitgliedern gebildet. Auf Grund der von dieser Kommission in ihrer Sitzung vom 28./29. Oktober 1898 entworfenen Vorschläge hat dann in der am 15. März 1899 in Berlin abgehaltenen konstituierenden Generalversammlung die Gründung des Bundes stattgefunden.
Aus den Statuten ist folgendes hervorzuheben. Unter dem in der Ueberschrift bezeichneten Titel wird eine Vereinigung der Landes- bezw. Lokalverbände der Arbeitgeber im Baugewerbe für das ganze Deutsche Reich mit dem Sitze in Berlin gebildet. Zweck derselben ist, durch einen seiten Zusammenschluß sämtlicher bestehender oder noch zu errichtender Verbände die gemeinsamen Berufsinteressen gegenüber den Arbeitnehmern wahrzunehmen, namentlich auf Erzielung eines gedeihlichen Verhältnisses zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmernsowie zwischen den Arbeitgebern und den Behörden hinzuwirken, die Veranlassung zum Ausbruche von Streiks zu prüfen und letztere nach Möglichkeit zu vermeiden bezw. beizulegen. Als Aufgaben sind bezeichnet: 1. die Wahrnehmung der Berufsinteressen durch Zusammenfassung der schon bestehenden Landes- bezw. Lokalverbände; 2. die Gründung weiterer Landes- bezw. Lokalverbände in größeren und kleineren Städten bezw. Bezirken und deren Anschluß an den Arbeitgeberbund und die Bearbeitung der für dieselben nötigen Statuten; 3. die Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen bei den Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden durch Erstattung von Vorstellungen und Gesuchen zu fördern; 4. den Schriftwechsel mit Baubehörden, Verbänden und sonstigen Vereinigungen, welche mit dem Bauwesen in Verbindung stehen, zu erledigen; 5. geeignete Bauverträge zu entwerfen und für deren Einführung zu wirken; 6. mit dem bauenden Publikum, den Baulieferanten und der Presse in zweckdienliche Verbindung zu treten und die letztere mit wahrheitsgetreuen Nachrichten über die augenblickliche Lage im Baugewerbe sowie über die thatsächlichen Verhältnisse bei drohenden oder ausgebrochenen Arbeitseinstellungen zu informieren; 7. die Landes- bezw. Lokalverbände bei drohenden oder ausgebrochenen Arbeitseinstellungen mit Rat und That zu unterstützen, auch auf ein einheitliches Handeln der Verbände hinzuwirken, insonderheit dafür zu sorgen, daß die aus Streikorten kommenden Arbeiter nicht anderwärts beschäftigt werden; 8. Erzielung von Arbeitsbedingungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, welche den lokalen Verhältnissen entsprechen; 9. Ausgabe einheitlicher Entlassungsscheine; 10. Einrichtung von Arbeitsnachweisen; 11. Einrichtung eines schnellen Nachrichtendienstes zwischen der Zentrale und den Landes- bezw. Lokalverbänden; 12. Bearbeitung statistischer Nachweise über Arbeiterverhältnisse und Arbeiterbewegung, und zweckentsprechende Verwertung derselben.
Mitglied kann jeder Landes- bezw. Lokalverein der Arbeitgeber im Baugewerbe im Deutschen Reiche werden, dessen Statuten mit dem aufgestellten Normalstatut im wesentlichen übereinstimmen. Der Jahresbeitrag beläuft sich für jeden Landes- bezw. Lokalverband auf 20 Pfennig für je 1000 Mark anrechnungsfähiger Arbeitslöhne. Organe des Bundes sind 1. der Vorstand, 2. der Aufsichtsrat, in welchem sich sämtliche Verbände durch ein Mitglied vertreten lassen dürfen, 3. der Rechnungsausschuß, 4. die Generalversammlung. In der letztern führen die Verbände nach dem Jahresbeitrage eine Stimme für je 1000 Mitglieder. Es wird ein Reservefonds gebildet, aus welchem bei Arbeitseinstellungen die Einzelverbände zu unterstützen sind. Ueber Zuwendungen aus demselben hat je nach der Höhe der Vorstand allein oder unter Mitwirkung des Aufsichtsrates zu beschließen.
Der Verein soll keinen offensiven Karakter haben, sondern nur Uebergriffe abwehren. Das Recht der Arbeiter auf Koalition sowie zur Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen soll in keiner Weise beschränkt werden.
Dem Bunde traten sofort bei die Landes- bezw. Lokalverbände in Altenburg, Altona, Berlin, Brandenburg, Breslau, Burg, Dresden, Erfurt, Gera, Görlitz, Greiz, Jena, Liegnitz, Lübeck, Magdeburg, Naumburg, Neuhaldensleben, Neuruppin, Osnabrück, Pasewalk, Potsdam, Pyritz, Rathenow, Saarbrücken, Stettin, Stralsund, Stuttgart, Templin und Wittenberg. Die Vertreter von Bremen, Landau und München stellten den Anschluß ihrer Verbände in sichere Aussicht.
Uebrigens ergiebt sich aus den Verhandlungen, daß man es versuchen will, sich von einem einseitigen Unternehmerstandpunkte fernzuhalten. So erkannte man ausdrücklich das gute Recht der Arbeiter zu Arbeitseinstellungen insoweit an, als deren Zweck darin bestehe, die Lebenshaltung der Arbeiter zu verbessern. Gerechtfertigte Forderungen müßten erfüllt werden, um sich die Sympathie der öffentlichen Meinung zu sichern. Die Arbeitgeber müßten die Arbeiter als gleichberechtigten wirtschaftlichen Faktor anerkennen. Die Hauptaufgabe bestehe darin, die Arbeitsbedingungen überall gleich zu gestalten. Nur den politischen Bestrebungen der Sozialdemokratie soll entgegengetreten werden.
1.
Verein Berliner Wollfilzhutfabrikantenzur Wahrung gemeinsamer Interessen[261]. Derselbe ist im Jahre 1895 bei Gelegenheit eines Streites mit den Arbeitern wegen Entlassung eines Arbeiters begründet und umfaßt sämtliche in Berlin befindliche 10 Hutfabriken mit etwa 2000 Arbeitern. Zweck des Vereins ist: „ungerechtfertigten Maßnahmen der in den beteiligten Fabriken beschäftigten Arbeiter, namentlich unberechtigten Arbeitseinteilungen im ganzen oder im einzelnen entgegenzutreten, andererseits aber auch Streitigkeiten zwischen einzelnen Fabrikanten und ihren Arbeitern, welche zu derartigen Arbeitseinstellungen führen können, nach Möglichkeit zu schlichten“. Die Mitglieder haben, je nachdem sie bis 75, bis 150 oder mehr Arbeiter beschäftigen, 1–3 Stimmen und in gleichem Verhältnisse zu den Kosten beizutragen, endlich auch zur Sicherung der Vertragspflichten Wechsel in Höhe von 5000, 10000 oder 15000 Mk. zuhinterlegen. Zu den Versammlungen muß jedes Mitglied persönlich erscheinen; Versäumnis wird mit 20 Mk., Zuspätkommen mit 15 Mk. bestraft. Jedes Mitglied muß Streitigkeiten mit seinen Arbeitern, die er nicht selbst zu Schlichten vermag, sofort dem Vorsitzenden anzeigen, der unverzüglich eine Versammlung beruft. Diese oder eine einzusetzende Kommission hat den Streitfall zu untersuchen und zu entscheiden. Fällt die Entscheidung gegen das Mitglied aus, so ist derselben unbedingt Folge zu geben. Anderenfalls hat, sofern die Arbeiter sich nicht fügen, eine neue Versammlung die erforderlichen Schritte und erforderlichenfalls die Einstellung des Betriebes in sämtlichen Fabriken zu beschließen. Den Mitgliedern ist nicht gestattet, mit Arbeiterkommissionen zu verhandeln, denen andere, als ihre eigenen Arbeiter angehören.
Bei Zuwiderhandlungen gegen die gefaßten Beschlüsse ist der hinterlegte Wechsel für verfallen zu erklären.
Die Vereinbarung ist zunächst bis zum 31. Dezember 1900 abgeschlossen.
2.
Der„Verein sächsischer Strohhutfabrikanten zur Wahrung gemeinsamer Interessen“mit dem Sitze in Dresden verdankt seine Entstehung ebenfalls einem im Jahre 1896 ausgebrochenen Streik, bei welchem die Arbeiter mitten in der Saison ohne Kündigung die Arbeit niederlegten. Demgegenüber traten die 16 Strohhutfabrikanten zusammen und vereinbarten, alle Arbeiter, die nicht bis zu einem festgesetzten Zeitpunkte die Arbeit wieder aufgenommen haben würden, während sechs Monate unter keinen Umständen wieder zu beschäftigen, wodurch der Streik wesentlich beschränkt wurde.
Die beteiligten Fabrikanten beschlossen, die zunächst für einen einzelnen Fall getroffene Uebereinkunft in Form eines festen Vertrages fortzusetzen, der sich übrigens nicht bloß mit dem Verhältnisse zu den Arbeitern beschäftigt, sondern auch Mißstände im Verkehr mit den Kunden, z. B. übermäßige Ausdehnung des Zahlungszieles, unrechtmäßige Abzüge von den Fracht- und Verpackungskosten und dgl. bekämpfen will[262].
Eine Zusammenfassung fast aller größeren Tapetenfabriken bildet derVerein deutscher Tapetenfabrikanten. Die Hauptthätigkeit entwickelt derselbe gegenüber den Händlern, indem er ihnen einen Mindestzuschlag auf dieEinkaufspreise vorschreibt, widrigenfalls die Mitglieder des Vereins ihnen keine Tapeten liefern dürfen. Verkauf an Handwerkervereinigungen, Warenhäuser, Bazare und Versandgeschäfte ist verboten, ebenso der auktionsweise Verkauf. Die Händler dürfen ferner von ausländischen Fabrikanten nicht billiger einkaufen, als von den Vereinsmitgliedern. Zwangsmittel bilden Geldstrafen bis 3000 Mk. und die Verhängung der Sperre. Eine Art ausschließlichen Verbandsverkehrs ist dadurch eingeführt, daß die Mitglieder nur von solchen Lieferanten, Agenten und Mittelspersonen kaufen dürfen, welche ausschließlich an Vereinsmitglieder liefern; ebenso darf kein Mitglied mit einem Händler arbeiten, der von nicht zum Vereine gehörigen deutschen Fabrikanten kauft.
Richtet sich, wie gesagt, die Thätigkeit des Vereins in erster Linie gegen die Händler und Lieferanten, so wird doch auch das Verhältnis zu den Arbeitern durch folgende Bestimmung (§ 40) geregelt:
„Erfolgt bei einem Mitgliede des Vereins ein Streik der Arbeiter, wozu eine komplottmäßige, wenn auch sonst ordnungsmäßige Kündigung zur Erzwingung höherer Löhne oder Abschaffung mißliebiger Einrichtungen mitgerechnet wird, so darf kein dem Verein angehörender Kollege, nachdem die Angelegenheit vom Vorstande geprüft und zur Kenntnis der Mitglieder gebracht ist, einem Streikenden innerhalb der ersten drei Monate Beschäftigung geben.“
Im Handwerk besteht in den Innungen eine Organisation der Arbeitgeber, die den Zwecken der Interessenvertretung gegenüber den Arbeitern dienstbar gemacht werden kann. Dies ist auch vielfach geschehen, und um eine umfassende Kenntnis aller auf diesem Gebiete bestehender Einrichtungen zu erzielen, würde es erforderlich sein, bei allen in Deutschland bestehenden Innungen Auskunft einzuholen. Aber mehrfach haben sich auch neben den Innungen besondere Verbände gebildet, die häufig den Rahmen eines einzelnen Gewerbes überschreiten und verwandte Berufe vereinigen.
1.Arbeitgeberbund der vereinigten Tischler- und Drechslermeister, sowie verwandter Holzbearbeitungsbetriebe in Stettin[263].
Die Gründung des Bundes ist veranlaßt durch einen im Jahre 1897 ausgebrochenen Streik, in welchem die Tischlergesellen 10 % Lohnerhöhung undVerkürzung der Arbeitszeit von 10 auf 9½ Stunden forderten. Die Meister gestanden die erste Forderung zu, verweigerten aber die zweite, und da die Gesellen durch Hinzutritt sämtlicher Holzarbeiter ihre Organisation erweitert hatten, so beschritten auch die Meister diesen Weg und gründeten am 12. Mai 1897 den in der Ueberschrift bezeichneten Bund, zu dem sämtliche Tischler-, Stuhlmacher- und Drechslermeister ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit zur Innung, sowie die Fabrikbesitzer von Holzbearbeitungsbetrieben eingeladen wurden. Die Mitgliederzahl beträgt 120 gegenüber 6–700 Gesellen. Obgleich die Großindustriellen dem Bunde fern blieben und sogar entlassene Gesellen in Arbeit nahmen, gelang es dem Bunde, nach fünfmonatlicher Dauer des Streiks einen völligen Sieg davonzutragen.
Der Bund bezweckt nach seinen Statuten „die Beratung aller gemeinschaftlichen Fragen, welche zur Wahrung der gemeinsamen Interessen erforderlich sind, sowie die Herstellung und Erhaltung eines kollegialischen Verkehrs unter den Mitgliedern“. „Keineswegs beabsichtigt die Vereinigung durch ihre gemeinschaftlichen Bestrebungen die Interessen der Arbeitnehmer zu beeinträchtigen, vielmehr soll bei eintretenden Differenzen die Sachlage von einer Kommission genau geprüft und das weitere beschlossen werden“.
„Auf Antrag der Kommission und durch Beschluß der Vereinigung verpflichten sich sämtliche Mitglieder solidarisch, bei einem ausbrechenden Streik oder einer Sperre seitens der Gesellen in Betrieben bei einem oder mehreren Mitgliedern sämtliche Gesellen nach ordnungsmäßiger Arbeitslösung sofort zu entlassen; außerdem von den in diesen Betrieben beschäftigten Gesellen und Arbeitern keinen in Arbeit zu nehmen, solange der Streik oder die Sperre dauert. Jedes Mitglied ist verpflichtet, von jedem Arbeiter bei Einstellung in Arbeit einen ordnungsgemäßen Entlassungsschein vom letzten Arbeitgeber zu fordern und sich denselben vor Einstellung in Arbeit vorlegen zu lassen.“
In allen Fällen unterwerfen sich die Mitglieder dem Schiedsspruche der Kommission. Bei Verstößen gegen seine Pflichten hat jedes Mitglied an die Armenkasse eine Ordnungsstrafe von 10 Mk. für jeden satzungswidrig beschäftigten Gesellen zu zahlen.
Der Verband besitzt einen Arbeitsnachweis, dessen Benutzung für die Mitglieder zwingend ist.
2.Verein der Möbel- und Bautischlereien in Herford[264].
In Veranlassung eines Streiks hat sich im Jahre 1898 in Herford der in der Ueberschrift bezeichnete Verein gebildet mit dem Zwecke, „die gemeinsamenInteressen zu vertreten und speziell ungerechtfertigten Arbeitseinstellungen entgegenzuwirken, sowie den von solchen Arbeitseinstellungen betroffenen Fabrikanten moralische und materielle Unterstützung zu gewähren“. Die Mitgliedschaft kann jede Möbel- und Bautischlerei in Herford, Oeynhausen und Umgegend beantragen, welche mindestens 10 Arbeiter beschäftigt. Die Statuten treffen für die Behandlung von Arbeitsstreitigkeiten wörtlich dieselben Bestimmungen, wie sie die oben[265]mitgeteilten Statuten des Vereins Bielefelder Fabrikanten enthalten, mit der einzigen Ausnahme, daß die Höhe der während der Dauer des Streiks zu zahlenden Vergütung nicht näher bestimmt ist, daß ferner auf je 50 beschäftigte Arbeiter eine Summe entfällt und daß die Beiträge auf je eine Stimme sich auf jährlich 5 Mk. belaufen.
Der Verein hat den Streik, in dessen Veranlassung er gegründet wurde, siegreich durchgeführt, sieht aber seine Aufgabe mehr darin, durch das Gewicht seines Einflusses dem Ausbruche von Streiks vorzubeugen.
3.
Verband der Faßfabrikanten und Küfermeister von Rheinland und Westfalen.
Die Veranlassung zur Gründung des Verbandes war ein Streik der Böttchergesellen, der im März 1898 in Dortmund ausbrach und den dortigen Böttchermeistern die Anregung gab, alle Böttchermeister der beiden Provinzen zum Zusammenschlusse aufzufordern. Dem Verbande gehören 52 Meister an, während 25 meist kleinere Geschäfte sich ferngehalten haben. Es gelang nach 31wöchiger Dauer des Streiks, denselben siegreich zu beendigen. Zweck des Verbandes, der seinen Sitz in Dortmund hat, ist
Neben einem Eintrittsgelde von 10 Mk. hat jedes Mitglied die von dem Verbandstage festzusetzenden ordentlichen und außerordentlichen Beiträge zu zahlen und sich allen Beschlüssen zu unterwerfen. Besondere Einrichtungen für Behandlung von Streikfällen sind im Statute nicht getroffen. Der Verband will nicht bloß solche regeln, sondern auch sonst auf gemeinsame Ordnung der Arbeitsverhältnissehinwirken; er hat bereits eine gemeinsame Arbeitsordnung für alle ihm beigetretenen Geschäfte ins Leben gerufen.
Auch seitens der Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe sind Versuche gemacht, das Verhältnis zu den Arbeitern durch Bildung von Organisationen zu beeinflussen. Ein solcher Verein ist der 1892 begründete„Verein zur Besserung der ländlichen Arbeiterverhältnisse“in Halle a. S., der seine Wirksamkeit zuerst auf die Provinz Sachsen beschränkte, später aber auf die Herzogtümer Braunschweig, Gotha und Anhalt und die Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen ausdehnte.
Der Verein verfolgt nach dem Statute den Zweck, das Recht und die ehrliche Arbeit seiner Mitglieder zu schützen und ihnen in ihren Bestrebungen zur Besserung der Lage ihrer ländlichen Arbeiter zu helfen. Als Mittel zur Erreichung dieses Zweckes werden genannt:
Durch die Beitrittserklärung verpflichtet sich jedes Mitglied, keine Person in Arbeit oder Dienst zu nehmen bezw. zu behalten, nachdem ihm bekannt geworden ist, daß dieselbe bei einem anderen Mitgliede des Verbandes ohne ordnungsmäßige Entlassung die Arbeit aufgegeben hat und von diesem zurückverlangt wird. Zuwiderhandelnde haben das Zehnfache ihres Jahresbeitrages bis zur Höchstsumme von 300 Mk. als Strafe an die Verbandskasse zu zahlen. Der Jahresbeitrag beläuft sich auf 1 Mk. für je 100 Morgen Land.
Der Verband hat in der That auch arbeiterfreundliche Maßregeln unterstützt, insbesondere ist er für gesunde und befriedigende Arbeiterwohnungen, für Ueberlassung von Land an die Arbeiter und für humane Behandlung derselben eingetreten. Immerhin liegt der Schwerpunkt in der Vertretung der Interessen der Besitzer, wie dies insbesondere in dem von dem früheren Verbandsanwalt Dr.Suchslandim Auftrage des Verbandes ausgearbeiteten und von demVerbande mit Nachdruck vertretenen „Gesetzentwurfe betr. die Regelung der landwirtschaftlichen Arbeiterverhältnisse“ hervorgetreten ist, in welchem nicht allein allgemeine Einführung von Arbeitsbüchern, sowie An- und Abmeldepflicht der Arbeiter vorgeschrieben, sondern auch für Vertragsbruch Geld- und Gefängnisstrafen bis zu einem Jahre angedroht waren[266]. Die wichtigste Einrichtung des Verbandes ist der Arbeitsnachweis, für den ein besonderes Bureau wie eine Reihe von Nebenstellen besteht. Daneben wird von dem Verbandsanwalte Rechtsrat erteilt. Ein eigenes Organ, die „Mitteilungen“, erschien bis Ende 1895 sechsmal jährlich.
Der Verband hat die von ihm erhoffte Bedeutung nicht erlangt, da die landwirtschaftlichen Besitzer ihm nicht in ausreichender Anzahl beitraten. So zählte er Ende 1895 nur 2714 Mitglieder mit 1418716 Morgen Land, während es allein in der Provinz Sachsen 70000 landwirtschaftliche Besitzer giebt. Unter diesen Umständen war es selbstverständlich, daß der Verband nicht selbständig weiter bestehen konnte, nachdem in Preußen das Gesetz über Errichtung von Landwirtschaftskammern in Kraft getreten war, durch welches diesen Kammern ganz ähnliche Aufgaben zugewiesen werden, wie sie der Verband verfolgte. Der letztere hat deshalb in seiner Generalversammlung vom 23. November 1895 beschlossen, sich mit dem von der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen geschaffenen „Ausschusse für Arbeiterwesen“ zu verschmelzen. Dieser hat die Statuten des Verbandes fast wörtlich übernommen und führt dessen Thätigkeit weiter; lediglich der Arbeitsnachweis ist eine Einrichtung, zu welcher der Beitritt frei steht und zu der deshalb auch besondere Beiträge gezahlt werden. Auch den nicht in der Provinz Sachsen wohnenden Landwirten ist die Mitgliedschaft ermöglicht.
Auch für die Provinz Schlesien[267]wurde 1892 ein ähnlicher Verein ins Leben gerufen, der aber schon 1893 seine Thätigkeit wieder einstellte, und zwar teils aus dem Grunde, weil ein Arbeitermangel wenig fühlbar war, teils deshalb, weil man erwartete, daß der „Bund der Landwirte“ auch hinsichtlich der Verbesserung der ländlichen Arbeiterverhältnisse eingreifen werde.
Die Landwirtschaftskammer für die Provinz Schlesien hat 1898 einen Arbeitsnachweis für landwirtschaftliches Personal eingerichtet, der sich durchaus dem sächsischen Vorbilde anlehnt.
Unter dem im Eingange betonten Gesichtspunkte, die Unternehmerverbände in ihren Verhältnissen zu den Arbeitnehmern zu verfolgen, verdient eine bevorzugte Sonderstellung und deshalb eine eingehendere Behandlung der Deutsche Buchdruckerverein. Wir haben ihn und seine Thätigkeit, soweit es zum Verständnis der Entwickelung erforderlich war, schon bei der Behandlung des Gehülfenverbandes erwähnt[268]. Wenn wir hier noch etwas näher auf ihn eingehen, so geschieht dies nicht allein, um das Bild eines Unternehmervereins, der dem Ideale der Ergänzung des betreffenden Arbeitervereins zu einer Gesamtorganisation des Gewerbes näher wie irgend ein anderer gekommen ist, im einzelnen zu zeichnen, sondern vor allem auch deshalb, um hier, wo ich den eigenen Berichten des Vereins[269]folge, eine Ergänzung der früheren, wesentlich auf die arbeiterfreundlichen DarstellungenZahn's undGerstenberg's gestützten Schilderung zu geben und insbesondere hinsichtlich der stattgefundenen Streitigkeiten die Anschauungen der Prinzipale zu Worte kommen zu lassen.
Der Gedanke einer beruflichen Zusammenfassung der Buchdruckereibesitzer war u. a. schon auf einer 1865 in Karlsruhe abgehaltenen Versammlung derselben von J.Schneiderin Mannheim geäußert. Der letztere gab nun unter dem Eindrucke der Lebensäußerungen des 1866 gegründeten Gehülfenverbandes einen Anstoß zu der Verwirklichung seines Planes durch einen am 11. März 1869 veröffentlichten Aufruf, der als Zweck des zu gründenden Vereines bezeichnete: 1. die künstlerische und geschäftliche Hebung der Buchdruckerei im allgemeinen und 2. die Regelung der betreffenden Arbeits- und Arbeiterverhältnisse insbesondere. Während derSchneider'sche Plan ziemlich stark den repressiven Karakter gegen die Gehülfenbewegung betonte, stand der am 24. Juni 1869 von dem „Freundschaftlichen Vereine Hamburg-Altonaer Buchdruckereibesitzer“ veröffentlichte Aufruf, der im übrigen den gleichen Zweck verfolgte, auf dem Standpunkte, „keineswegs einen Druck auf die Gehülfen auszuüben, die Arbeitslöhne zu vermindern u. s. w., sondern vielmehr Mittel und Wege zu finden, das allein ersprießliche Zusammenwirken von Prinzipalen und Gehülfen unter den für beide Teile günstigsten Bedingungen herbeizuführen“. Um einer Zersplitterung vorzubeugen, einigte man sich auf eine gemeinsam zu berufendeVersammlung, die am 14. und 15. August 1869 in Mainz tagte und die Gründung des „Deutschen Buchdruckervereins“ beschloß, dem zunächst 87 Mitglieder beitraten, doch war diese Zahl bis zu der am 14. Mai 1870 abgehaltenen ersten Generalversammlung auf 416 angewachsen. Aus den auf der letzteren beschlossenen Statuten ist folgendes hervorzuheben: