Das Recht und der Reisende.

Das Recht und der Reisende.

Die rechtliche Stellung des Reisenden ist nicht einfacher als die des Handlungsgehilfen schlechthin, sie ist vielmehr verwickelter und es stellen sich bei ihm noch leichter Unzuträglichkeiten in der Abgrenzung der Rechte und Pflichten ein. Es sollte deshalb oberster Grundsatz für jeden Reisenden sein, einenschriftlichen Dienstvertragabzuschließen, denn: Was du schwarz auf weiß besitzt, kannst du getrost nach Hause tragen. Der Dienstvertrag selbst sei klar und leicht faßlich. Rechte, die nicht zweifelsfrei im Handelsgesetz gewährleistet sind, muß sich der Reisende im Vertrag sichern.

Allgemeines Recht.

Wer ist Reisender? Reisender in unserem Sinne ist ein Handlungsgehilfe, der zur Vornahme von Geschäften an Orten verwandt wird, an denen sich keine Handelsniederlassung des Geschäftsinhabers befindet. Es kann aber schon jetzt gesagt werden, daß derStadtreisendebis auf einige Vorschriften unerheblicher Natur, dem Reisenden rechtlich gleichgestellt ist. Der Reisende ist also erst einmalHandlungsgehilfe. Es gelten deshalb für sein Dienstverhältnis die Vorschriften des 6. Abschnittes des Handelsgesetzbuches, soweit sie in den §§ 59 bis 75 niedergelegt sind. Weil der Reisende Handlungsgehilfe ist, unterscheidet er sich vom Agenten. Auch dadurch, daß in der Regel der Agent bestimmtePlätze oder doch kleinere Bezirke bearbeitet. Der Hauptunterschied liegt aber darin, daß der Reisende im innigen Zusammenhang mit einem Haus steht, während der Agent in der Regel mehrere Häuser vertritt. Der Reisende muß sich in die Geschäftsdisziplin einfügen, der Agent ist sein freier Mann. Handlungsgehilfe ist nun, wer in einem Handelsgewerbe zur Leistung kaufmännischer Dienste gegen Entgelt angestellt ist. Gleich die ersten Vorschriften des sechsten Abschnittes sind erheblich für den Reisenden. Der Reisende darf ohne Einwilligung des Prinzipalskein Handelsgewerbe betreiben, er darf auch nicht im Handelszweige seines Prinzipals füreigene oder fremde RechnungGeschäfte machen.

Die Einwilligung des Prinzipals gilt jedoch als erteilt, wenn ihm bei der Anstellung bekannt ist, daß der Reisende ein Handelsgewerbe betreibt und er die Aufgabe des Betriebes nicht fordert. Verletzt der Handlungsgehilfe diese Vorschriften, so gibt er dem Prinzipal einen „wichtigen Grund“ zur fristlosen Kündigung, d. h. zur sofortigen Entlassung. Außerdem kann aber der Prinzipal Schadenersatz verlangen oder die Vergütung, die der Reisende durch die Vertragsverletzung bezog.

Gehalt und Spesen im Krankheitsfall.

Die Vorschriften des § 62 sind an und für sich sehr problematischer Natur, sie kommen für den Reisenden wenig oder gar nicht in Betracht. Hingegen erfordert § 63 des Handelsgesetzbuches die volle Aufmerksamkeit. Dieser Paragraph bestimmt, daß dem Handlungsgehilfen im Falle er durchunverschuldetes Unglückan der Leistung der Dienste behindert wird, seinAnspruchauf Gehalt und Unterhalt, jedoch nicht auf eine längere als sechswöchentliche Dauer verbleibt. Er bestimmt weiter, daß Bezüge aus einer Kranken- und Unfallversicherung nicht am Gehalt oder Unterhalt gekürzt werden können. Nun ist der Paragraph so gefaßt, daß der erste Absatz den Gehaltsanspruch festlegt, der andere Absatz die Abzüge verbietet. Der zweite Absatz schließt mit dem Satz: „Eine Vereinbarung, welche dieser Vorschrift zuwiderläuft, ist nichtig“. Weil dieser Satz nicht in einem besonderen Absatz gefaßt ist, weil er nicht von „Vorschriften“ spricht, hat die Juristerei herausgefunden, daß Vereinbarungen gegen den ersten Absatz gültig sind. Andere Gerichte haben das Attentat auf den gesunden Menschenverstand nicht mitgemacht, sie stellten sich auf den Standpunkt, daß der Gesetzgeber keinen solchen Unsinn habe festlegen wollen, der zwar nicht gestattet, dem Angestellten Bezüge aus Kassen vom Gehalt abzuziehen, der aber erlaubt, das ganze Gehalt einzubehalten, wenn das vertraglich vereinbart ist. Weil aber die Rechtsprechung überaus unsicher ist, tut der Reisende gut, jeden Dienstvertrag abzulehnen, der ihm für Dienstbehinderung durch unverschuldetes Unglück den Gehaltsbezug nimmt. Da der Anspruch auf Gehaltund Unterhaltbesteht, kann der Reisende auch die sogenannten Mundspesen verlangen, wenn er auf der Tour erwerbsunfähig wird. Diese Mundspesen müssen zur völligen Deckung der Kosten für Wohnung, Verpflegung und der kleinen Bedürfnisse ausreichen. Ein Landgericht hat einem erkrankten Reisenden sogar die vollen Spesen zugesprochen.

SeinGehalthat der Reisende am Monatsschluß zu empfangen, es darf nicht erst am Monatsschluß abgesandt werden, sondern muß dann im Besitz des Reisenden sein.

Kündigung.

Vorsicht ist für den Reisenden bei derKündigunggeboten. Am besten legt er gar keine Kündigung fest, dann gilt die gesetzliche, d. h. es kann ihm die Stelle nur gekündigt werden und er kann die Stelle nur kündigen unter Einhaltung einer Frist von sechs Wochen zum jeweiligen Quartalsschluß. Die letzten Kündigungstermine sind 16. Februar (im Schaltjahr der 17.), 19. Mai, 19. August und 19. November. Vor diesen Terminen, d. h. unter Einhaltung einer längeren als sechswöchentlichen Frist kann immer gekündigt werden. Vielfach bestehen nun aber die Prinzipale auf kürzerer Kündigung und es gibt auch Fälle, in denen dem Reisenden wenigstens für die erste Zeit mit einer kürzeren Kündigungsfrist gedient ist. Dann darf die Frist zwar kürzer sein, als die gesetzliche, sie darf aber nicht unter einem Monat betragen, sie muß ebenfalls für beide Teile gleich sein, und sie ist nur zulässig für den Schluß eines Kalendermonats. Die Kündigung ist eine empfangsberechtigte Willenserklärung, sie muß also am letzten Termin im Besitz des Reisenden sein. Eine Kündigung, die am letzten eines Monats vom Hause abgeht, den Reisenden somit erst am ersten eines Monats trifft, gilt nicht mehr für das Ende dieses Monats. Dabei ist aber sehr wohl zu beachten, daß der Reisende nicht den Empfang der Kündigung schuldhaft verzögern oder gar vereiteln darf. Aber auch diese Vorschriften können umgangen werden. Dann nämlich, wenn eineProbestellungvereinbart wird und man ein Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit abschließt, oder wenn ein Reisender zur Aushilfe angestellt wird, oder wenn er mehr als 5000 Mark Gehalt bezieht, oder wenn er für eine außereuropäische Handelsniederlassung angenommen ist, und der Prinzipalihm im Falle er die Stellung kündigt, im Vertrag freie Heimreise zusichert.

Ein paar Worte über die Probestellung. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Stellung zur vorübergehenden Aushilfe. Wird z. B. ein Reisender wie folgt angestellt:

„Ich stelle Sie zur Probe mit einem Gehalt von 2000 Mk. jährlich an“

„Ich stelle Sie zur Probe mit einem Gehalt von 2000 Mk. jährlich an“

und nichts weiter über die Kündigung vereinbart, so gilt trotz der Anstellung zur Probe die gesetzliche Frist. Lautet aber der Dienstvertrag:

„Herr N. N. wird vom ... ab als Reisender, zunächst zur Probe angestellt. Bis zum Ablauf von drei Monaten steht beiden Teilen das Recht zu, ohne Einhaltung einer Frist das Dienstverhältnis zu lösen“

„Herr N. N. wird vom ... ab als Reisender, zunächst zur Probe angestellt. Bis zum Ablauf von drei Monaten steht beiden Teilen das Recht zu, ohne Einhaltung einer Frist das Dienstverhältnis zu lösen“

so ist diese Abmachung ungültig.

Wollen Prinzipal und Reisender eine Probestellung vereinbaren, so kann das, wenn die Kündigungsbestimmungen nicht Platz greifen sollen, nur geschehen, indem der Reisende auf eine bestimmte Zeit angestellt wird. An diese bestimmte Zeit sind dann aber beide Teile gebunden.

Läßt sich eine Probestellung nicht umgehen, oder ist sie auch dem Reisenden erwünscht, dann ist darauf zu achten, daß in den Vertrag die Bestimmung aufgenommen wird, daß das Dienstverhältnis nach Ablauf der vereinbarten bestimmten Zeit stillschweigend weiterläuft, wenn es nicht vor Ablauf der Zeit an einem festgesetzten Termin aufgekündigt wird. Vielleicht wie folgt:

„Herr N. N. wird als Reisender mit einem Jahresgehalt von 3000 Mark, zunächst auf drei Monate zur Probe angestellt. Das Dienstverhältnis läuft stillschweigendweiter und wird ein ordentliches, wenn es nicht einen Monat vor Ablauf der Frist, also bis zum ... aufgekündigt wird.“

„Herr N. N. wird als Reisender mit einem Jahresgehalt von 3000 Mark, zunächst auf drei Monate zur Probe angestellt. Das Dienstverhältnis läuft stillschweigendweiter und wird ein ordentliches, wenn es nicht einen Monat vor Ablauf der Frist, also bis zum ... aufgekündigt wird.“

Besteht der Reisende nicht auf den zweiten Satz, dann braucht ihm der Prinzipal das Probeverhältnis nicht aufzukündigen. Er kann vielmehr den Reisenden in dem Glauben lassen, daß aus der Probestellung eine ordentliche werden wird, und ihn nach Ablauf der ausbedungenen Frist an die Luft setzen. Dann hat sich der Reisende nicht nach einer neuen Stellung umgetan und er sieht sich dann plötzlich der Stellenlosigkeit gegenüber.

DieAushilfsstellungbraucht nicht auf eine feste Zeit abgeschlossen werden — es steht dem aber auch nichts entgegen — bei ihr können vielmehr die vorhin erwähnten Kündigungsbestimmungen durch den Dienstvertrag außer Kraft gesetzt werden. Es kann also vereinbart werden, daß der Reisende zur Aushilfe mit täglicher, wöchentlicher usw. Kündigung angestellt wird, die Kündigungsfrist braucht dann auch nicht für beide Teile gleich zu sein. Es ist aber auch hier zu beachten, daß eine Aushilfestellung nicht entsteht, wenn man eine ordentliche Stelle so nennt, sondern es muß sich in der Tat um eine vorübergehende Aushilfe handeln. Währt eine Aushilfestellung länger als drei Monate, so greifen ohnedies die ordentlichen Kündigungsbestimmungen Platz.

Ein Reisender, der mehr als 5000 Mk. jährlich Einkommen hat, untersteht nicht den Kündigungsvorschriften, sondern sein Vertrag kann jede Kündigungsfrist, auch für beide Teile ungleiche enthalten. Ein solcher Reisender gehört auch nicht mehr unter die Zuständigkeit des Kaufmannsgerichtes, sondern muß vor den ordentlichen Gerichten klagen. Dabei ist zu beachten, daß bei derBemessung des Jahresverdienstes durchaus nicht nur das wirkliche Gehalt, sondern auch Provisionen und sonstige Nebenbezüge zugrunde gelegt werden.

Wird der Reisende für eine außereuropäische Handelsniederlassung angenommen, so gelten ebenfalls die Kündigungsbestimmungen nicht, d. h. nur dann nicht, wenn der Prinzipal nach dem Vertrag die Kosten der Heimreise im Falle seiner Kündigung trägt. Vereinbart z. B. ein Prinzipal für den Angestellten halbjährliche Kündigungsfrist und für sich monatliche, sichert aber im Vertrag nicht die Heimreise zu, sondern erklärt sich nur später bereit, sie zu zahlen, so hebt das nicht die Vorschriften der §§ 66 und 67 H. G. B. auf.

OhneEinhaltung einer Fristkann dem Reisenden die Stellung gekündigt, d. h. er kann sofort entlassen werden, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund berechtigt umgekehrt auch den Reisenden, seine Stellung sofort zu verlassen. Wird die Beendigung des Dienstverhältnisses veranlaßt, weil ein Teil vertragswidrig gehandelt hat, so ist dieser verpflichtet, dem andern Teil den entstehenden Schaden zu ersetzen.

Sehen wir uns nun einmal an, was alles zu solchen „wichtigen Gründen“ rechnet. Nehmen wir zunächst einmal die allgemeinen wichtigen Gründe.

Allgemeine Entlassungsgründe.

Der Handlungsgehilfe kann sofort gehen, wenn er zurFortsetzungder Dienste unfähig wird. Eine vorübergehende Krankheit stellt nicht „Dienstunfähigkeit“ dar, natürlich auch nicht beabsichtigte Verehelichung oder in Aussicht genommene Selbständigkeit.

Wenn der Prinzipal dasGehaltoder den gebührenden Unterhaltnicht gewährt, kann der Handlungsgehilfe ebenfalls sofort aufhören. Dabei ist zu beachten, daß es keinen Grund darstellt, sofort aufzuhören, wenn die Gehaltszahlung immer regelmäßig erfolgt, aber einmal nicht pünktlich eintrifft. Es empfiehlt sich überhaupt immer, wenn das Gehalt nicht gezahlt wird, den Prinzipal zunächst in Verzug zu setzen, d. h. ihm eine angemessene Frist zu stellen, in der spätestens zu zahlen ist. Aber auch folgender Umstand fordert Berücksichtigung: Nehmen wir einmal an, daß der Reisende 3000 Mark Gehalt und 1 Prozent Umsatzprovision bekommt. Für die Zahlung der Provision ist ein bestimmter Termin festgesetzt. Aus irgend einem Grunde weigert sich der Prinzipal, die Provisionen an dem festgesetzten Termin zu zahlen. Dann darf der Handlungsgehilfe nicht sofort aufhören, weil er bei seinem ausreichenden Gehalt keine zwingende Ursache hat, vielmehr das Gehalt zum Unterhalt langt.

Läßt sich der PrinzipalTätlichkeiten,erhebliche Ehrverletzungenoder unsittliche Zumutungen zuschulden kommen, kann der Reisende sofort gehen, das gleiche gilt dann, wenn ein Mitangestellter oder ein Familienangehöriger des Prinzipals sich derartige Handlungen gegen den Reisenden zuschulden kommen läßt und derPrinzipal sich weigert, den Reisenden zu schützen. Die Handlung durch den Prinzipal gibt also dem Reisenden ohne weiteres das Recht, den Vertrag aufzuheben, die Handlung eines Familenangehörigen oder eines Angestellten erst dann, wenn der Schutz des Prinzipals vergeblich nachgesucht wurde. In allen solchen Fällen gilt es abersofortzu handeln. Bleibt der Reisende trotz der Ehrverletzung und besinnt sich vielleichterst nach Tagen darauf, daß er sofort hätte gehen sollen, so ist der „wichtige Grund“ nicht mehr vorhanden, vielmehr gilt durch die weitere Tätigkeit die Handlungsweise als „verziehen“. Ebenso muß sich der Reisende hüten, eine Ehrverletzung durch eine ebensolche zu erwidern. Das bedeutet für ihn immer den Verlust des Schadensersatzanspruches. Dabei sei gleich bemerkt, daß es nicht nur dasvertragswidrige Handelnist, das gegen den Dienstvertrag verstößt, sondern auch das, was gegen die gesetzlichen Bestimmungen geht, denn diese sind immer ein Teil des Dienstvertrages.

Als allgemeine „wichtige Gründe“, die den Prinzipal berechtigen, das Dienstverhältnis sofort zu lösen, gelten:

1.Untreue.Der Begriff „Untreue“ deckt sich nicht mit dem strafrechtlichen Begriff, er geht vielmehr erheblich weiter.

2.Betrieb eines HandelsgewerbesoderBeschäftigung für eigene oder fremde Rechnungim Handelszweige des Prinzipals, ohne ausdrückliche oder im ersteren Falle auch stillschweigende Genehmigung des Prinzipals.

3.Unbefugtes Verlassen des Diensteswährend einer den Umständen nach erheblichen Zeit.

4.Beharrliche Weigerung, den Dienstverpflichtungen nachzukommen.

5.Anhaltende Krankheit.Das ist ein sehr dehnbarer Begriff. Im allgemeinen wird man eine Krankheit, deren Ende sich absehen läßt, nicht als anhaltende Krankheit bezeichnen können, mindestens dann nicht, wenn sie voraussichtlich nicht länger als sechs Wochen dauert. Ja, es läßt sich sogar aus der Bestimmung überdie Entlassung bei militärischen Uebungen herleiten, daß eine Krankheit, die acht Wochen nicht überschreitet, als „anhaltende“ Krankheit nicht in Betracht kommt. Ebenso ist eine Krankheit, die zwar schon erheblich lange gedauert hat, nicht mehr ein wichtiger Grund zur sofortigen Auflösung des Dienstverhältnisses, wenn dann, wo sie geltend gemacht werden soll, dasnaheEnde der Krankheit sich absehen läßt.

6.Militärische Dienstleistung, die länger als acht Wochen dauert. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß eine militärische Dienstleistung kein „unverschuldetes Unglück“ darstellt, das zum Gehaltsfortbezug bis zur Dauer von sechs Wochen berechtigt. Sie stellt vielmehr einen in der Person des Reisenden liegenden Grund dar, der ihn an der Leistung der Dienste hindert; Gehaltsanspruch besteht nur dann, wenn die Behinderung keine den Umständen angemessen erhebliche ist. Ist das aber der Fall, so hat der Reisende überhaupt keinen Gehaltsanspruch, auch nicht für die den Umständen nach „unerhebliche Zeit“. Allgemein wird man sagen können, daß bei einer vierzehntägigen Uebung der Gehaltsanspruch besteht, bei einer vierwöchentlichen nur dann, wenn der Reisende lange im Dienst ist und nicht öfters daran behindert war. Es gibt sogar Urteile, die bei einer sechswöchentlichen Uebung das Gehalt zugesprochen haben. Wer aber sicher gehen will, lege das vertraglich besonders fest.

7.Längere Freiheitsstrafe.Dabei ist nicht nur die Dauer in Berücksichtigung zu ziehen, sondern auch die Ursache der Bestrafung. Eine Bestrafung wegen einer ehrlosen Handlung dürfte immer ausreichen, ein Dienstverhältnis sofort aufzuheben.

8.Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungengegen den Prinzipal oder dessen Vertreter.

Wird eine fristlose Kündigung ausgesprochen wegen „anhaltender Krankheit“, so bleibt der Anspruch auf Gehaltszahlung bis zur Dauer von sechs Wochen davon unberührt, wobei als selbstverständlich noch bemerkt sein mag, daß eine ordentliche Kündigung immer den Gehaltsanspruch — geht er sonst über diesen Termin hinaus — aufhebt. Hat z. B. der Reisende Meyer monatliche Kündigung vereinbart und erkrankt am vorletzten und wird ihm am letzten gekündigt, oder es war ihm die Stellung gekündigt und er wurde erst dann krank, so endet der Gehaltsanspruch auf jeden Fall mit der Beendigung des Dienstverhältnisses. Aber außer diesen allgemeinen „wichtigen Gründen“ gibt es für den Reisenden nochbesondere wichtige Gründe zur sofortigen Lösung des Dienstverhältnisses.

Der Reisende nimmt eine besondere Vertrauensstellung ein, er hat dadurch weitergehende Rechte, aber auch seine Pflichten gehen weiter.

Besondere Entlassungs- und Austrittsgründe.

Der Reisende kann insbesondere dann sofort seine Stellung verlassen, wenn:

1. Der Prinzipal den Reisendenohne Spesenläßt. Dabei sei hervorgehoben, daß kein Reisender verpflichtet ist, die Spesen vorzustrecken, vielmehr ist der Prinzipal gehalten, dem Reisenden stets angemessenen Spesenvorschuß zu gewähren. Weitere Austrittsgründe sind:

2.Unwahre Angaben erheblicher Naturüber den Charakter und den Umfang des Geschäftes.

3.Unsittlicher Geschäftsbetrieb.

4.Betrügerischer Geschäftsbetrieb.

Hingegen ist der Reisende nicht berechtigt, seine Stellung sofort zu verlassen, wenn ihmuntergeordnete Arbeiten zugemutetwerden. Er kann sich vielmehr in solchen Fällen genügend schützen, wenn er sich weigert, die untergeordneten Arbeiten zu leisten.

Die Gründe für den Prinzipal, das Dienstverhältnis sofort zu lösen, sind ebenfalls weiter gesteckt. Ich nenne besonders:

1. BeharrlicheWeigerung des Reisenden, die Reiseanzutreten.

2. BeharrlichesUnterlassender vorgeschriebenenBerichte.

3.Weigerung, denvorgeschriebenen Reisewegeinzuhalten.

4.Gestreckte, d. h. vergrößerteoder gar erlogene Aufträge.

5.Andauernde leichtsinnige Kreditgewährung.

6.Anstößiger Lebenswandel.

7.Ekel erregendeoderansteckende Geschlechtskrankheit.

8. Verrat, auchversuchter Verrat von Geschäftsgeheimnissen.

9.Vorbereitungeiner neuenStellungoder deseigenen zu errichtendenGeschäfts während der Vertragsdauer.

10.Abschreiben der Kundenlisten zu diesem Zweck.

11.Einkassieren ohne Vollmachtusf.

Das Zeugnis.

Sobald der Reisende seine Stellung kündigt, oder ihm die Stellung gekündigt wird, entsteht der Anspruch auf einDienstzeugnis. Die Rechtsprechung ist zwar strittig, ob der Angestellte das Dienstzeugnis bei der Beendigung der Beschäftigung oder bei der Kündigung zu beanspruchen hat, nahezu ausnahmslos erkennt aber die Rechtsprechung das Recht auf einInterimszeugnisan.

Der Prinzipal ist nicht ohne weiteres verpflichtet, das Zeugnis auszustellen, vielmehr beginnt die Verpflichtung erst dann, wenn der Angestellte dasZeugnis geforderthat. Das Verlangen nach einem „Zeugnis“ wiederum schließt nicht die Verpflichtung für den Prinzipal ein, das Zeugnis aufFührungundLeistungenauszudehnen. Der Reisende, der lediglich ein Zeugnis fordert, erhält vielmehr vielleicht nur ein Zeugnis über die Art und Dauer der Beschäftigung, das Zeugnis über Führung und Leistung muß besonders verlangt werden. Im allgemeinen steht die Rechtsprechung auf dem Standpunkt, daß der Angestellte nicht verlangen kann, daß ihm außer der Art und Dauer der Beschäftigung nur die Führung oder nur die Leistungen zu bescheinigen sind, sondern daß ein Verlangen nach einem Führungszeugnis auch das Leistungszeugnis und umgekehrt bedingt. Ein Reisender kann verlangen, daß ihm bescheinigt wird, daß er „Reisender“ war, er kann auch fordern, daß ihm bescheinigt wird, welche Gebiete er bereiste. Will der Prinzipal kein gutes Leistungszeugnis geben, so bietet sich für den Reisenden der Ausweg, den Umsatz sich bescheinigen zu lassen. Der Grund zur Lösung des Dienstverhältnisses braucht nicht angegeben zu werden, ebenso natürlich nicht,auf wessen Wunsch das Dienstverhältnis gelöst wurde. Hingegen wird der Prinzipal, wurde das Dienstverhältnis aus einem wichtigen Grunde gelöst, angeben können, welcher Grund vorlag. In diesem Fall gibt es aber keine Redensarten, sondern es muß dann auch der Vorgang geschildert werden.

Wird ein Zeugnis verweigert, so begründet diese Weigerung Schadenersatzforderungen des Angestellten. Im Gegensatz zu Schadensersatzforderungen wegen falscher Auskunft sind Schadenersatzansprüche wegen falschen Zeugnisses oder verweigertem Zeugnis erheblich leichter durchzufechten. Für solche Klagen sind im Gegensatz zu den Klagen auf Schadenersatzansprüche wegen falscher Auskunft die Kaufmannsgerichte zuständig.

Der Anspruch auf ein Zeugnis ist öffentlich-rechtlicher Natur, er kann durch Vertrag nicht aufgehoben und auch nicht beschränkt werden. Vielmehr bleibt der Anspruch auf ein Zeugnis 30 Jahre lang bestehen. Man wird aber nicht einem Angestellten, der nur ein Zeugnis verlangte und ein solches über Art und Dauer der Beschäftigung erhielt, zubilligen können, daß er nach längerer Zeit die Ausdehnung auf Führungen und Leistungen verlangen kann. Ein verloren gegangenes Zeugnis braucht vom Aussteller nicht noch einmal angefertigt zu werden, deshalb heißt es, die Zeugnisse aufheben und die Originale — besonders auch bei Bewerbungen — nicht aus der Hand geben. Das Dienstzeugnis ist auf Antrag des Angestellten kosten- und stempelfrei durch die Polizeibehörde zu beglaubigen.

Konkurrenzklauseln.

Der wundeste Punkt in den Dienstverträgen der Reisenden ist die sogenannteKonkurrenzklausel, dieWettbewerbsabrede. Leider gibt es heute nicht nur die offenen Konkurrenzklauseln, gegen die man sich schützen kann, indem man sie nicht eingeht, sondern es gibt heute eine ganze Anzahl Branchen und Betriebe, in denen Vereinbarungen über das gegenseitige Beschäftigen von Angestellten getroffen sind, die weit über den Rahmen der vertraglichen Wettbewerbsabrede hinausgehen. Die Konkurrenzklausel ist allerdings ohnehin im allgemeinen ein Attentat auf den gesunden Menschenverstand. Ich rufe mir einen Dienstmann, einen Maurer, einen Droschkenkutscher. Ich lasse ihn warten, ehe ich ihn mit der eigentlichen Dienstleistung betraue. Ob der Mann wohl umsonst wartet? Der Reisende aber, der Konkurrenzklauseln eingeht, muß warten, solange es ihm der Vertrag gebietet, ehe er sein ganzes Können verwerten kann und — niemand entschädigt ihn dafür. Es wäre mit der Anwendung der Konkurrenzklausel gewiß schon längst nicht mehr so schlimm, wenn die Zahl derer, die eine Konkurrenzklausel abschließen, weil sie sie doch nicht zu halten gedenken, nicht so erschreckend groß wäre.

Was ist die Konkurrenzklausel? Eine einseitige Schutzmaßregel des Prinzipals zum Schaden des Reisenden,ohne Gegenleistungdes Prinzipals. Da hofft der Angestellte, es würde der Prinzipal nicht auf die Einhaltung bestehen, vielleicht stellt der Prinzipal selbst so etwas in Aussicht. Oder der Reisende meint, daß die Konkurrenzklausel zu weit gehe und vom Gericht doch für ungültig erklärt werden würde. Oder er gibt sich gar der Hoffnung hin, die Konkurrenzklausel könne ihm nichts anhaben, weil sie keine Konventionalstrafe vorsieht. Das alles sind Selbsttäuschungen.

Sehen wir uns nun die Konkurrenzklausel recht genauan; wir können sie gar nicht mißtrauisch genug ansehen, so gefährlich legt sie sich uns um die Füße, uns am Ausschreiten hindernd. Grundsätzlich ist die Konkurrenzklausel nur nichtig, wenn sie mit Minderjährigen vereinbart wird. Dabei macht es nichts aus, ob sie mit dem Minderjährigen oder mit dessen gesetzlichen Vertreter abgeschlossen wird. Soweit das aber nicht in Betracht kommt, ist auch die schärfste Konkurrenzklausel immer bedingt gültig. Die Fälle, wo Konkurrenzklauseln als nichtig erklärt wurden, weil sie gegen die guten Sitten verstießen, sind sehr selten. Erfreulicherweise hat wenigstens das Reichsgericht erkannt, daß eineKonkurrenzklausel auf Ehrenwortunsittlich und deshalb nichtig ist.

Eine Konkurrenzklausel ist insoweit nichtig, als sie nach Zeit, Ort und Gegenstand dem Reisenden Beschränkungen auferlegt, die ihm dasFortkommen unbilligerschweren. Da aber liegt der Hase im Pfeffer. Wann wird das Fortkommen unbillig erschwert? Das ist die eine Frage. Ist sie beantwortet — und sie kann sehr zuungunsten des Reisenden beantwortet werden —, dann ist die Abrede doch immer so weit noch verbindlich, als sie — nach der Ansicht des Richters — das Fortkommen nichtunbilligerschwert.

War da in einer landwirtschaftlichen Maschinenfabrik ein Reisender. Er hatte auch eine Konkurrenzklausel unterschrieben. Sie untersagte ihm, in einem Zeitraum von drei Jahren in Stellung zu gehen oder sich selbständig zu machen in einem Betrieb, der landwirtschaftliche Maschinen herstellte oder vertrieb. Das Ausschlußgebiet umfaßte das ganze Deutsche Reich, Böhmen und die Schweiz. Eine Konventionalstrafe war vereinbart, außerdem sollte aber der Reisende auch noch den entstehenden Schadentragen, und der Prinzipal hatte sich trotzdem noch vorbehalten, die Erfüllung des Vertrages zu verlangen. Als nun die Sache vor den Richter kam und der verklagte Handlungsgehilfe behauptete, die Konkurrenzklausel erschwere ihm unbillig das Fortkommen, da meinte der moderne Salomo, das könnte doch gar nicht der Fall sein, denn „Reisen sei Reisen, Verkaufen sei Verkaufen“, und ob nun der Beklagte Maschinen verkaufe oder Altertümer, das sei doch ganz gleich.

Es ist eben durchaus keine so seltene Ausnahme, daß der Jurist das Leben nicht versteht. Besser ist es, sich zu sichern, als auf einen verständigen Richterspruch die Hoffnung zu gründen. Nun ist eine Konkurrenzklausel nur fürhöchstens drei Jahrezulässig. Aber auch dann, wenn sie über diesen Zeitraum hinaus festgelegt wurde, wird sie nicht etwa ganz nichtig, sondern der Richter setzt dann die Zeit „angemessen“ fest.

Konkurrenzklauseln ohne Wirkung.

An und für sich gültige Konkurrenzklauseln verlieren ihre Wirkung in besonderen Fällen:

1. Dann, wennder Prinzipal dem Reisenden Grund gibt — durch vertragswidriges Handeln —, das Dienstverhältnis ohne Einhaltung einer Frist zu lösenund der Reisende das Dienstverhältnis ohne Frist aufhebt. Gibt der Prinzipal Grund zur fristlosen Kündigung, der Reisende aber kündigt trotzdem nur ordnungsgemäß, so bleibt die Konkurrenzklausel in Kraft.

2. Wenn der Prinzipal das Dienstverhältnis kündigt, ohne daß einerheblicher Anlaßvorliegt, den er nicht verschuldet hat. In diesem Falle behält jedoch dieKonkurrenzklausel Gültigkeit, wenn der Prinzipal während ihrer Dauer das zuletzt bezogene Gehalt fortbezahlt. Ein „erheblicher Anlaß“ ist nicht gleichbedeutend mit einem „wichtigen Grund“. Vielmehr ist der wichtige Grund weitergehend. Daß ein erheblicher Anlaß zur Kündigung vorlag, hat der Prinzipal zu beweisen. Als erheblicher Anlaß gelten: „wohlbegründete Unzufriedenheit mit den Leistungen des Reisenden“, besonders, wenn der Reisende große Versprechungen machte, ferner „fortgesetzte kleine Schikanen des Reisenden“ oder eine „Krankheit, die stark die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt“ oder „Verdacht der Untreue“ oder „zwingende Veranlassung für den Prinzipal, sein Personal zu verkleinern“. Hingegen wird die Kündigung wegen des Konkursausbruches nicht als solche aus erheblichemunverschuldetenAnlaß anzusehen sein. Tragen beide Teile die Schuld an der Lösung des Verhältnisses, so gilt die Klausel nicht. Wurde ein Dienstverhältnis seitens des Prinzipales sofort, ohne Einhaltung einer Frist aus einem wichtigen Grunde aufgehoben, so gilt die Konkurrenzklausel. Will der Prinzipal die Konkurrenzklausel ausnutzen, trotzdem er keinen erheblichen Anlaß zur Kündigung hatte, so muß er die Bereitwilligkeit, das Gehalt zu zahlen, sofort bei der Beendigung des Dienstverhältnisses dem Handlungsgehilfen bekannt geben.

Strafe und Schadensersatz.

Die in dem oben angeführten Beispiel geschilderte Konkurrenzklausel zeigt dann noch andere Möglichkeiten. War in einer Konkurrenzklausel eine Vertrags-(Konventional-)strafe vereinbart, so kann der Prinzipalnur die Strafeund zwar nur einmal, nicht für jeden Fall derZuwiderhandlung, verlangen. Eine Erfüllung des Vertrages — d. h. den Austritt aus der verbotenen Beschäftigung kann der Prinzipal nicht fordern, ebensowenig etwaigen Schaden. Wo der Vertrag etwas anderes vereinbart, ist diese Vereinbarung nichtig, ohne allerdings die ganze Klausel nichtig zu machen. Ebensowenig kann der Prinzipal Strafe, Erfüllung und Schadensersatz vereinbaren und später auf die Strafe verzichten, weil ihm Schadensersatz und Erfüllung mehr erwünscht ist.

Hingegen hüte sich der Reisende vor Konkurrenzklauseln, die nur ein einfaches Verbot aussprechen undweder von Schadensersatz, noch von Erfüllungsprechen. Diese anscheinend „harmlosen“ Klauseln sind die allergefährlichsten. Uebertritt ein Reisender eine solche Klausel, so kann der Prinzipal den nachweisbaren Schaden ersetzt und außerdem Erfüllung des Vertrages verlangen. Geht dann der Handlungsgehilfe zur verbotenen Konkurrenz, so kann ihm bei Festsetzung einer Strafe bis zu 1500 Mark für den Fall, oder einer Haftstrafe bis zu sechs Monaten die weitere Tätigkeit untersagt werden.

Kurzum, der Fußangeln gibt es so viele, daß ich allen meinen Reisekollegen nur dringend raten kann:

Unterschreibt keine Konkurrenzklausel.

Tätigkeit, Spesen und Provision der Reisenden.

Sehen wir uns, nachdem wir uns so mit dem allgemeinen Handlungsgehilfenrecht beschäftigt haben, an, was der Reisendebesondersin seinen Dienstvertraghineinnehmen muß. Da ist im Vertrag besonders Wert auf die Begrenzung derTätigkeitzu legen. Die Gerichte entscheiden zwar vielfach, daß schon die einfache Bezeichnung „Reisender“ das Recht des Prinzipals ausschließt, diesen mit allen kaufmännischen Arbeiten zu beschäftigen. Aber, die Auslegung steht im Belieben der Richter. Völlig in die Hand des Prinzipals ist der Reisende gegeben, wenn vertraglich festgelegt wird, daß der Reisende ganz nach dem Belieben des Prinzipals zu allen kaufmännischen Tätigkeiten herangezogen werden kann. Zu empfehlen ist die Vereinbarung: ausschließlich für die Reise, unter gleichzeitiger Festlegung der Reisezeit. Der Reisende hat dann ein Recht zu reisen; hindert ihn der Prinzipal daran, so muß er dem Reisenden das ersetzen, was dieser sonst von den Spesen für seinen persönlichen Lebensunterhalt verwenden kann.

Hinsichtlich dieserSpesenist zu empfehlen, feste Spesen zu vereinbaren, dann aber außer einem festgelegten Satz die Kosten der Eisenbahnfahrten besonders. Geht das nicht an, dann doch mindestens außer den Spesen die jeweiligen Fahrkosten zum Antritt der Tour und zur Rückkehr in das Geschäft. Vertrauensspesen können leicht Anlaß zu Streitereien geben. Nur zu leicht verbraucht der Reisende dann dem Prinzipal zu viel Geld, besonders dann, wenn vielleicht ein Vorgänger ein „Knauser“ war. Hervorgehoben soll aber werden, daß der Prinzipal auch bei Vertrauensspesen keine detaillierte Abrechnung fordern kann.

Bekommt der Reisende außer Gehalt und Spesen auchProvision, so sind im Dienstvertrag zu vereinbaren: 1. Die Zahlungstermine für die Provisionen; 2. das Fälligwerden der Provision, d. h. die Bestimmung, ob siegezahlt werden muß nach Eingang der Bestellung, nach Lieferung der Ware oder nach deren Bezahlung. Will der Reisende auch die Provision von indirekten Verkäufen haben, bedarf es einer besonderen Vereinbarung. Die Bestimmung für Handlungsagenten, wonach diese, wenn sie ausdrücklich für einen bestimmten Bezirk angestellt sind, auch die Provisionen für Verkäufe zu beanspruchen haben, die ohne ihre Mitwirkung zustande gekommen sind, findet auf Reisende keine Anwendung, deshalb bedarf es der besonderen Vereinbarung. Unter keinen Umständen sollte sich ein tüchtiger Reisender herbeilassen, nur gegen Provision zu reisen. Es gab eine Zeit, sie liegt noch nicht so sehr weit zurück, da arbeitete überhaupt kein tüchtiger Reisender gegen Provision allein. Heute glaubt mancher Kollege sich besser zu stehen, wenn er nur gegen Provision reist, er glaubt auch dadurch mehr Freiheit zu haben. Das ist ein Irrtum! Gewiß kann sich mancher Reisender besser stehen, er wird aber auch den notwendigen Spielraum dann haben, wenn er sich Gehalt, Spesen und Provision zahlen läßt. Das Risiko des Geschäftes muß dem Prinzipal verbleiben; es geht nicht an, es auf den Reisenden abzuwälzen.

Delcrédere. Bestimmter Umsatz.

Ebenso muß es der Reisende rundweg ablehnen, für die Kundschaft Bürgschaft (Delcrédere) zu übernehmen. Auch das gehört zum Risiko des Geschäftes. Der Reisende kann nur nach Treu und Glauben die Zahlungsfähigkeit seiner Kunden erforschen, die Bürgschaft für die Zahlungsfähigkeit kann und darf er nicht übernehmen. Eine Unsitte, die sich auch in letzter Zeit sehr häufig zeigt, ist dieVerpflichtung, einen bestimmtenUmsatzzu erzielen. Weder ein Prinzipal sollte auf solche Verpflichtung dringen, noch ein Reisender sich mit ihr abfinden. Der Prinzipal soll sich sagen, daß eine solche Verpflichtung nur eingehen kann, wer leichtfertig in seinen Versprechungen ist oder wem das Messer an der Kehle sitzt, wer ein Unterkommen finden muß um jeden Preis. Alles das sind durchaus keine Eigenschaften, die man bei einem Reisenden finden möchte. Der Reisende aber, auch der tüchtige, soll sich immer vor Augen halten, daß er mit der Umsatzverpflichtung ein Versprechen gibt, dessen Einlösung gar nicht von ihm allein abhängig ist. Es ist verkehrt, wenn sich ein Reisender sagt, daß er bisher einen bestimmten Umsatz erzielte, den er nun auch weiter erreichen kann, es ist ebenso verkehrt, wenn sich ein anderer Reisender sagt, er werde den Umsatz, den sein Vorgänger erreichte, auch erzielen können. In beiden Fällen zeigt sich ein falsches Abschätzen der realen Verhältnisse. Der Reisende muß sich immer vor Augen halten, daß zwei Dinge auf den Kauf einwirken: seine Person und die Leistungsfähigkeit seiner Firma. Erzielte er wo anders einen guten Umsatz, so hat er noch lange keine Gewähr, diesen auch bei der neuen Firma zu erreichen. Sich kennt er, die Anhänglichkeit seiner Kundschaft an die alte Firma kennt er aber ebensowenig, wie die Leistungsfähigkeit des neuen Hauses. Kommt er aber auf den Gedanken, seinen Umsatz an dem seines Vorgängers abzumessen, so kann er die Anhänglichkeit der Kundschaft an den alten Reisenden nicht in Anrechnung bringen. So oder so: Keine Verpflichtung für einen bestimmten Umsatz!

Wir wollen uns nun einem anderen Recht zuwenden, das für den Reisenden eine ebenso große Bedeutung hat,wie sein Dienstvertrag. Das sind die Rechtsverhältnisse zwischen dem Reisenden und seiner Kundschaft.


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