Fußnoten:[135]übermacht, übertrieben.[136]einmal, kurz, überhaupt.[137]Getüch, Tuchwaaren.[138]Gesäg, Gerede.[139]undfehlt in allen Ausgaben.[140]ungefähr, zufällig.[141]Lauer, Spitzbube, nach dem Sprichwort: der Bauer ein Lauer.[142]Vgl. »Simplicissimi Galgenmännlein« &c. 1673 und die Einleitung zum »Simplicissimus«, S.LXV.[143]Sabud Salomonis.Sabud, der Sohn Nathan's, des Priesters, war des Königs Freund. 1 Könige 4, 5.[144]Die Gesammtausgabe hat »abbantage«; Courage will sagen Avantage, Vortheil.[145]flamen, es ist wol gemeint: geistiger Hauch, geistiges Wesen.[146]raumen, aufräumen, ebnen, Hindernisse aus dem Wege schaffen.
[135]übermacht, übertrieben.
[135]übermacht, übertrieben.
[136]einmal, kurz, überhaupt.
[136]einmal, kurz, überhaupt.
[137]Getüch, Tuchwaaren.
[137]Getüch, Tuchwaaren.
[138]Gesäg, Gerede.
[138]Gesäg, Gerede.
[139]undfehlt in allen Ausgaben.
[139]undfehlt in allen Ausgaben.
[140]ungefähr, zufällig.
[140]ungefähr, zufällig.
[141]Lauer, Spitzbube, nach dem Sprichwort: der Bauer ein Lauer.
[141]Lauer, Spitzbube, nach dem Sprichwort: der Bauer ein Lauer.
[142]Vgl. »Simplicissimi Galgenmännlein« &c. 1673 und die Einleitung zum »Simplicissimus«, S.LXV.
[142]Vgl. »Simplicissimi Galgenmännlein« &c. 1673 und die Einleitung zum »Simplicissimus«, S.LXV.
[143]Sabud Salomonis.Sabud, der Sohn Nathan's, des Priesters, war des Königs Freund. 1 Könige 4, 5.
[143]Sabud Salomonis.Sabud, der Sohn Nathan's, des Priesters, war des Königs Freund. 1 Könige 4, 5.
[144]Die Gesammtausgabe hat »abbantage«; Courage will sagen Avantage, Vortheil.
[144]Die Gesammtausgabe hat »abbantage«; Courage will sagen Avantage, Vortheil.
[145]flamen, es ist wol gemeint: geistiger Hauch, geistiges Wesen.
[145]flamen, es ist wol gemeint: geistiger Hauch, geistiges Wesen.
[146]raumen, aufräumen, ebnen, Hindernisse aus dem Wege schaffen.
[146]raumen, aufräumen, ebnen, Hindernisse aus dem Wege schaffen.
Was Springinsfeld vor einen Lehrmeister gehabt, biß er zu seiner Perfection kommen.
Was Springinsfeld vor einen Lehrmeister gehabt, biß er zu seiner Perfection kommen.
Und noch ein anders must du auch wissen, Simplice. Nicht nur ich gieng den obenerzählten Weg; sondern auch mein Springinsfeld, den du allerdings vor deinen besten Cameraden und vor einen braven Kerl in deiner Lebensbeschreibung gerühmt hast, muste mir auch folgen. Und was wolts gehindert haben oder vor ein großes Meerwunder gewesen sein, sintemal andere meines gleichen lose Weiber ihre liederliche Männer (wann ich anders Männer sagen darf, ich hätte aber schier fromme Männer gesagt) eben zu dergleichen losen Stücken vermögen, ich will nicht sagen, zwingen, ob sie gleich bei ihrer Vermählung keinen solchen Accord eingangen, wie Springinsfeld gethan? Höre die Histori!
Als wir vor dem berühmten Casal lagen, fuhren ich und Springinsfeld in eine benachbarte Grenzstadt, die neutral war, Victualia einzukaufen und in unser Läger zu bringen. Gleichwie nun aber ich in dergleichen Fällen nicht allein ausgieng, als ein Nachkömmling der hierosolymitanischen Bürger zu schachern, sondern auch, als ein cyprianische Jungfrau[147]meinen Gewinn zu suchen, also hatte ich mich auch wie eine Jesebel herausgeputzt, und galte mir gleich, ob ich einen Ahab oder Jehu[148]verführen möchte. Zu solchem Ende gieng ich in eine Kirche, weil ich mir sagen lassen, die meiste Buhlschaften würden in Italia an solchen heiligen Oertern gestiftet und zu Fadengeschlagen[149], aus Ursach, daß man die schöne Weiber daselbsten, so liebeswürdig zu sein scheinen, sonst nirgends hinkommen lasse. Ich kam neben eine junge Dame zu stehen, mit deren Schönheit und Schmuck ich zugleich eiferte[150], weil mich derjenige nicht ansahe, der ihr so manchen liebreichen Blick schenkte. Ich gestehe es, daß mich im Herzen verdroß, daß sie mir vorgezogen und ich vor einem Leimstängler gegen ihr, wie ich mir einbildete, verachtet werden solte. Solcher Verdruß und daß ich mich zugleich auf eine Rache bedacht, war meine gröste Andacht unter dem ganzen Gottesdienst. Ehe nun solcher gar geendigt war, stellte sich mein Springinsfeld auch ein; ich weiß aber darum nit warum, kan auch schwerlich glauben, daß ihn die Gottesfurcht dahin getrieben, dann ich hatte ihn nicht darzu gewöhnet; so wars ihm auch weder angeborn noch aus Lesung der heiligen Schriften oder Hörung der Predigten eingepflanzt. Nichts destoweniger stellte er sich neben mich und kriegte den Befehl von mir in ein Ohr, daß er Achtung geben solte, wo gemeldte Dame ihre Wohnung hätte, damit ich des überaus schönen Smaragds, den sie am Hals hatte, habhaft werden möchte.
Er thät seinem schuldigen Gehorsam gemäß wie ein treuer Diener und hinterbrachte mir, daß sie eine vornehme Frau eines reichen Herrn wäre, der sein Palatium an dem Markt stehen hätte; ich hingegen sagte ihm ausdrücklich, daß er fürderhin weder meiner Huld länger genießen noch meinen Leib einigmal mehr berühren solte, es wäre dann Sach, daß er mir zuvor ihren Smaragd einhändigte, worzu ich ihm aber sichere Anschläg, Mittel und Gelegenheit an die Hand geben wolte. Er kratzte sich zwar hinter den Ohren und entsetzte sich vor meinem Zumuthen als wie vor einer unmüglichen Sach; aber da es lang herum gieng[151], erklärt er sich, meinetwegen in Tod zu gehen.
Solcher Gestalt, Simplice, hab ich deinen Springinsfeld gleichsam wie einen jungen Wachtelhund abgerichtet. Er hatte auch die Art darzu, und vielleicht besser als du, wäre abernimmermehr von ihm selbsten zu einem solchen Ausbund worden, wenn ich ihn nicht in meiner Schul gehabt hätte.
Eben damals muste ich mir wieder einen neuen Stiel in meinen Fausthammer machen lassen, welchen ich beides vor ein Gewehr und einen Schlüssel brauchte, der Bauren Trög oder Kästen zu öffnen, wo ich zukommen konte. Ich ließe denselben Stiel inwendig hohl drehen in gemessener Weite, daß ich entweder Ducaten oder eine Schiedmünz in selbiger Größe hinein packen möchte; dann weil ich selbigen Hammer jederzeit bei mir zu haben pflegte, indem ich weder ein Degen dorfte, oder ein Paar Pistolen mehr führen wolte, so gedachte ich ihn inwendig mit Ducaten zu spicken, die ich auf alle Glücks- oder Unglücksfäll, deren es unterschiedliche im Krieg abgibt, bei der Hand hätte. Da er fertig, probierte ich seine Weite mit etlichen Lutzern[152], die ich zu mir genommen, solche um ander Geld zu veralieniren. Die Hohle meines Stabs hatte eben die Weite ihres Bezirks[153], doch also eng und beschnitten, daß ich sie, die Lutzer, um etwas hinein nöthigen muste, doch bei weitem nicht so stark, als wann man eine halbe Carthaunen laden thut. Ich konte aber den Stiel nicht damit ausfüllen, weil ihrer zu wenig waren; dahero kams gar artlich, daß wann die Lutzer gegen dem Hammer lagen und ich das Eisen in der Hand hatte, mich des Stiels an Statt eines Steckens zu gebrauchen, daß zuweilen, wann ich mich darauf steuerte[154], etlich Lutzer herunter gegen der Handhaben klunkerten und ein dünsteres[155]Geklingel machten, welches seltzam und verwunderlich genug lautet, weil niemand wuste, woher das Getön rührete. Was darfs vieler weitläuftigen Beschreibung? Ich gab meinem Springinsfeld den Fausthammer mit einer richtigen Instruction, welcher Gestalt er mir den Smaragd damit erhandeln solte.
Darauf verkleidet sich mein Springinsfeld, setzt eine Parücke auf, wickelt sich in einen entlehnten schwarzen Mantel und thät zween ganzer Tag nicht anders, als daß er gegen der Damen Palatio hinüber stunde und das Haus vom Fundament an biß übers Dach hinaus beschauete, gleichsam als ob ers hätte kaufen wollen. So hatte ich auch einen Tambour im Taglohn bestellt, welcher ein solcher Erzessig war, mit demman andere Essig hätte sauer machen können, der dorfte auch sonst im geringsten nichts thun, als auf dem Platz herum vagiren und auf meinen Springinsfeld Achtung zu geben, wann er etwan seiner nothwendig bedörfte, dann der Vogel redete so gut italiänisch als teutsch, welches aber jener nicht konte. Ich selbsten aber hatte ein Wasser (hier ohnnöthig zu nennen) durch einen Alchimisten zuwegen gebracht, das in wenig Stunden alle Metalla durchfrißt und mürb macht oder wol gar auch zu Wasser resolvirt; mit demselben bestrich ich ein stark Gegitter vor einem Kellerloch. Als nun den dritten Tag Springinsfeld noch nicht abließe, das Haus anzugaffen wie die Katz ein neu Scheuerthor, sihe, da schickte angeregte Dame hin und ließe fragen um die Ursach seines continuirlichen Dastehens, und was er an ihrem Haus auszukundschaften hätte. Springinsfeld hingegen ließe bemeldten Tambour kommen und dolmetschen, daß ein solcher Schatz im Hause verborgen läge, den er nicht allein zu erheben, sondern auch eine ganze Stadt damit reich zu machen getrauete. Hierauf ließe die Dame beides den Springinsfeld und den Tambour zu sich ins Haus kommen, und nachdem sie wieder von dem verborgenen Schatz Springinsfelds Lügen angehört und große Begierden geschöpft, solchen zu holen, fragte sie den Tambour, was dieser vor einer wäre, ob er ein Soldat sei, und dergleichen. »Nein«, antwortet der Tausendschelm, »er ist ein halber Schwarzkünstler, wie man sagt, und hält sich nur zu dem Ende bei der Armee auf, damit er verborgene Sachen finde, hat auch, wie ich gehöret, in Teutschland auf alten Schlössern ganze eiserne Trög und Kästen voll Geld gefunden und zuwegen gebracht.« Im übrigen aber seie er, Springinsfeld, ihme, Tambour, gar nicht bekant.
In Summa nach langem Discurs wurde die Glock gegossen[156]und beschlossen, daß Springinsfeld den Schatz suchen solte. Er begehrte zwei geweihte Wachsliechter, er selbst aber zündete das dritte an, welches er bei sich hatte und vermittelst eines messenen[157]Drahts, der durch die Kerze gieng, ausleschen konte, wann er wolte. Mit diesen dreien Liechtern giengen die Dame, zween ihrer Diener, Springinsfeld und der Tambourim Haus herum zu leuchten, weil eben der Herr nicht zu Haus war, dann Springinsfeld hatte sie überredet, wo der Schatz läge, da würde seine Kerzen von sich selbst ausgehen. Da sie nun viel Winkel also processionsweis durchstrichen und Springinsfeld an allen Orten, da sie hingeleuchtet, wunderbarliche Wörter gebrummelt, kamen sie endlich in den Keller, alwo ich das eiserne Gegitter mit meinemA. R.[158]befeuchtet hatte. Da stunde Springinsfeld vor einer Mauer, und indem er seine gewöhnliche Ceremonien machte, zuckte er sein Liecht aus.
»Da, da«, ließe er durch den Tambour sagen, »liegt der Schatz eingemauret.«
Brummelte darauf noch etliche närrische Wörter und schlug etlichmal mit meinem Fausthammer an die Mauer, davon die Lutzer nach und nach, so manchen Streich er an die Mauer thät, herunter rollten und ihr gewöhnliches Getön machten.
»Höret ihr?« sagte er darauf, »der Schatz hat abermal verblühet[159], welches alle sieben Jahr einmal geschiehet. Er ist zeitig und muß ausgenommen werden, dieweil die Sonne noch im Igel gehet, sonst wirds künftig vor Verfließung anderer sieben Jahr umsonst sein.«
Weil nun die Dame und ihre beide Diener tausend Eid geschworen hätten, das Geklingel wäre in der Mauer gewesen, als stellten sie meinem Springinsfeld völligen Glauben zu, und die Dame begehrte an ihn, er wolte um die Gebühr den Schatz erheben, wolte auch gleich um ein Gewisses mit ihm accordirn. Als er sich aber hören ließe, er pflege in dergleichen Fällen nichts zu heischen noch zu nehmen, als was man ihm mit gutem Willen gebe, ließe es die Dame auch dabei bewenden mit Versicherung, daß sie ihn dergestalt contentirn wolte, daß er damit zufrieden sein würde.
Demnach begehrte er 17 erlesene Körner Weihrauch, vier geweihte Wachskerzen, acht Ellen vom besten Scharlach, einen Diamant, einen Smaragd, einen Rubin und einen Saphir, welche Kleinodien ein Weibsbild beides in ihrem jungfräulichen und fräulichen Stand am Halse getragen hätte; zweitens solte er alleinig in den Keller geschlossen oder versperrt, und von der Damen selbst der Schlüssel zur Hand genommen werden, damitsie so wol um ihre Edelgestein und den Scharlach versichert sein, als auch er, bis er den Schatz glücklich zur Hand gebracht, unverhindert und ohnbeschrien verbleiben möchte. Hierauf gab man ihm und dem Tambour eine Collation und ihme, Tambour, wegen seines Dolmetschens ein Trinkgeld. Indessen wurden die begehrte Zugehörungen herbeigeschafft, nach solchen Springinsfeld in Keller verschlossen, woraus unmüglich schiene, einen Kerl zu entrinnen[160], dann das Fenster oder Tagelicht, so auf die Gasse oder den Platz gieng, war hoch und noch darzu mit gedachtem eisernen Gegitter wohl verwahret. Der Dolmetsch aber ward fortgelassen, welcher gleich zu mir kam und mich allen Verlauf berichtete.
Weder ich noch Springinsfeld verschliefen die rechte Zeit, darin die Leute am härtesten zu schlafen pflegen, sondern nachdem ich das Gegitter so leicht als einen Rübschnitz hinweg gebrochen, ließe ich ein Seil hinunter zu meinem Springinsfeld in Keller und zoge ihn daran samt aller Zugehör zu mir herauf, da ich dann auch den verlangten schönen Smaragd fande.
Die Beut erfreuete mich bei weitem nicht so sehr als das Schelmstück, welches mir so wol abgangen war. Der Tambour hatte sich bereits den Abend zuvor schon aus der Stadt gemacht, mein Springinsfeld aber spazierte den Tag nach vollbrachter Schatzerhebung mit andern in der Stadt herum, die sich über den listigen Dieb verwunderten, eben als man unter den Thoren Anstalt machte, solchen zu erhaschen. Und nun sihe, Simplice, solcher Gestalt ist deines Springinsfelds Dexterität durch mich zuwegen gebracht und ausgeübet worden. Ich erzähle dir auch dieses nur zum Exempel, dann wann ich dir alle Buben- und Schelmenstück sagen solte, die er mir zu Gefallen werkstellig machen müssen, so dorfte ich wetten, es würde mir und dir, wiewol es lustige Schosen[161]seind, die Zeit zu lang werden; ja wann man alles beschreiben solte, wie du deine Narrenpossen beschrieben hast, so würde es ein größer und lustiger Buch abgeben als deine ganze Lebensbeschreibung. Doch will ich dich noch ein kleines lassen hören.
Fußnoten:[147]Cyprianische Jungfrau.Justin.,Hist. XVIII.cap. 5, erzählt, Elissa (Dido) habe nach ihrer Flucht auf Kypros achtzig Jungfrauen geraubt, die nach der Sitte des Landes an das Ufer des Meeres geschickt worden waren, um sich dort ihre Aussteuer zu verdienen.[148]Jesebel, die Gemahlin Ahab's. Jehu, der das Haus Ahab's ausrottete. 2 Könige 10.[149]zu Faden schlagen, vom Schneiderhandwerk, ein Stück mit losen und weiten Stichen zusammennähen, in Norddeutschlandreihen, dann von dem Beginn jeder Arbeit gebraucht, der Gegensatz istauswirken, die Arbeit fertig machen. Beide Ausdrücke gebraucht Grimmelshausen im übertragenen Sinne, selbst z. B. vom Essen.[150]eifern mit, eifersüchtig sein auf.[151]da es lang herumgieng, nachdem die Sache länger besprochen worden war.[152]Lutzer, Blutzer, schweizerische Scheidemünze.[153]Bezirk, Umfang.[154]steuern, stützen.[155]dünster, düster, dumpf.[156]die Glock gegossen, sprichwörtlich: die Sache abgemacht.[157]messene, vonmësse, mhd., Bronze; diese alte Form steht hier für messingene, welche Metallmischung um die Mitte des 16. Jahrh. erfunden wurde.[158]A. R. Aqua Regis, Königswasser, Goldscheidewasser.[159]verblüht, ausgeblüht, gezeitigt zur Hebung.[160]Wunderliche Construction, jedoch in allen Ausgaben,Accus. c. infin.daß ein Kerl entrinne.[161]Schosen,choses, Sachen.
[147]Cyprianische Jungfrau.Justin.,Hist. XVIII.cap. 5, erzählt, Elissa (Dido) habe nach ihrer Flucht auf Kypros achtzig Jungfrauen geraubt, die nach der Sitte des Landes an das Ufer des Meeres geschickt worden waren, um sich dort ihre Aussteuer zu verdienen.
[147]Cyprianische Jungfrau.Justin.,Hist. XVIII.cap. 5, erzählt, Elissa (Dido) habe nach ihrer Flucht auf Kypros achtzig Jungfrauen geraubt, die nach der Sitte des Landes an das Ufer des Meeres geschickt worden waren, um sich dort ihre Aussteuer zu verdienen.
[148]Jesebel, die Gemahlin Ahab's. Jehu, der das Haus Ahab's ausrottete. 2 Könige 10.
[148]Jesebel, die Gemahlin Ahab's. Jehu, der das Haus Ahab's ausrottete. 2 Könige 10.
[149]zu Faden schlagen, vom Schneiderhandwerk, ein Stück mit losen und weiten Stichen zusammennähen, in Norddeutschlandreihen, dann von dem Beginn jeder Arbeit gebraucht, der Gegensatz istauswirken, die Arbeit fertig machen. Beide Ausdrücke gebraucht Grimmelshausen im übertragenen Sinne, selbst z. B. vom Essen.
[149]zu Faden schlagen, vom Schneiderhandwerk, ein Stück mit losen und weiten Stichen zusammennähen, in Norddeutschlandreihen, dann von dem Beginn jeder Arbeit gebraucht, der Gegensatz istauswirken, die Arbeit fertig machen. Beide Ausdrücke gebraucht Grimmelshausen im übertragenen Sinne, selbst z. B. vom Essen.
[150]eifern mit, eifersüchtig sein auf.
[150]eifern mit, eifersüchtig sein auf.
[151]da es lang herumgieng, nachdem die Sache länger besprochen worden war.
[151]da es lang herumgieng, nachdem die Sache länger besprochen worden war.
[152]Lutzer, Blutzer, schweizerische Scheidemünze.
[152]Lutzer, Blutzer, schweizerische Scheidemünze.
[153]Bezirk, Umfang.
[153]Bezirk, Umfang.
[154]steuern, stützen.
[154]steuern, stützen.
[155]dünster, düster, dumpf.
[155]dünster, düster, dumpf.
[156]die Glock gegossen, sprichwörtlich: die Sache abgemacht.
[156]die Glock gegossen, sprichwörtlich: die Sache abgemacht.
[157]messene, vonmësse, mhd., Bronze; diese alte Form steht hier für messingene, welche Metallmischung um die Mitte des 16. Jahrh. erfunden wurde.
[157]messene, vonmësse, mhd., Bronze; diese alte Form steht hier für messingene, welche Metallmischung um die Mitte des 16. Jahrh. erfunden wurde.
[158]A. R. Aqua Regis, Königswasser, Goldscheidewasser.
[158]A. R. Aqua Regis, Königswasser, Goldscheidewasser.
[159]verblüht, ausgeblüht, gezeitigt zur Hebung.
[159]verblüht, ausgeblüht, gezeitigt zur Hebung.
[160]Wunderliche Construction, jedoch in allen Ausgaben,Accus. c. infin.daß ein Kerl entrinne.
[160]Wunderliche Construction, jedoch in allen Ausgaben,Accus. c. infin.daß ein Kerl entrinne.
[161]Schosen,choses, Sachen.
[161]Schosen,choses, Sachen.
Welcher Gestalt Springinsfeld und Courage zween Italiäner bestohlen.
Welcher Gestalt Springinsfeld und Courage zween Italiäner bestohlen.
Als wir uns versahen, wir würden noch lang vor Casal liegen bleiben müssen, lagen wir nit nur in Zelten, sondern ihrer viel baueten ihnen auch sonst Hütten aus andern Materialien, sich desto besser in die Länge zu behelfen. Unter anderen Schacherern befanden sich zween Mailänder im Lager, die hatten ihnen eine Hütte von Brettern zugerichtet, ihre Kaufmannswaare desto sicherer darin zu verwahren, welche da bestunde in Schuhen, Stiefeln, Kollern, Hemdern und sonst allerhand Kleidungen, beides vor Officierer und gemeine Soldaten zu Roß und Fuß. Diese thäten mir meines Bedunkens viel Abtrag[162]und Schaden, indem sie nämlich von den Kriegsleuten allerhand Beuten von Silbergeschmeid und Juweln um den halben, ja den vierten Theil ihres Werths erhandelten, welcher Gewinn mir zum Theil zukommen wäre, wann sie nit vorhanden gewesen. Solches nun gedachte ich an ihnen aufs wenigst zu wuchern[163], weil in meiner Macht nit stunde, ihnen das Handwerk gar niederzulegen.
Unten in der Hütten war die Behaltnus ihrer Waar, und dasselbige war auch zugleich ihr Gaden[164]; oben auf dem Boden aber unter dem Dach war ihr Liegerstatt, allwo sie schliefen, wohinauf ungefähr sieben oder acht Staffeln giengen; und durch den Boden hatten sie ein offenes Loch gelassen, um dadurch nicht allein desto besser zu hören, wann etwan Mauser einbrächen, sie zu bestehlen, sondern auch solche Diebe mit Pistolen zu bewillkommen, mit welchen sie trefflich versehen waren. Als ich nun selbst wahrgenommen, wie die Thür ohne sonderlichen Rumor aufzumachen wäre, machte ich meinen Anschlag gar gering[165]. Mein Springinsfeld muste mir eine Welle scharfer Dörner in Mannslänge zuwegen bringen, woran auch beinahe ein Mann zu tragen hatte, und ich füllete eine messene Spritze mit scharfem Essig. Also versehen, giengen wirbeide an die gedachte Hütte, als jedermann im besten Schlaf war. Die Thür in der Stille zu öffnen, war mir gar keine Kunst, weil ich zuvor alles fleißig abgesehen; und da solches vollbracht und geschehen, stackte Springinsfeld die Dornwell vor die Stiegen, als welche vor sich selbst keine Thür hatte, von welchem Geräusch beide Italiäner erwachten und zu rumpeln anfiengen. Wir konten uns wol einbilden, daß sie zum ersten zu obigen Loch herunter schauen würden, als dann auch geschahe; ich aber spritzte dem einen die Augen alsobald so voller Essig, daß ihm seine Vorsichtigkeit in einem Augenblick vergieng; der ander aber liefe im Hemd und Schlafhosen die Stiegen hinunter und wurde von der Dornwell so unfreundlich empfangen, daß er gleichwie auch sein Camerad in solcher unversehenen Begebenheit und großem Schrecken sich nichts anders einbilden konten, also es wäre eitel Zauberei und Teufelsgespenst vorhanden. Indessen hatte Springinsfeld ein Dutzet zusammen gebundene Reuterkoller erwischt und sich damit fort gemacht, ich aber ließe mich mit einem Stück Leinwat genügen, drehete mich damit aus und schlug die Thür hinter mir wieder zu, die beide Welsche also in ihrer Anfechtung hinterlassend, wovon der eine ohne Zweifel die Augen noch gewischt, der ander aber noch mit seiner Dornwell zu handeln gehabt haben wird.
Schaue, Simplice, so konnte ichs, und also habe ich den Springinsfeld nach und nach abgerichtet. Ich stahle, wie gehöret, nicht aus Noth oder Mangel, sondern mehrentheils darum, damit ich mich an meinen Widerwärtigen[166]revangiren möchte. Springinsfeld aber lernete indessen die Kunst und kam so meisterlich in die Griff, daß er sich unterstanden hätte, alles zu mausen, es wäre dann gar mit Ketten an das Firmament geheftet gewesen, und ich ließe ihn solches auch treulich genießen, dann ich gönnete ihm, daß er einen eigenen Säckel haben und mit dem halben gestohlenen Gut, maßen wir solche Eroberungen miteinander theilten, thun und handeln dörfte, was er wolte. Weil er aber trefflich auf das Spielen verpicht war, so kam er selten zu großem Geld; und wann er gleich zu Zeiten den Anfang zu einer ziemlichen Summa zuwegen brachte, so verblieb er jedoch die Länge nicht in Possession, sintemal ihm sein unbeständig Glück das Fundamentzum Reichthum durch den unbeständigen Würfel jederzeit wieder hinweg zwackte. Im übrigen verblieb er mir ganz getreu und gehorsam, also daß ich mir auch keinen bessern Sclaven in der ganzen Welt zu finden getrauet hätte. Jetzt höre auch, was er damit verdienet, wie ich ihm gelohnet, und wie ich mich endlich wieder von ihm geschieden.
Fußnoten:[162]Abtrag, Abbruch.[163]wuchern, reichlich vergelten.[164]Gaden, Laden.[165]gering, leicht, anstellig, schlau.[166]Widerwärtige, Gegner, Feinde.
[162]Abtrag, Abbruch.
[162]Abtrag, Abbruch.
[163]wuchern, reichlich vergelten.
[163]wuchern, reichlich vergelten.
[164]Gaden, Laden.
[164]Gaden, Laden.
[165]gering, leicht, anstellig, schlau.
[165]gering, leicht, anstellig, schlau.
[166]Widerwärtige, Gegner, Feinde.
[166]Widerwärtige, Gegner, Feinde.
Erzählung eines Treffens, welches im Schlaf vorgangen.
Erzählung eines Treffens, welches im Schlaf vorgangen.
Kurz zuvor, ehe Mantua von den Unserigen eingenommen wurde, muste unser Regiment von Casal hinweg und auch in die Mantuanische Belägerung. Daselbsten liefe mir mehr Wasser auf meine Mühl als in dem vorigen Läger, dann gleich wie alldorten mehr Volk war, sonderlich Teutsche, also bekame ich auch mehr Kunden und Kundenarbeit, davon sich mein Geldhaufen wieder ein merkliches geschwinder vergrößerte, so daß ich etlichmal Wechsel nach Prag und anderswohin in die teutsche Reichsstädte übermachte, bei welcher glücklichen Prosperität, großem täglichen Gewinn und genugsamem Ueberfluß, dessen ich und mein Gesindel genossen, da sonst mancher Hunger und Mangel leiden muste, mein Springinsfeld anfienge allerdings das Junkernhandwerk zu treiben. Er wolte eine tägliche Gewohnheit daraus machen, nur zu fressen und zu saufen, zu spielen und spazieren zu gehen und zu faulenzen, und ließe allerdings die Handelschaft der Marquetenterei und die Gelegenheiten, sonsten irgends etwas zu erschnappen, ein gut Jahr haben. Ueber das hatte er auch etliche ungerathene und verschwenderische Cameraden an sich gehenkt, die ihn verführten und zu allem demjenigen untüchtig machten, worzu ich ihn zu mir genommen und auf allerlei Art und Weise abgeführet[167]hatte. »Ha«, sagten sie, »bist du ein Mann, und läst deine Hur beides über dich und das Deinige Meister sein? Es wäre noch genug, wann du ein böses Eheweib hättest, von deren du dergleichen leiden müstest. Wann ich in deinemHemd verborgen stäke, so schlüg ich sie, biß sie mir parirte, oder jagte sie vor alle Teufel hinweg.«
Solches alles vernahm ich bei Zeiten mit großem Unwillen und Verdruß und gedacht auf Mittel und Weg, wie ich meinen Springinsfeld möchte ins Feld springen machen, ohne daß ich mich im geringsten etwas dergleichen gegen ihm oder seinem Anhang hätte vermerken lassen. Mein Gesind, darunter ich auch vier starke Tremel[168]zu Knechten hatte, war mir getreu und auf meiner Seiten; alle Officierer des Regiments waren mir nicht übel gewogen; der Obrist selbst wolte mir wol und die Obristin noch viel besser, und ich verbande mir alles noch mehrers mit Verehrungen, wo ich vermeinte, daß ich Hülf zu meinem künftigen Hauskrieg zu hoffen hätte, dessen Ankündigung ich stündlich von meinem Springinsfeld gewärtig war. Ich wuste wol, daß der Mann, welchen mir Springinsfeld aber nurpro formarepräsentiren muste, das Haupt meiner Marquetenterei darstellte, und daß ich unter dem Schatten seiner Person in meiner Handelschaft agirte, auch daß ich bald ausgemarquetentert haben würde, wann ein solches Haupt mir mangelte. Derohalben gieng ich gar behutsam; ich gab ihm täglich Geld, beides zu spielen und zu banquetieren, nicht daß ich die Beständigkeit seiner vorigen Verhaltung bestätigen wollen, sondern ihn desto kirrer, verwegener und ausgelassener gegen mir zu machen, damit er sich dardurch verplumpen und durch ein rechtschaffenes grobianisches Stückel dem Besitz meiner und des Meinigen sich unwürdig machen, mit einem Wort, daß er mir Ursach geben solte, mich von ihme zu scheiden; dann ich hatte allbereit schon so viel zusammen geschunden und verdienet, zumalen auch anderwärtshin in Sicherheit gebracht, daß ich mich weder um ihn noch die Marquetenterei, ja um den ganzen Krieg, und was ich noch darin kriegen und hinweg nehmen konte, wenig mehr bekümmerte. Aber ich weiß nicht, ob Springinsfeld das Herz nicht hatte, seinen Cameraden zu folgen, um die Oberherrschaft offentlich von mir zu begehren, oder ob er sonst in erzähltem seinem liederlichen Leben unachtsamer Weis fortfuhre, dann er stellte sich gar freundlich und demüthig und gab mir niemalen kein sauern Blick, geschweige ein böses Wort. Ich wuste sein Anliegen wol, worzu ihn seine Cameraden verhetzt hatten; ich konte aberaus seinen Werken nicht spüren, daß er etwas dergleichen wider mich zu unterstehen bedacht gewesen wäre. Doch schickte sichs endlich wunderbarlich, daß er mich offendirte, wessentwegen wir dann, es sei ihm nun gleich lieb oder leid gewesen, von einander kamen.
Ich lag einsmals neben ihm und schlief ohne alle Sorg, als er eben mit einem Rausch heimkommen war. Sihe, da schlug er mich mit der Faust von allen Kräften ins Angesicht, daß ich nicht allein darvon erwachte, sondern das Blut liefe mir auch häufig zum Maul und der Nasen heraus, und wurde mir von selbigem Streich so törmisch[169]im Kopf, daß mich noch Wunder gibt, daß er mir nit alle Zähn in Hals geschlagen. Da kan man nun wol erachten und abnehmen, was ich ihm vor eine andächtige Letenei[170]vorbetete. Ich hieße ihn einen Mörder und was mir sonst noch mehr von dergleichen ehrbaren Tituln ins Maul kommen. Er hingegen sagte: »Du Hundsfut, warum läßest du mir mein Geld nicht? Ich hab es ja redlich gewonnen!«
Und wolte noch immer mehr Stöße hergeben, also daß ich zu schaffen hatte, mich deren zu erwehren, maßen wir beede im Bette aufrecht zu sitzen kamen und gleichsam anfiengen mit einander zu ringen. Und weil er noch fort und fort Geld von mir haben wolte, gabe ich ihm eine kräftige Ohrfeigen, die ihn wieder niederlegte; ich aber wischt zum Zelt hinaus und hatte ein solches Lamentiren, daß nit nur meine Mutter und übriges Gesind, sondern auch unsere Nachbaren davon erwachten und aus ihren Hütten und Gezelten hervorkrochen, um zu sehen, was da zu thun oder sonst vorgangen wäre. Dasselbe waren lauter Personen vom Stab, als welche gemeiniglich hinter die Regimenter zu den Marquetentern logirt werden, nämlich der Caplan, Regimentsschultheiß, Regimentsquartiermeister, Proviantmeister, Profos, Henker, Hurenwaibel und dergleichen; denen erzählet ich ein langs und ein breits, und der Augenschein gab auch, wie mich mein schöner Mann ohne einige Schuld und Ursach tractirt. Mein angehender[171]milchweißer Busem war überall mit Blut besprengt, und des Springinsfelds unbarmherzige Faust hatte mein Angesicht, welches man sonst niemalen ohne lustreizende Lieblichkeiten gesehen, miteinem einzigen Streich so abscheulich zugerichtet, daß man die Courage sonst nirgends bei als an ihrer erbärmlichen Stimme kennete, ohnangesehen niemands vorhanden war, der sie anderwärts jemalen hätte klagen hören. Man fragte mich um die Ursach unserer Uneinigkeit und daraus erfolgten Schlacht. Weil ich nun allen Verlauf erzählte, vermeinte der ganze Umstand, Springinsfeld müste unsinnig worden sein; ich aber glaubte, er habe dieses Spiel aus Anstiftung seiner Cameraden und Saufbrüder angefangen, um mir erstlich hinter die Hosen, zweitens hinter die Oberherrlichkeit und letzlich hinter mein vieles Geld zu kommen. Indem wir nun so miteinander pappelten[172], und etliche Weiber umgiengen, mir das Blut zu stellen[173], grabelte Springinsfeld auch aus unserem Zelt. Er kam zu uns zum Wachtfeuer, das bei des Oberisten Bagage brante, und wuste beinahe nicht Wort genug zu ersinnen und vorzubringen, mich und jedermann wegen seines begangenen Fehlers um Verzeihung zu bitten. Es mangelte wenig, daß er nicht vor mir auf die Knie niederfiel, um Vergebung und die vorige Huld und Gnad wieder von mir zu erlangen; aber ich verstopfte die Ohren und wolte ihn weder wissen noch hören, biß endlich unser Obristleutenant von der Rund darzu kam, gegen welchen er sich erboten, einen leiblichen Eid zu schweren, daß ihm geträumt hätte, er wäre auf dem Spielplatz gesessen, allwo ihm einer um eine ziemliche Schanz[174]auf dem Spiel gestandenen Gelds unrecht thun wollen, gegen welchem er deswegen geschlagen und wider seinen Willen und Meinung seine liebe unschuldige Frau im Schlaf getroffen. Der Obristleutenant war ein Cavalier, der mich und alle Huren wie die Pest haßte, hingegen aber meinem Springinsfeld nit ohngewogen war; derowegen sagte er zu mir, ich solte mich wieder mit ihm alsobald in die Zelt packen und das Maul halten, oder er wolte mich zum Profosen setzen und wol gar, wie ich vorlängsten verdient, mit Ruthen aushauen lassen.
Potz Blech, das ist ein herber Sentenz, dieser Richter gibts[175]nicht viel! gedachte ich bei mir selber; aber es schadet nichts; bist du gleich Obristleutenant und beides vor meiner Schönheit und meinen Verehrungen schußfrei, so seind doch andere, und zwar deren mehr als einer, die sich gar gern dadurch berücken lassen, mir recht zu geben.
Ich schwieg so still wie ein Mäusel; mein Springinsfeld aber auch, als dem er sagte, wann er noch mehrmal so kommen würde, so wolte er ihn bei Tag auf einmal dergestalt strafen um das, was er bei Nacht zu zweien malen gegen mir gesündigt, daß er gewißlich das dritte mal nicht wieder kommen würde; uns beiden zugleich aber sagte er, wir solten den Frieden machen, ehe die Sonne aufgieng, damit er den künftigen Morgen kein Ursach hätte, uns einen Tädigsmann[176]zu geben, aber über dessen Procedere[177]wir uns hinter den Ohren zu kratzen würden Ursachen haben. Also giengen wir wieder mit einander zu Bette und hatten beiderseits unsere Stöße, maßen ich dem Springinsfeld so wenig gefeiret als er mir. Er bekräftigt nochmals seinen gehabten Traum mit großen Schwüren, ich aber behauptete, daß alle Träume falsch wären, derentwegen ich aber nichts desto weniger keine falsche Maulschelle bekommen. Er wolte mit den Werken seine Liebe bezeugen, aber der empfangene Streich, oder vielmehr daß ich seiner gern los gewest wäre, entzogen ihm bei mir alle Willfährigkeit. Ja ich gab ihm auch den andern Tag nicht allein kein Geld mehr zum Spielen, sondern auch zum Saufen, und sonst wenig guter Wort; und damit er mir nicht hinter die Batzen käme, die ich noch bei mir behalten, unser Handelschaft damit zu treiben, verbarg ich solche hinter meine Mutter, welche solche so Tags so Nachts wol eingenähet auf ihrem bloßen Leib tragen muste.
Fußnoten:[167]abführen, wie anführen, anleiten, namentlich zum Schlechten.[168]Tremel, Trämel, Prügel, Bengel.[169]törmisch, schwindlig.[170]Letenei, soll heißen Litanei.[171]angehend, sich hebend, schwellend.[172]pappeln,ns.babbeln, schwatzen.[173]stellen, zum Stehen bringen, stillen.[174]Schanz,chance, Einsatz.[175]gibts, fehlt in allen Ausgaben.[176]Tädigmann, (Theidungsmann) Vermittler in einem Streit, Schiedsrichter.[177]Procedere, Vorgehen, Verfahren.
[167]abführen, wie anführen, anleiten, namentlich zum Schlechten.
[167]abführen, wie anführen, anleiten, namentlich zum Schlechten.
[168]Tremel, Trämel, Prügel, Bengel.
[168]Tremel, Trämel, Prügel, Bengel.
[169]törmisch, schwindlig.
[169]törmisch, schwindlig.
[170]Letenei, soll heißen Litanei.
[170]Letenei, soll heißen Litanei.
[171]angehend, sich hebend, schwellend.
[171]angehend, sich hebend, schwellend.
[172]pappeln,ns.babbeln, schwatzen.
[172]pappeln,ns.babbeln, schwatzen.
[173]stellen, zum Stehen bringen, stillen.
[173]stellen, zum Stehen bringen, stillen.
[174]Schanz,chance, Einsatz.
[174]Schanz,chance, Einsatz.
[175]gibts, fehlt in allen Ausgaben.
[175]gibts, fehlt in allen Ausgaben.
[176]Tädigmann, (Theidungsmann) Vermittler in einem Streit, Schiedsrichter.
[176]Tädigmann, (Theidungsmann) Vermittler in einem Streit, Schiedsrichter.
[177]Procedere, Vorgehen, Verfahren.
[177]Procedere, Vorgehen, Verfahren.
Aus was Ursachen Springinsfeld und Courage sich gescheiden, und wormit sie ihn zur Letze[178]begabt.
Aus was Ursachen Springinsfeld und Courage sich gescheiden, und wormit sie ihn zur Letze[178]begabt.
Gleich nach dieser unserer nächtlichen Schlacht stunde es wenig Zeit an, daß Mantua mit einem Kriegspossen[179]eingenommen wurde, ja der Fried selbst zwischen den Römisch-Kaiserlichen und Franzosen, zwischen den Herzogen von Savoia und Nivers[180]folgte ohnlängst hernach, gleichsam als wann derwelsche Krieg mit unserm Treffen hätte geendigt werden müssen. Und eben deswegen giengen die Franzosen aus Savoya und stürmeten wieder in Frankreich, die kaiserliche Völker aber in Teutschland, zu sehen, was der Schwed machte, mit denen ich dann so wol fortschlendern muste, als wann ich auch ein Soldat gewesen wäre. Wir wurden, uns entweder zu erfrischen, oder weil die rothe Ruhr und die Pest selbst unter uns regierte, an einem Ort in den kaiserlichen Erblanden etliche Wochen an die Donau ins freie Feld mit unserem Regiment logirt, da es mir bei weitem nicht solche Bequemlichkeiten setzte wie in dem edlen Italia. Doch behalfe ich mich, so gut als ich konte, und hatte mit meinem Springinsfeld, weil er mehr als eine Hundsdemuth gegen mir verspüren ließe, den Frieden wiederum, doch nurpro forma, geschlossen; dann ich laurete täglich auf Gelegenheit, vermittelst deren ich seiner los werden möchte.
Solcher mein inniglicher Wunsch widerfuhre mir folgender Gestalt, welche Begebenheit genugsam bezeuget, daß ein vorsichtiger, verständiger, ja unschuldiger Mann, dem wachend und nüchtern weder Weib, Welt noch der Teufel selbst nicht zukommen kan, gar leichtlich durch seine eigene blöde Gebrechlichkeit schlaf- und weintrunkener Weis in alles Unheil und Unglück gestürzt und also um alles sein Glück und Wolfahrt gebracht werden mag.
Gleichwie nun aber ich in meinem Gemüth auch um die allergeringste Schmach und vermeinte zugefügte Unbillichkeit ganz rachgierig und unversöhnlich war, als erzeigte sich auch mein Leib, wann er im geringsten verletzt würde, gleichsam ganz unheilsam. Nicht weiß ich, ob derselbe dem Gemüth nachähmte, oder ob die Zärte meiner Haut und sonderbaren Complexion so grobe Stöße wie ein Salzburger Holzbauer nicht ertragen konte; einmal ich hatte meine blaue Fenster und von Springinsfelds Faust die Wahrzeichen noch in meinem sonst zarten Angesicht, die er mir im Lager von Mantua eingetränkt, da er mich in obbemeldten Lager an der Donau, als ich abermal mitten im besten Schlaf lag, bei der Mitten kriegte, auf die Achsel nahm, mit mir also im Hemd, wie er mich ertappt gehabt, gegen des Obristen Wachtfeuer zuliefe und mich allem Ansehen nach hinweg werfen wolte. Ich wuste, nachdem ich erwachte, zwar nicht, wie mir geschahe, aber gleichwol merkte ich meine Gefahr, da ich mich ganz nackend befandeund den Springinsfeld mit mir so schnell gegen dem Feuer zueilen sahe. Derowegen fienge ich an zu schreien, als wann ich mitten unter die Mörder gefallen wäre. Davon erwachte alles im Läger, ja der Obrist selbst sprang mit seiner Partisan aus seiner Zelten, und andere Officier mehr, welche kamen der Meinung, einen entstandenen großen Lärmen zu stillen, dann wir hatten damals ganz keine Feindsgefahr, sondern aber nichts anders als ein schönes lächerliches Einsehen und närrisches Spectacul. Ich glaube auch, daß es recht artlich und kurzweilig anzuschauen gewesen sein muß. Die Wacht empfienge den Springinsfeld mit seiner unwilligen und schreienden Last, ehe er dieselbige ins Feuer werfen konte; und als sie solche nackend sahen und vor seine Courage erkanten, war der Corporal so ehrliebend, mir einen Mantel um den Leib zu werfen. Indessen kriegten wir einen Umstand von allerhand hohen und niedern Officiern, der sich schier zu Tod lachen wolte und welchem nicht allein der Obrist selbst, sondern auch der Obristeleutenant gegenwärtig war, der allererst neulich den Frieden zwischen mir und dem Springinsfeld durch Drohung gestiftet hatte.
Als indessen Springinsfeld sich wieder witzig stellte, oder, ich weiß selbst schier nit, wie es ihm ums Herz war, als er wieder zu seinen sieben Sinnen kommen, fragte ihn der Obriste, was er mit dieser Gugelfuhr[181]gemeint hätte. Da antwortet er, ihm hätte geträumt, seine Courage wäre überall mit giftigen Schlangen umgeben gewesen, derowegen er sie seinem Einfall nach, sie zu erretten und davon zu befreien, entweder in ein Feuer oder Wasser zu tragen vors Beste gehalten, hätte sie auch zu solchem Ende aufgepackt und wäre, wie sie alle vor andern sehen, also mit ihr daher kommen, welches ihm mehr als von Grund seines Herzens leid seie. Aber beides der Obrist selbst und der Obristleutenant, der ihm vor Mantua beigestanden, schüttelten die Köpf darüber und ließen ihn, weil sich schon jedermann satt genug gelacht hatte, vor die lange Weil zum Profosen führen, mich aber in mein Gezelt gehen, vollends auszuschlafen.
Den folgenden Morgen gieng unser Proceß an und solte auch gleich ausgehen[182], weil sie im Krieg nicht so lang zuwähren pflegen als an einigen Orten im Frieden. Jederman wuste zuvor wol, daß ich Springinsfelds Ehefrau nicht war, sondern nur seine Matreß, und dessentwegen bedorften wir auch vor kein Consistorium zu kommen, um uns scheiden zu lassen, welches ich begehrte, weil ich im Bette meines Lebens bei ihm nicht sicher war; und eben dessentwegen hatte ich einen Beifall schier von allen Assessoribus, die davor hielten, daß ein solche Ursach auch eine rechte Ehe scheiden könte. Der Obristleutenant, so vor Mantua ganz auf Springinsfelds Seiten gewesen, war jetzt ganz wider ihn, und die übrige vom Regiment schier alle auf meiner Seiten. Demnach ich aber mit meinem Contract schriftlich hervorkam, was Gestalt wir beisammen zu wohnen einander versprachen biß zur ehrlichen Copulation, zumalen meine Lebensgefahr, die ich künftig bei einem solchen Ehegatten zu sorgen hätte, trefflich aufzumutzen und vorzuschützen wuste, fiel endlich der Bescheid, daß wir bei gewisser Strafe von einander gescheiden und doch verbunden sein solten, uns um dasjenig, so wir miteinander errungen und gewonnen, zu vergleichen. Ich replicirte hingegen, daß solches Letzte wider den Accord unserer ersten Zusammenfügung laufe, und daß Springinsfeld, seit er mich bei ihm hätte, oder, teutscher zu reden, seit ich ihn zu mir genommen und die Marquetenterei angefangen, mehr verthan als gewonnen hätte, welches ich dann mit dem ganzen Regiment beweisen und darthun könte. Endlich hieße es, wann der Vergleich nach Billichkeit solcher Umstände zwischen uns beeden selbst nicht gütlich getroffen werden könte, daß alsdann nach befindenden Dingen von dem Regiment ein Urthel gesprochen werden solte.
Ich ließe mich mit diesem Bescheid mehr als gern genügen, und Springinsfeld ließe sich auch gern mit einem Geringen beschlagen[183]; dann weil ich ihn und mein Gesind nach dem eingehenden Gewinn und also nit mehr wie in Italia tractirte, also daß es schiene, als ob der Schmalhans bei uns anklopfen wolte, vermeinte der Geck, es wäre mit meinem Geld auf der Neige und bei weitem nicht mehr so viel vorhanden, als ich noch hatte und er nicht wuste. Und es war billich, daß ers nicht wuste, dann er wuste ja auch nicht, warum ich damit so halsstarrig zuruck hielte.
Eben damals, Simplice, wurde das Regiment Dragoner, darunter du etwan zu Soest dein A-b-c gelernet hast, durch allerhand junge Bursch, die sich hin und wieder bei den Officiern der Regimenter zu Fuß befanden und nun erwachsen waren, aber keine Musquetierer werden wolten, verstärkt, welches eine Gelegenheit vor den Springinsfeld war, wessentwegen er sich auch mit mir in einen desto leidenlichern[184]Accord einließe, den wir auch allein miteinander getroffen, solcher Gestalt: Ich gab ihm das beste Pferd, das ich hatte, samt Sattel und Zeug, item einhundert Ducaten baar Geld und das Dutzet Reuterkoller, so er in Italia durch meine Anstalt[185]gestohlen; dann wir hatten uns bißher damit nicht dörfen sehen lassen. Damit wurde auch eingedingt, daß er mir zugleich meinen Spiritus familiaris um eine Kron abkaufen solte, welches auch geschahe. Und in solcher Maß habe ich den Springinsfeld abgeschafft und ausgesteuret. Jetzt wirst du auch bald hören, mit was vor einer seinen Gab ich dich selbst beseligt und deiner Thorheit im Sauerbrunnen belohnet hab. Habe nur eine kleine Geduld und vernimm zuvor, wie es dem Springinsfeld mit seinem Ding im Glas gangen.
Sobald er solches hatte, bekam er Würm über Würm im Kopf. Wann er nur einen Kerl ansahe, der ihme sein Tage niemal nichts Leids gethan, so hätte er ihn gleich an Hals schlagen mögen; und er spielte auch in allen seinen Duellen den Meister. Er wuste alle verborgene Schätze zu finden und andere Heimlichkeiten mehr, hier ohnnöthig zu melden. Demnach er aber erfuhre, was vor einen gefährlichen Gast er herbergte, trachtete er seiner los zu werden. Er konte ihn aber drum nicht wieder verkaufen, weil der Satz oder der Schlag seines Kaufschillings aufs Ende kommen war. Ehe er nun selbst Haar lassen wolte, gedachte er mir denselbigen wieder anzuhenken und zuruck zu geben, wie er mir ihn dann auch auf dem General-Rendezvous, als wir vor Regenspurg ziehen wolten, vor die Füße warf. Ich aber lachte ihn nur aus, und solches zwar nicht darum vergebens, dann ich hube ihn nicht allein nicht auf, sondern da Springinsfeld wieder in sein Quartier kam, da fande er ihn wieder in seinem Schubsack. Ich hab mir sagen lassen, er habe den Bettel etlichmal in die Donau geworfen, ihn aber alleweg wieder in seinemSack gefunden, biß er endlich denselbigen in einen Bachofen geworfen und also seiner los worden. Indessen er sich nun so hiermit schleppte, wurde mir ganz ungeheuer[186]bei der Sach; derowegen versilberte ich, was ich hatte, schaffte mein Gesind ab und setzte mich mit meiner böhmischen Mutter nach Passau, vermittelst meines vielen Gelds des Kriegs Ausgang zu erwarten, sintemal ich zu sorgen hatte, wann Springinsfeld solches Kaufs und Verkaufs halber über mich klagen würde, daß mir alsdann als einer Zauberin der Proceß gemacht werden dörfte.